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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AufG 1992 §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde
1. der P, geboren 1970, 2. der O, geboren 1993, und 3. des I, geboren 1995, alle in Wien, alle vertreten durch Dr. Josef Unterweger und Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Buchfeldgasse 19a, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 26. Mai 1999, Zlen. 696, 697, 698/98, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat jedem der Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 953,42 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 26. Mai 1999 wurden die Beschwerdeführer, alle nigerianische Staatsangehörige, gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 iVm § 10 Abs. 2 Z. 1 und 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.
Die Erstbeschwerdeführerin befinde sich seit Juli 1992 im Bundesgebiet und habe in weiterer Folge Sichtvermerke und Aufenthaltsbewilligungen zum Zweck der Familiengemeinschaft mit Fremden erhalten (laut dem erstinstanzlichen Bescheid, auf dessen Gründe im angefochtenen Bescheid verwiesen wurde, zuletzt eine bis 31. März 1998 gültige Aufenthaltsbewilligung). Am 24. Februar 1998 habe die Erstbeschwerdeführerin einen Verlängerungsantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft" eingebracht. Auch ihr Ehegatte habe einen - als Erstantrag zu qualifizierenden - Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck der unselbstständigen Erwerbstätigkeit gestellt. Im Hinblick auf § 7 Abs. 4 Z. 3 und § 113 Abs. 4 FrG handle es sich bei dem von der Erstbeschwerdeführerin gestellten Antrag ebenfalls um einen Erstantrag.
Diese verfüge ebenso wie ihr Ehegatte, der ihr gegenüber unterhaltspflichtig sei und mangels einer Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) keiner rechtmäßigen Beschäftigung im Bundesgebiet nachgehen dürfe, über keine eigenen Mittel zum Unterhalt. Es sei daher auch gegen ihren Ehegatten die Ausweisung verfügt worden. Da sie ihren Unterhalt von ihrem Ehegatten ableite, dieser jedoch über keine eigenen Unterhaltsmittel verfüge, seien die in § 10 Abs. 2 Z. 1 und 2 FrG normierten Versagungsgründe verwirklicht. Das Berufungsvorbringen, wonach die Erstbeschwerdeführerin um Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung angesucht hätte, gehe schon allein deshalb ins Leere, weil das Eingehen jeglicher Beschäftigung sowohl auf Grund der bisher erteilten Aufenthaltstitel als auch des beantragten Aufenthaltstitels (Familiengemeinschaft) aus fremdenrechtlicher Sicht unzulässig sei. In Anbetracht des § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG erscheine die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung als von vornherein unzulässig. Da auch § 113 Abs. 5 FrG auf die Erstbeschwerdeführerin nicht anzuwenden sei und eine Änderung des Aufenthaltszweckes gemäß § 14 Abs. 3 leg. cit. unzulässig sei, habe das auf die beabsichtigte Beschäftigung der Erstbeschwerdeführerin gerichtete Berufungsvorbringen an der Entscheidung der belangten Behörde nichts ändern können.
Da der Beschwerdeführerin bisher keine Niederlassungsbewilligung erteilt worden sei, sei sie auch nicht von dem in § 20 Abs. 1 leg. cit. normierten Schutz umfasst. Die vorliegenden Versagungsgründe rechtfertigten - vorbehaltlich des § 37 Abs. 1 und 2 leg. cit. - ihre Ausweisung im Grund des § 34 Abs. 1 leg. cit. Die Erstbeschwerdeführerin sei verheiratet und lebe mit ihrem Ehegatten und zwei unmündigen Kindern im gemeinsamen Haushalt. Auf Grund dieser familiären Bindungen und ihres inländischen Aufenthaltes sei daher von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in ihr Privat- und Familienleben auszugehen gewesen. Dieser Eingriff sei jedoch gerechtfertigt, weil er zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei. Weder die Erstbeschwerdeführerin noch ihr Ehegatte sei in der Lage, die erforderlichen Mittel für den Familienunterhalt aus Eigenem zu erwirtschaften. Auch sei gemäß § 10 Abs. 3 FrG die Erteilung einer (Erst-)Niederlassungsbewilligung auf Grundlage einer allenfalls weiterhin gültigen Verpflichtungserklärung (abgesehen davon, dass das Bestehen einer solchen nicht behauptet worden sei) unzulässig. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu. Die vorliegenden Versagungsgründe beeinträchtigten diese öffentlichen Interessen in erheblichem Ausmaß. Darüber hinaus berge die Mittellosigkeit der Erstbeschwerdeführerin die Gefahr, sie würde sich die für ihren Unterhalt erforderlichen Unterhaltsmittel durch unrechtmäßiges oder strafbares Verhalten zu finanzieren trachten. Die gegenständliche Maßnahme sei daher dringend geboten und sohin im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG zulässig.
