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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
ABGB §1451;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Dr. Marlies Passow-Brunnbauer in Wien, vertreten durch Dr. Manfred Pilgerstorfer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Krugerstraße 8, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 13. Dezember 2000, Zl. MD-VfR-B III-3/2000, betreffend Erteilung eines Bauauftrages gemäß Art. III Bauordnung für Wien, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Beschluss des Wiener Stadtrates vom 16. Mai 1917 wurde den damaligen Miteigentümern der Liegenschaft EZ 908 des Grundbuchs Wien 3., KG Landstraße, "die politische Bewilligung erteilt, nach Übergabe der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Pläne, die Liegenschaft Einr. Nr. 908 des Grundbuchs des 3. Bezirkes, Katastralparzellen 734 und 735, auf drei Baustellenteile und Straßengrund abzuteilen".
Mit dem vom "Wiener Magistrat - Abteilung XIV im selbständigen Wirkungskreise" an das "Stadtbauamt" gerichteten Schreiben vom 4. Juni 1917 wurde ausgesprochen, dass die vorgenannte Abteilung als "Parzellierung im Sinne des § 3 lit. a der Wiener Bauordnung zu betrachten" ist und hiebei "nachstehende Bedingungen gestellt" werden:
"1. dass die zur Verlängerung der Pfarrhofgasse erforderlichen Grundteile in den Plänen gelb angelegt und als vorläufige Parzellen 735/4, 735/5, 735/6 und 734/2 abgezeichnet, gemäß §§ 10 und 13 der Bauordnung für Wien, sowie die vorläufige Katastralparzelle 734/4 in der richtigen Höhenlage an die Gemeinde Wien abgetreten und die gebühren- und lastenfreie Abschreibung dieser Grundteile als Straßengrund, sowie deren Übertragung in das Verzeichnis über öffentliches Gut, gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung dieser Grundabteilung, erwirkt werde, wogegen die Gemeinde Wien die Katastralparzelle 735/5, Einlagezahl 3532 des Grundbuches 3. Bezirk in das Verzeichnis des öffentlichen Gutes überträgt;
2. dass auch gleichzeitig die Verpflichtung, die nach Punkt 1. zu den Straßenanlagen abzuschreibenden Grundflächen, über jeweilige Verlangen der Gemeinde Wien, in den physischen Besitz dieser Gemeinde zu übergeben und vor der Übergabe, auf diesen Grundflächen die richtige Höhenlage herzustellen, auf den Einlagen der mitstehenden Baustellen und Baustellenteilen als Reallast zugunsten Gemeinde Wien grundbücherlich einverleibt werde;
3. dass der nach Maßgabe der genehmigten Baulinie der Landstraßer Hauptstraße entfallende Grund in den Plänen gelb angelegt und als vorläufige Katastralparzelle 734/3 bezeichnet, im Falle des Neubaus des auf der derzeitigen Katastralparzelle 734 befindlichen Hauses unentgeltlich in der richtigen Höhe an die Gemeinde abgetreten und die gebühren- und lastenfreie Abschreibung dieses Grundteiles als Straßengrund sowie dessen Übertragung in das Verzeichnis des öffentlichen Gutes erwirkt und dass diese Verpflichtung auf der Einlage der Baustelle 4 als Reallast zugunsten der Gemeinde einverleibt werde;
4. dass die auf der Katastralparzelle 735/4, 735/6, 734/2 und 734/4 bestehenden Baulichkeiten bis längstens 30. April 1918 abgetragen werden und dass diese Verpflichtung auf den Einlagen der durch Zuschreibung der Katastralparzelle 735/1 bzw. Katastralparzelle 735/2 und 735/3 ergänzten Baustellen unter Einlage der neu entstehenden Baustelle 4 als Reallast zugunsten der Gemeinde Wien grundbücherlich einverleibt werde.
Hievon wird das Stadtbauamt mit Bezug auf den Bericht vom 4.5.1917 Zl. 872/17 unter Anschluss eines Abteilungsplanes samt Tabelle verständigt."
