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L40019 Anstandsverletzung Ehrenkränkung LärmerregungNorm
AVG §64 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des H T in W, vertreten durch Dr. Michael Bereis, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Pilgramgasse 22, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. Dezember 1999, Zl. MA 63-T 270/99, betreffend Zurücknahme des Taxilenkerausweises, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. Dezember 1999 wurde der näher bezeichnete, am 7. November 1990 ausgestellte Taxilenkerausweis des Beschwerdeführers gemäß § 13 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Z. 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, BGBl. Nr. 951/1993 in der Fassung BGBl. Nr. 1028/1994 (im Folgenden: BO 1994), auf die Dauer von neun Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides erster Instanz zurückgenommen. Mit diesem Bescheid bestätigte die belangte Behörde den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 14. Oktober 1999, in dem auch ausgesprochen worden war, dass einer allfälligen Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde, und welcher dem Beschwerdeführer am 19. Oktober 1999 zugestellt worden war.
Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 30. November 1998, bestätigt mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 24. Juni 1999, rechtskräftig schuldig erkannt worden sei, am 20. August 1998 in Wien wiederholt eine näher genannte Person durch die Äußerung, er werde sie bzw. ihre Familie wegräumen, gefährlich bedroht habe, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, wobei er diese Äußerung auch noch in Gegenwart eines intervenierenden Polizeibeamten wiederholt und dabei eine Handbewegung mit dem Daumen quer zum Hals zeigend gemacht habe, wodurch er das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB begangen habe und über ihn eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten, bedingt für eine Probezeit von drei Jahren verhängt worden sei. Die belangte Behörde verwies unter anderem darauf, dass der Beschwerdeführer im Zug dieser Tat, die die Folge nachbarschaftlichen Feindseligkeiten, die vom Beschwerdeführer ausgegangen seien, gewesen sei, gegen die bezeichnete Person auch tätlich geworden sei, ihr die Türe eines Stromzählerkasten gegen das Knie geschlagen habe, wodurch sie jedoch nicht verletzt worden sei. Vor dieser Tat sei es bereits mehrmals zu Verbalattacken gekommen. Weiters sei der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 18. Dezember 1997, bestätigt durch den Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 8. Oktober 1998, schuldig erkannt worden, am 28. Juli 1997 durch lautes Herumschreien ungebührlicherweise störenden Lärm erregt zu haben, weshalb er § 1 Abs. 1 Z. 2 des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes verletzt habe und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- verhängt worden sei. Aus dem Verwaltungsstrafakt ergebe sich, dass die Verwaltungsübertretung im Zuge eines Streites gesetzt worden sei, bei der Strafbemessung habe der Unabhängige Verwaltungssenat Wien eine einschlägige Vormerkung als erschwerend gewertet.
Die vom Beschwerdeführer begangenen Taten würden einerseits die erhöhte Gewaltbereitschaft und die Missachtung der körperlichen Unversehrtheit anderer Personen und andererseits den Mangel an Selbstbeherrschung und erhöhte Aggressionsbereitschaft des Beschwerdeführers aufzeigen, sodass er nicht vertrauenswürdig im Sinne des § 13 BO 1994 sei. Es bedürfe daher der Zurücknahme des Taxilenkerausweises für den Zeitraum von neun Monaten, da erst nach diesem Zeitraum zu erwarten sei, dass er seine Vertrauenswürdigkeit wieder erlangen werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 setzt die Ausstellung eines Taxilenkerausweises voraus, dass der Bewerber vertrauenswürdig ist. Die Vertrauenswürdigkeit ist an Hand eines Beobachtungszeitraumes von mindestens fünf Jahren vor Ausstellung des Ausweises zu prüfen. Gemäß § 13 Abs. 1 BO 1994 ist der Ausweis von Amts wegen für einen der Schwere des Einzelfalles angemessenen, im Falle der zeitlichen Beschränkung gemäß § 10 Abs. 2 die Geltungsdauer des Ausweises jedoch nicht überschreitenden Zeitraum zurückzunehmen, wenn eine der im § 6 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist.
Mit dem Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit soll das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit, insbesondere in Ansehung der Sicherheit der im Rahmen des Taxigewerbes zu befördernden Personen, gewährleistet werden. Die Frage, ob eine Person vertrauenswürdig ist, ist auf Grund eines im Ermittlungsverfahren festzustellenden Gesamtverhaltens dieser Person zu beurteilen (vgl. ua. das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2002, Zl. 99/03/0147). Bei dieser Beurteilung ist die Behörde an rechtskräftige Bestrafungen insofern gebunden, als damit die Tatsache der Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Bestrafung erfolgte, feststeht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1999, Zl. 96/03/0304).