Bei der gemäß § 37 Abs. 2 leg. cit. durchzuführenden Interessenabwägung sei zunächst auf die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes ableitbare Integration der Erstbeschwerdeführerin Bedacht zu nehmen, gleichzeitig jedoch zu berücksichtigen gewesen, dass ihr Ehegatte mit (weiterem) Bescheid vom 26. Mai 1999 ebenfalls ausgewiesen worden und die Grundlage für den von ihr geltend gemachten Aufenthaltszweck somit weggefallen sei. Das bereits aus diesem Grund an Gewicht geminderte Interesse der Erstbeschwerdeführerin an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet erfahre eine weitere Schmälerung dadurch, dass eine nachhaltige wirtschaftliche Integration der gesamten Familie nicht gegeben sei. Diesen insgesamt zwar nicht unerheblichen, gleichwohl jedoch deutlich an Gewicht geminderten privaten und familiären Interessen der Erstbeschwerdeführerin sei das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber gestanden. Die Auswirkungen der Ausweisung auf ihre Lebenssituation und die ihrer Familie wögen nicht schwerer als die im Wegfall der Aufenthaltsgrundlage und der Verwirklichung von Versagungsgründen begründeten öffentlichen Interessen an der Ausreise der Erstbeschwerdeführerin und ihrer Familie aus dem Bundesgebiet. Die Erlassung der Ausweisung sei daher auch im Sinn des § 37 Abs. 2 leg. cit. zulässig.
Da die Erstbeschwerdeführerin bzw. ihre Kinder noch nie über eine Niederlassungsbewilligung bzw. eine als Niederlassungsbewilligung zu wertende Aufenthaltsbewilligung (§ 113 Abs. 4 iVm § 7 Abs. 3 Z. 3 FrG) verfügt hätten, habe eine Aufenthaltsverfestigung gemäß § 35 FrG nicht eintreten können.
Da sonst keine besonderen, zu Gunsten der Erstbeschwerdeführerin und ihrer Kinder sprechenden Umstände gegeben gewesen seien, habe die belangte Behörde von der Erlassung der Ausweisung auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand nehmen können.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 FrG können Fremde, die sich während eines Verfahrens zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels im Bundesgebiet aufhalten, mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht.
Gemäß § 10 Abs. 2 FrG kann die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels wegen Gefährdung öffentlicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Z. 2 FrG) insbesondere versagt werden, wenn (Z. 1) der Fremde nicht über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt oder nicht über ausreichende eigene Mittel zu seinem Unterhalt oder - bei der Erteilung eines Einreise- oder befristeten Aufenthaltstitels - für die Wiederausreise verfügt, oder (Z. 2) der Aufenthalt des Fremden zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, es sei denn, diese Belastung ergäbe sich aus der Erfüllung eines gesetzlichen Anspruches.
