TE Vwgh Beschluss 2003/6/24 2001/01/0194

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Veröffentlicht am 24.06.2003
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Index

L03501 Gemeindewahl Bürgermeisterwahl Burgenland;
L03509 Gemeindewahl Bürgermeisterwahl Wien;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/04 Wahlen;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art130 Abs1;
GdWO Bgld 1992 §20;
GdWO Wr 1996 §16 idF 1996/031;
GdWO Wr 1996 §19a idF 1996/031;
GdWO Wr 1996 §24 idF 1996/031;
GdWO Wr 1996 §30 Abs1 idF 1996/031;
GdWO Wr 1996 §31 idF 1996/031;
VwGG §34 Abs1;
WählerevidenzG 1973 §1;
WählerevidenzG 1973 §4 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, in der Beschwerdesache des Dr. C in Wien, vertreten durch Prader & Plaz OEG, Rechtsanwaltspartnerschaft in 1070 Wien, Seidengasse 28, gegen den Bescheid der Stadtwahlbehörde der Bundeshauptstadt Wien vom 9. März 2001, Zl. MA 62-71/G 01, betreffend Einspruch gegen das Wählerverzeichnis, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2001 stellte der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, den Antrag "auf Aufnahme in die Wählerevidenz für

1.)

die Landtags- und Gemeinderatswahlen der Stadt Wien;

2.)

die Bezirksvertretungswahlen für den 20. Wiener Gemeindebezirk".

Gegen den diesen Antrag abweisenden Bescheid der Bezirkswahlbehörde für den 20. Bezirk vom 2. März 2001 erhob der Beschwerdeführer Berufung; die Voraussetzungen für seine Eintragung in die "Wiener Wählerevidenz" seien erfüllt.

Datiert mit 9. März 2001 erging an den Beschwerdeführer unter dem Betreff "Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen 2001 Einspruch gegen das Wählerverzeichnis; Berufung" nachstehende Erledigung:

"Die Stadtwahlbehörde hat in ihrer Sitzung vom 9. März 2001 der Berufung gegen die Entscheidung der Bezirkswahlbehörde für den

              20.              Bezirk vom 2. März 2001 keine Folge gegeben, weil Sie kein österreichischer bzw. sonstiger EU-Bürger sind.

Sie werden daher im Wählerverzeichnis nicht eingetragen.

Eine weitere Berufung ist unzulässig.

Hochachtungsvoll

Der Abteilungsleiter: ..."

Gestützt auf den Standpunkt, bei der eben wiedergegebenen Erledigung handle es sich um einen Bescheid, erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat hierüber - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Dem Beschwerdeführer ist darin zuzustimmen, dass der gegenständlichen Erledigung vom 9. März 2001 Bescheidqualität zukommt; unzweifelhaft sollte damit über seine Berufung gegen den (erstinstanzlichen) Bescheid der Bezirkswahlbehörde für den

20. Bezirk in normativer Weise abgesprochen werden. Dieser normative Abspruch ist des Inhalts, dass der Beschwerdeführer "im Wählerverzeichnis" nicht eingetragen werde. Demgegenüber hatte der Beschwerdeführer seinerseits - dem Wortlaut nach - eine Aufnahme "in die Wählerevidenz" bzw. (so in seiner Berufung) "in die Wiener Wählerevidenz" beantragt.

Die im gegebenen Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen des II. Hauptstückes der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 GWO 1996, LGBl. Nr. 16, in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 31/1996, lauten wie folgt:

"II. HAUPTSTÜCK

Wahlrecht, Erfassung der Wahlberechtigten

1. Abschnitt

Wahlrecht, Stichtag

§ 16

(1) Wahlberechtigt sind alle Männer und Frauen, die vor dem 1. Jänner des Jahres der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben und am Stichtag (§ 3 Abs. 4)

1.

die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen,

2.

vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind und

3.

im Gemeindegebiet von Wien ihren Hauptwohnsitz haben.

(2) Wahlberechtigt zu den Bezirksvertretungswahlen sind auch Unionsbürger, die abgesehen von der österreichischen Staatsbürgerschaft die Bedingungen des Abs. 1 erfüllen.

§ 17

(1) An der Wahl nehmen nur Wahlberechtigte teil, deren Namen im abgeschlossenen Wählerverzeichnis enthalten sind.

(2) ...

2. Abschnitt

...

3. Abschnitt

Erfassung der Wahlberechtigten

§ 20

Die Wahlberechtigten sind vom Magistrat in das Wählerverzeichnis einzutragen (Anlage 1). Die Eintragung in das Wählerverzeichnis erfolgt auf Grund der Eintragungen in den von der Gemeinde nach bundesgesetzlichen Vorschriften zu führenden ständigen Evidenzen der Wahlberechtigten unter Beachtung des § 16. Wahlberechtigte gemäß § 16 Abs. 2 sind im Wählerverzeichnis besonders zu kennzeichnen.