Auf dem Boden dieser Rechtslage kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf die den rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers zugrundeliegenden Straftaten zur Annahme gelangte, dem Beschwerdeführer fehle die Vertrauenswürdigkeit, hat doch die belangte Behörde zutreffend berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer wiederholt Handlungen setzte, die seine Gewalt- bzw. Aggressionsbereitschaft und die mangelnde Rücksichtnahme gegenüber anerkannter Werte anderer Personen aufzeigen. Insoweit der Beschwerdeführer diese Taten jedoch als harmlos darzustellen sucht, kann ihm im Hinblick auf die Umstände insbesondere der dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 30. November 1998 zugrundeliegenden Tat nicht gefolgt werden.
Dem Hinweis des Beschwerdeführers auf § 5 Abs. 3 Z. 1 GelverkG, wonach die Zuverlässigkeit erst bei einer 3 Monate übersteigenden Freiheitsstrafe nicht anzunehmen sei, ist zu entgegnen, dass im vorliegenden Fall nicht die gerichtliche Verurteilung bzw. das ihr zu Grunde liegende Verhalten allein, sondern das dargestellte Gesamtverhalten des Beschwerdeführers maßgeblich ist.
Insoweit der Beschwerdeführer rügt, dass diese Taten schon länger zurücklägen, ist ihm entgegenzuhalten, dass gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 die Vertrauenswürdigkeit zumindest in den letzten fünf Jahren vor der Ausstellung des Ausweises nachweislich gegeben sein muss. Diese Regelung hat der Verwaltungsgerichtshof (vgl. das Erkenntnis vom 17. Februar 1999, Zl. 98/03/0178) vor dem Hintergrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 6. März 1998, V 154/97-6, dahin ausgelegt, dass ein Beobachtungszeitraum von fünf Jahren (nur) zur Beurteilung der Zuverlässigkeit heranzuziehen und eine Wertung des Verhaltens des Antragstellers innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraumes dahin vorzunehmen ist, ob die Vertrauenswürdigkeit zum Zeitpunkt der Ausstellung des Taxilenkerausweises gegeben ist oder nicht.
Gegen diese Grundsätze hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht verstoßen; die von der Behörde zur Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers herangezogenen Taten liegen nicht so weit zurück, dass sie nicht hätten berücksichtigt werden dürfen, und es ist auch - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - kein als erheblich anzusehender, längerer Zeitraum gegeben, der im Hinblick auf ein Wohlverhalten des Beschwerdeführers bereits die Annahme gerechtfertigt hätte, der Beschwerdeführer habe seine Vertrauenswürdigkeit wieder erlangt.
Die belangte Behörde konnte somit zutreffend vom Nichtvorliegen der gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 gebotenen Vertrauenswürdigkeit beim Beschwerdeführer ausgehen. Gegen die Angemessenheit der ausgesprochenen Dauer der Zurücknahme des Taxilenkerausweises bestehen im Hinblick auf die dargestellten Tathandlungen und die dadurch vom Beschwerdeführer aufgezeigte mangelnde Charaktereigenschaft keine Bedenken.
Ein Strafcharakter wohnt der Zurücknahme des Taxilenkerausweises nicht inne, sondern es handelt sich hiebei um eine administrative Maßnahme im Interesse der Verkehrssicherheit sowohl der anderen Verkehrsteilnehmer als auch - insbesondere - der vom Beschwerdeführer zu befördernden Taxikunden. Die Auffassung des Beschwerdeführers, es liege eine "Doppelbestrafung" vor, wird daher vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt. Desgleichen ist auch die Auffassung des Beschwerdeführers verfehlt, die verfügte Maßnahme bewirke ein "Berufsverbot" für den Beschwerdeführer, zumal er durch sie nicht auf Dauer vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen wird. Es besteht daher auch keine Veranlassung, der Anregung des Beschwerdeführers auf "Vorabprüfungsverfahren nach Art. 177 des EG-Vertrages" nachzukommen.
Insoweit der Beschwerdeführer schließlich rügt, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die mit dem erstinstanzlichen Bescheid ausgesprochene Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bestätigt habe, genügt es auf die hg. Judikatur zu verweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. April 1988, Zl. 87/03/0255), nach der die Voraussetzungen für die Ausschließung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 64 Abs. 2 AVG im Falle der Zurücknahme des Taxilenkerausweises mangels Vertrauenswürdigkeit gegeben sind, indem die vorzeitige Vollstreckung im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 25. Juni 2003
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000030228.X00Im RIS seit
22.07.2003