TE Vwgh Erkenntnis 2003/6/24 2001/11/0267

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Veröffentlicht am 24.06.2003
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Index

L92056 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Steiermark;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);

Norm

ABGB §143;
SHG LeistungsentgeltobergrenzenV Stmk 1998;
SHG Stmk 1998 §13 Abs1;
SHG Stmk 1998 §28 Z2;
SHG Stmk 1998 §28;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des H in R, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Singerstraße 12, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 29. Juni 2001, Zl. 9-32-479/00-13, betreffend Ersatz für Aufwendungen der Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 21. Oktober 1999 wurde dem im Jahr 1912 geborenen I.S., dem Vater des Beschwerdeführers, gemäß § 7 Stmk. SHG iVm. § 1 Abs. 3 Stmk. PflegeheimG Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes in Form der Kostenbeteiligung für die Unterbringung im Pflegeheim W ab 6. Oktober 1999 gewährt. Gleichzeitig wurde in diesem Bescheid ausgesprochen, dass die Kosten des Aufenthaltes einschließlich des Taschengeldes, soweit diese nicht durch eigenes Einkommen oder Vermögen gedeckt sind, durch den Sozialhilfeverband Voitsberg übernommen werden. Daraus resultiere ein monatlicher Aufwand des Sozialhilfeverbandes von ca. S 9.072,60.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 26. Juli 2000 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 28 Stmk SHG verpflichtet, einen monatlichen Aufwandersatz für die Kosten der stationären Pflege seines Vaters in der Höhe von S 3.338,-- für den Zeitraum vom 6. Oktober 1999 bis einschließlich 31. Jänner 2000 zu leisten, ab "1. Jänner 2000" wurde der monatliche Beitrag mit S 2.686,30 festgesetzt. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, der Verpflichtete sei der Sohn des Hilfeempfängers, welcher seit 6. Oktober 1999 im Pflegeheim W stationär untergebracht sei. Dadurch entstünden dem Sozialhilfeträger Kosten von monatlich S 9.072,60. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass der Beschwerdeführer eine monatliche Nettopension inkl. der 13. und 14. Sonderzahlung in der Höhe von S 26.096,93 beziehe. Sorgepflicht bestehe gegenüber seiner unterhaltsberechtigten Ehefrau, welche außer einem Bezug von Pflegegeld der Stufe 4 über kein Einkommen verfüge. Hiedurch ermäßige sich die Bemessungsgrundlage um S 3.680,--. Weiters könnten sowohl von dem Ersatzpflichtigen sowie dessen Ehegattin durch amtsärztliche Bestätigung nachgewiesene Diätaufwendungen von jeweils S 550,-- pro Person berücksichtigt werden. Eine weitere Ermäßigung der Bemessungsgrundlage ergebe sich durch die vierteljährliche Vorschreibung der Gemeinde R. betreffend die laufende Grundsteuer-, Müll-, Kanal-, Wasser- und Rauchfangkehrergebühr in der Höhe von S 1.817,25, was einem monatlichen Betrag von S 454,30 entspreche. Ebenso werde der zwischen der Raiffeisenbank Voitsberg und dem Unterhaltspflichtigen abgeschlossene Abstattungskreditvertrag anerkannt, wobei allerdings zu berücksichtigen sei, dass die monatlichen Rückzahlungsraten erst per 1. Februar 2000 festgesetzt worden seien. Daher habe die monatlich anfallende Pauschalrate von S 2.936,-- erst ab 1. Februar 2000 eine Verminderung der Bemessungsgrundlage nach sich ziehen können. Es ergebe sich daher für den Zeitraum vom 6. Oktober 1999 bis einschließlich 31. Jänner 2000 eine Bemessungsgrundlage von S 20.862,60. Ab 1. Februar 2000 betrage die Bemessungslage, bedingt durch die mit diesem Datum bedingten Kreditrückzahlungsrate (monatlich S 2.936,--) S 17.926,60.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in welcher er - unter anderem - geltend machte, dass es sich beim Pflegeheim W, für das die monatlichen Aufwendungen für die Unterbringung des Vaters S 26.400,-- betrügen, um eines der gehobenen Klasse handle, und dass es in ausreichendem Maße vergleichbare Pflegeheime, wie z.B. ein konkret genanntes in Bärnbach gebe, wo die Unterbringung in ausreichendem Umfang mit den Mitteln des Vaters möglich wäre. Auch in seinem Schreiben vom 10. April 2001 wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass es (im Bezirk Voitsberg) Pflegeheime gebe, deren Kosten weit unter denen des Pflegeheimes W lägen.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. Juni 2001 wurde dieser Berufung teilweise Folge gegeben. Es wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer an den Sozialhilfeverband Voitsberg einen monatlichen Aufwandersatz wie folgt zu leisten habe: Für den Zeitraum 6. Oktober 1999 bis 31. Dezember 1999: S 2.991,54 (d.s. EUR 217,40), für den Zeitraum 1. Jänner 2000 bis 31. Jänner 2000 S 3.086,99 (d.s. EUR 224,34) und ab 1. Feber 2000 S 2.617,23 (d.s. EUR 190,20). In der Begründung ihres Bescheides setzte die belangte Behörde - unter anderem - dem Einwand, das gegenständliche Pflegeheim sei eines der gehobenen Klasse und es hätte auch mit einem billigeren Heim das Auslangen gefunden werden können, entgegen, dass die Tagsatzkosten im Pflegeheim W steiermarkweit als durchschnittlich zu bezeichnen seien und sich an der Tagsatzobergrenzenverordnung, LGBl. Nr. 30/1998, orientierten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des § 28 des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes - SHG, LGBl. Nr. 29/1998, lauten wie folgt:

"Ersatz für Aufwendungen der Sozialhilfe

Ersatzpflichtige

§ 28. Der Hilfeempfänger, seine nach bürgerlichem Recht zum Unterhalt verpflichteten Eltern, Kinder oder Ehegatten, seine Erben und Dritte sind verpflichtet, dem Sozialhilfeträger den Aufwand nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu ersetzen:

...

