TE Vwgh Erkenntnis 2003/7/3 99/07/0132

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Veröffentlicht am 03.07.2003
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Index

L66503 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/01 Land- und forstwirtschaftliches Organisationsrecht;
80/06 Bodenreform;

Norm

AgrBehG 1950 §5 Abs2;
AgrBehG 1950 §6 Abs2;
AVG §68 Abs4 Z4;
B-VG Art12 Abs2;
FlVfGG §10 Abs3;
FlVfGG §10;
FlVfGG §11 Abs2;
FlVfGG §3;
FlVfGG §4 Abs7;
FlVfGG §50;
FlVfLG NÖ 1975 §12 Abs3;
FlVfLG NÖ 1975 §12 Abs5;
FlVfLG NÖ 1975 §12;
FlVfLG NÖ 1975 §19 Abs1;
FlVfLG NÖ 1975 §21;
FlVfLG NÖ 1975 §22;
FlVfLG NÖ 1975 §41;
MRK Art6 Abs1;
VwRallg impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Beck und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der P in G, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Auhofstraße 1, gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft (nunmehr

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) vom 2. Dezember 1998, Zl. 710.987/04-OAS/98, betreffend den Zusammenlegungsplan Gerasdorf, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 20. Juni 1995, mit dem die Abfindung der Beschwerdeführerin für die von ihrem Rechtsvorgänger in das Zusammenlegungsverfahren Gerasdorf eingebrachten Grundstücke abgeändert worden war, als unbegründet ab.

Die Beschwerdeführerin hatte in ihrer Berufung geltend gemacht, näher bezeichnete Altgrundstücke seien solche von besonderem Wert gewesen, weil es sich bei ihnen um wertvolle Kiesabbaugrundstücke gehandelt habe, die deshalb eine erhöhte Nutzungsmöglichkeit eröffnet hätten. Diese Grundstücke seien in der Zusammenlegung einer anderen Partei zugeteilt worden, ohne dass hiefür ein entsprechender Wertausgleich zuerkannt worden wäre. Von der Eigenschaft der betroffenen Grundstücke als Flächen mit besonderem Wert habe die Beschwerdeführerin erst durch eine ihr zugestellte Ladung zu einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren Kenntnis erhalten. Der Entzug dieser Flächen im Zusammenlegungsplan ohne Zuteilung entsprechenden Ersatzes verletze die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf gesetzmäßige Abfindung.

Nachdem ein von der belangten Behörde nach § 38 AVG in Verbindung mit § 1 AgrVG 1950 erlassener Aussetzungsbescheid vom 6. Dezember 1995 auf Grund einer u.a. auch von der Beschwerdeführerin erhobenen Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof mit dem hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1998, 96/07/0092, 0093, aufgehoben worden war, führten Mitglieder der belangten Behörde am 30. September 1998 im Beisein des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin eine örtliche Besichtigung durch, in deren Verlauf festgestellt wurde, dass auf näher genannten Grundstücken Abbaumaßnahmen ersichtlich seien. In der Folge erstattete das in agrartechnischen Angelegenheiten erfahrene Mitglied der belangten Behörde eine agrartechnische Stellungnahme, in welcher Folgendes ausgeführt wurde:

