TE Vfgh Beschluss 2000/3/15 V14/00

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Veröffentlicht am 15.03.2000
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art132
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
AVG §73 Abs2
Sbg BebauungsgrundlagenG §12 Abs1, §14 Abs1
Sbg RaumOG 1977 §19
Sbg RaumOG 1992 §24

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Teilen einer Verordnung der Gd Berndorf betreffend die Ausweisung eines Grundstücks als Aufschließungsgebiet wegen Zumutbarkeit der Einbringung eines Ansuchens um Bauplatzerklärung und der Möglichkeit der Stellung eines Devolutionsantrages

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit dem gemäß §139 B-VG eingebrachten Antrag wendet sich der Antragsteller gegen die vom Gemeinderat der Gemeinde Berndorf mit Beschluss vom "14. Oktober 1988 und 9. November 1988 beschlossene und am 20. November 1988 von der Salzburger Landesregierung aufsichtsbehördlich genehmigte Verordnung" und begehrt deren Aufhebung wegen Gesetzwidrigkeit, soweit durch die Verordnung die GP 1352, KG Berndorf, als Aufschließungsgebiet ausgewiesen wird.

2.1. Zur Begründung der Antragslegitimation führt der Antragsteller aus, dass er Eigentümer des Grundstücks GP 1352, KG 56504 Berndorf, sei. Dieses Grundstück liege innerhalb des mit der angefochtenen Verordnung ausgewiesenen Aufschließungsgebiets. Bereits im Jahr 1987 seien die Voraussetzungen für die Ausweisung der GP 1352 als Aufschließungsgebiet nicht mehr vorgelegen. Der Antragsteller habe mit Ansuchen vom 2. November 1987 gemäß §19 Abs1 ROG 1977 und vom 12. November 1997 gemäß §24 Abs1 "ROG 1995" (gemeint wohl ROG 1992) um Freigabe des Aufschließungsgebiets angesucht. Die Ansuchen seien "ohne jede Reaktion geblieben".

2.2. In der Sache brachte der Antragsteller vor, dass die Ausweisung der GP 1352, KG Berndorf, als Aufschließungsgebiet gesetzwidrig sei, da die Aufschließungserfordernisse für die Grundparzelle 1352 bereits 1987 zur Gänze vorgelegen seien. Er legte dazu einen technischen Bericht eines Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen vor.

II. Der Antrag ist unzulässig.

1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potenziell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteter Weise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 10.511/1985, 11.726/1988, 14.137/1995).

2. Der Antragsteller begründet seinen Antrag damit, dass seine Ansuchen auf Freigabe des Aufschließungsgebietes "reaktionslos" geblieben seien.

Gemäß §19 Abs1 ROG 1977 bzw. §24 Abs1 ROG 1992 sind im Aufschließungsgebiet Bauplatzerklärungen und Baubewilligungen erst zulässig, wenn u.a. die Gemeindevertretung feststellt, dass der widmungsgemäßen Verwendung öffentliche Rücksichten nicht mehr entgegenstehen. Die Feststellung der Gemeindevertretung erfolgt in Verordnungsform. Gemäß §19 Abs3 ROG 1977 und §24 Abs3 ROG 1992 können unter bestimmten Umständen von der Gemeindevertretung Ausnahmen von den Bestimmungen gemäß Abs1 über Ansuchen des Grundstückseigentümers nach Anhörung der Anrainer durch Bescheid bewilligt werden. Den Beilagen des Individualantrages ist zu entnehmen, dass der Antragsteller mit Antrag vom 12. November 1997 bei der Gemeinde Berndorf die Erteilung der Bauplatzerklärung bzw. mit Anträgen vom 2. November 1987 und 12. November 1997 die Freigabe des Aufschließungsgebietes gemäß §19 Abs1 ROG 1977 und §24 Abs1 ROG 1992 beantragt hat. Diese Anträge wurden der Bezirkshauptmannschaft zur Entscheidung vorgelegt und bisher nicht erledigt.

Nach §12 Abs1 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes (BBG), LGBl. für Salzburg, Nr. 69/1968, idF LGBL. Nr. 4/1999, dürfen Bauführungen nach den baurechtlichen Vorschriften nur auf Grundflächen bewilligt werden, die in einem nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes durchgeführten Verfahren für die Bebauung geeignet erklärt worden sind (Bauplatzerklärung). Die Bauplatzerklärung ist nach §14 Abs1 BBG zu versagen, wenn die Bebauung der Grundfläche unter anderem dem Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan widersprechen würde (lita). Das Fehlen eines Bebauungsplanes stellt dann keinen Versagungsgrund dar, wenn unter anderem eine Einzelbewilligung gemäß §24 Abs3 ROG vorliegt.

Nach der ständigen Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 11.317/1987, 14.137/1995) ist es dem Antragsteller jedenfalls zumutbar, ein Ansuchen um Bauplatzerklärung für die Bebauung seines Grundstückes einzubringen. Es steht ihm frei, gegen einen Bescheid, mit dem eine Bauplatzbewilligung - aus welchen Gründen immer - verweigert wird, nach Erschöpfung des verwaltungsbehördlichen Instanzenzugs Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zu erheben. Im Verfahren vor den Gerichtshöfen kann die Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplans geltend gemacht werden, da dieser gemäß §14 Abs1 lita BGG präjudiziell ist. Auf diese Weise kann die von Amts wegen zu veranlassende Überprüfung des Flächenwidmungsplans auf seine Gesetzmäßigkeit herbeigeführt werden.

Daraus ergibt sich, dass dem Antragsteller ein zumutbarer Weg zur Verfügung steht, über die Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gegen den auf der Grundlage der angefochtenen Verordnung erlassenen Bescheid die Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der von ihm bekämpften Verordnung zu erreichen (VfSlg. 9135/1981, 9773/1983, 10.004/1984, 11.318/1987, 12.395/1990), ein Weg, den er übrigens auch beschritten hat.

Der Antragsteller kann sich aber auch gegen die Untätigkeit der Behörde zur Wehr setzen. In diesem Fall hat er gemäß §73 Abs2 AVG die Möglichkeit, einen Devolutionsantrag bei der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde auf Übergang der Entscheidung zu stellen. Schließlich steht ihm auch die Möglichkeit einer Beschwerde gemäß Art132 B-VG offen.

3. Der Antrag ist daher mangels Legitimation des Antragstellers gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 in nicht öffentlicher Sitzung ohne vorausgegangene Verhandlung zurückzuweisen.

Schlagworte

Baurecht, Baubewilligung, Bauplatzgenehmigung, Verwaltungsgerichtshof, Säumnisbeschwerde, Verwaltungsverfahren, Entscheidungspflicht, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:V14.2000

Dokumentnummer

JFT_09999685_00V00014_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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