...

§ 22

Jeder Wahlberechtigte ist in das Wählerverzeichnis des Wahlsprengels einzutragen, in dem er am Stichtag seinen

Hauptwohnsitz hat.

...

4. Abschnitt

Einspruchs- und Berufungsverfahren

§ 24

Vom 21. bis zum 30. Tag nach dem Stichtag hat der Magistrat das Wählerverzeichnis in einem allgemein zugänglichen Amtsraum zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. In jedem Gemeindebezirk ist mindestens eine Auflegungsstelle einzurichten.

...

§ 27

Vom ersten Tag der Auflegung an dürfen Änderungen im Wählerverzeichnis nur mehr auf Grund des Einspruchs- und Berufungsverfahrens vorgenommen werden. Ausgenommen hievon sind Beseitigungen von offenbaren Unrichtigkeiten in den Eintragungen von Wahlberechtigten, Streichungen bei Doppeleintragungen (Mehrfacheintragungen) und Behebungen von Formgebrechen, insbesondere die Berichtigung von Schreibfehlern.

...

§ 30

(1) Gegen das Wählerverzeichnis kann jeder österreichische Staatsbürger und sonstige Unionsbürger mit Hauptwohnsitz in Österreich unter Angabe seines Namens und der Wohnadresse innerhalb der Einsichtsfrist wegen Aufnahme vermeintlich Nichtwahlberechtigter oder wegen Nichtaufnahme vermeintlich Wahlberechtigter schriftlich oder mündlich bei der zur Entgegennahme von Einsprüchen bezeichneten Stelle (§ 25) Einspruch erheben.

(2) ...

(3) ...

§ 31

Einsprüche gegen die von der Gemeinde nach bundesgesetzlichen Vorschriften zu führenden ständigen Evidenzen der Wahlberechtigten, über die zu Beginn der Einsichtsfrist noch nicht rechtskräftig entschieden ist, gelten als Einsprüche gegen das Wählerverzeichnis, sofern es sich beim Einspruchsbetroffenen um keinen Staatsbürger mit Hauptwohnsitz im Ausland (Auslandsösterreicher) handelt.

...

§ 34

Über die Einsprüche erkennt in erster Instanz die Bezirkswahlbehörde jenes Gemeindebezirkes, auf den sich die beantragte Änderung des Wählerverzeichnisses bezieht, ...

...

§ 36

(1) Gegen die Entscheidung der Bezirkswahlbehörde kann der Einspruchswerber sowie der durch die Entscheidung Betroffene binnen zwei Tagen nach der Zustellung der Entscheidung schriftlich die Berufung bei der zuständigen Bezirkswahlbehörde einbringen. ...

(2) Über die Berufung entscheidet binnen vier Tagen nach ihrem Einlangen die Stadtwahlbehörde endgültig. Die Bestimmungen der §§ 30 Abs. 2 und 3, 31, 32, 34 zweiter Satz und 35 finden sinngemäß Anwendung.

§ 37

(1) Nach Abschluss des Einspruchs- und Berufungsverfahrens hat der Magistrat das Wählerverzeichnis abzuschließen.

(2) Das abgeschlossene Wählerverzeichnis ist der Wahl zu Grunde zu legen.

(3) ..."

Gemäß § 20 iVm § 22 GWO 1996 werden die Wahlberechtigten zu den Gemeinderats- und zu den Bezirksvertretungswahlen durch stichtagsbezogene Eintragung in das Wählerverzeichnis erfasst. Das abgeschlossene Wählerverzeichnis ist gemäß § 37 Abs. 2 GWO 1996 der Wahl zu Grunde zu legen, nur solche Personen sind wahlberechtigt, deren Name im abgeschlossenen Wählerverzeichnis enthalten ist (§ 17 Abs. 1 leg. cit.).

