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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §10;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ginthör, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. Leopold Rieß, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Zeltgasse 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom 23. September 1997, Zl. 16-96/3294/07, betreffend Einkommensteuer für 1991 bis 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Einkommensteuer für 1992 und 1993 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im Übrigen wird die Beschwerde, soweit sie die Einkommensteuer für 1991 betrifft, als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 931,98 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1991 bis 1993 hatte der Beschwerdeführer, ein Steuerberater, Einkünfte aus selbständiger Arbeit, aus nichtselbständiger Arbeit und negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt. Den zu den Einkommensteuererklärungen abgegebenen Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen für 1992 und 1993 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer Beträge für Absetzung für Abnutzung (AfA) und jeweils einen Investitionsfreibetrag (IFB) geltend gemacht hat.
Im Verwaltungsverfahren gingen beide Streitparteien offensichtlich vom formellen Bestand zweier Verträge aus, dessen erster aus dem zweiten Halbjahr 1992 den Erwerb eines Bestandrechtes an der Wohnung Top 17 in Wien, G-Gasse, um den Nettokaufpreis von 2,000.000 S und dessen zweiter aus dem ersten Halbjahr 1993 den Erwerb von 35/880 Anteilen an der Liegenschaft Wien, G-Gasse, um den Preis von 1,200.000 S netto betroffen haben.
Im Gefolge einer beim Beschwerdeführer durchgeführten Prüfung der Aufzeichnungen (§ 151 Abs. 1 BAO) stellte der Prüfer in seinem Bericht u.a fest (Tz 15), dass zum Erwerb des Nutzungsrechtes an der Wohnung Top 17 in Wien, G-Gasse, auf Grund einer "alten Konstruktion zur Verbindung der Eigentumsverhältnisse das Bestandrecht mit den dazugehörigen Hausanteilen" habe "gekauft werden" müssen. Er komme daher zur Ansicht, dass diese wohnungseigentumsähnliche Konstellation wie der Kauf einer Eigentumswohnung zu behandeln sei. Daher sei der "Erwerb des Mietrechtes" als erste Stufe und der Erwerb des Miteigentumsanteiles "als zweite Stufe" eines einheitlichen Vertragsbündels anzusehen. Deshalb werde ein Anteil von 20 % des Gesamtkaufpreises für Grund und Boden festgelegt. Für den verbleibenden Anteil werde ein einheitlicher AfA-Satz von 1,5 % herangezogen. Der für die Anschaffung der Kanzleiräumlichkeiten beantragte Investitionsfreibetrag sei in den Jahren 1992 und 1993 nur von den um den Grundanteil verringerten Anschaffungskosten möglich. Dementsprechend erkannte der Prüfer an Stelle der offensichtlich für den Erwerb eines Mietrechtes um 2,000.000 S an AfA geltend gemachten Beträgen von 100.000 S für 1992 (Halbjahres-AfA) und 200.000 S für 1993 lediglich einen Betrag von 1,5 % jährlich der um eine Grunderwerbsteuer in Höhe von 70.000 S erhöhten und um einen Grund- und Bodenanteil von 414.000 S verringerten Anschaffungskosten, nämlich 12.420 S für 1992 und 24.840 S für 1993 an. Bei den für 1992 und 1993 gebildeten Investitionsfreibeträgen nahm der Prüfer Kürzungen vor, welche der Verringerung der Bemessungsgrundlage um einen Grund- und Bodenanteil von 20 % entsprachen.
Das Finanzamt folgte jedenfalls insoweit den Prüferfeststellungen und setzte die Einkommensteuer für die Streitjahre (für 1991 und 1992 nach Wiederaufnahme der entsprechenden Verfahren) demgemäß fest, wobei es auf den Bericht des Prüfers verwies.