Zur Auffassung der Beschwerdeführerin, die von ihr genannten Altgrundstücke stellten solche besonderen Wertes dar, sei festzustellen, dass der Aktenlage und den Operatsunterlagen nach das Vorliegen eines Grundstückes besonderen Wertes im Verfahren von ihr nicht geltend gemacht worden sei. Mit Bescheid der Berghauptmannschaft Wien vom 11. Jänner 1995 sei eine auf Ton und Quarzsand eingeschränkte Gewinnungsbewilligung auf einer Fläche von rund 4,7 ha erteilt worden. Die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung habe mit Bescheid vom 7. Februar 1995 für eine Materialentnahme auf diesen Grundstücken die naturschutzrechtliche Bewilligung erteilt. Mit Schreiben der Berghauptmannschaft Wien vom 8. Mai 1995 sei die Marktgemeinde Gerasdorf von der Gewinnungsbewilligung für das Abbaufeld "Gerasdorf I" auf den genannten Grundstücken informiert und um entsprechende Widmung im Flächenwidmungsplan ersucht worden. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft habe mit Bescheid vom 18. Juli 1997 für den Materialabbau die wasserrechtliche Bewilligung erteilt. Im südwestlichen Teil des betroffenen Abbaugebietes sei der Abbau voll in Gang, im nordwestlichen Teil sei bereits Humus abgedeckt, während im östlichen Teil noch Ackernutzung vorliege. Die Beschwerdeführerin habe im bewilligten Abbaugebiet Flächen von etwa 2 ha besessen, während alle ihre Grundabfindungen außerhalb des nunmehrigen Abbaugebietes lägen.

In den daran anschließenden Ausführungen der agrartechnischen Stellungnahme werden die sachlichen Grundlagen für die Beurteilung der Gesetzmäßigkeit der Abfindung der Beschwerdeführerin dargestellt. Diese habe Grundstücke im Gesamtausmaß von 21,2569 ha mit einem Vergleichswert von 42.879,51 Punkten in das Verfahren eingebracht, wobei der maßgebliche modifizierte eingebrachte Besitzstand 21,1852 ha mit 42.851,26 Wertpunkten betrage. Unter Abzug des anteiligen Beitrages zu den gemeinsamen Anlagen bemesse sich der Abfindungsanspruch der Beschwerdeführerin auf 42.266,91 Wertpunkte. Abgefunden worden sei die Beschwerdeführerin mit Grundstücken im Gesamtausmaß von 21,3888 ha mit einem Vergleichswert von 42.054,05 Punkten. Die Abweichung zwischen dem Wert der Grundabfindung und dem Abfindungsanspruch betrage 212,86 Wertpunkte und liege innerhalb der gesetzlichen Zulässigkeitsgrenze von +/- 2.129,11 Wertpunkten. Das Fläche/Wert-Verhältnis betrage 5,09 m2/Wertpunkt und liege innerhalb der gesetzlichen Zulässigkeitsgrenzen von 4,45 und 5,44 m2/Wertpunkt. Der eingebrachte Besitz der Beschwerdeführerin habe aus 24 landwirtschaftlichen und zwei forstlichen Bewirtschaftungskomplexen bestanden, welche im Zuge des Zusammenlegungsverfahrens auf zehn landwirtschaftliche Bewirtschaftungskomplexe sowie unter Hinzurechnung von Waldabfindungen und Kleinabfindungen wie Bauparzellen auf 16 Abfindungsstücke vereinigt worden seien. Während das Flächenausmaß der eingebrachten landwirtschaftlichen Bewirtschaftungskomplexe im arithmetischen Mittel 1 ha betragen habe, betrage das Flächenausmaß der zehn landwirtschaftlichen Abfindungskomplexe im arithmetischen Mittel wirtschaftlich günstigere 2 ha. Die erreichte Besitzkonzentration bei den landwirtschaftlichen Bewirtschaftungskomplexen habe eine Verkürzung der Grenzlängen von 23 km auf 12 km bewirkt, was eine effizientere Nutzung zur Folge habe, weil entlang von Ackerrändern regelmäßig ein höherer Bewirtschaftungsaufwand erforderlich sei. Das Seitenverhältnis bei den landwirtschaftlichen Bewirtschaftungskomplexen habe im Altstand im arithmetischen Mittel 1:30 betragen, während nunmehr mit 1:19 im arithmetischen Mittel bei den landwirtschaftlichen Abfindungskomplexen günstigere Werte vorlägen. Bestimmte Altgrundstücke der Beschwerdeführerin hätten näher dargestellte ungünstige Formen aufgewiesen, während im Neustand die günstige Ausformung, Grundstücksgröße und der weit gehende Entfall von Schmalparzellen eine rationelle Feldwirtschaft ermöglichten und damit auch die im Marchfeld maßgebliche Bewässerungsmöglichkeit erlaubten. Die bonitätsmäßigen Verschiebungen bewegten sich in einem engen Rahmen und seien ausgewogen. Die Abfindungen seien vorteilhaft erschlossen, die Vermessung und Vermarkung der Abfindungsgrundstücke im Rahmen des Zusammenlegungsverfahrens und deren Aufnahme in den Grenzkataster seien als vorteilhaft anzusehen. Die Zusammenlegung habe insgesamt eine Zeit und Kosten sparende rationelle Bewirtschaftung ermöglicht und es erlaube die gesamte Grundabfindung der Beschwerdeführerin einen größeren landwirtschaftlichen Betriebserfolg als die in das Verfahren einbezogenen Grundstücke.

