Index
L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauG Stmk 1995 §4 Z56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde 1. der MG und 2. des RG, beide in G, beide vertreten durch Poschinger - Taucher - Berchtold, Rechtsanwaltsgemeinschaft in 8010 Graz, Burggasse 12/IV, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 12. März 2001, Zl. A 17 - 1643/2000-1, betreffend Versagung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz wurde das Ansuchen der Beschwerdeführer auf baubehördliche Genehmigung der Errichtung eines Einfamilienhauses mit Autoabstellplatz und Stützmauer auf den Grundstücken Nr. 315/4 und 315/1, EZ. 541, KG R, gemäß § 29 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 i.V.m. § 25 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Bauplatz, auf dem das Einfamilienwohnhaus mit Autoabstellplatz und Stützmauer bewilligt werden solle, im 2.0 Flächenwidmungsplan 1992 als Freiland mit teilweiser Waldnutzung ausgewiesen sei. Nachdem das eingereichte Projekt gemäß § 25 Abs. 3 Stmk ROG 1974 nicht im Freiland errichtet werden könne, sondern nur in jenen Gebieten, die nach dem Flächenwidmungsplan als Bauland ausgewiesen seien, sei das Ansuchen abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung, die sie im Wesentlichen damit begründeten, der Stadtsenat habe außer Acht gelassen, dass der Landeshauptmann für Steiermark mit Berufungsbescheid vom 4. Oktober 2000 gemäß § 5 des Forstgesetzes 1975 festgestellt habe, dass eine etwa 160 m2 große Teilfläche des Grundstückes Nr. 315/1, KG R, nicht Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975 sei. Auch habe die erstinstanzliche Behörde den Bauantrag der Beschwerdeführer wie ein Neuansuchen behandelt, ohne den Vorakten zu entnehmen, dass bereits mit Bescheid des Magistrates Graz, Baurechtsamt, vom 26. Juni 1971 für das Grundstück 315/4 und eine Teilfläche des Grundstücks 315/1, somit für die idente Baufläche wie für das vorliegende Vorhaben, eine rechtskräftige Widmungsbewilligung für Bauzwecke gemäß dem eingereichten Plan erteilt worden sei. Den Voreigentümern der Beschwerdeführer sei im Jahr 1973 die Baubewilligung betreffend ein zum Teil zweigeschoßiges Wohngebäude mit einer Wohnung und einer angebauten Kleingarage erteilt worden, sie hätten sodann mit der Errichtung der Fundamente begonnen und diese auch tatsächlich hergestellt. Sowohl die Widmungsbewilligung als auch die Baubewilligung aus dem Jahr 1973 seien nach wie vor aufrecht, insoferne wiesen die Beschwerdeführer auf § 119 des Steiermärkischen Baugesetzes hin. Die erteilte Baubewilligung sei keinesfalls aus dem Rechtsbestand ausgeschieden. Es stehe einem Bauwerber jederzeit offen, auf eine seinerzeitige Baubewilligung zurückzugreifen und deren Änderung durchzuführen "bzw. anzupassen". Im vorliegenden Fall sei Gegenstand des Antrages der Beschwerdeführer lediglich eine Projektsänderung gewesen, nämlich die Verminderung des Bauvolumens auf das nunmehr eingereichte Projekt. Schließlich seien auch nach § 25 Abs. 2 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 Umbauten im Zuge der Durchführung des ursprünglichen Projektes zulässig.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 12. März 2001 wurde der Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und der Bescheid der Behörde erster Instanz bestätigt. Dies wurde im Wesentlichen nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen damit begründet, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben um ein Ansuchen um (nachträgliche) Bewilligung eines Einfamilienwohnhauses mit Abstellplatz und Stützmauer auf den Grundstücken Nr. 315/1 und 315/4, KG R, handle. Die beiden genannten Grundstücke seien im 2.0 Flächenwidmungsplan 1992 der Landeshauptstadt Graz als Freiland-Wald ausgewiesen. Im vorliegenden Fall liege weder ein Neubau für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb noch für eine Sondernutzung vor. Eine frühere Widmungsbewilligung könne nicht mehr ausgenutzt werden.
Zum Berufungsvorbringen, dass eine 160 m2 große Teilfläche des Grundstücks Nr. 315/1 auf Grund einer Entscheidung des Landeshauptmanns von Steiermark vom 4. Oktober 2000 nicht mehr als Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975 anzusehen sei, sei zu bemerken, dass der Wegfall der Waldeigenschaft eines Grundstücks im Sinne des Forstgesetzes 1975 nichts daran ändere, dass dieses Grundstück auf Grund der Generalklausel des § 25 Abs. 1 ROG, nicht als Bauland oder Verkehrsfläche festgelegt sei, und somit zum Freiland gehöre.