Auf Grund der am 12. Jänner 1995 vom Magistrat der Stadt Wien, MA 28 Straßenverwaltung und Straßenbau, durchgeführten mündlichen Verhandlung mit dem Gegenstand "straßenmäßiger Ausbau der Pfarrhofgasse (Schulvorplatz) im 3. Bezirk. Erfüllung der Verpflichtung zur Herstellung der festgestellten Höhenlage und zur Straßengrundübergabe", bei welcher auch die Beschwerdeführerin durch ihren Rechtsvertreter teilgenommen hat, wurde vom Magistrat der Stadt Wien, MA 28, mit Bescheid vom 23. Februar 1995 Folgendes angeordnet:
"Gemäß § 17 Abs. 1 und 6 der Bauordnung für Wien wird entsprechend den im rechtskräftigen Abteilungsbescheid (pol. Bewilligung) vom 4. 6. 1917, Zl. MA XIV 954/17, unter Punkt 2 und 4 enthaltenen Verpflichtungen dem Eigentümer der Liegenschaft EZ. 908, Gste. 734/1 und 734/3, des Grundbuches der Kat. Gem. Landstraße der Auftrag erteilt, die vor dem Grundstück 734/1 im Zuge der Pfarrhofgasse gelegenen, anlässlich der mit obzitiertem rechtskräftigen Bescheid genehmigten Grundabteilungen in das öffentliche Gut übertragenen Grundstücke 734/2, 734/4, 735/4, 735/5 und 735/6, ÖG, KG. Landstraße, in dem Ausmaß und der richtigen Höhenlage, wie sie im beiliegenden Projektsplanausschnitt der MA 28 vom 20. 10. 1994, ZNR. 212/94, der einen Bestandteil des Bescheides bildet, festgesetzt sind (siehe gelbe Lasierung und rot ausgewiesene Höhenkoten) binnen einer Frist von 3 Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides in den Besitz der Gemeinde Wien (MA 28) vollkommen lastenfrei und geräumt zu übergeben. Bei der Entfernung der in diesem Bereich bestehenden Baulichkeiten und des stockenden Baumes sind die Bestimmungen des § 129a der Bauordnung für Wien und des Wiener Baumschutzgesetzes einzuhalten."
Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der Bauoberbehörde von Wien vom 29. August 1995 als unbegründet abgewiesen.
Mit hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, Zl. 97/05/0050, auf welches zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, wurde dieser Bescheid auf Grund einer Beschwerde der auch hier beschwerdeführenden Partei wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof ging in diesem Erkenntnis davon aus, dass § 17 der am 3. Mai 1930 in Kraft getretenen Bauordnung für Wien (BO) für bereits vor Wirksamkeit dieses Gesetzes ergangene Bescheide nicht gilt. Für Aufträge infolge einer "Parzellierung im Sinne des § 3 lit. a der Wiener Bauordnung" aus 1883 waren zufolge des bis zur Bauordnungsnovelle 1976 geltenden Art. III Abs. 7 BO die im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens geltenden Bestimmungen anzuwenden.
Mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. Februar 1998 wurde infolge Berufung der Beschwerdeführerin der auf § 17 Abs. 1 und 6 der Bauordnung für Wien gestützte obzitierte Bescheid der MA 28 vom 23. Februar 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben. In der Begründung führte die Bauoberbehörde aus, dass sie an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes gebunden sei. Da die Grundabtretung nicht auf einer Verpflichtung nach § 17 BO beruhe, sondern sich auf eine "politische Bewilligung" stütze, welche vor Inkrafttreten der Bauordnung für Wien vom 29. November 1995 ergangen sei, sei der Auftrag nach § 17 BO rechtswidrig.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 9. März 2000 wurde
"gemäß Art. III Abs. 2 und 3 der Bauordnung für Wien (BO) (...) auf Grund der im rechtskräftigen Abteilungsbescheid (politische Bewilligung) vom 4. 6. 1917, Zl.: MA XIV-954/17, unter Punkt 2 und 4 vorgeschriebenen Verpflichtungen dem Eigentümer der Liegenschaft EZ 908, Gste. 734/1 und 734/3, des Grundbuches der Kat. Gem. Landstraße folgender Auftrag erteilt:
Die vor dem Grundstück 734/1 im Zuge der Pfarrhofgasse gelegenen, anlässlich der mit obzitiertem rechtskräftigen Bescheid genehmigten Grundabteilung in das öffentliche Gut übertragenen Grundstücke 734/2, 734/4, 735/4, 735/5 und 735/6 der Kat. Gem. Landstraße sind in dem Ausmaß und der richtigen Höhenlage, wie diese durch gelbe Lasierung und rot ausgewiesene Höhenkoten im beiliegenden Projektsplanausschnitt der MA 28 vom 20.10.1994, ZNR. 212/94, der einen Bestandteil des Bescheides bildet, festgesetzt sind, binnen einer Frist von 6 (sechs) Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides lastenfrei und vollkommen geräumt in den Besitz der Gemeinde Wien (MA 28) zu übergeben."
In der Begründung wurde ausgeführt, die dem gegenständlichen Auftrag zugrunde liegende, auf § 3 lit. a sowie auf §§ 10 und 13 des Gesetzes vom 17. Jänner 1883, womit eine Bauordnung für die k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien erlassen wird, gestützte Abteilungsbewilligung (politische Bewilligung) des Wiener Magistrates vom 4. Juni 1917 sei unter anderem auf Grund des § 3 der Wiener Bauordnung 1883 mit der Auflage (Bedingung) verbunden, die als Straßengrund abzuschreibenden, im Spruch näher bezeichneten Grundstücke in das Verzeichnis des öffentlichen Gutes zu übertragen (Punkt 1) und über jeweiliges Verlangen der Gemeinde nach Herstellung der richtigen Höhenlage in deren physischen Besitz zu übertragen (Punkt 2). Punkt 4 der genannten Abteilungsbewilligung habe die Abtragung der auf diesen Grundstücken bestehenden Baulichkeiten bis längstens 30. April 1918 vorgesehen. In weiterer Folge sei auf Antrag der Abteilungswerber die Frist bis 30. November 1918 erstreckt worden. Die Abteilungsbewilligung sei im Jahre 1917 grundbücherlich durchgeführt und somit einschließlich der damit verbundenen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen in ihrer Rechtswirksamkeit perpetuiert worden. Anstelle des Landesgesetztes vom 17. Jänner 1883 sei die Bauordnung für Wien (BO) mit 3. Mai 1930 in Kraft getreten. Gemäß der Übergangsbestimmung (Art. III Abs. 2 BO) gelten Grundstücke, die nach den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen durch eine rechtswirksam gewordene behördliche Abteilungsbewilligung ausdrücklich zum Zwecke der Bebauung geschaffen worden seien, auch im Sinne dieses Gesetzes als Bauplätze. Des Weiteren hätten gemäß Art. III Abs. 3 die Bestimmungen des § 13 BO auf Abteilungen, die vor Wirksamkeit dieses Gesetzes bereits von den Grundbuchsgerichten bewilligt worden seien, keine Anwendung zu finden. Die zitierten Bestimmungen stellten klar, dass Bauplätze, die vor dem Inkrafttreten der BO als solche genehmigt worden seien, auch weiterhin als Bauplätze im Sinne der zur Zeit in Geltung stehenden BO anzusehen