Gegen diese zur Kenntnis gebrachte Stellungnahme wurde von der Beschwerdeführerin in einer schriftlichen Äußerung eingewendet, dass aus ihr nicht hervorgehe, ob die Gesetzmäßigkeitsbeurteilung der Abfindung nun auf die Grundstücke mit besonderem Wert Bedacht nehme oder nicht. Indem nun klargestellt sei, dass die Beschwerdeführerin im bewilligten Abbaugebiet Grundstücke im Ausmaß von 2 ha besessen habe, während alle Grundabfindungen außerhalb des Abbaugebietes lägen, sei schon zugestanden, dass es sich um Grundstücke von besonderem Wert gehandelt habe, was den Berechnungen in der agrartechnischen Stellungnahme hätte zu Grunde gelegt werden müssen. Die Feststellung der betroffenen Grundstücke als solche mit besonderem Wert sei schon mit einem Antrag vom 22. November 1996 begehrt worden, weshalb die diesbezügliche Annahme in der agrartechnischen Stellungnahme nicht zutreffe. Diese Abbaugrundstücke könnten mit landwirtschaftlich genutzten Grundstücken nicht verglichen werden; der Betriebserfolg, auf den Bedacht zu nehmen sei, sei durch die Abfindung geringer geworden. Aufgabe der Stellungnahme wäre es gewesen, den Wert der als Grundstücke besonderen Wertes anzusehenden Flächen darzustellen, in welcher Hinsicht die agrartechnische Stellungnahme zu ergänzen sei.

Angeschlossen war der schriftlichen Äußerung der Beschwerdeführerin jenes Schreiben ihres Rechtsvertreters an die Niederösterreichische Agrarbezirksbehörde vom 22. November 1996, dessen Behandlung durch den Landesagrarsenat beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung den Gegenstand des hg. Erkenntnisses vom 21. Jänner 1999, 98/07/0065, gebildet hat.

Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung am 2. Dezember 1998, in welcher der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin die im Verfahren bereits vorgetragenen Standpunkte erneut zum Ausdruck brachte, erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, in dessen Begründung nach Wiedergabe des Verfahrensganges, der maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen und der Ausführungen der Stellungnahme des in agrartechnischen Angelegenheiten erfahrenen Mitgliedes der belangten Behörde Folgendes dargelegt wird:

Nach ständiger Rechtsprechung der Höchstgerichte sei das Verfahren in Angelegenheiten agrarischer Operationen durch einen stufenweisen Aufbau gekennzeichnet, wobei der rechtskräftige Abschluss einer Etappe der Durchführung der nächsten Etappe zu Grunde zu legen sei, ohne dass eine rechtskräftig entschiedene Angelegenheit in einer späteren Phase des Verfahrens noch einmal aufgerollt werden dürfe. Dass nach Rechtskraft des Bewertungsplanes eine Feststellung des Bestehens von Grundstücken besonderen Wertes nicht mehr möglich sei, habe der Verwaltungsgerichtshof wiederholt zum Ausdruck gebracht. Der Bewertungsplan Gerasdorf sei seit Oktober 1986 rechtskräftig, wobei aus den Operatsunterlagen eine Ausweisung der Altgrundstücke der Beschwerdeführerin im nunmehrigen "Abbaufeld Gerasdorf I" als solche mit besonderem Wert nicht ersichtlich sei. Aus der Bestimmung des § 12 Abs. 3 des Niederösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975 (FLG) über die Neubewertung sei für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, weil diese Vorschrift auf solche Wertänderungen abstelle, die vor der Übernahme der Abfindungsgrundstücke eingetreten seien, worunter in diesem Zusammenhang nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte die vorläufige Übernahme zu verstehen sei. Diese sei aber mit Bescheid vom 13. November 1986 erfolgt, während alle erforderlichen Bewilligungen zum Abbau in den Jahren 1995 bis 1997 erteilt worden seien, weshalb ein Anwendungsbereich des § 12 Abs. 3 FLG nicht vorliege. Auch die Verordnung über ein regionales Raumordnungsprogramm Wien-Umland vom 12. April 1990, LGBl. Nr. 8000/77-0, welche Eignungszonen für die Gewinnung von Sand und Kies vorsehe, sei lange nach der Anordnung der vorläufigen Übernahme erlassen worden. Auch eine Nachbewertung nach § 19 Abs. 1 FLG komme nicht in Betracht, weil eine solche nämlich voraussetze, dass der Bodenwert von Abfindungsgrundstücken durch gemeinsame Anlagen oder Kulturumwandlungen verändert worden wäre, was aber hier nicht der Fall sei. Die von der Beschwerdeführerin ins Auge gefasste Wertänderung beruhe nämlich auf einem vom vorläufigen Grundeigentümer initiierten, bergbehördlich, wasserrechtlich und naturschutzrechtlich bewilligten Abbau von Ton und Quarzsand. Erfolge eine vorläufige Übernahme nach § 22 FLG, dann stelle diese den Zeitpunkt dar, bis zu welchem Wertänderungen berücksichtigt werden könnten. Es könnten demnach die Vorgänge nach Anordnung der vorläufigen Übernahme in die Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Grundabfindung der Beschwerdeführerin nicht einbezogen werden. Wie sich aus den Ausführungen der agrartechnischen Stellungnahme des in diesen Belangen erfahrenen Mitgliedes der belangten Behörde ablesen lasse, sei im Ergebnis der darin getroffenen Ausführungen die der Beschwerdeführerin zugewiesene Abfindung als gesetzmäßig zu beurteilen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde, deren Behandlung der Verfassungsgerichtshof mit seinem Beschluss vom 8. Juni 1999, B 280/99, abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat, wird von der Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides mit der Erklärung begehrt, dass sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Durchführung einer Nachbewertung "der Liegenschaft" gemäß § 19 FLG und in ihrem Recht "auf richtige Anwendung" des § 17 Abs. 1 FLG als verletzt erachte, weil übersehen worden sei, dass gerade auf den Altgrundstücken Sand und Schotter abgebaut werde, "aber nur landwirtschaftliche Grundstücke gegenübergestellt" worden seien. Die Beschwerdeführerin trägt hiezu vor, dass sich die belangte Behörde auf die agrartechnische Stellungnahme ihres Mitgliedes stütze, ohne sich mit den Einwänden