Index
L78000 Elektrizität;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, in der Beschwerdesache der O Ferngas Aktiengesellschaft in L, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in 1014 Wien, Tuchlauben 17, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten (nunmehr Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) vom 18. März 1999, Zl. 551.700/8-VIII/1/98, betreffend energiewirtschaftliche Bewilligung und Parteistellung (mitbeteiligte Partei: R Austria Aktiengesellschaft in W, vertreten durch Dr. Heinz Löber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Beschwerdeverfahren eingestellt.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurden der mitbeteiligten Partei die Genehmigung zur Aufnahme der Versorgung anderer mit Energie in Form von Gas erteilt und der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Feststellung der Parteistellung in diesem Verfahren abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die beschwerdeführende Partei erachtet sich wie folgt in ihren Rechten verletzt:
"Der Bescheid, welcher der Mitbeteiligten nach § 5 Abs. 1 EnergiewirtschaftsG 'die Genehmigung zur Aufnahme der Versorgung Anderer mit Energie in Form von Gas' erteilt und gleichzeitig unseren Antrag 'auf Feststellung der Parteistellung in diesem Verfahren' abweist, verletzt uns in unseren Rechten auf Beachtung unserer Parteistellung und Nichtgenehmigung der ganz allgemein, territorial nicht beschränkten Aufnahme der Versorgung Anderer mit Gas."
Das Beschwerdevorbringen stützt sich darauf, dass der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 7. Dezember 1981 auf Grund § 5 Abs. 1 EnergiewirtschaftsG - unter Bedingungen, Auflagen und Anleitungen sowie Empfehlungen - die Bewilligung erteilt wurde "indem gemäß b) und c) bestimmten geschützten Versorgungsgebieten die folgend nach Art und Umfang begrenzte öffentliche Versorgung anderer aus Gasleitungssystemen unter Berücksichtigung aller aus dieser öffentlichen Aufgabe sich ergebenden Rechten und Pflichten aufzunehmen". Unter b) und c) des Spruches ist der beschwerdeführenden Partei "für die Versorgung aus Erdgashochdruckleitungssystemen das Gebiet des Landes Oberösterreich in der Funktion eines Landesgasversorgungsunternehmens mit der Einschränkung" zugewiesen worden, "dass in geschützten, geschlossenen Versorgungsgebieten bereits derzeit rechtmäßig bestehender öffentlicher Gasversorgungsunternehmen neben vorhandenen Abnehmern der O.ö. Ferngas GesmbH aus Hochdruckleitungssystemen lediglich diese anderen öffentlichen Gasversorgungsunternehmen aus derartigen Hochdruckleitungssystemen versorgt werden dürfen". Gleichzeitig sind der beschwerdeführenden Partei unter c) für die Versorgung aus Mitteldruckgasleitungssystemen und Niederdruckgasleitungssystemen bestimmte, taxativ aufgezählte Gebiete zugewiesen worden.
Im Hinblick auf diesen rechtskräftigen Bescheid meint die beschwerdeführende Partei (auf das Wesentlichste zusammengefasst), die der mitbeteiligten Partei auf Grund derselben Gesetzesstelle von derselben Behörde (mit dem angefochtenen Bescheid) erteilte Genehmigung relativiere (genauer: beseitige) die der beschwerdeführenden Partei mit rechtskräftigem Bescheid (vom 7. Dezember 1981) eingeräumte Exklusivität als Landesgasversorgungsunternehmen für die bescheidmäßig "geschützten, geschlossenen Versorgungsgebiete". Ihr verwaltungsrechtlich rechtskräftig festgeschriebener Rechtsstatus werde durch den nunmehr angefochtenen Bescheid krass zu ihrem Nachteil verändert, und zwar ohne Recht, am Verfahren als Partei teil zu haben.
Nach Erhebung der Beschwerde erging der Bescheid der belangten Behörde vom 6. März 2000, mit dem u.a. ausgesprochen wurde, dass der Bescheid des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 7. Dezember 1981 und vom 8. Mai 1982 außer Kraft träten.
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. September 2000, Zl. 2000/04/0075, wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
In weiterer Folge wurde die Rechtslage insoweit geändert, als nunmehr das Gaswirtschaftsgesetz (Energieliberalisierungsgesetz) BGBl. I Nr. 121/2000 in der Fassung BGBl. I Nr. 148/2002 in den Abs. 1 und 2 des § 76 bestimmt (die hier bedeutsame normative Anordnung ist hervorgehoben):
"(1) Erdgasunternehmen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes Inhaber einer Genehmigung gemäß § 5 EnWG oder einer Konzession zum Betrieb von Erdgasleitungen gemäß § 3 Rohrleitungsgesetz, BGBl. Nr. 411/1975, sind oder die bereits am 15. Februar 1939 andere mit Gas versorgt haben, bedürfen zur Ausübung ihrer Tätigkeit als Netzbetreiber keiner Genehmigung gemäß § 13. Ihre Rechte und Pflichten bestimmen sich ausschließlich nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.
(2) Insoweit in Bescheiden gemäß Abs. 1 eingeräumte Rechte oder auferlegte Pflichten von den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes abweichen, treten diese abweichenden Bestimmungen mit 10. August 2000 außer Kraft. Insbesondere gelten die in diesen Bescheiden als Auflagen oder Bedingungen enthaltenen Einschränkungen von Genehmigungen sowie die darin enthaltene Gewährung ausschließlicher Rechte zur Versorgung bestimmter Gebiete als nicht dem Genehmigungsbescheid beigesetzt. Insoweit sich die Genehmigungen gemäß Abs. 1 nur auf Teile des Bundesgebietes beziehen, gelten diese Genehmigungen mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes als für das gesamte Bundesgebiet erteilt."
