Index
E1E;Norm
11992E118A EGV Art118a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ sowie Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des Ing. U in W, vertreten durch Dr. Günther Sulan, Rechtsanwalt in Wien I, Biberstraße 10/9, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 27. März 1998, Zl. 106.791/3-Pr/A/3/98, betreffend Überstundenvergütung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der erste Absatz des angefochtenen Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stand im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung als Oberrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle war das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten (nunmehr Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit).
In den Arbeitszeitnachweisen vom November und Dezember 1996 machte der Beschwerdeführer Zeiten der Reisebewegung bei Dienstreisen nach Brüssel als Überstunden geltend. Dies führte dazu, dass die Präsidialabteilung der belangten Behörde mit Schreiben vom 27. Jänner 1997 den Vorgesetzten des Beschwerdeführers ersuchte, diesen aufzufordern, an den betreffenden Tagen ausschließlich den Dienstbeginn und das Dienstende und nicht Reisezeiten in den Arbeitszeitnachweisen einzutragen. Reisezeiten würden nämlich jedenfalls nicht als Dienstzeit gelten. Die Anweisung der Überstundenvergütung für die im Monat Dezember 1996 angeordneten Überstunden könne erst nach Abklärung des gegenständlichen Sachverhaltes erfolgen.
Der Beschwerdeführer erstattete daraufhin eine (undatierte) Stellungnahme, in welcher er insbesondere auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnisse vom 26. November 1990, Zl. 89/12/0241, vom 30. Jänner 1980, 1075/78, vom 23. April 1990, Zl. 89/12/0039, und vom 16. April 1991, Zl. 90/08/0156) sowie auf die Arbeitszeitrichtlinie der EU verwies, wonach Dienstreisezeiten voll zu entlohnen seien, wenn die Dienstreise im Rahmen des dienstlichen Auftrages unternommen werde, weil der Beamte damit seinen Dienst versehe bzw. seine dienstlichen Aufgaben wahrnehme.
Mit 13. Mai 1997 richtete das Präsidium der belangten Behörde ein weiteres Schreiben an den Vorgesetzten des Beschwerdeführers. Darin wurde ausgeführt, dass sich der Arbeitnehmer während der Reisebewegung, die anlässlich einer Dienstreise durchgeführt werde, unzweifelhaft in der Verfügung des Arbeitgebers befinde. Diese Zeit werde allerdings nur dann zur Arbeitszeit, wenn als weiteres Tatbestandsmerkmal hinzutrete, dass der Arbeitnehmer in dieser Zeit seiner Tätigkeit nachgehe oder (dienstliche) Aufgaben wahrnehme. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes begründe die anlässlich einer Dienstreise durchgeführte Reisebewegung außerhalb der Normaldienstzeit grundsätzlich keine Überstundenleistung. Aus der Erfüllung einer Dienstpflicht allein - wie sich gewiss auch eine Dienstreise darstelle - könne ein Bediensteter, da er sich nicht auf eine konkrete Besoldungsvorschrift zu stützen vermöge, auch keinen Vergütungsanspruch für die Reisezeit ableiten. Aus den Reisekostenabrechnungen für die gegenständlichen Dienstreisen sei eindeutig ersichtlich, dass der Beschwerdeführer in der Arbeitszeitverwaltung Reisezeiten als Dienstzeiten eingetragen habe. Dies sei nicht zulässig. Der Beschwerdeführer sei daher anzuweisen, die Dienstzeiten im Sinne der geltenden Rechtsvorschriften zu korrigieren.
Am 9. September 1997 erstattete der Beschwerdeführer neuerlich eine Stellungnahme. Er führte darin u.a. aus, dass die Sitzungsunterlagen (für die Besprechungen in Brüssel) immer erst kurz vor Beginn der Dienstreise zur Verfügung gestellt würden und ihm die Sitzungsvorbereitung daher erst im Zuge der Reisebewegung möglich sei. Während der Reisebewegung erfolge nicht nur das Studium des Sitzungsinhaltes, es habe noch vor Sitzungsbeginn eine Absprache mit anderen österreichischen Delegierten zwecks Erarbeitung der österreichischen Position und eine Absprache mit Delegierten anderer Länder zwecks Durchsetzbarkeit der österreichischen Position in der Ratssitzung sowie eine Koordination mit den an der Ratsgruppensitzung teilnehmenden Industrievertretern zu erfolgen. Aus der Aufgabenstellung und den damit verbundenen Umständen ergebe sich demnach, dass sowohl während der Reisebewegung als auch vor und nach den Ratsgruppensitzungen die mit dem Auftrag verbundenen Aufgaben wahrgenommen werden müssten, die nichts mit der für das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten vorgesehenen Normaldienstzeit von 8 Uhr bis 16 Uhr für allgemeine, regelmäßig im Ministerium anfallende Tätigkeiten zu tun hätten. Außerdem seien vom Beschwerdeführer entgegen der Behauptung der Dienstbehörde nur jene Zeiten der Dienstreise als Arbeitszeit verrechnet worden, in denen er auch tatsächlich gearbeitet habe. Die mit dem Dienstauftrag verbundenen Überstunden gälten bei Auftragserteilung auch als angeordnet. Sie seien vom Dienstgeber in der Zeitverwaltung auch als angeordnete Überstunden ausgewiesen worden, von den Gesamtstunden abgezogen und als finanziell abgerechnet anerkannt worden. Lediglich zur Auszahlung seien sie noch nicht gebracht worden.
