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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FinStrG §115;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer sowie die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Mag. DI Markus Petrowsky, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Rainergasse 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz (Außenstelle Wien, Finanzstrafsenat 3) vom 4. April 2003, Zl. FSRV/0076-W/02, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer vom Finanzamt ein Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass dieser vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch die Abgabe unrichtiger Jahreserklärungen bescheidmäßig festzusetzende Abgaben, nämlich Einkommensteuer 1994 in Höhe von 70.308 S, Umsatzsteuer 1995 in Höhe von 27.300 S, Einkommensteuer 1995 in Höhe von 92.400 S und Umsatzsteuer 1996 in Höhe von 3.701 S verkürzt bzw. Einkommensteuer 1996 in Höhe von 66.178 S zu verkürzen versucht habe. Er habe dadurch Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 iVm § 13 FinStrG begangen. In der dagegen erhobenen Administrativbeschwerde habe der Beschwerdeführer vorgebracht, im Zuge der am 26. Mai 1999 begonnenen und über fast ein Jahr andauernden Betriebsprüfung sei die betriebliche Veranlassung einzelner Betriebsausgaben in Frage gestellt worden. Der Prüfer habe die gänzliche betriebliche Nutzung einer Wohnung in Frage gestellt, sei aber zum vereinbarten Besichtigungstermin nicht erschienen. Ein weiterer Streitpunkt seien die Ausgaben für Flugkosten gewesen. Die Geschäftsbeziehung zum Unternehmen T., von dem der Beschwerdeführer im Prüfungszeitraum Provisionen bezogen habe, habe auch auf privaten Flugmöglichkeiten beruht. Zur "ehestmöglichen Beendigung der Prüfung" habe der damalige steuerliche Vertreter eine pauschale Aufwandshinzurechnung und pauschale Kürzung der entsprechenden Vorsteuern "ausgehandelt". Der Beschwerdeführer habe nach einer vertretbaren Rechtsansicht gehandelt und es könne ihm daher kein strafbarer Tatbestand angelastet werden.
Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, unter Tz 19 des Betriebsprüfungsberichtes vom 18. Mai 2000 werde knapp festgehalten, dass wegen mangelhafter belegmäßiger Nachweise eine Ausgaben- und Vorsteuerkürzung vorzunehmen gewesen sei. Die Ausgaben seien 1994 um 120.000 S, 1995 um 220.000 S und 1996 um 280.000 S gekürzt sowie Vorsteuerbeträge für 1995 im Ausmaß von 27.300 S und 1996 von 7.300 S nicht anerkannt worden. Zur "Verbreiterung der Entscheidungsgrundlagen" habe die belangte Behörde den Betriebsprüfer am 6. Dezember 2002 zeugenschaftlich zu seinen Erhebungsergebnissen befragt. Er habe zunächst bekannt gegeben, dass nach seinen Feststellungen der Beschwerdeführer für das Unternehmen T. Handelsvertretertätigkeiten für Computer im Ostblock erbracht habe. Die Kosten für die Ausbildung zur Erlangung eines Flugscheines seien vom Beschwerdeführer mit der Begründung als betrieblich veranlasst angesehen worden, dass viele Mitarbeiter des Unternehmens T. über einen Flugschein verfügten und der Beschwerdeführer gemeint habe, der Erwerb eines Flugscheines sei der Förderung der Geschäftsbeziehung dienlich. Diese Aufwendungen seien jedoch unter verschiedenen Bezeichnungen verbucht worden, daher sei es sehr mühsam gewesen, die händischen Aufzeichnungen zu entziffern und Berechnungen vorzunehmen. Zu den Aufwandspositionen betreffend verschiedene Wohnungen/Arbeitsstätten habe der Prüfer ausgeführt, dass die Adresse K. als Wohnsitz der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers anzusehen sei, wobei keine Behauptung bestünde, dass an dieser Adresse ein Arbeitszimmer vorhanden sei. Dennoch