2.1. Die Beschwerde bringt vor, dass die Erstbeschwerdeführerin nach ihrer Einreise vom 6. August 1992 bis 30. März 1994 durchgehend über Wiedereinreise-Sichtvermerke und im Anschluss daran über Aufenthaltsbewilligungen, zuletzt mit Gültigkeit bis 31. März 1998, verfügt habe und ihre beiden Kinder, die Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer, die in Wien geboren worden seien und seither ebenso im Bundesgebiet aufhältig seien, zuerst von der Sichtvermerkspflicht befreit gewesen seien und sodann ebenfalls über eine bis 31. März 1998 gültige Aufenthaltsbewilligung verfügt hätten. Im Hinblick darauf sei die Erstbeschwerdeführerin seit 6. August 1992 und ihre Kinder seit ihrer Geburt berechtigt gewesen, sich auf Dauer im Bundesgebiet niederzulassen, sodass deren Ausweisung infolge Aufenthaltsverfestigung - und zwar hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 35 Abs. 1 FrG und hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers gemäß § 35 Abs. 4 leg. cit. - unzulässig sei. Die Erstbeschwerdeführerin halte sich zwar noch nicht acht Jahre im Bundesgebiet auf, sie verfüge jedoch über konkrete Jobangebote und sei darum bemüht, Zugang zum Arbeitsmarkt zu erhalten und finanziell auf eigenen Beinen zu stehen. Die Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer seien seit ihrer Geburt im Inland aufgewachsen und daher hier auch langjährig, nämlich ihr ganzes bisheriges Leben, rechtmäßig niedergelassen. Darüber hinaus sei auch der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin und Vater der übrigen Beschwerdeführer in Österreich aufenthaltsverfestigt.
2.2. Dazu ist Folgendes auszuführen:
2.2.1. Die mit "Aufenthaltsverfestigung bei Fremden mit Niederlassungsbewilligung" überschriebene Bestimmung des § 35 Abs. 1 und 4 FrG hat folgenden Wortlaut:
"§ 35. (1) Fremde, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen waren, dürfen mangels eigener Mittel zu ihrem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft nicht ausgewiesen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn und solange erkennbar ist, dass der Fremde bestrebt ist, die Mittel zu seinem Unterhalt durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern, und dies nicht aussichtslos scheint.
...
(4) Fremde, die von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen sind, dürfen nicht ausgewiesen werden. Fremde sind jedenfalls langjährig im Bundesgebiet niedergelassen, wenn sie die Hälfte ihres Lebens im Bundesgebiet verbracht haben und zuletzt seit mindestens drei Jahren hier niedergelassen sind."
Die in § 35 Abs. 1 FrG enthaltene Wortfolge "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" ist so auszulegen, dass zu prüfen ist, ob der Fremde vor Verwirklichung des ersten von der Behörde zulässigerweise zur Begründung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme herangezogenen Umstandes während der in dieser Gesetzesbestimmung angeführten Zeitspanne ununterbrochen und rechtmäßig auf Dauer niedergelassen war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2000, Zl. 99/18/0217, mwN).
2.2.2. Wie in dem den Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin und Vater der übrigen Beschwerdeführer betreffenden hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 99/18/0273, unter Hinweis auf Vorjudikatur ausgeführt wurde, berechtigte ein nach dem Passgesetz 1969 erteilter Sichtvermerk, wenn dieser für einen sechs Wochen übersteigenden Zeitraum ausgestellt wurde und keine Einschränkungen betreffend Grenzübergänge, Reisewege oder Reiseziele enthielt, - anders als ein nach dem 1. Juli 1993 gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 des Fremdengesetzes aus 1992 ausgestellter Sichtvermerk (vgl. § 7 Abs. 7 des Fremdengesetzes aus 1992 iVm § 1 Abs. 1 des mit 1. Juli 1993 in Kraft getretenen Aufenthaltsgesetzes - AufG; ferner das vorzitierte Erkenntnis, Zl. 99/18/0217, mwN) - einen Fremden, sich im Bundesgebiet auf Dauer niederzulassen. Ebenso berechtigte eine gemäß § 1 Abs. 1 AufG erteilte Aufenthaltsbewilligung den Fremden zur dauernden Niederlassung im Bundesgebiet, und zwar unabhängig davon, zu welchem Zweck die Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde. Wurde dem Fremden eine Aufenthaltsbewilligung gemäß § 1 Abs. 1 AufG erteilt und kann nach Maßgabe des von ihm in seinem (rechtzeitig gestellten) Antrag auf Erteilung eines (weiteren) Aufenthaltstitels geltend gemachten Aufenthaltszweckes an die zuletzt erteilte Aufenthaltsbewilligung dem FrG zufolge nur mit einer weiteren Niederlassungsbewilligung angeschlossen werden, so gilt diese zuletzt erteilte Aufenthaltsbewilligung nach § 113 Abs. 5 erster Satz FrG - je nachdem - als Erstniederlassungsbewilligung oder weitere Niederlassungsbewilligung und findet § 113 Abs. 4 leg. cit. keine Anwendung.