Mit hg. Verfügung vom 13. Mai 2003 wurde die beschwerdeführende Partei aufgefordert, zur Frage Stellung zu nehmen, inwieweit im Hinblick auf die zwischenzeitig geänderte Rechtslage durch § 76 Abs. 2 Gaswirtschaftsgesetz (Energieliberalisierungsgesetz) eine Rechtsverletzungsmöglichkeit noch gegeben sei.
In ihrer Äußerung vom 5. Juni 2003 macht die beschwerdeführende Partei geltend, bis zum 10. August 2000 hätten ihre Rechte uneingeschränkt bestanden, also während der gesamten Dauer des Verwaltungsverfahrens und seien diese erst durch die Erlassung des angefochtenen Bescheides beschränkt worden. Die verwaltungsverfahrensrechtliche Pflicht, jemanden als Partei einem Verfahren zuzuziehen und entsprechend zu hören, bestehe bereits dann, wenn nur die bloße Möglichkeit einer Berührung in rechtlichen Positionen bestehe. Dieser Pflicht sei eine Behörde auch nicht dadurch enthoben, dass diese Rechtspositionen Jahre später vom Gesetzgeber selbst eingeschränkt würden. Daran ändere auch nichts, dass Verfahrensrechte nicht unabhängig von materiellen Rechtspositionen geltend gemacht werden könnten. Im Zeitpunkt der Antragstellung durch die mitbeteiligte Partei, während des gesamten Zeitraumes der Dauer des Verwaltungsverfahrens und im Zeitpunkt der Bescheiderlassung sei der beschwerdeführenden Partei das Recht auf Alleinversorgung von Oberösterreich mit Erdgas bescheidmäßig zugesichert gewesen. Dieses Recht sei durch § 76 Abs. 2 Gaswirtschaftsgesetz auch nicht dergestalt beseitigt worden, dass vor den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zurückgewirkt würde. Der angefochtene Bescheid "war und ist rechtswidrig".
Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich dem nicht anzuschließen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt nicht nur die formelle (ausdrückliche) Aufhebung des angefochtenen Bescheides, sondern auch der Wegfall des Rechtsschutzinteresses im Zuge eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu dessen Einstellung, weil der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen einer nach Art. 131 B-VG erhobenen Bescheidbeschwerde zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen ist. Ergibt sich also im Verfahren über eine derartige Beschwerde, dass eine fortwirkende Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid nicht (mehr) gegeben ist, auch eine der Beschwerde stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in Ansehung der subjektivöffentlichen Rechte des Beschwerdeführers keine Veränderung bewirken würde, und die in der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage damit nicht mehr fallbezogene, sondern nur noch theoretische Bedeutung besitzen, führt dies zur Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. zum Ganzen etwa den hg. Beschluss vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0094).
Gerade das ist hier aber der Fall: Im Hinblick auf die Änderung der Rechtslage (gegen die im Beschwerdefall beim Verwaltungsgerichtshof keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen) ist eine fortwirkende Verletzung des von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachten subjektivöffentlichen Rechtes nicht mehr gegeben; auch bei einer der Beschwerde stattgebenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vermag die beschwerdeführende Partei das angestrebte Verfahrensziel nicht mehr zu erreichen.
Die Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG für gegenstandslos geworden zu erklären und es war das Beschwerdeverfahren einzustellen.
Hinsichtlich der Kostenentscheidung hatte § 58 Abs. 2 VwGG (in der Fassung BGBl. I Nr. 88/1997) zum Tragen zu kommen. Welcher Partei Kosten zuzusprechen sind, hängt dabei davon ab, wie das verwaltungsgerichtliche Verfahren aller Voraussicht nach ohne Eintritt der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde ausgegangen wäre. Würde die Entscheidung über diese Frage einen - angesichts der weggefallenen Beschwer - unverhältnismäßigen Aufwand an Prüfungstätigkeit des Verwaltungsgerichtshofes erfordern, kann der Verwaltungsgerichtshof die Kostenfrage nach freier Überzeugung entscheiden. Der Verwaltungsgerichtshof geht im Beschwerdefall in seiner prognostischen (die Kostenentscheidung tragenden, sonst keine Bindungswirkung erzeugenden) Einschätzung des voraussichtlichen Ausganges des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens davon aus, dass die belangte Behörde schon aus folgenden Gründen die Rechtslage verkannt haben dürfte:
Der angefochtene Bescheid zielt nämlich auf eine Bewilligungsrücknahme, und zwar im Umfang der der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 7. Dezember 1981 eingeräumten (ausschließlichen) Rechte zur Versorgung. Wie der Verwaltungsgerichtshof aber im Erkenntnis vom 19. Dezember 1989, Slg. Nr. 13.092/A, ausgeführt hat, ist dann, wenn für einen Rechtsverlust eine der Voraussetzungen ein in einem anderen Verfahren ergangener Verwaltungsakt ist, "im demokratischen Rechtsstaat eine Vermutung" dafür "streitet", dass der Verpflichtung der Behörde zu gesetzmäßigem Handeln in diesem vorgelagerten Verfahren ein entsprechendes subjektives Recht des Betroffenen korrespondiert, im Ermittlungsverfahren mitzuwirken, den Bescheid zugestellt zu erhalten und letztlich seine Kontrolle vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes herbeizuführen. Gerade das dürfte die belangte Behörde aber verkannt haben.
Es war daher der beschwerdeführenden Partei Aufwandersatz zuzusprechen.
Wien, am 25. Juni 2003
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejaht Zuspruch von Aufwandersatz gemäß §58 Abs2 VwGG idF BGBl 1997/I/088European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:1999040091.X00Im RIS seit
23.09.2003