der Beschwerdeführerin gegen diese Stellungnahme auseinander zu setzen. Die Beschwerdeführerin habe Grundstücke von geringerem Wert als die erhalten, die ihr Rechtsvorgänger ins Verfahren eingebracht gehabt habe, weil es sich bei den Altgrundstücken um wertvolle Kiesabbaugrundstücke gehandelt habe. Eine Prüfung der Nutzungsmöglichkeit des Bodens hätte erfolgen müssen und sei unterlassen worden. Dass die Beschwerdeführerin keinen Antrag auf Feststellung von Grundstücken besonderen Wertes gestellt habe, werfe ihr die belangte Behörde ohne Berechtigung vor, weil die Beschwerdeführerin erst auf Grund eines wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides von der Widmung und Eignung der betroffenen Grundstücke als Kiesabbaugrundstücke erfahren habe und ihr deshalb eine frühere Antragstellung nicht möglich gewesen sei. Außerdem habe die Behörde die Beschwerdeführerin nicht zur Antragstellung auf Wertfeststellung aufgefordert. Ein Vergleich der Bodenbeschaffenheit der Abfindungsgrundstücke mit der Bodenbeschaffenheit der Altgrundstücke sei unterblieben. Auch könne der Bewertungsplan nicht als rechtskräftig beurteilt werden, weil er nach § 12 Abs. 5 FLG bis zur Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leide, wenn die Bewertung des Grundstückes unrichtig sei. Die Bewertung der Altgrundstücke sei unrichtig und der Zusammenlegungsplan noch nicht rechtskräftig, weshalb ein Antrag auf Feststellung eines Grundstückes als solches besonderen Wertes noch möglich sei. Die Beschwerdeführerin habe mit Schreiben vom 22. November 1996 einen solchen Antrag gestellt, der bis heute nicht erledigt sei. Obwohl das Agrarverfahren ein Mehrparteienverfahren sei, werde es "in menschenrechtswidriger Weise" mit Teilbescheiden erledigt. Der heutige vorläufige Eigentümer der betroffenen Altgrundstücke, der "bezeichnender Weise" auch Obmann des Zusammenlegungsausschusses sei, habe durch die Zuteilung Grundstücke erhalten, die er jetzt für den Abbau von Sand und Schotter nütze, und sei dadurch erheblich besser gestellt worden, als er es nach der Qualität seiner eingebrachten Grundstücke hätte sein dürfen. Im § 19 Abs. 1 FLG heiße es, dass Bodenwertänderungen, die durch gemeinsame Maßnahmen und Anlagen oder durch geplante Kulturumwandlungen verursacht worden seien, durch eine Nachbewertung zu ermitteln seien. Im vorliegenden Fall habe der Landeshauptmann von Niederösterreich einer Kulturumwandlung zugestimmt. Die landwirtschaftlichen Grundstücke, die vormals zur Pflanzenerzeugung verwendet worden seien, seien nun "für andere Zwecke genehmigt" worden. Sowohl die zuständige Wasserrechtsbehörde als auch die Agrarbehörde hätten der Kulturumwandlung, nämlich der Gewinnung von Steinen, Sand und Schotter, ausdrücklich zugestimmt. Ein Versagungsbescheid der Agrarbehörde sei nicht ergangen. Es hätte daher eine Nachbewertung nach § 19 FLG stattfinden müssen, wenn nicht die Behörde gemäß § 18 FLG ohnedies die Wertfeststellung treffe oder aber nach § 113 FLG die Umwidmung bewillige.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 17 Abs. 1 FLG in seiner im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. 6650-4 hat jede Partei, deren Grundstücke der Zusammenlegung unterzogen werden, Anspruch, nach Maßgabe der Bestimmungen der Abs. 2 bis 8 mit dem gemäß § 11 Abs. 1 bis 6 ermittelten Wert ihrer dem Verfahren unterzogenen Grundstücke mit Grundstücken von tunlichst gleicher Beschaffenheit abgefunden zu werden. Hiebei ist insbesondere auf die speziellen Verhältnisse der einzelnen alten Grundstücke und der Abfindungen, z. B. auf Bodenart, Hanglage, Wasserhaushalt oder Eignung für bestimmte Kulturen, entsprechend Bedacht zu nehmen. Miteigentümern steht ein gemeinsamer Abfindungsanspruch zu.