Zum Berufungsvorbringen, dass das gegenständliche Bauansuchen nicht als Neuansuchen hätte behandelt werden dürfen, sondern es hätte berücksichtigt werden müssen, dass bereits Genehmigungen zur Errichtung eines Wohnhauses sowohl aus dem Jahr 1973 als auch darauf abbauend aus dem Jahr 1999 vorlägen, sei festzustellen, dass die von den Beschwerdeführern aufgeworfenen Fragen, ob schon Bewilligungen für die Errichtung eines Wohnhauses vorlägen und ob bereits mit der Errichtung des Gebäudes begonnen wurde oder nicht, das baupolizeiliche Auftragsverfahren beträfen und nicht das gegenständliche Verfahren, in welchem seitens der Beschwerdeführer um die Erteilung eben dieser Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses mit Abstellplatz und Stützmauer angesucht worden sei. Zwar liege für das Grundstück Nr. 315/1 und 315/4 der KG R eine Baubewilligung vom 12. Februar 1971 vor, die auch durch die Errichtung von Fundamentteilen konsumiert worden sei und noch in Geltung sei und darauf aufbauend eine Bewilligung vom 21. Jänner 1999, bestehend aus einer Planabweichung gegenüber der ursprünglich erteilten Genehmigung.
Die Erteilung einer zweiten Baubewilligung für ein und dasselbe Grundstück bedeute auch nicht die Außerkraftsetzung der zuerst erteilten Baubewilligung, da es mangels einer gesetzlichen Beschränkung einem Bauwerber frei stehe, für ein Grundstück mehrere Baubewilligungen zu erwirken. Die Entscheidung des Bauwerbers für eine dieser Baubewilligungen bedeute allerdings, dass das Bauvorhaben entsprechend der in Anspruch genommenen Bewilligung durchzuführen sei und die restlichen bestehenden Baubewilligungen nicht mehr in Anspruch genommen werden könnten. Die gleichzeitige Inanspruchnahme von mehreren Baubewilligungen für ein und dasselbe Grundstück sei nicht zulässig. Maßgeblich für den Inhalt einer Baubewilligung sei der Text des Bescheides im Zusammenhang mit den Bauplänen und der Baubeschreibung. Jede Baubewilligung werde für ein durch seine Lage bestimmtes Bauvorhaben erteilt. Ein Gebäude sei an jener Stelle zu errichten, an welcher es baubehördlich bewilligt wurde, eine Verschiebung um mehrere Meter und eine Verdrehung des Baukörpers könnten nicht als eine Planabweichung beurteilt werden.
Weder die Behörde erster Instanz habe dahingehend argumentiert noch die belangte Behörde argumentiere damit, dass die mit Bescheid vom 30. März 1973 erteilte Baubewilligung erloschen wäre. Vielmehr sei wiederholt ausgeführt worden, dass die teilweise Errichtung der Fundamente, fußend auf der Baubewilligung aus dem Jahr 1971, als Baubeginn anzusehen sei. Nur weiche das in der Natur bereits errichtete Wohnhaus auf Grund der geänderten Situierung von eben dieser genannten Baubewilligung ab, sodass von den Beschwerdeführern ein neues Bauansuchen eingereicht worden sei. Auf Grund der geänderten Situierung und der Drehung des Einfamilienwohnhauses gegenüber der ursprünglichen Baubewilligung bestehe kein Zusammenhang mit dieser, sodass das Bauansuchen zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit Autoabstellplatz und Stützmauer als neues Bauansuchen, welches allerdings auf Grund der Lage der Grundstücke im Freiland-Wald nicht genehmigungsfähig sei, zu werten sei.
Zum Berufungsvorbringen, dass gemäß § 25 Abs. 2 Z. 2 ROG Umbauten vorgenommen werden könnten, sei festzustellen, dass im Hinblick auf die geänderte Situierung und Verdrehung des Wohnhauses zweifelsfrei eine Änderung der äußeren Abmessungen vorliege, sodass schon begrifflich von keinem Umbau im Sinn des § 4 Z. 56 BauG gesprochen werden könne.
Auch sei die Bestimmung des § 25 Abs. 4 Z. 2 ROG nicht anwendbar, weil Zubauten nach dieser Bestimmung nur dann zulässig seien, wenn ein Gebäude bereits bestehe; im vorliegenden Fall seien aber nur Fundamentteile des ursprünglichen Kellers als Altbestand anzusehen. Auch der letzte Satz des § 25 Abs. 4 Z. 2 ROG komme nicht zur Anwendung, weil auf Grund der geänderten Situierung und Verdrehung des Einfamilienwohnhauses nicht mehr vom selben Standort gesprochen werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unbestritten liegen die verfahrensgegenständlichen Grundstücke nach dem anzuwendenden Flächenwidmungsplan im Freiland. Auch der von den Beschwerdeführern im Verwaltungsverfahren ins Treffen geführte Bescheid nach dem Forstgesetz 1975 kann daran nichts ändern, weil er die getroffene Flächenwidmung nicht berührt.
Zwischen den Parteien des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof ist auch nicht bestritten, dass für die verfahrensgegenständlichen Grundstücke eine Baubewilligung besteht, die durch die Errichtung von Fundamentteilen konsumiert wurde und noch in Geltung ist.