Dagegen berief der Beschwerdeführer u.a. mit der Begründung, dass die Ansicht des Prüfers völlig verfehlt sei, den Kauf eines Mietrechtes und den Erwerb eines Miteigentumsanteiles an derselben Liegenschaft wie den Kauf einer Eigentumswohnung zu behandeln. Nach allgemeinen rechtlichen Ausführungen zum Eigentums- und zum Mietrecht hielt der Beschwerdeführer fest, dass Dr. K.M. ideelle Liegenschaftsanteile an der Liegenschaft gehabt habe und dass zu dessen Gunsten gleichzeitig zwei Mietrechte als dingliche Rechte grundbücherlich intabuliert gewesen seien. Diese Mietrechte hätten auf bestimmte Dauer bestanden und würden nach Ablauf dieser Dauer grundbücherlich gelöscht. Im Falle der Teilung der Miteigentumsgemeinschaft hätten auch intabulierte Bestandrechte eines Miteigentümers für den Erwerber keine dingliche Wirkung. Als Dr. K.M. sowohl das Bestandrecht als auch seine Liegenschaftsanteile habe verkaufen wollen, sei es für den Beschwerdeführer entscheidend gewesen, dass er für seinen Kanzleibetrieb vorwiegend das Bestandrecht erwerbe, wenngleich es befristet gewesen sei. Sollte eines der Kinder des Beschwerdeführers die Kanzlei übernehmen, hätte es "dort mit der Befristung Mietrechtsprobleme gegeben". Da er als bloßer "Mietrechtsberechtigter" kein Mitspracherecht in der Miteigentümerversammlung gehabt habe und die Miteigentümer eigene Entscheidungen hätten treffen können, habe er sich entschlossen, auch Miteigentumsanteile zu erwerben, um im Falle von Vermietungen oder Veränderungen der Haussubstanz ein Mitsprache- und Mitgestaltungsrecht zu haben. Die erheblichen rechtlichen und faktischen Unterschiede zwischen Wohnungseigentum und den Verhältnissen im Beschwerdefall hätten sich auch bei der Festsetzung des Kaufpreises von insgesamt 3,200.000 S ausgewirkt. Daraus würde sich ein Preis von rund 21.000 S je m2 für die gemieteten Kanzleiräumlichkeiten ergeben. Unter Berücksichtigung von Lage und Ausstattung der Räumlichkeiten und des Umstandes, dass das Haus von Otto Wagner erbaut worden sei und ein besonders wertvolles Kulturdenkmal darstelle, wäre für eine entsprechende Eigentumswohnung mindestens ein Kaufpreis von 40.000 S je m2 zu erzielen gewesen. Zum Beweis dessen beantragte der Beschwerdeführer die Einvernahme des Hausverwalters. Weiters verwies der Beschwerdeführer darauf, dass er als Mieter der Kanzleiräumlichkeiten im Zuge eines durch die zuständige Schlichtungsstelle abgewickelten Verfahrens nach § 18 MRG verpflichtet worden sei, ab August 1996 eine erhöhte Miete zu bezahlen. Die für jeden Miteigentümer jederzeit bestehende Möglichkeit, den Miteigentumsanteil mit allen anderen Hausanteilen versteigern zu lassen, sei ausgeschöpft worden; eine entsprechende Teilungsklage sei für die Liegenschaft G-Gasse bereits eingebracht und im Grundbuch angemerkt worden.
In einer Stellungnahme des Prüfers zur Berufung hielt dieser u. a. fest, dass sich die "beiden Verträge wechselseitig bedingen bzw. miteinander junktimiert sind". Der Erwerb des Miteigentumsanteiles ohne Mietrecht bzw. der Erwerb des Mietrechts ohne Miteigentumsanteil sei gar nicht möglich gewesen. Würden die beiden unbestritten junktimierten Vertragsverhältnisse als eine Einheit angesehen, hätte dies zur Folge, dass für das "Mietrecht" nicht die vom Beschwerdeführer angesetzte zehnjährige Nutzungsdauer angenommen werden könne. Das Argument, eine entsprechende Eigentumswohnung koste 40.000 S je m2, während der vereinbarte Gesamtkaufpreis einen m2-Preis von 21.000 S ergäbe, gehe "schon deshalb ins Leere, weil" der vereinbarte Kaufpreis, auch wenn er unter dem geschätzten fiktiven Kaufpreis einer Eigentumswohnung liege, nichts daran ändere, "dass in wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein einheitliches Vertragsbündel vorliegt, das die oben dargestellten rechtlichen Konsequenzen nach sich zieht".