seien Telefonspesen und Energiekosten geltend gemacht worden. Zur Adresse M. seien 40 % der geltend gemachten Energie- und Mietkosten als betrieblich bedingter Aufwand anerkannt worden. Unter dem Posten "Werbungskosten" seien zahlreiche offensichtliche Privataufwendungen, wie Schioverall, Brillen, Kleidung, Einkäufe bei einem Juwelier, Schuhe, Schuhservice, Einstellgebühr für einen Wohnwagen sowie nicht näher nachvollziehbare "Privatzahlungen" erfasst worden. Zudem seien alle Kosten aus Rechtsstreitigkeiten von "diversen GesmbHs", an denen der Beschwerdeführer beteiligt sei, unter der Einzelfirma geltend gemacht worden. Auch in diesem Bereich seien nur äußerst mangelhafte Unterlagen vorhanden gewesen, was eine Schätzungsberechtigung nach sich gezogen habe. In der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 17. Jänner 2002 sei erneut darauf hingewiesen worden, dass es langwierige Diskussionen über den Betriebsausgabencharakter zahlreicher Kosten gegeben habe. Zur Adresse K. werde zugestanden, dass es sich dabei um die Wohnung der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers gehandelt habe, welche über kein Arbeitszimmer verfüge. Es liege aber die betriebliche Veranlassung eines angemessenen Teiles der Telefonkosten vor. Zur Adresse G. handle es sich um eine ausschließlich betrieblich genutzte Wohnung, bei der dennoch nur 40 % der Kosten als betrieblich veranlasst anerkannt worden seien. Zur Annahme des begründeten Tatverdachtes führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, dass der Erwerb eines Flugscheines bei der Gesamtbetrachtung des "Berufsfeldes" des Beschwerdeführers nicht als betrieblich angesehen werden könne und das Verbuchen der Kosten unter verschiedensten Posten wohl einer "Verschleierung dienen sollte", indiziere hinsichtlich der subjektiven Tatseite den Verdacht des Vorliegens von bedingtem Vorsatz. Zu den zahlreichen oben im Einzelnen angeführten Privataufwendungen bestehe kein gesondertes Vorbringen. Auch diesbezüglich sei es offensichtlich, dass versucht worden sei, Kosten der allgemeinen Lebensführung unter Betriebsaufwand geltend zu machen und sich somit steuerliche Vorteile zu verschaffen. Unter Berücksichtigung der Gesamtfeststellungen sei auch hinsichtlich der Kosten für die Wohnungen/Arbeitsstätten davon auszugehen, dass zur Verringerung von Abgabenleistungen zusätzliche Abschreibposten zu großzügig angesetzt worden seien. Diesbezüglich werde es Aufgabe des nachfolgenden Untersuchungsverfahrens sein, abschließend im Rahmen der freien Beweiswürdigung festzustellen, wessen Angaben Glauben zu schenken sei. Ein Tatverdacht sei jedoch nach den Ermittlungen der Betriebsprüfung unzweifelhaft gegeben.
In der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, "dass kein Finanzstrafverfahren gegen ihn geführt wird bzw. ein solches nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eingeleitet wird".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Spruch eines Einleitungsbescheides muss das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Finanzvergehen erachtet wird, nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht "bestimmt", somit nicht in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten geschildert werden. In der Begründung des Einleitungsbescheides ist darzulegen, von welchem Sachverhalt die Finanzstrafbehörde ausgegangen ist und welches schuldhafte Verhalten dem Beschuldigten vorgeworfen wird. Der Verdacht muss sich sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken. Für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens genügt es, wenn gegen den Verdächtigen genügend Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Oktober 1995, 94/15/0159).