Die Eintragung in das Wählerverzeichnis erfolgt auf Grund der Eintragungen in den von der Gemeinde nach bundesgesetzlichen Vorschriften zu führenden ständigen Evidenzen der Wahlberechtigten unter Beachtung des § 16. Damit verweist die GWO 1996 auf das Wählerevidenzgesetz 1973, im Speziellen auf die ständige Evidenz der Wahl- und Stimmberechtigten (Wählerevidenz) nach § 1 leg. cit.. Hingegen gibt es für Wien (bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt) - anders als etwa für das Burgenland (vgl. das Burgenländische Wählerevidenz-Gesetz bzw. § 20 der (burgenländischen) Gemeindewahlordnung 1992) - keine spezifische "Wiener Wählerevidenz" und damit keine ständige Evidenz der Wahlberechtigten zu den Wiener Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen. (Erst mit der Novelle LGBl. Nr. 22/2003 wurde mit Einfügung eines § 19a in die GWO 1996 eine "Besondere Wählerevidenz" geschaffen.) Angesichts dessen und in Anbetracht des erkennbar auf die für den 25. März 2001 ausgeschriebene Wahl zum Wiener Gemeinderat und zu den Bezirksvertretungen zugeschnittenen Antrags des Beschwerdeführers (siehe auch die in seiner Berufung ausdrücklich angesprochene "Wiener Wählerevidenz") verstand die belangte Behörde diesen Antrag zu Recht als solchen auf Eintragung in das Wählerverzeichnis (präziser: als Einspruch gegen das Wählerverzeichnis nach § 30 Abs. 1 GWO 1996 wegen Nichtaufnahme). Doch selbst wenn man den verfahrenseinleitenden Antrag des Beschwerdeführers im Sinn einer begehrten "Aufnahme in die Wählerevidenz" nach dem Wählerevidenzgesetz 1973 wörtlich nehmen würde, wäre seitens der belangten Behörde im Grunde des § 31 GWO 1996 - die Einsichtsfrist begann gemäß § 24 GWO 1996 ausgehend von dem in der Wahlausschreibung vom 25. Jänner 2001, kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien vom 26. Jänner 2001, Zl. MA 62-1/G 01, bestimmten Stichtag (26. Jänner 2001) am 16. Februar 2001 - wie geschehen über die Eintragung in das Wählerverzeichnis für die Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen vom 25. März 2001 zu entscheiden gewesen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG gestützte Beschwerde nur zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde. Die Rechtsverletzungsmöglichkeit muss auch noch im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung gegeben sein. Zu einer abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berufen. Ein aufrechtes Rechtsschutzbedürfnis ist u.a. dann zu verneinen, wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer ohne objektiven Nutzen ist und die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen nur mehr von theoretischer Bedeutung sind.

Die Feststellung der Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Bescheides ist nicht das bestimmungsgemäße Ziel des außerordentlichen Rechtsmittels der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde; sie ist nicht Selbstzweck, sondern (lediglich) der Weg, auf dem die Aufhebung des Bescheides erreicht wird (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 27. September 2000, Zl. 2000/04/0001).

Fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in die Sphäre des Beschwerdeführers, so ermangelt diesem die Beschwerdeberechtigung.

Wie oben dargelegt, behandelte die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers zu Recht als Einspruch gegen das Wählerverzeichnis nach § 30 Abs. 1 GWO 1996. Dieses Wählerverzeichnis für die Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen vom 25. März 2001 vermag indes im gegebenen Zusammenhang über den Wahltag hinaus keine Rechtswirkungen zu entfalten. Es war - wie schon erwähnt - der besagten Wahl zu Grunde zu legen, bietet aber insbesondere keine Grundlage für die Erfassung der Wahlberechtigten bei nachfolgenden Wahlen. Von da her ist nicht zu sehen, inwieweit der Beschwerdeführer im Fall der Aufhebung des bekämpften Bescheides sein offenkundiges Verfahrensziel (Anerkennung als Wahlberechtigter für Wiener Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen; der in der vorliegenden Beschwerde geltend gemachte Beschwerdepunkt kann im Gesamtzusammenhang nur so verstanden werden, dass sich der Beschwerdeführer durch den bekämpften Bescheid im Recht auf Teilnahme an diesen Wahlen verletzt erachte) erreichen könnte. Ob er im Hinblick auf die Neufassung des Kreises der Wahlberechtigten durch die schon erwähnte Novelle LGBl. Nr. 22/2003 (vgl. § 16 GWO 1996 in der Fassung dieser Novelle) nicht ohnehin das angestrebte Wahlrecht innehat, braucht bei diesem Ergebnis nicht mehr geprüft zu werden.

Da nach dem Gesagten eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers durch den bekämpften Bescheid nach dem 25. März 2001 nicht mehr in Betracht kam, ermangelte es dem Beschwerdeführer bereits bei Postaufgabe der vorliegenden Beschwerde am 25. April 2001 an der Beschwerdelegitimation. Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen (vgl. sinngemäß den ebenfalls eine Wahl betreffenden oben zitierten hg. Beschluss vom 27. September 2000).

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 leg. cit., iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 24. Juni 2003

Schlagworte

Beschwerde Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001010194.X00

Im RIS seit

18.08.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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