In einer Gegenäußerung zur dieser Stellungnahme hielt der Beschwerdeführer fest, dass die Aufspaltung von Miteigentumsanteil und Mietrecht durchaus möglich sei. Die beiden Verträge seien deshalb junktimiert worden, weil es weder für den Käufer noch für den Verkäufer sinnvoll gewesen sei, Mietrecht und Miteigentum aufzuspalten, was in der Folge zwangsläufig Interessenkonflikte hätte erwarten lassen. Deshalb seien die beiden Verträge auch junktimiert worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und änderte insbesondere die bekämpften Bescheide dergestalt ab, dass es einen AfA-Satz von 2 % statt - wie vom Finanzamt angenommen - 1,5 % zu Grunde legte. Im Jahr 1992 habe der Beschwerdeführer die Kanzleiräumlichkeiten, Wohnung Top 17 in Wien, G-Gasse, erworben. Mit Kaufvertrag vom 22. November 1992 sei das intabulierte Nutzungsrecht an der Wohnung Top 17, mit Kaufvertrag vom 24. März 1993 ein Miteigentumsanteil am Haus G-Gasse erworben worden. Grundsätzlich könne auch ein Recht wie das Mietrecht steuerrechtlich ein selbständiges Wirtschaftsgut sein. Für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen sei in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform maßgebend. Der Erwerbsvorgang des in Rede stehenden Mietrechts müsse im Zusammenhang mit dem nachfolgenden Erwerb des Miteigentumsanteils gesehen werden. Dies scheine geboten, weil von den Vertragsparteien selbst eine Junktimierung zwischen diesem Vertrag und dem Kauf des Miteigentumsanteils vorgesehen worden sei. Auch wenn zivilrechtlich Unterschiede zwischen dem Eigentumsrecht und dem Mietrecht bestünden, welche durch die getroffene Vorgangsweise nicht vollständig hätten beseitigt werden können, so sei doch zu erkennen, dass "unter den gegebenen Voraussetzungen" die einzige Möglichkeit gewählt worden sei, mit der dem Beschwerdeführer eine einem Eigentümer möglichst ähnliche Stellung eingeräumt worden sei. Schon aus der Definition des Begriffes des Wohnungseigentumes im § 1 WEG sei ersichtlich, dass das in Rede stehende Vertragsgeflecht dem Wohnungseigentum sehr nahe komme. Der Beschwerdeführer habe durch die beiden in Rede stehenden Verträge eine eigentümerähnliche Stellung erworben. Auf Grund der eindeutigen Sach- und Rechtslage sei auch der Antrag auf Einholung einer Zeugenaussage des Hausverwalters als unerheblich abzulehnen; weder sei es maßgeblich, ob ein für den Erwerber günstiger Kaufpreis erzielt worden sei, noch, ob Aussagen im Arbeitsbogen des Betriebsprüfers in juristisch einwandfreie Form gekleidet worden seien.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, welche im Wesentlichen darauf gestützt wird, dass der ideelle Anteil von 35/880 der Liegenschaft dem Nutzwert der Kanzleiräumlichkeiten der Wohnung Top 17 nicht entspreche, dass sich aus der Summe des Preises für das Mietrecht und die Miteigentumsanteile ein m2-Preis von 21.000 S für die Kanzleiräumlichkeiten ergebe, während beim Kauf einer Eigentumswohnung in diesem Haus ein m2-Preis von 40.000 S durchaus "realistisch" sei. Weiters sei zwischen den Vertragsabschlüssen ein Zeitraum von vier Monaten gelegen und seien die Verträge inhaltlich "nicht junktimierend". Im Übrigen seien das Mietrecht und die Miteigentumsanteile getrennt veräußerbar, was bei Wohnungseigentum nicht möglich sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Den von der hg. Rechtsprechung (vgl. ausführlich das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0200, und jüngst das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2002, 97/13/0059, 0060) gestellten Anforderungen an eine dem § 93 Abs. 3 lit. a und dem § 288 Abs. 1 lit. d BAO entsprechende Begründung, insbesondere an eine - nicht mit der Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens zu verwechselnde - zusammenhängende Sachverhaltsdarstellung, entspricht der angefochtene Bescheid nicht.
