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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §58 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, in der Beschwerdesache des G in CH-Zürich, gegen ein Schreiben der Wiener Landesregierung vom 14. Februar 2003, Zl. MA 61/III - G 1/2003, betreffend Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Die mit der Beschwerde bekämpfte Erledigung der belangten Behörde vom 14. Februar 2003 hat folgenden Wortlaut:
"Sehr geehrter Herr G.!
Zu Ihrem Ansuchen vom 30. November 2002 um Bewilligung der Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft für den Fall des Erwerbes des Schweizer Bürgerrechts und zu Ihrem Schreiben vom 25. Jänner 2003 bedauert das Amt der Wiener Landesregierung mitteilen zu müssen, dass in Ihrem Fall die Bestimmungen des § 28 Abs. 2 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) nicht angewendet werden können, da Sie die darin genannten Voraussetzungen nicht erfüllen. (Das österreichische Generalkonsulat in Zürich hat Sie mit Schreiben vom 16. Jänner 2003 hierüber bereits richtig informiert.) Nach dieser Gesetzesstelle darf einem Staatsbürger die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft nämlich nur dann bewilligt werden, wenn er sie durch Abstammung erworben hat und in seinem Privat- und Familienleben ein für die Beibehaltung besonders berücksichtigungswürdiger Grund vorliegt. Unter Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft durch 'Abstammung' ist nach § 7 StbG nur der bereits mit Geburt bzw. nach § 7a StbG der mit der Legitimation eines unehelich geborenen durch nachfolgende Eheschließung der Gatten jeweils kraft Gesetzes eingetretene Staatsbürgerschaftserwerb zu verstehen.
Sie irren daher leider, wenn Sie der Meinung sind, die österreichische Staatsbürgerschaft durch Abstammung von Ihrer ehelichen Mutter (also bereits im Zeitpunkt Ihrer Geburt) erworben zu haben. Die Gesetzesnovelle, die dies ermöglichte, ist erst am 1. September 1983 in Kraft getreten und wirkte keineswegs in die Vergangenheit zurück. Erst seit diesem Zeitpunkt dehnte der Gesetzgeber das bisherige Prinzip der Ableitung der Staatsbürgerschaft des ehelichen Kindes vom Vater auch auf die Mutter aus und verhalf damit dem Grundsatz der Gleichbehandlung von Mann und Frau auch im Staatsbürgerschaftsgesetz zum Durchbruch. Durch eine Übergangsbestimmung des Gesetzes wurde den vor Inkrafttreten der StbG-Novelle 1983 (1. September 1983) geborenen ehelichen Kindern, welche die österreichische Staatsbürgerschaft kraft Gesetzes im Zeitpunkt ihrer Geburt nach ihrer Mutter noch nicht erwerben konnten, eine befristete Möglichkeit geboten, die Staatsbürgerschaft durch Abgabe einer Erklärung zu erwerben. Waren auch die sonstigen allgemeinen Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllt, wurde mit Bescheid des Amtes der Landesregierung festgestellt, dass die Staatsbürgerschaft mit dem Tag des Einlangens der Erklärung bei der zuständigen Behörde erworben wurde.
Laut Eintragung in der Staatsbürgerschaftsevidenz des Magistrates der Stadt Wien haben Sie die österreichische Staatsbürgerschaft durch eine derartige Erklärung Ihrer Eltern gemäß Art. I des Staatsbürgerschafts-Übergangsrechts 1985 (St-ÜR 1985) mit Wirkung vom 18. Juni 1986 erworben. Hierüber wurde der Bescheid der Wiener Landesregierung vom 22. Juli 1986 über den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft durch Erklärung erlassen. Da Sie die österreichische Staatsbürgerschaft somit nicht durch Abstammung (Legitimation) erworben haben, d.h. nicht seit Geburt bzw. nicht seit einer nachfolgenden Eheschließung der Eltern besitzen, ist in Ihrem Fall für eine allfällige Bewilligung der Beibehaltung der Staatsbürgerschaft ausschließlich § 28 Abs. 1 StbG anzuwenden.
Nach dieser Gesetzesstelle ist, wie Ihre Mutter bereits informiert wurde, einem österreichischen Staatsbürger für den Fall des Erwerbes einer fremden Staatsangehörigkeit die Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft zu bewilligen, wenn sie wegen der von ihm bereits erbrachten und von ihm noch zu erwartenden Leistungen oder aus einem besonders berücksichtigungswürdigen Grunde im Interesse der Republik Österreich liegt.
Unter Leistungen im Sinne dieser Gesetzesstelle können zufolge der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur solche verstanden werden, die nicht auch von vielen anderen Personen des gleichen Bildungsgrades oder der gleichen Ausbildung erbracht werden können und an deren Erbringung überdies ein staatliches Interesse besteht. Der fremde Staat, dessen Staatsangehörigkeit angestrebt wird, muss der Beibehaltung der Staatsbürgerschaft zustimmen. Diese Beibehaltung darf nur vor dem Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit bewilligt werden, mit dem Sie daher bei sonstigem Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft zuzuwarten hätten, bis Ihnen der entsprechende schriftliche Bescheid der Wiener Landesregierung zugestellt worden ist.
Das Amt der Wiener Landesregierung ersucht Sie um Verständnis, dass ihm die zwingenden Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes angesichts der klaren Sach- und Rechtslage keine andere Möglichkeit für die Entscheidung über Ihr Ansuchen offen lassen. Es kann Ihr Ansuchen nur dann weiter bearbeitet werden, wenn Sie die entsprechende eingehende schriftliche Begründung für eine Bewilligung der Beibehaltung im Sinne der oben zitierten Kriterien des § 28 Abs. 1 StbG samt den sie stützenden schriftlichen Beilagen nachreichen. Bis zum allfälligen Einlangen solcher Unterlagen wird Ihr Ansuchen vorläufig außer Evidenz genommen.
Das Amt der Wiener Landesregierung möchte Sie schließlich noch über die Möglichkeit einer späteren Wiederverleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft für den Fall, dass Sie dennoch das Schweizer Bürgerrecht erwerben, informieren: Gemäß § 12 Z. 2 StbG hätten Sie, nach Vollendung eines mindestens einjährigen Hauptwohnsitzes in Österreich, einen Rechtsanspruch auf Wiederverleihung der Staatsbürgerschaft, sofern Sie die allgemeinen Einbürgerungsvoraussetzungen (Unbescholtenheit, gesicherter Lebensunterhalt, Ausscheiden aus dem bisherigen Staatsverband) erfüllen.
Der bei der Ausfolgung dieses Schreibens einzuhebende Geldbetrag dient zur Vergebührung der ungestempelten Eingaben samt Beilagen.
Mit freundlichen Grüßen
Für die Landesregierung:"
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.
Das mit der vorliegenden Beschwerde bekämpfte Schreiben ist weder als Bescheid bezeichnet noch wie ein Bescheid gegliedert und lässt in seinem Text - im Besonderen wegen der darin u. a. enthaltenen Einladung, das Ansuchen unter Anschluss der im Sinne der Rechtsmeinung der belangten Behörde erforderlichen Beilagen weiter zu betreiben - klar erkennen, dass mit ihm nicht über das Ansuchen des Beschwerdeführers entschieden wird. Das Schreiben ist daher kein Bescheid.
Die dagegen gerichtete Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
Wien, am 24. Juni 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003010270.X00Im RIS seit
18.08.2003