Gemäß § 157 erster Satz FinStrG ist auf das Rechtsmittelverfahren u.a. auch die Bestimmung des § 115 FinStrG sinngemäß anzuwenden, nach welcher die Finanzstrafbehörde im Untersuchungsverfahren den für die Erledigung der Strafsache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen festzustellen und dem Beschuldigten sowie den Nebenbeteiligten Gelegenheit zu geben hat, ihre Rechte und rechtlichen Interessen geltend zu machen. Im verwaltungsbehördlichen Rechtsmittelverfahren ist nicht nur die Rechtmäßigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Zeitpunkt des Ergehens zu prüfen, sondern vielmehr eine eigenständige Beurteilung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Rechtsmittelerledigung zu treffen. Auch im Rechtsmittelverfahren über einen Einleitungsbescheid ist die Rechtsmittelbehörde verpflichtet, bei Erlassung der Beschwerdeentscheidung auf die während des Rechtsmittelverfahrens festgestellten Tatsachen Bedacht zu nehmen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. August 1995, 94/13/0282).
In der Beschwerde wird vorgebracht, im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Einleitung des Finanzstrafverfahrens habe nicht einmal in objektiver Hinsicht der Verdacht der Abgabenhinterziehung bestanden. Aus dem Betriebsprüfungsbericht habe sich lediglich ergeben, dass auf Grund mangelhaften belegmäßigen Nachweises "Ausgabenkürzungen erfolgten" (Tz 19 des Prüfungsberichtes). Dieses Betriebsprüfungsergebnis rechtfertige nicht die Annahme des Verdachtes einer Steuerhinterziehung. Die belangte Behörde habe daher zu Unrecht der Administrativbeschwerde des Beschwerdeführers nicht ohne Weiteres Folge gegeben, sondern weitere Erhebungen getätigt, insbesondere den seinerzeitigen Betriebsprüfer einvernommen.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer auf die oben zitierten Grundsätze der Amtswegigkeit des Untersuchungsverfahrens und auf die Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Rechtsmittelerledigung zu verweisen. Der belangten Behörde kann somit kein Vorwurf gemacht werden, wenn diese zur "Verbreiterung der Entscheidungsgrundlagen" den Betriebsprüfer zu den Erhebungsergebnissen befragt und - nach Einholung einer Stellungnahme des Beschwerdeführers - eine eigenständige Beurteilung der Sach- und Rechtslage vorgenommen hat.
Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid etwa nicht nur damit begründet, dass die Verbuchung der Kosten für den Erwerb eines Flugscheines das Vorliegen vom bedingten Vorsatz indiziere, sondern beispielsweise auch auf die Art der Verbuchung "unter verschiedensten Posten", die wohl "einer Verschleierung dienen sollte", verwiesen. Im angefochtenen Bescheid wurde auch festgehalten, dass seitens des Beschwerdeführers zu den vom Betriebsprüfer anlässlich seiner Einvernahme am 6. Dezember 2002 im Einzelnen angeführten Privataufwendungen kein gesondertes Vorbringen des Beschwerdeführers erstattet worden sei. Mit dem allgemein gehaltenen Beschwerdevorbringen, wonach es sich bei den angeblichen Kosten der Lebensführung tatsächlich um Sachprovisionen für Geschäftspartner gehandelt habe, kann die im angefochtenen Bescheid dargestellte Verdachtslage in Bezug auf das beabsichtigte Verschaffen steuerlicher Vorteile ebenso wenig ausgeräumt werden, wie mit den Hinweisen auf eine "allgemein bekannte Notwendigkeit", Sachzuwendungen als Provisionen zu gewähren, oder das Erfordernis, weite Reisen unter großem Zeitdruck zu absolvieren. Ob sich der Verdacht bestätigt oder lediglich laut Beschwerde "unterschiedliche Rechtsauffassungen" vorliegen, wird im eingeleiteten Finanzstrafverfahren zu beurteilen sein.
Da der Inhalt der Beschwerde somit erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 3. Juli 2003
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003150047.X00Im RIS seit
11.08.2003