Nach § 17 Abs. 7 leg. cit. hat der Wert der gesamten Grundabfindung mit dem nach Abs. 6 errechneten Abfindungsanspruch mit angemessener Genauigkeit überein zu stimmen. Soweit es den Zweck des Verfahrens dient, insbesondere

a) der Schaffung möglichst günstiger Begrenzungen der Abfindungsgrundstücke,

b) der Aufbringung von Grundflächen für Maßnahmen im allgemeinen öffentlichen Interesse (§ 15) oder

c) der Vermeidung kostspieliger Änderungen der bereits ermittelten und abgesteckten neuen Flureinteilung im Zusammenhang mit einer Neubewertung (§ 12 Abs. 3), Nachbewertung (§ 19) oder Planänderung im Berufungsverfahren,

darf der Unterschied zwischen dem Wert der Grundabfindung und dem nach Abs. 6 errechneten Abfindungsanspruch bis 5 v.H. des Wertes des gemäß Abs. 6 lit. a ermittelten Abfindungsanspruches betragen. Der Unterschied ist in Geld auszugleichen. Zusätzlich können Wertänderungen nach § 12 Abs. 3 in Geld ausgeglichen werden.

Soweit es mit den Zielen der Zusammenlegung bei Abwägung der Interessen aller Parteien untereinander vereinbar ist, haben die Grundabfindungen nach § 17 Abs. 8 FLG aus Grundflächen zu bestehen, die eine günstige Form und Größe aufweisen und ausreichend erschlossen sind. Die gesamte Grundabfindung einer Partei hat in Art und Bewirtschaftungsmöglichkeit den in das Verfahren einbezogenen Grundstücken der Partei unter Bedachtnahme auf die gemäß § 10 Abs. 5 erhobenen Verhältnisse weitgehend zu entsprechen und bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung ohne erhebliche Änderung der Art und Einrichtung des Betriebes einen größeren oder zumindest gleichen Betriebserfolg wie die in das Verfahren einbezogenen Grundstücke zu ermöglichen. Unter Berücksichtigung der Grundaufbringung gemäß § 13 Abs. 2 hat das Verhältnis zwischen Flächenausmaß und Wert der gesamten Grundabfindungen einer Partei dem Verhältnis zwischen Flächenausmaß und Wert der gesamten in das Verfahren einbezogenen Grundstücke der Partei möglichst zu entsprechen. Unvermeidliche Abweichungen sind bis einschließlich 10 v.H. dieses Verhältnisses zulässig, wenn dadurch, unter Bedachtnahme auf die Interessen der Parteien, ein größerer Zusammenlegungserfolg, eine bessere Ausformung oder sonstige Vorteile, wie beispielsweise Verkürzung der Entfernung von der Hofstelle, erzielt werden können. Eine Abweichung über 10 v.H. dieses Verhältnisses ist nur zulässig, wenn sich die Partei damit schriftlich einverstanden erklärt und hiedurch bei den übrigen Parteien keine Abweichung über den angeführten Hundertsatz eintritt. Grundabfindungen, die eine vollständige Umstellung des Wirtschaftsbetriebes zur Folge hätten, dürfen nur mit Zustimmung der Partei zugeteilt werden.

Nach § 18 Abs. 1 FLG sind land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke oder Teile von solchen, die infolge ihrer besonderen Eignung für Spezialkulturen oder andere Zwecke als der Erzeugung von Pflanzen einen besonderen Wert haben, ihrem Eigentümer wieder zuzuweisen oder unter Bedachtnahme auf ihren Verkehrswert und die Erfordernisse des Wirtschaftsbetriebes ihres Eigentümers durch gleichartige zu ersetzen. Hiezu gehören insbesondere:

...

f) für die Gewinnung von Steinen, Sand, Schotter oder Torf verwendete Grundflächen.