bzw. diesen gleich zu halten seien. Den Eigentümern dieser Liegenschaften kämen daher alle sich aus einem genehmigten Bauplatz nach den derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen ergebenden Rechtsvorteile zugute. Daraus folge andererseits aber auch, dass die mit rechtskräftigem Bescheid vorgeschriebenen öffentlichrechtlichen Verpflichtungen, die auch als Reallasten im C-Platz der Grundbuchseinlage ihrer Liegenschaft verbüchert seien, nicht untergegangen seien und daher auch von den Rechtsnachfolgern im Liegenschaftseigentum des Bauplatzes zu erfüllen seien. Die nunmehr festgesetzte Erfüllungsfrist reiche im Hinblick auf die erforderliche Auflösung von bestehenden Bestandsverhältnissen und auf die Durchführung der notwendigen Abbrucharbeiten zweifellos aus.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Bei dem gegenständlichen im selbständigen Wirkungskreis ergangenen Dekret des Wiener Magistrates Abteilung XIV vom 14. Juni 1917 handle es sich zweifelsfrei um einen hoheitlichen Verwaltungsakt, dem auch im Sinne der geltenden Rechtslage Bescheidcharakter zukomme. Das Dekret vom 4. Juni 1917 sei ein Abteilungsbescheid, der nach der Aktenlage in Rechtskraft erwachsen sei. Die Gemeinde sei jederzeit berechtigt, die Abtretung der zur Straßenerweiterung bestimmten Grundflächen in der festgesetzten Höhenlage zu verlangen. Die unter Punkt 2 des Dekretes vom 4. Juni 1917 angeführte Verpflichtung stelle ungeachtet ihrer Formulierung und der Bezeichnung als "Reallast" und der Anführung des Rechtsträgers als "Gemeinde Wien" in Wahrheit eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung dar, die ohne Setzung einer Leistungsfrist ausgesprochen worden sei. Da es sich bei der im Punkt 2 des Dekretes vom 4. Juni 1917 ausgesprochenen Verpflichtung um eine "unbefristete" öffentlich-rechtliche Verpflichtung handle, habe mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gestützt auf § 17 BO diese rechtskräftige öffentlich-rechtliche Verpflichtung durch die Festsetzung einer Erfüllungsfrist gegenüber der Rechtsnachfolgerin der verpflichteten Grundeigentümerin konkretisiert werden können. Auch die im Punkt 4 des Dekretes vom 4. Juni 1917 aufgetragene Verpflichtung sei im Zusammenhalt mit den obigen Darlegungen ungeachtet ihrer Formulierung und Bezeichnung dieser als "Reallast" und des Rechtsträgers als "Gemeinde Wien" als öffentlich-rechtliche Verpflichtung anzusehen. Wenngleich diese öffentlich-rechtliche Verpflichtung bisher nicht erfüllt worden sei und auch seitens der Behörde eine Vollstreckung dieses Abtragungsauftrages bisher nicht in Angriff genommen worden sei, gehöre diese öffentlich-rechtliche Verpflichtung nach wie vor dem Rechtsbestand an. Die tatsächliche Verbauung der in den physischen Besitz der Gemeinde zu übergebenden Grundflächen sei auf Grund der bestehenden öffentlichrechtlichen Verpflichtung zur Abtragung dieser Baulichkeiten nicht mehr als rechtmäßig anzusehen. Abteilungswerber seien die damaligen Grundeigentümer der betroffenen Liegenschaften gewesen und es seien daher die im Dekret vom 4. Juni 1917 aufgetragenen Verpflichtungen an diese und in weiterer Folge an ihre Rechtsnachfolger zu richten. Die Frage der Kostentragung der bedungenen Grundabtretung sei in dem Gesetz vom 17. Jänner 1883, womit eine Bauordnung für die k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien erlassen werde, geregelt. Die Beschwerdeführerin übersehe auch, dass die Abteilungsbewilligung im Jahre 1917 grundbücherlich durchgeführt worden sei, womit diese einschließlich der damit verbundenen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen in ihrer Rechtswirksamkeit perpetuiert worden sei. Der Auftrag der Behörde erster Instanz stütze sich auf die Übergangsbestimmung der Art. III Abs. 2 und 3 der geltenden Bauordnung für Wien vom 25. November 1929 (LGBl. Nr. 11/1930), die an die Stelle der