TE Vwgh Erkenntnis 2003/6/27 2002/04/0195

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Veröffentlicht am 27.06.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §52;
AVG §8;
GewO 1994 §74 Abs2 Z1;
GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §81 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde 1. des Ing. N,

2. der C und 3. des K, alle in H, alle vertreten durch Dr. Wolfram Themmer, Dr. Martin Prunbauer und Dr. Josef Toth, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Biberstraße 15, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 16. Oktober 2002, Zl. WST1-BA-9866, betreffend Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: H in H, vertreten durch Mag. Michael Mendel, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Ungargasse 59-61), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 16. Oktober 2002 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Parteien gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 24. August 1998, betreffend Genehmigung der Änderung der gewerblichen Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei durch Errichtung und Betrieb einer Lackieranlage samt technischen Einrichtungen mit der Maßgabe einer Ergänzung der Projektbeschreibung (Betriebszeit) abgewiesen. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, den eingeholten Gutachten aus den Fachgebieten Luftreinhaltung und Lärmschutz sowie Medizin folgend seien bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt. Dem von den beschwerdeführenden Parteien (in ihrer Berufung) erstatteten Vorbringen sei zu entgegnen, dass die Befürchtung, ein Betriebsinhaber werde die Anlage entgegen der erteilten Genehmigung betreiben, die Behörde noch nicht zu einer Versagung der Genehmigung berechtige. Im Gegensatz zur Auffassung der beschwerdeführenden Parteien sei die Anzahl der Lackierungen, die durchgeführt werden solle, limitiert; die Verwendung anderer als der bezeichneten Lacke sei unzulässig. Auch sei die Errichtung der Anlage technisch grundsätzlich möglich. Dem lärmschutztechnischen Gutachten zufolge werde die Höhe der durch die Spritzlackieranlage zu erwartenden Lärmimmissionen gleich bzw. niedriger sein, als der Wert des leisesten Umgebungsgeräuschpegels für die Tageszeit; die Betriebsgeräusche der Spritzlackieranlage bei Vollbetrieb würden in der Nachbarschaft bei Tageszeit nicht hörbar sein. Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Parteien sei eine Verbrennung von Altöl in der Spritzlackieranlage nicht vorgesehen; die Frischluftvorwärmung erfolge vielmehr über einen mit Heizöl leicht-Schwechat 2000 befeuerten Ölbrenner. Der umwelttechnische Amtssachverständige, Fachgebiet Luftreinhaltung, habe ausgeführt, dass es mehrere Strömungsmodelle zur Berechnung von Immissionen gäbe. Das von den beschwerdeführenden Parteien favorisierte Lagrange-Modell verfüge über den Nachteil, dass es gegenüber Änderungen in den Eingangsparametern wesentlich anfälliger sei als die Gauß-Modelle, wodurch sich ein wesentlich größerer Interpretationsspielraum bei der Auswertung der Ergebnisse ergebe. Der von den beschwerdeführenden Parteien angezweifelte Korrekturfaktor 2 bedeute, dass die berechneten Höchstimmissionen mit dem Faktor 2 multipliziert und dadurch "die schlimmsten Fälle" abgedeckt würden. Im vorliegenden Fall seien die berechneten Werte allerdings so gering, dass es gleichgültig sei, ob man diese Werte mit dem Faktor 2 oder 3 multipliziere. Es würden ausschließlich Lack- und Lösungsmittelinhaltsstoffe verwendet, die laut den Datensicherheitsblättern kein Gefährdungspotential aufwiesen. Die beschwerdeführenden Parteien hätten die eingeholten Gutachten schließlich auch nicht widerlegen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig zurück-, in eventu als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführenden Parteien haben nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten in der gewerbebehördlichen Verhandlung vom 28. November 1997 über das Genehmigungsansuchen der mitbeteiligten Partei erklärt, gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die Verwendung von Lacken in der Betriebsanlage zu befürchten. Sie haben solcherart taugliche Einwendungen gegen das Projekt der mitbeteiligten Partei erhoben (vgl. dazu Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO2, (2003) 1186 f und die dort referierte Judikatur); eine mangelnde Rechtsverletzungsmöglichkeit der beschwerdeführenden Parteien zufolge des Verlustes ihrer Parteistellung liegt im Gegensatz zur Auffassung der mitbeteiligten Partei somit nicht vor.

