TE Vwgh Erkenntnis 2003/6/26 2002/16/0299

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Veröffentlicht am 26.06.2003
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Index

yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnen
sind;
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

KVG 1934 §18 Abs2 Z3;
KVG 1934 §21 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der M AG in Wien, vertreten durch die Perchtoldsdorfer Wirtschaftsberatung Gesellschaft m.b.H., Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in Perchtoldsdorf, Ketzergasse 253, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 31. Oktober 2002, GZ RV/541-09/00, betreffend Börsenumsatzsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332,-- EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem Notariatsakt vom 10. Mai 1999 stellte die S GmbH dem Mag Herbert M. das Anbot, ihren Geschäftsanteil an der P GmbH um den Preis von S 2,735.200,-- (Punkt II) abzutreten. Der Übernehmer behalte sich das Recht vor, andere juristische oder natürliche Personen als Erwerber namhaft zu machen. Nach Punkt V. war das Anbot dadurch bedingt, dass der Übernehmer bis spätestens 10. Mai 1999 den Gesamtkaufpreis auf ein vom Übergeber bekannt gegebenes Konto einzahlte. Im Punkt VI. des Anbotes ist unter anderem Folgendes ausgeführt:

"Der Kaufpreis gem II basiert auf der Bilanz der Gesellschaft zum 30.4.1999 sowie den ausdrücklichen Auflagen, dass das durch das Liegenschaftsvermögen der Gesellschaft gesicherte Darlehen der PSK der Österreichischen Sparkasse den Betrag von ATS 31,6 Mio und die Forderung der C AG gegenüber der Gesellschaft den Betrag von ATS 3,3 Mio zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer nicht übersteigen und die Grunderwerbsteuer und die Eintragungsgebühr für den Erwerb der Liegenschaft EZ 55 Grundbuch 01088 Margarethen Bezirksgericht Innere Stadt Wien durch die Gesellschaft bezahlt ist. Wenn die genannten Verbindlichkeiten der Gesellschaft sich auf einen höheren Betrag belaufen oder andere als die genannten Verbindlichkeiten bestehen, führt dies zu einer entsprechenden Reduzierung des Kaufpreises.

Punkt VIII. des Anbotes lautet:

Der Übernehmer nimmt zur Kenntnis, dass das Liegenschaftsvermögen der Gesellschaft mit insgesamt ATS 31,6 Mio Darlehen der PSK Bank der österreichischen Sparkassen belastet ist. Weiters nimmt der Käufer zur Kenntnis, dass in dem zum 30. April 1999 zu erstellenden Status eine Forderung der C AG gegenüber der Gesellschaft in Höhe von ATS 3,3 Mio zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer enthalten ist. Das Anbot gilt unter der Bedingung, dass diese Forderung analog zu Punkt V. bis spätestens 10.5.1999 auf ein vom Übergeber bekannt gegebenes Konto einbezahlt wird und dies vom Übergeber bestätigt wird."

In der Annahmeerklärung vom 17. Juni 1999 wurde von Mag. M die beschwerdeführende Aktiengesellschaft zur Annahme des Anbots namhaft gemacht.

Mit Bescheid vom 12. August 1999 wurde vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien die Börsenumsatzsteuer von einer Bemessungsgrundlage von S 2,735.200,-- festgesetzt.

Mit Eingabe vom 7. Februar 2000 wurde die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. Der ursprüngliche Abtretungspreis sei um S 382.974,-- auf S 2,352.226,-- herabgesetzt worden. Angeschlossen war die Kopie einer undatierten "Vereinbarung" der Beschwerdeführerin mit der S. GmbH, in der unter Bezugnahme auf das Anbot vom 10. Mai 1999 ausgeführt wurde:

Im Hinblick auf die im genannten Anbot gegebenen Zusicherungen (Bilanzgarantie) sowie durch die Erwerberin geltend gemachten Ansprüche daraus kommen die Vertragsparteien überein, den Abtretungspreis von ursprünglich S 2,735.200,-- um S 382.974,-- , auf somit S 2,352.226,--, zu reduzieren. Die Kaufpreisreduktion wird gesondert verrechnet und quittiert.

Auf einen entsprechenden Vorhalt wurde mit einer Eingabe vom 13. Juli 2000 mitgeteilt, dass die Forderung der C AG von S 3,300.000,-- von der P. GmbH bezahlt worden sei.

