TE Vwgh Erkenntnis 2003/6/26 2003/18/0139

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Veröffentlicht am 26.06.2003
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Index

E2D Assoziierung Türkei;
E2D E02401013;
E2D E05204000;
E2D E11401020;
E6J;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

61986CJ0012 Demirel VORAB;
61995CJ0351 Kadiman VORAB;
ARB1/80 Art7;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §8 Abs1;
FrG 1997 §8 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des R, geboren 1987, vertreten durch den Vater H, dieser vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1140 Wien, Hadikgasse 104, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. April 2003, Zl. 137.763/2-III/4/03, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 2. April 2003 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, vom 25. Oktober 2002 auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft" gemäß § 14 Abs. 2 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei am 27. Juli 2002 mit einem von 20. Juli 2002 bis 15. September 2002 gültigen Visum C in das österreichische Bundesgebiet eingereist und seitdem an einer Wiener Adresse wohnhaft. Der Vater des Beschwerdeführers sei ebenfalls türkischer Staatsangehöriger und verfüge seit 16. Juli 1998 über eine unbefristete Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck. Dem Beschwerdeführer sei bisher noch kein Aufenthaltstitel für das österreichische Bundesgebiet erteilt worden.

In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer vorgebracht, dass sein Vater bereits einen Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gestellt habe. Überdies habe er sich auf das zwischen der EWG und der Türkei abgeschlossene Assoziationsabkommen gestützt.

Der Beschwerdeführer habe den vorliegenden Erstantrag vom Inland aus gestellt. Da er jedoch keine der Voraussetzungen für die Inlandsantragstellung gemäß § 14 Abs. 2 FrG erfülle, hätte er diesen Antrag nach der genannten Gesetzesbestimmung vom Ausland aus stellen müssen. Die Vorgangsweise des Beschwerdeführers widerspreche auch dem in § 14 Abs. 2 FrG zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, dass Fremde die Entscheidung über ihren Antrag vom Ausland aus abzuwarten hätten. Ferner solle der angestrebte Aufenthaltstitel zeitlich an ein Visum anschließen. Es sei daher auch der Versagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG erfüllt. Die Berufung des Beschwerdeführers auf das Assoziationsabkommen sei ebenfalls nicht zielführend, weil dieses Abkommen nur dann zur Anwendung komme, wenn die Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers in Einklang mit den aufenthaltsrechtlichen Vorschriften des Mitgliedstaates stehe. Der Beschwerdeführer habe jedoch als Angehöriger seines Vaters noch keinen Aufenthaltstitel erhalten. Überdies sei das Abkommen nur auf jene Angehörigen anwendbar, die die Genehmigung erhalten hätten, zu dem türkischen Arbeitsnehmer zu ziehen, was beim Beschwerdeführer jedoch nicht gegeben sei.

Aus den angeführten Gründen sei der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 14 Abs. 2 FrG abzuweisen gewesen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führe eine Antragstellung entgegen § 14 Abs. 2 FrG zur Abweisung des Antrages. Der Gesetzgeber habe bereits bei Erlassung dieser Bestimmung auf die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers Rücksicht genommen und die Regelung eines geordneten Zuwanderungswesens über die persönlichen Verhältnisse gestellt. Ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers sei daher auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK entbehrlich.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das Beschwerdevorbringen geht von der Prämisse aus, dass der Beschwerdeführer "auf Grund der zwischen der EWG (EU) und der Türkei abgeschlossenen Assoziationsabkommen das Recht zu seinem Vater nachzuziehen und sich bei ihm aufzuhalten" habe.

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Nach Art. 7 erster Gedankenstrich des auf Grundlage des Assoziierungsabkommen EWG-Türkei (aus 1963) gefassten Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 vom 19. September 1980 (ARB) haben die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt seines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitsnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen, vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorranges das Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie dort seit mindestens drei Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben. Der Beschwerdeführer verkennt, dass der ARB nicht den Familiennachzug regelt, sondern nur die beschäftigungsrechtliche Stellung der Familienangehörigen, die auf Grund anderer Rechtsgrundlagen der Mitgliedstaaten die Genehmigung erhalten haben, zu einem türkischen Arbeitnehmer zu ziehen. In diesem Zusammenhang wird auf das Urteil des EuGH vom 30. September 1987, C 12/86, in der Rechtssache Demirel und auf dessen Urteil vom 17. April 1997, C 351/95, in der Rechtssache Selma Kadiman hingewiesen, in denen der Gerichtshof betont, dass durch Art. 7 ARB die Befugnis des betreffenden Mitgliedstaates nicht berührt wird, den Familienangehörigen die Genehmigung zu erteilen, zu dem in diesem Staat ordnungsgemäß beschäftigten türkischen Arbeitnehmer zu ziehen. Der belangten Behörde ist beizupflichten, dass das dem Beschwerdeführer unstrittig erteilte Visum C mit einer Gültigkeitsdauer von 27. Juli 2002 bis 15. September 2002 keine Genehmigung des Zuzuges im Sinn des Art. 7 ARB darstellt. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1999, Zl. 98/18/0424, mwN.)

Da der Beschwerdeführer somit nicht die Genehmigung erhalten hat, zu seinem Vater zu ziehen, kann er aus dem ARB keine Rechte ableiten.

2.1. Gemäß § 14 Abs. 2 erster Satz FrG sind Anträge auf Erteilung eines (Erst-)Aufenthaltstitels vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen.

Dabei handelt es sich um eine Anordnung an die Behörde, die beantragte Rechtsgestaltung durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nur dann vorzunehmen, wenn der Antrag vor Einreise des Antragstellers in das Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt wurde, wobei die Erledigung grundsätzlich auch vom Ausland aus abzuwarten ist. Bei einem entgegen dieser Bestimmung gestellten Antrag kommt eine Ermessensentscheidung gemäß § 8 Abs. 1 FrG unter Bedachtnahme auf die in § 8 Abs. 3 leg. cit. genannten Kriterien nicht in Betracht. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 5. April 2002, Zl. 2002/18/0045, mwN.)

2.2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass ihm bisher nur ein Visum C - dabei handelt es sich gemäß § 6 Abs. 1 FrG um einen Einreisetitel und nicht um einen Aufenthaltstitel gemäß § 7 Abs. 1 leg. cit. - erteilt worden ist und er sich im Bundesgebiet aufhält, von wo aus er den gegenständlichen Antrag gestellt hat.

Aus diesem Grund hat die belangte Behörde den Antrag zu Recht gemäß § 14 Abs. 2 FrG abgewiesen, ohne eine Abwägung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen durchzuführen.

3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 26. Juni 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003180139.X00

Im RIS seit

09.09.2003

Zuletzt aktualisiert am

21.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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