Nach § 18 Abs. 4 FLG sind die Parteien von der Behörde vor Erlassung des Bewertungsplanes aufzufordern, bei sonstiger Nichtberücksichtigung innerhalb einer Frist von vier Wochen, entsprechend begründete Anträge auf Anerkennung gewisser im Zusammenlegungsgebiet liegender Grundstücke bzw. Grundstücksteile als solche mit besonderem Wert zu stellen. Die Behörde hat hierüber bescheidmäßig abzusprechen und zutreffendenfalls diese Grundstücke oder Grundstücksteile im Bewertungsplan entsprechend zu kennzeichnen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Feststellung der im § 18 Abs. 4 FLG vorgesehenen Art nur vor, aber nicht mehr nach Rechtskraft des Bewertungsplanes möglich, sodass die Frage der Eigenschaft eines der Zusammenlegung unterzogenen Grundstückes als ein solches von besonderem Wert im Sinne des § 18 Abs. 1 FLG nach Rechtskraft des Bewertungsplanes nicht mehr geprüft werden darf (siehe hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. Oktober 1997, 97/07/0058, vom 4. April 1989, 85/07/0025, vom 25. September 1986, 85/07/0254, und ebenfalls vom 25. September 1986, 86/07/0050). Dass der Bewertungsplan im vorliegenden Fall nicht als rechtskräftig angesehen werden könne, wie die Beschwerdeführerin meint, weil er gemäß § 12 Abs. 5 FLG bis zur Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leide, wenn die Bewertung eines Grundstückes unrichtig sei, was vorliegendenfalls zutreffe, ist eine verfehlte Rechtsauffassung. Selbst wenn der Bewertungsplan aus dem von der Beschwerdeführerin gesehenen Grund der Gefahr einer Nichtigerklärung nach der von ihr ins Treffen geführten Gesetzesstelle ausgesetzt wäre, könnte dies vor der Rechtswirksamkeit einer bescheidmäßigen Behebung des Bewertungsplanes aus diesem Grund, auf welche ein Rechtsanspruch einer Partei aber nicht besteht (siehe etwa die hg. Erkenntnisse zur gleich gestalteten Rechtslage nach dem Burgenländischen Flurverfassungs-Landesgesetz, LGBl. Nr.40/1970, vom 21. Jänner 2003, 2002/07/0121, vom 14. Mai 1997, 94/07/0144, und vom 16. November 1995, 93/07/0139), das Vorliegen der Rechtskraft des Bewertungsplanes noch nicht berühren. Der Feststellung des seinerzeitigen Eintrittes der Rechtskraft des Bewertungsplanes im Oktober 1986 durch die belangte Behörde tritt die Beschwerdeführerin nicht entgegen. Ein von ihr am 22. November 1996 gestellter und ihrer Behauptung zufolge unerledigt gebliebener Antrag nach § 18 Abs. 4 FLG konnte bei aufrechter Rechtskraft des Bewertungsplanes das von der Beschwerdeführerin gewünschte Ergebnis in keinem Fall bewirken.