Mit Bescheid vom 29. August 2000 wurde der Abgabenbescheid des Finanzamtes vom 12. August 1999 von der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gemäß § 299 Abs 1 lit c BAO aufgehoben.

Mit Bescheid des Finanzamtes vom 26. September 2000 wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens abgewiesen. Am selben Tag erließ das Finanzamt über den in Rede stehenden Abtretungsvorgang neuerlich einen Bescheid über Börsenumsatzsteuer. Als Bemessungsgrundlage wurde neben dem Betrag von S 2,735.000,-- die "Forderungsübernahme" laut Punkt VIII des Anbotes in Höhe von S 3,960.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer herangezogen.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde ausgeführt, in Punkt VIII sei von der Verkäuferin eine Bilanzgarantie hinsichtlich des Vermögens der P GmbH abgegeben worden, worin festgehalten worden sei, dass außer den Bankverbindlichkeiten und der Verbindlichkeit gegenüber der C AG keine Verbindlichkeiten der P Gesellschaft bestünden. Bei der Verbindlichkeit gegenüber der C AG habe es sich um eine eigene Verbindlichkeit der P GmbH gehandelt, welche sie in der Folge auch selbst bezahlt habe; die Forderung stammte aus von der C AG erbrachten Leistungen. Die Bezahlung dieser Verbindlichkeit stehe in keinem Zusammenhang mit dem Kauf der Anteile. Weiters wurde beantragt, die Verminderung des Kaufpreises um S 382.974,-- zu berücksichtigen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Zur beantragten Verminderung des Bemessungsgrundlage aus Anlass Verminderung des Abtretungspreises wurde ausgeführt, der Abtretungspreis sei im Punkt II des Vertrages abschließend geregelt. Punkt VI beeinflusse die Höhe des Abtretungspreises nicht. Hinsichtlich der Forderung der C AG gegen die P GmbH vertrat die belangte Behörde die Auffassung, aus Punkt V (des Anbotes) gehe die Verpflichtung des Übernehmers zur Leistung hervor. Die Tilgung dieser Forderung sei damit Teil der Preisvereinbarung gewesen.

Nach dem Inhalt der Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin dadurch in ihren Rechten verletzt, dass bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Börsenumsatzsteuer die Verminderung des Abtretungspreises nicht berücksichtigt worden ist und dass die Forderung der C AG der Bemessungsgrundlage zugerechnet worden ist.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach der auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden Bestimmung des § 17 Abs 1 KVG unterliegt der Börsenumsatzsteuer der Abschluss von Anschaffungsgeschäften über Wertpapiere, wenn die Geschäfte im Inland abgeschlossen werden.

Gemäß § 18 Abs 2 Z 3 KVG idF vor der mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1999, G 6/99 u.a., vorgenommenen, mit 1. Juli 2000 wirksamen Aufhebung gelten als Anschaffungsgeschäfte auch bedingte oder befristete Anschaffungsgeschäfte.

Nach § 19 KVG gelten als Wertpapiere unter anderem Anteile an inländischen Kapitalgesellschaften.

Die Steuer wird nach § 21 Z 1 KVG regelmäßig von dem vereinbarten Preis berechnet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind unter dem vereinbarten Preis neben dem Kaufpreis auch noch sämtliche anderen ziffernmäßig bestimmten Leistungen zu verstehen, die der Erwerber erbringen muss, um die Geschäftsanteile zu erhalten (vgl zB das hg Erkenntnis vom 19. September 2001, Zl 2001/16/0146, mit zahlreichen Hinweisen). Dabei ist es nicht von Bedeutung, ob und in welchem Ausmaß die Leistungen tatsächlich erbracht werden (vgl das hg Erkenntnis vom 27. Jänner 2000, Zl 99/16/0454).