Der Beschwerdeführer schlüsselte dann seine auf den Dienstreisen erbrachten Tätigkeiten wie folgt auf (mittlerweile hatte er im Jänner 1997 an zwei weiteren Sitzungen teilgenommen):
"7.11.96 (Asbestsitzung):
Beginn der Dienstreise
5.20 Uhr
Arbeitsbeginn
6.00 Uhr
Studium der Arbeitsunterlagen und Rechtsvergleich mit bisheriger innerstaatlicher Regelung; Entwurf einer Punktation
Flug nach Brüssel:
7.20 Uhr
Besprechung und Erarbeitung der Österr. Position mit dem Österr. Delegationsleiter; Erarbeitung der Auswirkungen einer Neuregelung auf die Österr. Wirtschaft
Sitzungsvorbereitung
Besprechung der Österr. Position mit anderen Delegationen und den Wirtschaftsvertretern
Sitzung
10.00-18.30
Ratsgruppensitzung
Beginn der Rückreise
18.30
Auswertung des Sitzungsergebnisses
Flug nach Wien
19.50
Besprechung der erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen
Arbeitsende
23.15
Erstellung des Reiseberichtsentwurfes
Ende der Dienstreise
23.15
Dauer der Dienstreise
17 Stunden 55 Minuten
Dauer der Tätigkeiten
17 Stunden 15 Minuten
13.11.96 (Beschränkung gefährlicher Stoffe):
Beginn der Dienstreise
4.45 Uhr
Arbeitsbeginn
5.15 Uhr
Studium der Arbeitsunterlagen und Rechtsvergleich mit bisheriger innerstaatlicher Regelung, Entwurf einer Punktation
Flug nach Brüssel:
7.20 Uhr
Besprechung und Erarbeitung der Österr. Position; Erarbeitung der Auswirkungen einer Neuregelung auf die Österr. Wirtschaft
Sitzungsvorbereitung
Besprechung der Österr. Position und Besprechung mit anderen Delgationen und den Wirtschaftsvertretern
Sitzung
10.00-18.30
Ratsgruppensitzung
Beginn der Rückreise
18.30
Auswertung des Sitzungsergebnisses
Flug nach Wien
19.50
Besprechung der erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen
Arbeitsende
23.15
Erstellung des Reiseberichtsentwurfes
Ende der Dienstreise
23.15
Dauer der Dienstreise
18 Stunden 30 Minuten
Dauer der Tätigkeit
18 Stunden 00 Minuten
3.12.96 (Wasch- und Reinigungsmittel):
Beginn der Dienstreise
4.45 Uhr
Arbeitsbeginn
5.00 Uhr
Studium der Arbeitsunterlagen und der Studien betreffend Prüfmethoden; Rechtsvergleich mit bisheriger innerstaatlicher Regelung; Entwurf einer Punktation
Flug nach Brüssel
6.45 Uhr
Besprechung und Erarbeitung der Österr. Position mit dem Österr. Delegationsleiter; Erarbeitung der Auswirkungen der Studie
Sitzungsvorbereitung
Besprechung der Österr. Position mit anderen Delegatoinen und den Wirtschaftsvertretern
Sitzung
10.00-18.45
Ratsgruppensitzung
Beginn der Rückreise
18.45
Auswertung des Sitzungsergebnisses
Flug nach Wien
19.50
Besprechung der erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen
Arbeitsende
23.15
Erstellung des Reiseberichtsentwurfes
Ende der Dienstreise
23.15
Dauer der Dienstreise
18 Stunden 30 Minuten
Dauer der Tätigkeiten
18 Stunden 15 Minuten
11.-13.12.96 (Beschränkung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen,
Anpassung an den technischen Fortschritt):
11.12.: Beginn der Dienstreise
15.20 Uhr
Arbeitsbeginn
8.00 Uhr
Dienstbeginn in Wien, normale Diensttätigkeit bis zum Antritt der Dienstreise um 16.40 Uhr
Flug nach Brüssel
17.20 Uhr
Studium der Arbeitsunterlagen und Rechtsvergleich mit bisheriger innerstaatlicher Regelung; Entwurf einer Punktation für die Arbeitssitzung Besprechung und Erarbeitung der Österr. Position mit dem Österr. Delegationsleiter; Erarbeitung der Auswirkungen einer Neuregelung auf die Österr. Wirtschaft
Arbeitsende 11.12.:
20.15 Uhr
siehe oben
Ankunft Hotel
20.45 Uhr
12.12.: Sitzungsvorbereitung
8.00 Uhr
Besprechung der Österr. Position mit anderen Delegationen und den Wirtschaftsvertretern
Sitzung
10.00- 18.00
Ratsgruppensitzung in Brüssel, Auswertung der Sitzungsergebnisse
Arbeitszeit am 12.12.:
8.00-18.00
10 Stunden
13.12.