Fehl geht die Berufung der Beschwerdeführerin auf den Tatbestand der Nachbewertung im Sinne des § 19 Abs. 1 FLG. Aus dieser Gesetzesbestimmung ließ sich für den Standpunkt der Beschwerdeführerin von vornherein nichts gewinnen. § 19 FLG ist nämlich mit "Bewertung der Abfindungen; Nachbewertung" überschrieben und regelt in seinem Abs. 1, dass der Bewertung der Abfindungen die Ergebnisse der Bewertung gemäß § 11 Abs. 1 bis 6 und § 12 Abs. 3 zu Grunde zu legen sind. Im zweiten Satz des § 19 Abs. 1 FLG heißt es, dass Bodenwertänderungen, die durch gemeinsame Maßnahmen oder Anlagen oder durch geplante Kulturumwandlungen verursacht werden, durch eine Nachbewertung zu ermitteln sind. Diese Vorschrift handelt somit ausschließlich von der Änderung des Bodenwertes bereits zugewiesener Abfindungen und berührt damit nicht die für das von der Beschwerdeführerin verfolgte Interesse allein bedeutsame Frage der Änderung der Bewertung der eingebrachten, der Zusammenlegung unterzogenen Grundstücke. Diese Frage ist im § 12 Abs. 3 FLG dahin geregelt, dass dann, wenn Wertvermehrungen oder Wertverminderungen durch Elementarereignisse nach der Bewertung, jedoch vor der Übernahme der Abfindung eintreten, von Amts wegen für die betroffenen Grundstücke eine Neubewertung durchzuführen ist. Eine solche Neubewertung kam aber gesetzlich nach der Übernahme der Abfindungen, worunter nach zutreffender Auffassung der belangten Behörde die vorläufige Übernahme nach § 22 FLG verstanden werden muss (siehe hiezu das zur vergleichbar gestalteten Rechtslage nach dem Tiroler Ausführungsgesetz ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1995, G 27/94 ff, ebenso wie die hg. Erkenntnisse vom 28. Februar 1996, 95/07/0225, und vom 21. Mai 1996, 95/07/0226), die im Beschwerdefall unbestritten am 13. November 1986 verfügt worden war, nicht in Betracht. An den der Beschwerdeführerin zugewiesenen Abfindungsgrundstücken sind Bodenwertänderungen im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 FLG nicht eingetreten. Ein Rechtsanspruch auf eine Nachbewertung anderer als der eigenen Abfindungsgrundstücke nach § 19 Abs. 1 FLG ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, wie der Beschwerdeführerin auch keine Ingerenz darauf zukommt, ob die Agrarbehörde einer anderen Partei als ihr, nämlich dem seit der vorläufigen Übernahme der Grundabfindungen auflösend bedingten Eigentümer ihrer Altgrundstücke Genehmigungen welcher Art auch immer erteilt oder versagt.

Ein inhaltlich außerhalb der Frage des Wertes der von der Beschwerdeführerin eingebrachten und nunmehr vom neuen Eigentümer zu Abbauzwecken benützten Grundflächen liegendes Sachvorbringen zur Frage der Gesetzmäßigkeit der ihr zugewiesenen Abfindung hat die Beschwerdeführerin weder vor der belangten Behörde noch vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattet. Der von der Beschwerdeführerin ansatzweise unternommene Versuch, die ihr einzig wichtige Frage des nunmehrigen Wertes ihrer Altgrundstücke als Problem der tunlichst gleichen Beschaffenheit von Abfindungsflächen im Sinne des § 17 Abs. 1 FLG zu etikettieren, muss an der Unzulässigkeit des damit unternommenen Versuches scheitern, im Wege der Bekämpfung des Zusammenlegungsplanes rechtskräftig entschiedene Bewertungsfragen neuerlich aufzurollen (siehe etwa das zur vergleichbaren Rechtslage nach dem Steiermärkischen Zusammenlegungsgesetz, LGBl. Nr.82, ergangene hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2002, 2002/07/0101).

Die von der Beschwerdeführerin erhobene Verfahrensrüge des Unterbleibens einer Auseinandersetzung mit den von ihr vorgetragenen Argumenten ist nicht begründet, weil die belangte Behörde der Beschwerdeführerin im angefochtenen Bescheid eingehend auseinander gesetzt hat, aus welchen rechtlichen Gründen dem von ihr verfolgten Anliegen kein Erfolg beschieden sein konnte.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin über die Eigenschaft des Zusammenlegungsverfahrens als eines Mehrparteienverfahrens und den von ihr daraus abgeleiteten Forderungen muss es genügen, auf die hg. Erkenntnisse vom 12. Oktober 1993, 93/07/0062, und vom 16. September 1999, 96/07/0218, zu verweisen.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, wobei der Verwaltungsgerichtshof von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen hat. Art. 6 Abs. 1 EMRK stand dem nicht entgegen, weil die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren schon Gelegenheit hatte, ihren Standpunkt zwei als Tribunal ausgestatteten Behörden (siehe hiezu die Hinweise im hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, 93/07/0140) vorzutragen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 3. Juli 2003

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1999070132.X00

Im RIS seit

29.07.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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