RS OGH 1982/11/4 12Os145/81, 13Os56/83, 13Os170/83, 13Os15/84, 9Os131/85, 13Os162/87, 13Os153/87, 12

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 04.11.1982
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Norm

StGB §224
StGB §228
StGB §311

Rechtssatz

1.) Nicht jede von einem Beamten amtlich ausgestellte Urkunde ist eine "öffentliche" im Sinne §§ 224, 228, 311 StGB, sondern nur eine solche, der ihrer Art, ihrem Inhalt und ihrer (spezifischen) rechtlichen Zweckbestimmung nach eben deswegen, weil sie von einem Beamten kraft Amts ausgestellt wurde, erhöhte Bestandsgarantie (Beweisgarantie) zukommt.

2.) Für die Beurteilung einer Urkunde als "öffentliche" kommt es (abgesehen von einer ausdrücklichen Erklärung des Gesetzgebers) nicht allein auf formelle, in der rechtlichen Beschaffenheit des Ausstellers gelegene Kriterien an, sondern darüber hinaus auf die inhaltlich-materielle Bedeutung dessen, was beurkundet wird; erst darin liegt der Grund für den besonderen strafrechtlichen Schutz.

Entscheidungstexte

  • 12 Os 145/81
    Entscheidungstext OGH 04.11.1982 12 Os 145/81
    Veröff: EvBl 1983/79 S 302 = SSt 53/68 = JBl 1983,386 (mit zustimmender Anmerkung von Kienapfel) = RZ 1983/25 S 73
  • 13 Os 56/83
    Entscheidungstext OGH 22.09.1983 13 Os 56/83
    Beisatz: Urkunden die im Rahmen der Hoheitsverwaltung nicht primär für den Verkehr nach außen, sondern bloß zur gegenseitigen Information amtlicher Stellen bestimmt sind, sind zwar amtliche, nicht aber öffentliche Urkunden im Sinne des Strafgesetzbuches (hier: Aktenvermerk eines Betriebsprüfers - § 89 BAO). (T1)
  • 13 Os 170/83
    Entscheidungstext OGH 12.01.1984 13 Os 170/83
    nur: Für die Beurteilung einer Urkunde als "öffentliche" kommt es (abgesehen von einer ausdrücklichen Erklärung des Gesetzgebers) nicht allein auf formelle, in der rechtlichen Beschaffenheit des Ausstellers gelegene Kriterien an, sondern darüber hinaus auf die inhaltlich-materielle Bedeutung dessen, was beurkundet wird; erst darin liegt der Grund für den besonderen strafrechtlichen Schutz. (T2)
    Beis wie T1
  • 13 Os 15/84
    Entscheidungstext OGH 23.05.1984 13 Os 15/84
    Vgl auch; Beisatz: Abgrenzung der Hoheitsverwaltung von der Wirtschaftsverwaltung auf grund materiell-inhaltlicher Merkmale bei jedem einzelnen Vollzugsakt. (T3)
    Veröff: EvBl 1985/42 S 188 = SSt 55/34 = JBl 1985,55 (Anmerkung Liebscher) = RZ 1984/97 S 284 (Anmerkung Kienapfel)
  • 9 Os 131/85
    Entscheidungstext OGH 11.12.1985 9 Os 131/85
    Beisatz: Urkunden, die zwar von einem Beamten errichtet werden, aber in gleicher oder ähnlicher Weise im privaten Rechtsverkehr auch von einem Nichtbeamten ausgestellt werden, sind deshalb keine öffentlichen Urkunden in strafrechtlichen Sinn. (T4)
    Veröff: EvBl 1986/124 S 472 = SSt 56/98
  • 13 Os 162/87
    Entscheidungstext OGH 19.11.1987 13 Os 162/87
  • 13 Os 153/87
    Entscheidungstext OGH 19.11.1987 13 Os 153/87
  • 12 Os 160/86
    Entscheidungstext OGH 10.12.1987 12 Os 160/86
    Beisatz: Ergibt sich daraus - und nicht etwa bloß aus der Vergleichbarkeit des äußeren Beurkundungsvorgangs - eine Urkundenfunktion als Ausdruck staatlicher Autorität, welche größeres Vertrauen der Allgemeinheit auf die Echtheit und die inhaltliche Richtigkeit bewirkt, so liegt eine mit Anspruch auf erhöhten Echtheitsschutz und strafrechtlichen Wahrheitsschutz versehene öffentliche Urkunde vor. (T5)
    Veröff: SSt 58/86
  • 15 Os 105/87
    Entscheidungstext OGH 06.11.1987 15 Os 105/87
    nur: Nicht jede von einem Beamten amtlich ausgestellte Urkunde ist eine "öffentliche" im Sinne §§ 224, 228, 311 StGB, sondern nur eine solche, der ihrer Art, ihrem Inhalt und ihrer (spezifischen) rechtlichen Zweckbestimmung nach eben deswegen, weil sie von einem Beamten kraft Amts ausgestellt wurde, erhöhte Bestandsgarantie (Beweisgarantie) zukommt. (T6)
    Beisatz: Im Einzelfall kann auch bei nur für den dienstinternen Bereich bestimmten Urkunden ein qualifizierter strafrechtlicher Echtheitsschutz und Wahrheitsschutz bestehen. (T7)
  • 13 Os 24/88
    Entscheidungstext OGH 03.03.1988 13 Os 24/88
    Vgl auch
  • 14 Os 119/90
    Entscheidungstext OGH 12.03.1991 14 Os 119/90
    Vgl auch; nur T6
  • 13 Os 130/90
    Entscheidungstext OGH 04.09.1991 13 Os 130/90
    Beisatz: Eine bloß der internen Abrechnung dienenden Überstundenliste ist keine öffentliche Urkunde. (T8)
  • 12 Os 123/94
    Entscheidungstext OGH 10.11.1994 12 Os 123/94
    nur T6