Die Beschwerdeführer halten den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil die belangte Behörde verkannt habe, dass es sich bei dem von ihnen gestellten Bauansuchen in Wahrheit nicht um ein Neuansuchen gehandelt habe. Sie hätte das Ansuchen im Sinn einer Planänderung deuten müssen und auf Grund der "reinen Drehung" des gegenständlichen Projekts zum Ergebnis gelangen müssen, dass es aufbauend auf der ursprünglichen Baubewilligung zu dem von ihren Rechtsvorgängern beantragten und baubehördlich genehmigten Projekt genehmigungsfähig sei. Bei einer solchen Beurteilung sei es irrelevant gewesen, ob die gegenständliche Baufläche nunmehr als Freiland ausgewiesen sei, da es nur auf die Genehmigungsfähigkeit des Bauwerkes im Sinne des BauG gemäß § 119 leg. cit. ankomme. Eine Drehung eines Hauses könne jedenfalls nicht als Neuansuchen bewertet werden.
Die Beschwerdeführer werfen der belangten Behörde vor, sie habe keine Erhebungen zur Frage durchgeführt, ob bereits eine Baubewilligung für das gegenständliche Projekt bestehe bzw. ob der gegenständliche Antrag möglicherweise als Planänderungsantrag zu werten sei. Unter Berücksichtigung ihrer Anleitungspflicht hätte sie die Beschwerdeführer darauf aufmerksam machen müssen, dass sie an Stelle eines Neuansuchens ein Planänderungsansuchen im Sinne des ursprünglichen Bauplanes hätten stellen können bzw. sollen.
Mit diesem Vorbringen zeigen die Beschwerdeführer im Ergebnis keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Gemäß § 25 Abs. 3 Z. 2 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 - ROG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 59/1995 dürfen im Freiland Umbauten und gemäß § 25 Abs. 4 Z. 2 ROG dürfen Zubauten bei rechtmäßig bestehenden baulichen Anlagen - jeweils unter den in diesen Bestimmungen näher angeführten Voraussetzungen - bewilligt werden.
Gemäß § 4 Z. 56 des Steiermärkischen Baugesetzes - BauG, LGBl. Nr. 59/1995, ist unter dem Begriff "Umbau" "die Umgestaltung des Inneren oder Äußeren einer bestehenden baulichen Anlage, die die äußeren Abmessungen nicht verändert, jedoch geeignet ist, die öffentlichen Interessen zu berühren (z.B. Brandschutz, Standsicherheit, äußeres Erscheinungsbild), bei überwiegender Erhaltung der Bausubstanz" zu verstehen.
Nach § 4 Z. 61 leg. cit. ist ein "Zubau" die Vergrößerung einer bestehenden baulichen Anlage der Höhe, Länge oder Breite nach bis zur Verdoppelung der bisherigen Geschossflächen.
Zwar ist, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. Mai 2001, Zl. 99/06/0041, näher ausgeführt hat, nicht ausgeschlossen, dass ein Zubau auch schon zu einem Zeitpunkt genehmigt werden kann, in dem das "ursprüngliche" Projekt noch nicht ausgeführt ist, weil es nicht sachgerecht erscheint, die Möglichkeit zur Erteilung einer Bewilligung für einen Zubau zu einem bewilligten und jederzeit verwirklichbaren Projekt von dessen Verwirklichung abhängig zu machen. Gleiche Erwägungen müssen aus denselben Gründen auch für einen Umbau i.S.d. § 4 Z. 56 BauG und § 25 Abs. 3 Z. 2 ROG gelten.
In dem in den Akten des Verwaltungsverfahrens für das gegenständliche Vorhaben von den Beschwerdeführern eingereichten Lageplan ist die Situierung einer "Altplanung Jahr 1971 Familie E" und einer "LAGE-Einreichung 1998" kenntlich gemacht. Daraus ist zu ersehen, dass das von den Beschwerdeführern beantragte Haus zumindest etwa 2,5 m im Ost-Nord-Osten von der Situierung eines in den Umrissen ähnlichen, als "LAGE-Einreichung 1998" gekennzeichneten Objektes errichtet und demgegenüber etwa 30 Grad gegen den Uhrzeigersinn gedreht werden soll. Gegenüber der "Altplanung Jahr 1971 Familie E" sieht das von den Beschwerdeführern eingereichte Projekt noch eine wesentlich größere Verschiebung nach Ost-Nord-Osten und auch eine Verkleinerung vor. Der belangten Behörde kann bei dieser - derart von den Beschwerdeführern selbst in ihrem Bauansuchen dargestellten - Sachlage im Ergebnis kein Vorwurf gemacht werden, wenn sie deren Vorhaben gegenüber einem rechtskräftig genehmigten Gebäude als ein anderes Projekt, ein aliud, und nicht als geplanten Zu- und Umbau qualifiziert hat, zumal von einem Umbau einer baulichen Anlage im Sinne des § 4 Z. 56 BauG, nur dann gesprochen werden kann, wenn die äußeren Abmessungen nicht verändert werden.
Nach dem Gesagten war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.
Wien, am 11. Juli 2003
Schlagworte
Planung Widmung BauRallg3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001060045.X00Im RIS seit
13.08.2003