Die Beschwerdeführerin beruft sich zunächst auf Punkt VI des Anbots, in welcher Bestimmung die Reduzierung des Abtretungspreises vorgesehen war, wenn weitere Verbindlichkeiten der P GmbH bestehen. Mit diesem Vorbringen verkennt aber die Beschwerdeführerin, dass auch ein bedingt vereinbarter Kaufpreisteil als Teil des Anschaffungsgeschäftes zu verstehen und damit als Steuermaßstab heranzuziehen ist (vgl das hg Erkenntnis vom 19. Dezember 2002, Zl 99/16/0400). Bedingte Anschaffungsgeschäfte begründen die Steuerpflicht ohne Rücksicht darauf, ob in der Folge überhaupt eine Verbindlichkeit zur Erfüllung des Geschäftes begründet wird. Dies entspricht dem für Verkehrsteuern ganz allgemein geltenden Grundsatz, dass auch der spätere Wegfall der vertraglich vereinbarten Pflicht nichts mehr an der bereits entstandenen Steuerschuld ändert (vgl das hg Erkenntnis vom 30. März 2000, Zl 99/16/0404). Dass im Beschwerdefall eine Reduzierung des Abtretungspreises im vorliegenden Anbot unter bestimmten Bedingungen vorgesehen war, ändert nichts daran, dass die Steuerschuld für die in Punkt II des Anbotes angeführte Bemessungsgrundlage mit der Willenseinigung der Parteien entstanden war und durch die spätere Vereinbarung über eine Reduzierung des Abtretungspreises nicht mehr (teilweise) rückgängig gemacht werden konnte. Hinsichtlich der begehrten Reduzierung der Bemessungsgrundlage um die vertraglich vereinbarte Verminderung des Abtretungspreises um S 382.974,-- erweist sich die Beschwerde somit als unbegründet. Dabei ist darauf zu verweisen, dass im Beschwerdefall die Anlassfallwirkung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1999, G 6/99 u.a., nicht zum Tragen kommt.

Im weiteren ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens strittig, wie die Bestimmung des Punktes VIII des Anbotes zu verstehen ist. Nach § 914 ABGB ist bei der Auslegung von Verträgen nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Dabei ist unter Absicht der Parteien keineswegs die Auffassung einer Partei oder ein nicht erklärter oder nicht kontrollierbarer Parteiwille, sondern nichts anderes als der Geschäftszweck zu verstehen, den jeder der vertragschließenden Teile redlicherweise der Vereinbarung unterstellen muss (vgl zB das hg Erkenntnis vom 19. August 1997, Zlen 96/16/0148, 0149).

Punkt VIII. des Anbots enthält im ersten Satz die ausdrückliche Kenntnisnahme des Übernehmers von der Höhe bestehender Bankschulden der P GmbH. Im zweiten Satz dieses Punktes wird vom Übernehmer die Verbindlichkeit der P GmbH gegenüber der C AG ausdrücklich zur Kenntnis genommen. Schließlich wird im dritten Satz bestimmt, dass das Anbot unter der Bedingung gilt, dass diese "Forderung" "analog zur Punkt V" - in welchem Punkt die Entrichtung des "Gesamt-Kaufpreises" geregelt ist - bis zum 10. Mai 1999 (dem Tag des Anbots) auf ein vom Übergeber benanntes Konto einbezahlt wird. Im Gegensatz zu den Ausführungen in der Beschwerde ist hier keineswegs davon die Rede, dass die Verbindlichkeit von der P GmbH selbst bezahlt wird. Diese ist auch nicht Vertragspartnerin des Abtretungsvertrages. Im Zusammenhalt mit den übrigen Bestimmungen des Punktes VIII, in dem es um das Bestehen von Verbindlichkeiten geht und in denen als Substantivum beide Male die Beschwerdeführerin als "Übernehmer" bzw. "Käufer" aufscheint, kann der letzte Satz dieses Punktes nur dahin ausgelegt werden, dass damit eine Verpflichtung des Übernehmers begründet wurde. Dass die Vereinbarung in diesem Sinne auszulegen ist, belegt dabei eindeutig der Hinweis auf den die Entrichtung des Kaufpreises regelnden Punkt V.

Wenn die Beschwerdeführerin abweichend von diesem dem Vertrag beizumessenden Verständnis meint, sie habe damit sicherstellen wollen, dass vor der Übernahme des Geschäftsanteils die - auch im Punkt VI näher bezeichnete - Verbindlichkeit von der P GmbH abgestattet ist, so kann dem aus der Sicht des Vertragsabschlusses kein wirtschaftlicher Sinn beigemessen werden. Durch die Bezahlung der offenen Verbindlichkeit - für erbrachte Leistungen, wie vorgebracht wurde - aus Mitteln der P GmbH ist im Vermögen dieser GmbH keine Änderung eingetreten, sodass dadurch auch die Höhe des Abtretungspreises nicht beeinflusst werden konnte.

Die belangte Behörde ist somit zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Beschwerdeführerin in der Vereinbarung zur Tilgung der Verbindlichkeit der P GmbH gegenüber der C AG verpflichtet hat.

Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr. 501/1994.

Wien, am 26. Juni 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002160299.X00

Im RIS seit

24.07.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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