Die zulässig erhobene Beschwerde ist allerdings nicht begründet.

Die beschwerdeführenden Parteien erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in den ihnen durch die Gewerbeordnung 1994 gewährleisteten Nachbarrechten verletzt. Sie bringen hiezu im Wesentlichen vor, die Auflagen 15 und 16 über die Verwendung "lösungsmittelarmer" Füller und Lacke sowie über die darüber zu führenden Aufzeichnungen seien nicht hinreichend präzise. Unbestimmt sei auch Art und Umfang der Tätigkeit der mitbeteiligten Partei. Die den eingeholten Gutachten zu Grunde liegende Annahme, es würden pro Tag drei bis vier Teillackierungen durchgeführt und pro Woche eine Ganzlackierung eines Pkws, sei weder in der Projektbeschreibung enthalten, noch durch eine Auflage abgesichert, in der der mitbeteiligten Partei untersagt werde, Lackiermaterial in einem höheren als dem festzusetzenden Ausmaß zu verwenden. Ein Lacklagerraum werde in der Betriebsanlage nicht benötigt, weil die Lacke täglich angeliefert würden. Es fehlten daher Vorschreibungen, in welchem Umfang Lacke geliefert werden dürften, wie diese zu verbrauchen und schließlich zu entsorgen seien. Weiters seien dem angefochtenen Bescheid zu Unrecht die Grenzwerte der Lackieranlagenverordnung, BGBl. Nr. 873/1995 und nicht jene der Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie über die Begrenzung der Immissionen bei der Verwendung organischer Lösungsmittel in gewerblichen Betriebsanlagen zu Grunde gelegt worden, die wesentlich niedriger seien. Die belangte Behörde habe auch nicht überprüft, ob die Meinung der beigezogenen Sachverständigen dem heutigen Stand der wissenschaftlichen Forschung und Erkenntnis entspreche. Das Gutachten des Amtssachverständigen für Luftreinhaltung entspreche nicht dem aktuellen Stand der Technik, worauf von den beschwerdeführenden Parteien im Verwaltungsverfahren mehrfach hingewiesen worden sei. Dem Stand der Technik entspreche es, die Dispersion von Partikel nach dem Lagrange Dispersionsmodell zu berechnen und nicht nach den veralteten Modellen von Gauß bzw. Giebel. Das Lagrange Partikelmodell sei auch nach der deutschen Verwaltungsvorschrift "TA-Luft" zur Vornahme der Ausbreitungsrechnung vorgesehen. Der Amtssachverständige für Luftreinhaltung habe auch zwei - näher bezeichnete - wissenschaftliche Arbeiten zur Berechnung der Belastung durch Geruchsstoffe außer Acht gelassen. Überdies gehe die belangte Behörde bei der Bestimmung der Immissionsbelastung zu Unrecht vom 30 m entfernten Wohnhaus des Erstbeschwerdeführers aus, obwohl die Grundstücksgrenze 11 m von der Austrittsöffnung entfernt sei und sich der Erstbeschwerdeführer nicht ausschließlich im Haus, sondern auch im Garten aufhalte, wo beispielsweise auch Kinder spielten. Gerügt werde auch, dass die belangte Behörde die von den beschwerdeführenden Parteien erstatteten Stellungnahmen als nicht auf gleicher fachlicher Ebene wie die eingeholten Gutachten stehend anerkenne, obwohl der von ihnen beigezogene Dr. F durch die Absolvierung des Studiums der technischen Physik zur Ausübung der Sachverständigentätigkeit auf dem Fachgebiet "Luftreinhaltung" grundsätzlich befähigt sei. Die belangte Behörde hätte daher die Stellungnahmen der beschwerdeführenden Parteien als auf gleicher fachlicher Ebene stehend anzuerkennen und die Divergenz der Meinungen durch Beiziehung eines weiteren Sachverständigen, der sämtliche vorliegende Gutachten und Stellungnahmen überprüft, zu lösen gehabt. Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Parteiengehörs bringen die beschwerdeführenden Parteien vor, ein "Gutachten Dipl. Ing. Z" sei ihnen bis heute nicht zur Kenntnis gebracht worden; dieses sei auch weder im erstinstanzlichen noch im angefochtenen Bescheid dargestellt worden. Hingewiesen werde weiters auf die Ausführungen des medizinischen Gutachtens, wo "eventuell empfohlen" worden sei, das Gutachten "eines anerkannten Wissenschafters" einzuholen, um Gesundheitsgefährdungen sicher auszuschließen. Die belangte Behörde sei dieser Empfehlung allerdings nicht gefolgt. Schließlich gehe aus einer näher bezeichneten wissenschaftlichen Arbeit hervor, dass eine eindeutige Altersabhängigkeit im Geruchsempfinden bestehe. Dies habe die belangte Behörde nicht beachtet, obwohl auf der Liegenschaft des Erstbeschwerdeführers ein dreijähriges Kind lebe. Die belangte Behörde habe auch das von der beschwerdeführenden Partei vorgestellte "worst-case-Szenario" der maximalen Schadstoffkonzentration bei Windstille nicht berücksichtigt, obwohl ein solcher Zustand mit einer Wahrscheinlichkeit von 12,2 % eintrete. Für das fortzusetzende Verfahren werde noch darauf hingewiesen, dass auf dem Grundstück des Erstbeschwerdeführers mittlerweile ein Einfamilienhaus in einer Entfernung von rund 15 m von der "Austrittsöffnung der beantragten Anlage" errichtet worden sei, dass vom erwähnten Dr. F und seiner Familie bewohnt werde.