Wie ferner im Erkenntnis Zl. 99/18/0273 ausgeführt wurde, war der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin auf Grund der ihm erteilten Aufenthaltsbewilligung fremden- und aufenthaltsrechtlich durchaus berechtigt, neben einem Studium auch einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, und benötigte, weil er seinen weiteren Aufenthalt (auch) zur Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit zu nutzen beabsichtigte, hiefür eine Niederlassungsbewilligung.
Da somit der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin die Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 Z. 1 oder 2 FrG nicht erfüllt, findet auf sie - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - die Bestimmung des § 7 Abs. 4 Z. 3 leg. cit. - nach dieser Gesetzesbestimmung brauchen Drittstaatsangehörige (lediglich) eine Aufenthaltserlaubnis, wenn sie Ehegatten oder minderjährige unverheiratete Kinder der in Z. 1 und 2 genannten Fremden sind, sofern sie nicht erwerbstätig sein wollen - keine Anwendung. Von daher ist § 113 Abs. 4 FrG auf die Erstbeschwerdeführerin nicht anzuwenden und gilt die ihr bis 31. März 1998 erteilte Aufenthaltsbewilligung gemäß § 113 Abs. 5 erster Satz leg. cit. als weitere Niederlassungsbewilligung.
Die belangte Behörde ist daher mit ihrer im angefochtenen Bescheid vertretenen Auffassung, dass die Erstbeschwerdeführerin noch nie über eine als Niederlassungsbewilligung zu wertende Aufenthaltsbewilligung verfügt habe und schon deshalb eine Aufenthaltsverfestigung gemäß § 35 FrG nicht habe eintreten können, einem Rechtsirrtum unterlegen. Dies bewirkt jedoch noch keine Verletzung von subjektiven Rechten der Erstbeschwerdeführerin, und zwar aus folgenden Gründen:
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zwar festgestellt, dass die Erstbeschwerdeführerin nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet (im Juli 1992) in weiterer Folge Sichtvermerke und Aufenthaltsbewilligungen zum Zweck der Familiengemeinschaft mit Fremden erhalten hatte, aber keine Feststellungen zum Umfang bzw. zur Gültigkeitsdauer dieser Sichtvermerke getroffen. Sollte die Erstbeschwerdeführerin auf Grund der ihr erteilten Sichtvermerke - wie von der Beschwerde behauptet - seit August 1992 berechtigt gewesen sein, sich im Bundesgebiet auf Dauer niederzulassen, so wäre die zeitliche Tatbestandsvoraussetzung des § 35 Abs. 1 FrG jedenfalls erfüllt. Denn im Hinblick darauf, dass eine ausdrückliche Feststellung, seit wann die Erstbeschwerdeführerin nicht über ausreichende Mittel zu ihrem Unterhalt verfügt, im angefochtenen Bescheid nicht enthalten ist, ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass sich die Annahme der belangten Behörde, wann dieser Mangel an Unterhaltsmitteln eingetreten ist, auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bezieht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. April 2000, Zlen. 99/18/0306, 0307).
