TE Vwgh Erkenntnis 2003/6/24 2003/11/0122

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Veröffentlicht am 24.06.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

AVG §64 Abs2;
AVG §66 Abs4;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §26 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des A in G, vertreten durch Dr. Gerald Kreuzberger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 10/I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 17. September 2001, Zl. 11 - 39 - 1137/00 - 9, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 24. Mai 2000 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 13. Mai 1999 um 10.50 Uhr auf einer näher bezeichneten Stelle der S 6 als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 79 km/h überschritten und dadurch § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 verletzt zu haben. Nach der Begründung dieses Straferkenntnisses wurde die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit mit einem näher bezeichneten Lasergerät festgestellt.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 15. Juni 2000 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 3 Führerscheingesetz - FSG die Lenkberechtigung für die Klassen A und B für die Dauer von zwei Wochen entzogen. Einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 12. Juli 2001 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 24. Mai 2000 abgewiesen.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 17. September 2001 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Entziehungsbescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 15. Juni 2000 abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde auf die mittlerweile rechtskräftige Bestrafung des Beschwerdeführers wegen des Vorfalles vom 13. Mai 1999 hingewiesen und ausgeführt, damit stehe die Überschreitung der durch Straßenverkehrszeichen kundgemachten zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 79 km/h fest.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der aus Anlass des vorliegenden Beschwerdeverfahrens vom Verwaltungsgerichtshof an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Antrag vom 4. Juli 2002, Zl. A 2002/18-1, § 26 Abs. 3 sowie die Wortgruppe "3 und" in § 26 Abs. 7 Führerscheingesetz - FSG als verfassungswidrig aufzuheben, sowie die dazu gestellten Eventualanträge wurden mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 2003, G 203/02 u.a., abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Kundmachung BGBl. I Nr. 112/2001) maßgeblich:

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

...

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

...

4. die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde;

...

(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

...

5. Abschnitt

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

... .

...

Sonderfälle der Entziehung

§ 26.

...

(3) Im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung - sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs. 3 Z 3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs. 1, 2 oder 4 vorliegt - hat die Entziehungsdauer zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

...

(7) Eine Entziehung gemäß Abs.  3 und 4 darf erst ausgesprochen werden, wenn das Strafverfahren in erster Instanz durch Strafbescheid abgeschlossen ist. ... .

...

Der Beschwerdeführer rügt, im erstinstanzlichen Bescheid, der erst mehr als ein Jahr nach der Übertretung ergangen sei, sei gemäß § 64 Abs. 2 AVG zu Unrecht die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen worden. Weder die Erstbehörde noch die belangte Behörde hätten diesen Ausspruch beseitigt.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 24. August 1999, Zl. 99/11/0145, hinzuweisen. In diesem Erkenntnis wurde ausgeführt, dass - ungeachtet des Umstandes, dass der Ausspruch gemäß § 64 Abs. 2 AVG zu Unrecht erfolgt ist - die Tatsache, dass die Entziehung bereits mit der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides wirksam geworden ist, nicht mehr aus der Welt geschafft werden kann und eine Aufhebung des Ausspruches im Ergebnis die Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von vier Wochen bewirken und den Beschwerdeführer damit schlechter stellen würde.

Auf Grund der Bindung der Kraftfahrbehörden an rechtskräftige Bestrafungen stand für die belangte Behörde bindend fest, dass der Beschwerdeführer am 13. Mai 1999 die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h überschritten und dadurch eine Übertretung nach § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 begangen hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht in Ansehung des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung keine Bindungswirkung, sodass die Kraftfahrbehörde im Falle der Bestreitung des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung dieses - unter Berücksichtigung der im Verwaltungsstrafverfahren durchgeführten Ermittlungen - zu ermitteln und begründete Feststellungen dazu zu treffen hat (siehe dazu unter anderem die hg. Erkenntnisse vom 12. April 1999, Zl. 98/11/0272, vom 20. Februar 2001, Zl. 98/11/0306, und vom 28. Juni 2001, Zl. 99/11/0155, mwN). Dies hat die belangte Behörde verkannt, wenn sie trotz Bestreitung der Geschwindigkeitsüberschreitung durch den Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid die Auffassung vertreten hat, auf Grund der rechtskräftigen Bestrafung steht für die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer am 13. Mai 1999 die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 79 km/h überschritten hat.

Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 24. Juni 2003

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Auswechslung behördlicher Aufträge und Maßnahmen Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003110122.X00

Im RIS seit

17.07.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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