Gemäß § 74 Abs. 1 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die in § 2 Abs. 1 Z. 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, ...

Die Betriebsanlage ist gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

Wenn es zur Wahrung der in § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Die Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der in § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Die Feststellung, ob die Genehmigungsvoraussetzungen des § 77 GewO 1994 vorliegen, ist Gegenstand des Beweises durch Sachverständige auf dem Gebiet der gewerblichen Technik und auf dem Gebiet des Gesundheitswesens. Den Sachverständigen obliegt es, auf Grund ihres Fachwissens ein Urteil (Gutachten) über diese Fragen abzugeben. Der gewerbetechnische Sachverständige hat sich darüber zu äußern, welcher Art die von einer Betriebsanlage nach dem Projekt des Genehmigungswerbers zu erwartenden Einflüsse auf die Nachbarschaft sind, welche Einrichtungen der Betriebsanlage als Quellen solcher Immissionen in Betracht kommen, ob und durch welche Vorkehrungen zu erwartende Immissionen verhütet oder verringert werden und welcher Art und Intensität die verringerten Immissionen noch sein werden. Dem ärztlichen Sachverständigen fällt - fußend auf dem Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen - die Aufgabe zu, darzulegen, welche Einwirkungen die zu erwartenden Immissionen nach Art und Dauer auf den menschlichen Organismus entsprechend den Tatbestandsmerkmalen des § 74 Abs. 2 GewO 1994 auszuüben vermögen (vgl. die bei Grabler, Stolzlechner, Wendl, GewO 1994 (2003) 574 f referierte Judikatur).

Dem angefochtenen Bescheid liegt die auf sachverständiger Basis gewonnene Auffassung der belangten Behörde zu Grunde, die von der mitbeteiligten Partei beantragte Änderung ihrer Betriebsanlage durch Errichtung und Betrieb einer Lackieranlage samt technischen Einrichtungen werde bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen weder zu Gefährdungen, noch zu Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 führen.