Die Ausweisung der Erstbeschwerdeführerin wäre allerdings gemäß § 35 Abs. 1 FrG nur dann unzulässig, wenn bei Erlassung des angefochtenen Bescheides ihr Bestreben erkennbar gewesen wäre, die Mittel zu ihrem Unterhalt durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern, und dies nicht aussichtslos erschienen wäre. Die Beschwerde zeigt mit ihrem Vorbringen nicht auf, dass die Erstbeschwerdeführerin diese Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt habe. Gegen die Ausführungen der belangten Behörde, dass die von der Erstbeschwerdeführerin beantragte Niederlassungsbewilligung zum Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft" den Zweck der Ausübung einer Beschäftigung ausschließe und nach § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für sie unzulässig erscheine, führt die Beschwerde ins Treffen, dass der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 113 Abs. 5 leg. cit. bereits im Juni 2000 eine Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck erteilt werden könnte, dies Voraussetzung für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung sei und ihr Bestreben um Sicherung der Unterhaltsmittel daher nicht aussichtslos sei. Die Beschwerde behauptet jedoch nicht, dass die Erstbeschwerdeführerin bereits im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides die Voraussetzungen für die Erteilung einer ausländerbeschäftigungsrechtlichen Bewilligung erfüllt habe und sie einer Beschäftigung hätte nachgehen dürfen, sodass das von ihr behauptete Bemühen um Erlangung einer unselbstständigen Beschäftigung - laut ihrem Berufungsvorbringen als Reinigungskraft in einem Unternehmen - als aussichtslos erscheinen musste.
2.2.3. Wenn die Beschwerde weiters vorbringt, dass der Ausweisung der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers § 35 Abs. 4 FrG entgegenstehe, so geht auch dieses Vorbringen fehl.
Diese Gesetzesbestimmung hat neben dem Tatbestandselement "von klein auf im Inland aufgewachsen" das weitere - kumulativ zu erfüllende - Tatbestandselement zur Voraussetzung, dass der Fremde hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist. Laut den Gesetzesmaterialien zu der - die Unzulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes regelnden, im Übrigen jedoch wie § 35 Abs. 4 FrG lautenden - Bestimmung des § 38 Abs. 1 Z. 4 iVm Abs. 2 leg. cit. (vgl. RV 685 Blg. NR 20. GP, 76: "Zu § 38") soll durch diese Regelung bewirkt werden, dass von klein auf im Inland aufgewachsene Fremde dann nicht mit einem Aufenthaltsverbot (bzw. einer Ausweisung) belegt werden dürfen, wenn sie mindestens die Hälfte ihres Lebens im Bundesgebiet verbracht haben und und vor Begehung der Tat, die die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes (bzw. eine Ausweisung) rechtfertigen würde, mindestens seit drei Jahren im Bundesgebiet niedergelassen waren. (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 30. November 1999, Zl. 99/18/0112). Aus § 38 Abs. 2 bzw. § 35 Abs. 4 zweiter Satz FrG ergibt sich weiters, dass die Verwirklichung des Tatbestandselementes "hier langjährig rechtmäßig niedergelassen" (u.a.) jedenfalls voraussetzt, dass der Fremde bei Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits länger als sechs Jahre im Bundesgebiet niedergelassen gewesen ist, muss doch der Fremde vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes sowohl mindestens drei Jahre als auch zumindest die Hälfte seines bisherigen Lebens hier (rechtmäßig) niedergelassen gewesen sein.
Schon von daher erfüllt weder die Zweitbeschwerdeführerin noch der Drittbeschwerdeführer, die sich bei Erlassung des angefochtenen Bescheides erst im sechsten bzw. fünften Lebensjahr befunden haben, die in § 35 Abs. 4 zweiter Satz FrG normierte Tatbestandsvoraussetzung und steht § 35 Abs. 4 leg. cit. ihrer Ausweisung nicht entgegen. Im Hinblick darauf braucht auf die Frage des Zeitpunktes der Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes und auf die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen dieser Gesetzesbestimmung nicht weiter eingegangen zu werden.