Die belangte Behörde traf keine Feststellungen, welche das von ihr gefundene rechtliche Ergebnis zu tragen vermöchten, die zwei in Rede stehenden Verträge über den Erwerb eines Bestandrechts einerseits und von Miteigentumsanteilen andererseits stünden in einem derartigen Zusammenhang, dass von der Anschaffung eines einheitlichen Wirtschaftsgutes ausgegangen werden könne. Sie sieht "unter den gegebenen Voraussetzungen", zu denen sie allerdings keine Sachverhaltsfeststellungen trifft, eine einem Eigentümer der Wohnung weitgehend ähnliche Stellung des Beschwerdeführers und leitet daraus, dass das in Rede stehende "Vertragsgeflecht" dem Wohnungseigentum sehr nahe komme, offenbar das Bestehen eines einheitlichen Wirtschaftsgutes ab. Der bloße Erwerb von Miteigentumsanteilen an einer Liegenschaft und von einem grundbücherlich eingetragenen Bestandrecht an einer Wohnung in dem auf dieser Liegenschaft errichteten Gebäude, wobei in beiden Fällen Veräußerer und Erwerber dieselben Personen sind, in einer gewissen zeitlichen Nähe lässt schon auf Grund der von der belangten Behörde selbst erwähnten zivilrechtlichen Unterschiede kein wohnungseigentumsähnliches einheitliches Wirtschaftsgut entstehen. Feststellungen, wonach etwa das Bestandrecht als Nutzungsvereinbarung mit der Verknüpfung des dem Nutzwert dieser Wohnung entsprechenden Miteigentumsanteiles mit dieser Wohnung ausgestaltet worden wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. April 2002, 96/13/0191) und daher aus anderen Gründen ein einheitliches Wirtschaftsgut gesehen werden könnte, hat die belangte Behörde nicht getroffen.
Damit hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, soweit er die Einkommensteuer für 1992 und 1993 betrifft, mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Für das fortgesetzte Verfahren sei angemerkt, dass in dem in der grundbücherlichen Eintragung erwähnten Bestandvertrag aus 1925 eine Bestanddauer von 99 Jahren festgelegt ist, der Beschwerdeführer bei der Geltendmachung der AfA für das 1992 erworbene Bestandrecht, ohne dies erläutert zu haben, jedoch von einer zehnjährigen Restnutzungsdauer ausging.
Da sich die Streitpunkte, was das Mietrecht an der Wohnung Top 17, G-Gasse, und die Miteigentumsanteile an der Liegenschaft in Wien, G-Gasse, betrifft, im Streitzeitraum lediglich auf die in den Jahren 1992 und 1993 erzielten Einkünfte ausgewirkt haben und die Beschwerde hinsichtlich der sich auch auf das Streitjahr 1991 erstreckenden übrigen im Verwaltungsverfahren strittigen Punkte keine Ausführungen enthält, war die Beschwerde insoweit, als sie die Einkommensteuer 1991 betrifft, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001; Kosten waren lediglich im geltend gemachten Umfang (§ 59 Abs. 1 VwGG) zuzusprechen.
Wien, am 1. Juli 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:1997130218.X00Im RIS seit
14.08.2003