2. die Eltern, Kinder oder Ehegatten, soweit sie nach bürgerlichem Recht verpflichtet sind, für den Empfänger der Sozialhilfe Unterhaltsleistungen zu erbringen;

..."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 26. Feber 2002, Zl. 2001/11/0049) ist die Kostenersatzpflicht nach § 28 Z 2 SHG einerseits dadurch begrenzt, dass der Unterhaltspflichtige nur in dem Umfang und für den Zeitraum Ersatz zu leisten hat, als auf Grund sozialhilferechtlicher Bestimmungen Sozialhilfeleistungen zur Deckung eines Bedarfes des Unterhaltsberechtigten rechtens erbracht wurden. Der Ersatzpflichtige hat im Gewährungsverfahren keine Parteistellung. Die Rechtskraft des Gewährungsbescheides steht daher nicht einer Berücksichtigung von Einwendungen des Ersatzpflichtigen gegen die Berechtigung der Gewährung von Sozialhilfeleistungen in dem die Ersatzpflicht betreffenden Verfahren entgegen. Die Ersatzpflicht ist andererseits durch die Unterhaltspflicht selbst begrenzt (arg. "soweit sie nach bürgerlichem Recht verpflichtet sind, für den Empfänger der Sozialhilfe Unterhaltsleistungen zu erbringen"), der Ersatzpflichtige darf somit nur in dem Umfang zum Ersatz herangezogen werden, in dem er dem Empfänger der Sozialhilfe Unterhalt leisten müsste. Wesentliche Voraussetzung für die Gewährung der Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes ist, dass der Betreffende nicht in der Lage ist, den Lebensbedarf aus eigenen Mitteln zu bestreiten (§ 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 SHG). Die Frage der Einsetzbarkeit eigener Mittel ist aber auch für die Unterhaltspflicht gemäß § 143 Abs. 2 ABGB maßgebend (arg. "soweit der Unterhaltsberechtigte nicht im Stande ist, sich selbst zu erhalten").

Der Beschwerdeführer brachte im Verwaltungsverfahren - wie bereits ausgeführt - vor, dass das Pflegeheim, in dem sein Vater untergebracht worden sei, zu teuer sei und es andere zumutbare Pflegeheime gebe, in denen sein Vater wesentlich billiger untergebracht hätte werden können. In seiner Berufung bezog der Beschwerdeführer sich diesbezüglich auf ein konkretes Pflegeheim in B., wo die Unterbringung in ausreichendem Umfang mit den seinem Vater zur Verfügung stehenden Mitteln möglich gewesen wäre. Diesbezüglich hat die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen, die jedoch wesentlich gewesen wären:

§ 13 Abs. 1 zweiter Satz SHG berechtigt zwar den Hilfeempfänger unter den für seine Bedürfnisse in Frage kommenden Einrichtungen zu wählen, und begrenzt lediglich die Kostenübernahme mit Obergrenzen (§ 13 Abs. 2 SHG). Die für die Gewährung der Sozialhilfe maßgebenden Bestimmungen zwingen den Hilfeempfänger demnach nicht, unter mehreren in Frage kommenden Einrichtungen die kostengünstigere zu wählen. Bei der Beurteilung der Unterhaltspflicht nach bürgerlichem Recht kann es aber für die Angemessenheit des zu leistenden Unterhaltes - für die die Lebensverhältnisse des verpflichtenden Kindes und des berechtigten Vorfahrens maßgebend sind - von Bedeutung sein, ob die Inanspruchnahme kostengünstigerer Einrichtungen dem unterhaltsberechtigten Vorfahren möglich und zumutbar ist. Die Behörde hätte sich mit dem konkreten Einwand des Beschwerdeführers, dass es kostengünstigere - zumutbare - Unterbringungsmöglichkeiten gegeben hätte, auseinander setzen und begründen müssen, aus welchen Erwägungen im Einzelnen sie den Einwand für unberechtigt hält. Die im Bescheid angeführte Begründung, dass die Tagsatzkosten im Pflegeheim W steiermarkweit als durchschnittlich zu bezeichnen seien und sich an der "Tagsatzobergrenzenverordnung" orientieren, ist nicht schlüssig, weil von einer Obergrenze nicht ohne weiters auf die Üblichkeit oder Angemessenheit eines Entgeltes geschlossen werden kann. Im Übrigen wird dadurch nicht die Behauptung des Beschwerdeführers widerlegt, es habe eine kostengünstigere Einrichtung gegeben, die seinem Vater auch zumutbar gewesen sei (siehe hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2002, Zl. 2001/11/0049).

Da die belangte Behörde somit in Verkennung der Rechtslage zu dieser Frage keine hinreichenden Feststellungen getroffen hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden musste.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 24. Juni 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001110267.X00

Im RIS seit

01.08.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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