Bei ihrem gegen diese Auffassung gerichteten Vorbringen, es sei bereits der Umfang der beantragten Änderung "aufklärungs- und ergänzungsbedürftig", weil das Ausmaß der Lackierungen weder im Projekt, noch durch Auflagen fixiert sei, übersieht die Beschwerde, dass sich der gewerbebehördliche Konsens auf die im erstbehördlichen Bescheid beschriebene Anlage bezieht und nach dieser Beschreibung pro Tag drei bis vier Teillackierungen und pro Woche eine Ganzlackierung eines Pkws durchgeführt werden. Gleiches gilt für das Beschwerdevorbringen betreffend die Verwendung "lösungsmittelarmer" Füller und Lacke; sind doch in der erwähnten Beschreibung auch der für den "ungünstigsten Fall" der Ganzlackierung erforderliche Materialbedarf samt Lösungsmittelanteil sowie die zur Verwendung gelangenden Lacke und Füller dargestellt. Inwieweit vor diesem Hintergrund die Auflagen 15 und 16 der hinreichenden Präzision entbehren sollen, ist nicht ersichtlich und wird auch von der Beschwerde nicht näher begründet. Bemerkt sei, dass ausschließlich die beschriebene Änderung der Anlage vom gewerbebehördlichen Konsens umfasst ist.

Soweit die beschwerdeführenden Parteien aber aus dem Umstand, dass die benötigten Lacke per Tagesanlieferung zugestellt werden und es daher keines Lacklagerraumes bedarf, folgern, es sei von Amts wegen nicht ausreichend darauf geachtet worden, dass dadurch Gefährdungen im Sinn des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 ausgeschlossen seien, lässt ihr Vorbringen nicht erkennen, welche mit der Änderung der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei verbundenen Gefahren (entsprechend den von ihnen erhobenen Einwendungen) für ihr Leben oder ihre Gesundheit ihnen vor Augen stehen, die - gegebenenfalls durch Beachtung der vorgeschriebenen Auflagen - nicht vermieden würden.

Bei ihrem Hinweis auf die Bestimmungen der VOC-Anlagen-Verordnung, BGBl. II Nr. 301/2002 und die dort normierten Grenzwerte übersieht die Beschwerde, dass den Nachbarn einer Betriebsanlage die in § 74 Abs. 2 Z. 1 und 2 GewO 1994 genannten Rechte gewährleistet sind. Nicht aber kommt den Nachbarn ein isoliertes Recht auf die Begrenzung der Emissionen von Luftschadstoffen zu (vgl. Grabler, Stolzlechner, Wendl, GewO 1994 (2003) 585 und die hier referierte Judikatur). Dass die von der Anlage der mitbeteiligten Partei ausgehenden Emissionen aber im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde zu die beschwerdeführenden Parteien in ihrer Gesundheit gefährdenden Immissionen führten und - weil sie nur insoweit Einwendungen erhoben haben und Parteien des Verfahrens geblieben sind - solcherart ihre gewerbegesetzlich gewährleisteten Nachbarrechte berührten, wird durch den Hinweis auf die durch die erwähnte Verordnung "drastisch reduzierten Grenzwerte" nicht dargetan.

Die Beschwerde wirft der belangten Behörde vor, sie stütze den angefochtenen Bescheid auf ein Gutachten aus dem Fachbereich "Luftreinhaltung", das dem Stand der Technik nicht entspreche. Nach dem Stand der Technik müsse die Ausbreitung von Partikeln nach der Lagrange-Methode, nicht aber nach den "veralteten Modellen (Gauß bzw. Giebel)" berechnet werden.

Dieses Vorbringen haben die beschwerdeführenden Parteien bereits im Verwaltungsverfahren erstattet und es hat der behördlich beigezogene Amtssachverständige in nicht als unschlüssig zu erkennender Weise dargelegt, aus welchen Gründen im vorliegenden Fall die von ihm gewählte Methode zur Ausbreitungsrechnung am Zielführendsten ist. Dass die damit erzielten Ergebnisse unzutreffend seien bzw. dass die von den beschwerdeführenden Parteien als dem Stand der Technik entsprechend erachtete Lagrange-Methode zu im Ergebnis entscheidend anderen Ergebnissen, d.h. zu einem im Ergebnis anderen Bescheid geführt hätten, bringen die beschwerdeführenden Parteien, die lediglich behaupten, die vorgenommene Ausbreitungsrechnung entspreche nicht dem Stand der Technik, nicht konkret vor. Ohne konkrete Darstellung eines entscheidend anderen als des gewonnenen Ergebnisses wird mit der Behauptung, die Ausbreitungsrechnung entspreche nicht dem Stand der Technik, jedoch nicht aufgezeigt, dass die bei Erstellung des Gutachtens verwendete Methode zur Beantwortung der von der Behörde sachverständig zu lösenden Fragen unbrauchbar gewesen wäre. Diese Behauptung ist daher für sich alleine nicht geeignet, einen die im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG relevanten Verfahrensmangel darzutun.

