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83 Natur- und UmweltschutzNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung eines Plandokuments betreffend die Festsetzung des Areals der Müllverbrennungsanlage Flötzersteig mangels direkter rechtlicher Betroffenheit der Antragsteller; keine Anwendung und keine Berücksichtigung der Flächenwidmung bei Erteilung der baurechtlichen und abfallrechtlichen BewilligungenSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die Antragsteller begehren gemäß Art139 Abs1 B-VG, die Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien vom 28. Mai 1997, Plandokument Nr. 6998 zur Gänze, in eventu die in diesem Plandokument erfolgte Festsetzung des Areals der Müllverbrennungsanlage Flötzersteig als "Sondergebiet: Anlage zur Müllverbrennung und Fernwärme" als gesetzwidrig aufzuheben.
Zur Antragslegitimation wird vorgebracht, die Antragsteller seien Grundstückseigentümer und Nachbarn des nunmehr als Sondergebiet gewidmeten Areals der Müllverbrennungsanlage Flötzersteig. Da diese Anlage bereits seit Jahren errichtet und in Betrieb sei, könnten die Antragsteller als Nachbarn die Gesetzwidrigkeit der gegenständlichen Flächenwidmung nicht mehr in einem Baubewilligungsverfahren behaupten. Die Müllverbrennungsanlage stelle eine Anlage iSd §29 Abfallwirtschaftsgesetz (im Folgenden: AWG) dar, und gemäß der Verfassungsbestimmung des §29 Abs13 AWG entfalle die baubehördliche Bewilligung für diese Anlage.
Somit bestehe für die Antragsteller keine Möglichkeit, die Rechtswidrigkeit der Flächenwidmung in einem Bewilligungsverfahren zu relevieren.
In der Sache bringen die Antragsteller vor, dass die Müllverbrennungsanlage mitten im Wohngebiet, im landwirtschaftlich genutzten Gebiet und großteils sogar im Erholungsgebiet liege.
Zur Frage der zu erwartenden Emissionen der Müllverbrennungsanlage mitten im Wohngebiet sei vom Verordnungsgeber in keiner Weise Stellung genommen worden. Weiters sei dem sogenannten "kalten Verfahren" gegenüber der Müllverbrennung der Vorzug zu geben.
Die Vor- und Nachteile der Umwidmung seien nicht entsprechend abgewogen worden, weshalb die Widmung "Sondergebiet" rechtswidrig sei.
2. Die Wiener Landesregierung und der Gemeinderat der Stadt Wien erstatteten gleich lautende Äußerungen, in der sie die Zurückweisung, in eventu die Abweisung des Antrags beantragen.
II. 1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass die Antragsteller behaupten, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in ihren Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für die Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre der Antragsteller nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
2. Die Wirkungen der bekämpften Umwidmung bestehen nach dem Antragsvorbringen - von dem der Verfassungsgerichtshof auszugehen hat (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10.353/1985, 12.674/1991) - insbesondere in den durch die Müllverbrennungsanlage unvermeidlich zu erwartenden Emissionen. Zu prüfen ist, ob durch die Widmung eines Grundstückes, auf dem sich eine gemäß §29 AWG genehmigte Anlage befindet, nach den abfallrechtlichen Vorschriften ein Eingriff in die Rechtssphäre von Nachbarn eintreten kann.
§29 Abs13 AWG, der im Verfassungsrang steht, sieht vor, dass bei Genehmigungen nach §29 AWG die bautechnischen Bestimmungen der Bauordnung des jeweiligen Landes anzuwenden sind, sowie dass in jenen Fällen eine baubehördliche Bewilligungspflicht entfällt.
Wie die Antragsteller zu Recht ausführen, können sie die Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes mangels Durchführung eines baubehördlichen Verfahrens in diesem nicht vorbringen. Da aber auch nach §29 Abs13 AWG im Genehmigungsverfahren gemäß §29 AWG bloß die bautechnischen Vorschriften der Bauordnung des jeweiligen Landes - also nicht die Flächenwidmung - anzuwenden sind, und die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan nicht zu prüfen ist, entfaltet der Flächenwidmungsplan in diesem Fall keine Wirkung.
3. Die Antragsteller sind daher nicht in ihrer Rechtssphäre betroffen, zumal gemäß §29 Abs13 AWG für die gegenständliche Müllverbrennungsanlage die Flächenwidmung als Voraussetzung für die Erteilung der abfallrechtlichen Bewilligung nicht zu berücksichtigen ist.
4. Der Antrag war daher mangels Legitimation gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Schlagworte
Abfallwirtschaft, Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:V226.1997Dokumentnummer
JFT_09999685_97V00226_00