3.1. Darüber hinaus bringt die Beschwerde vor, dass die Ausweisung der Beschwerdeführer, weil keine ordnungsgemäße Interessenabwägung erfolgt sei, gemäß § 37 FrG unzulässig sei und die Erstbeschwerdeführerin seit über sechs Jahren, ihr Ehegatte seit über acht Jahren und ihre beiden gemeinsamen Kinder, die beiden weiteren Beschwerdeführer, seit ihrer im Bundesgebiet erfolgten Geburt hier rechtmäßig lebten. Ferner rügt die Beschwerde in Bezug auf die Ausweisung der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers, dass die belangte Behörde diese Beschwerdeführer "überhaupt nicht beachtet" habe.
3.2. Dieses Vorbringen ist zielführend, hat doch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Ausweisung der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers vor allem unter dem Blickwinkel des § 37 FrG nicht begründet und insoweit keine Interessenabwägung vorgenommen, sondern diese lediglich in Bezug auf die Erstbeschwerdeführerin getroffen.
Da in Anbetracht des genannten Begründungsmangels der angefochtene Bescheid in Bezug auf die Ausweisung der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers auf die Gesetzmäßigkeit seines Inhaltes nicht überprüft werden kann, war er bereits deshalb in Ansehung dieser Beschwerdeführer gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben (vgl. etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, zu § 60 AVG E 158 zitierte hg. Judikatur).
3.3. Wenn die belangte Behörde ausgeführt hat, es sei bei der Abwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG zu berücksichtigen, dass der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin mit (weiterem) Bescheid vom 26. Mai 1999 ausgewiesen worden sei, so ist darauf hinzuweisen, dass dieser weitere Ausweisungsbescheid der belangten Behörde mit dem bereits erwähnten hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 99/18/0273, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden ist, wobei gemäß § 42 Abs. 3 VwGG jene Rechtssache in die Lage zurückgetreten ist, in der sie sich vor Erlassung des Bescheides befunden hatte, und der den Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin betreffende Bescheid so zu betrachten ist, als ob er von Anfang an nicht erlassen worden wäre (vgl. dazu etwa die in H. Mayer, B-VG2, zu § 42 VwGG Anm. VII.2. zitierte hg. Judikatur). Im Hinblick darauf, dass der gegen den Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin erlassene Ausweisungsbescheid aufgehoben wurde und auch der gegen die beiden minderjährigen Beschwerdeführer erlassene Ausweisungsbescheid aufzuheben ist, steht nicht fest, dass die Familienangehörigen der Erstbeschwerdeführerin das Bundesgebiet werden verlassen müssen. Von daher erweist sich auch der der Ausweisung der Erstbeschwerdeführerin zu Grunde gelegte Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt als ergänzungsbedürftig. Sollte sich im weiteren Verfahren ergeben, dass eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen ihren Ehegatten und ihre beiden minderjährigen Kinder unzulässig ist und sich ihre Familienangehörigen in Hinkunft im Bundesgebiet weiterhin aufhalten dürfen, so würden die persönlichen Interessen der Erstbeschwerdeführerin das von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid beschriebene öffentliche Interesse an ihrer Ausweisung überwiegen.
Demzufolge war der angefochtene Bescheid auch in Bezug auf die Erstbeschwerdeführerin gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 52 Abs. 1 VwGG iVm § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000, und der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Jedem der Beschwerdeführer war neben dem Schriftsatzaufwand von EUR 908,-- ein Viertel der von ihnen und dem weiteren Beschwerdeführer im hg. Beschwerdeverfahren
Zl. 99/18/0273 gemeinsam verzeichneten Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG zuzuerkennen.
Wien, am 26. Juni 2003
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:1999180274.X00Im RIS seit
19.08.2003