Was schließlich die für die Ermittlung der Immissionsbelastung maßgebenden Entfernungen zum Emissionsort der Anlage anlangt, sind die beschwerdeführenden Parteien zwar mit ihrer Auffassung im Recht, es müsste dieser Ermittlung jener Immissionspunkt zu Grunde gelegt werden, an dem die Nachbarn am Stärksten belastet werden und der ihrem regelmäßigen Aufenthalt dienen kann. Sie übersehen bei ihrem Vorbringen, das Wohnhaus des Erstbeschwerdeführers liege 30 m, die Grundstücksgrenze aber 11 m vom Emissionsort entfernt und es müsse daher diese maßgebend sein, jedoch, dass der Amtssachverständige des Fachgebietes "Luftreinhaltung" in seiner Stellungnahme vom 6. Mai 1998 mit eingehender Begründung dargelegt hat, dass der so genannte "Aufpunkt", d.h. jener Punkt, wo die höchsten Immissionskonzentrationen zu erwarten sind, realistischer Weise in 30 m Entfernung vom Emissionsort anzunehmen sei.

Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Parteien besteht keine Verpflichtung der Behörde, einen weiteren Sachverständigen beizuziehen, wenn die Richtigkeit der Ausführungen der beigezogenen Sachverständigen von einer Partei des Verfahrens in Zweifel gezogen wird. Daran ändert auch die Empfehlung der medizinischen Amtssachverständigen, zufolge der erhobenen Vorwürfe das Gutachten eines "anerkannten Wissenschafters" einzuholen, nichts. Soweit die beschwerdeführenden Parteien aber vorbringen, dem von ihnen beigezogenen Dr. F sei die Qualifikation, dem der Behörde vorliegenden Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegen zu treten, zu Unrecht abgesprochen worden, zeigen sie einen relevanten Verfahrensmangel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG schon deshalb nicht auf, weil sie nicht zugleich auch konkret dargelegt haben, zu welchen im Wesentlichen anders lautenden Feststellungen die belangte Behörde bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels gelangt wäre.

Der Hinweis auf ein "Gutachten Dipl. Ing. Z" im angefochtenen Bescheid ist offenbar irrtümlich erfolgt; in den vorgelegten Verwaltungsakten ist ein solches Gutachten nicht enthalten und es wird im angefochtenen Bescheid keine Feststellung mit diesem Gutachten begründet. Die behauptete Verletzung des Parteiengehörs der beschwerdeführenden Parteien liegt daher nicht vor.

Dem Vorwurf, die belangte Behörde habe sich mit der möglichen Beeinträchtigung von Kindern nicht auseinander gesetzt, ist zu entgegnen, dass die medizinische Sachverständige eine Gesundheitsgefährdung sowohl von Erwachsenen als auch von Kindern ausgeschlossen hat.

Schließlich wird auch mit dem Hinweis der beschwerdeführenden Parteien, die belangte Behörde habe das von ihnen ins Treffen geführte "worst-case-Szenario" nicht entsprechend berücksichtigt, obwohl eine maximale Schadstoffkonzentration bei Windstille mit einer Wahrscheinlichkeit von 12,2 % eintrete, keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt; legen die beschwerdeführenden Parteien doch selbst in der vorliegenden Beschwerde nicht konkret dar, dass sie in dem von ihnen "worst-case-Szenario" genannten Fall - im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde - Immissionskonzentrationen ausgesetzt wären, die - entsprechend den von ihnen erhobenen Einwendungen - eine Gefährdung ihrer Gesundheit befürchten ließen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 27. Juni 2003

Schlagworte

Sachverständiger Entfall der Beiziehung Gewerberecht Nachbar Rechtsnachfolger

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002040195.X00

Im RIS seit

04.08.2003

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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