  • 14 Os 183/94
    Entscheidungstext OGH 10.01.1995 14 Os 183/94
    Beis wie T5
  • 11 Os 43/95
    Entscheidungstext OGH 20.06.1995 11 Os 43/95
  • 13 Os 31/03
    Entscheidungstext OGH 30.04.2003 13 Os 31/03
    nur T6; Beisatz: Dient eine Äußerung der Gemeinde der Prüfung und Abwägung einander widerstreitender öffentlicher Interessen (hier nach dem Krnt NaturschutzG), so kann sie nicht als Ausübung bloßer Privatwirtschaftsverwaltung angesehen werden; das Anhörungsrecht der Gemeinde ist sohin hoheitlicher Natur. Einer Bestätigung des Bürgermeisters als des zur Vertretung der Gemeinde nach außen befugten Beamten kommt nach Art und Inhalt eine wesentlich höhere (Echtheits- und) Beweisgarantie zu als einer gleichartigen Privaturkunde. (T9)
  • 17 Os 8/13z
    Entscheidungstext OGH 30.09.2013 17 Os 8/13z
    Vgl; Beisatz: Unter einer öffentlichen Urkunde im Sinn des § 311 StGB sind nur mit qualifizierter Beweiskraft ausgestattete Urkunden zu verstehen, die ein Beamter innerhalb seiner Amtsbefugnisse oder eine mit öffentlichem Glauben versehene Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form errichtet hat. Die Urkunde muss dabei für den Verkehr nach außen bestimmt sein und dem Zweck dienen, volle Beweiskraft für und gegen jedermann zu erbringen. Dagegen sind von Beamten (sogar) im Rahmen der Hoheitsverwaltung ausgestellte Urkunden dann keine öffentlichen Urkunden, wenn sie bloß der Ordnung, Erleichterung oder Kontrolle des inneren Dienstes, der gegenseitigen Information amtlicher Stellen oder der amtlichen Verlautbarung dienen, sich mithin nicht mit staatlicher Autorität nach außen wenden (sog „schlichte amtliche Urkunden“). Maßgebend ist stets der konkrete rechtliche Inhalt und die besondere rechtliche Zweckbestimmung der jeweiligen Urkunde. (T10)
    Beisatz: Da es sich beim Verständigungszettel „Lager Nr. 127“ (von straßenverkehrsrechtlicher Beanstandung) um eine in der Verwaltungsformularverordnung nicht geregelte Drucksorte handelt, der bloße Verständigungsfunktion zukommt, ist mangels umfassender Beweiswirkung von einer schlichten Amtsurkunde auszugehen. (T11)
  • 17 Os 2/14v
    Entscheidungstext OGH 12.05.2014 17 Os 2/14v
    Vgl; Beis ähnlich wie T10; Beisatz: Für die Annahme, dass die Ausstellung einer „Amtsbestätigung“ hinsichtlich des ladungsgemäßen „Erscheinens“ des Beschuldigten zu einer Verhandlung (§ 51e VStG idF vor BGBl I 2013/33) und des „Entlassungszeitpunkts“ zum hoheitlichen Aufgabenbereich des UVS Vorarlberg gehörte, geben weder das Gesetz noch die Verwaltungsformularverordnung BGBl II 1999/508 etwas her. (T12)
    Beisatz: Der Eingangsvermerk beweist bloß die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens behördlicher Eingaben, was bei fristgebundenen Eingaben die amtliche Überprüfung der Rechtzeitigkeit ermöglicht. Er richtete sich ? ungeachtet seiner besonderen Beweisfunktion ? nicht nach außen, sondern dient bloß amtlicher Information. Damit stellt er aber keine öffentliche Urkunde im Sinn der §§ 224, 311 StGB dar. (T13)
  • 11 Os 103/17g
    Entscheidungstext OGH 13.09.2017 11 Os 103/17g
    Auch; Beisatz: Sprachdiplome und Kurszeugnisse gemäß § 9b Abs 2 Z 4 NAG?DV zum Nachweis von Kenntnissen der deutschen Sprache iSd § 21a Abs 1 NAG sind nicht mit erhöhter Beweisgarantie ausgestattet, weil die Behörde bei Zweifeln über die geforderten Deutschkenntnisse weiterführende Ermittlungen anzustellen bzw den Drittstaatsangehörigen aufzufordern hat, zusätzliche Bescheinigungsmittel vorzulegen. (T14)
  • 14 Os 40/19t
    Entscheidungstext OGH 07.10.2019 14 Os 40/19t
    Vgl; Beisatz: Hier: Beim Protokoll über die Sitzung des Gemeindevorstands handelt es sich in Bezug auf den hier relevanten Sachverhalt um eine öffentliche Urkunde. Denn es wurde von Beamten im Rahmen ihrer Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form errichtet und betraf in der Beschlussfassung über die Besoldung in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis eine Angelegenheit der Hoheitsverwaltung. (T15)
  • 14 Os 23/20v
    Entscheidungstext OGH 29.04.2020 14 Os 23/20v
    Vgl; Beisatz: Eine Niederschrift gemäß § 85 NRWO (hier: iVm § 14 Abs 3 BPräsWG) ist eine öffentliche Urkunde. (T16)
  • 14 Os 48/20w
    Entscheidungstext OGH 09.06.2020 14 Os 48/20w
    Vgl; Beis wie T16

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:RS0095967

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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