8.00 Uhr
Vorbesprechung wegen Abstimmverhalten mit dem Delegationsleiter und anderen Delegationen
Sitzung
9.00- 17.30
Ratsgruppensitzung
Arbeitsende
19.30
Besprechung der erforderlichen Maßnahmen mit dem Österr. Delegationsleiter, Auswertung des Sitzungsergebnisses
Flug nach Wien
19.50
keine Tätigkeit
Arbeitsende
19.30
Ende der Dienstreise
23.15
Dauer der Inanspruchnahme
54 Stunden 35 Minuten
Dauer der Dienstreise
31 Stunden 55 Minuten
davon Dauer der Tätigkeiten während 25 Stunden 5 Minuten (Rest Dienst
der Dienstreise
in Wien
16.1.97 (Wasch- und Reinigungsmittel):
Beginn der Dienstreise
4.45 Uhr
Arbeitsbeginn
6.00 Uhr
Studium der Arbeitsunterlagen; Entwurf einer Punktation für die Arbeitsgruppensitzung
Flug nach Brüssel:
6.45 Uhr
Besprechung und Erarbeitung der Österr. Position mit dem Österr. Delegationsleiter; Erarbeitung der Auswirkungen der Studie
Sitzungsvorbereitung
Besprechung der Österr. Position mit anderen Delegationen und den Wirtschaftsvertretern
Sitzung
10.00-16.15
Ratsgruppensitzung
Beginn der Rückreise
16.15
Auswertung des Sitzungsergebnisses
Flug nach Wien
19.50
Besprechung der erforderlichen Möglichkeiten für andere Prüfmethoden
Arbeitsende
22.30
Erstellung des Reiseberichtsentwurfes
Ende der Dienstreise
22.30
Dauer der Dienstreise
17 Stunden 45 Minuten
davon Dauer der Tätigkeiten während 16 Stunden 30 Minuten
der Dienstreise
28.1.-30.1.97 (Risikomanagement zu RL 76/769/EWG):
28.1.: Beginn der Dienstreise
15.20 Uhr
Arbeitsbeginn
8.00 Uhr
Dienstbeginn in Wien, normale
Diensttätigkeit bis zum Antritt der Dienstreise um 16.40 Uhr
Flug nach Brüssel:
17.20 Uhr
Studium der Arbeitsunterlagen und Rechtsvergleich mit bisheriger innerstaatlicher Regelung; Entwurf einer Punktation für die Arbeitssitzung; Besprechung und Erarbeitung der Österr. Position mit dem Österr. Delegationsleiter; Erarbeitung der Auswirkungen einer Neuregelung auf die Österr. Wirtschaft
Arbeitsende 28.1.:
20.15 Uhr
siehe oben
Ankunft Hotel
20.45 Uhr
29.1.: Sitzungsvorbereitung
8.00 Uhr
Besprechung der Österr. Position mit anderen Delegationen und den Wirtschaftsvertretern
Sitzung
10.00- 18.45
Ratsgruppensitzung in Brüssel
Arbeitszeit am 29.1.:
8.00-18.00
10 Stunden 45 Minuten
30.1.
8.00 Uhr
Vorbesprechung wegen Abstimmverhalten mit dem Delegationsleiter und anderen Delegationen
Sitzung
9.30-18.15
Ratsgruppensitzung
Flug nach Wien
19.50
Besprechung der erforderlichen Maßnahmen mit dem Österr. Delegationsleiter, Auswertung des Sitzungsergebnisses
Arbeitsende
22.30
siehe oben; Beginn des Reiseberichtsentwurfes
Ende der Dienstreise