Wiener Bauordnung aus dem Jahre 1883 getreten sei. Diese Bestimmungen stellten klar, dass Bauplätze, die vor dem Inkrafttreten der Bauordnung für Wien vom 25. November 1929 als solche genehmigt worden seien, auch weiterhin als Bauplätze im Sinne der zur Zeit in Geltung stehenden Bauordnung anzusehen bzw. diesen gleich zu halten seien. Den Eigentümern dieser Liegenschaften kämen daher alle sich aus einem genehmigten Bauplatz nach den derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen ergebenden Rechtsvorteile zugute. Daraus folge aber zwangsläufig, dass die nach den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen durch eine rechtswirksam gewordene Abteilungsbewilligung - die nach der Bestimmung des Art. III Abs. 2 BO die Grundlage dafür bilde, dass die durch diese Abteilungsbewilligung zum Zwecke der Bebauung geschaffenen Grundstücke auch im Sinne des derzeit geltenden Gesetzes als Bauplätze gelten - vorgeschriebenen aber nicht erfüllten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen nicht untergegangen sein könnten. Nach Ansicht der belangten Behörde könne der Bestimmung des Art. III Abs. 2 BO nicht der Sinn unterstellt werden, dass die Grundstücke, die nach den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen durch eine rechtswirksam gewordene behördliche Abteilungsbewilligung ausdrücklich zum Zwecke der Bebauung geschaffen worden seien, als Bauplätze im Sinne der neuen gesetzlichen Bestimmungen gelten, hingegen die in der zugrunde liegenden Abteilungsbewilligung auferlegten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen nach der neuen Gesetzeslage nicht mehr bestehen sollten. Vielmehr sei auf Grund der angeführten Übergangsbestimmungen im Art. III BO davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall die nach den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen durch die rechtswirksam gewordene Abteilungsbewilligung ausdrücklich vorgeschriebenen öffentlichrechtlichen Verpflichtungen, die auch aus Reallasten im C-Blatt der Grundbuchseinlage der betreffenden Liegenschaft verbüchert seien, mit dem Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Bestimmungen der geltenden Bauordnung für Wien vom 25. November 1929 nicht untergegangen seien und daher auch von den Rechtsnachfolgern der damaligen Liegenschaftseigentümer zu erfüllen seien. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid werde in keiner Weise (neuerlich) ein Auftrag gemäß § 17 Abs. 1 und 6 BO erteilt, sondern basiere dieser auf der Grundlage der Übergangsbestimmung des Art. III BO. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin liege daher "res iudicata" nicht vor. Sofern die Beschwerdeführerin darauf verweise, dass sich der Bebauungsplan seit dem Jahre 1917 geändert habe und demnach geänderte Verhältnisse vorliegen, sei festzuhalten, dass der erstinstanzliche Bescheid - wie dies dem zum Bestandteil dieses Bescheides erklärten "Projektsplanausschnitt" der Magistratsabteilung 28 vom 20. Oktober 1994 entnommen werden könne - diese geänderten Verhältnisse berücksichtige. Die von der Behörde erster Instanz festgesetzte Erfüllungsfrist reiche zur technischen Durchführung der aufgetragenen Maßnahmen zweifellos aus. Der Auftrag zur Herstellung der Höhenlage und zur Übergabe nach § 17 Abs. 1 BO im Wege der Ersatzvornahme oder des unmittelbaren Zwanges sei auch bei Bestehen eines aufrechten Bestandsvertrages zwischen dem Verpflichteten und einer anderen Person vollstreckbar. Die festgesetzte Erfüllungsfrist erweise sich als in technischer und wirtschaftlicher Beziehung ausreichend.
Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2001, B 237/01- 4, abgelehnt; gleichzeitig wurde die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Unterbleiben von baupolizeilichen Aufträgen verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, Zl. 97/05/0050, Slg. 14.751/A, hat der Verwaltungsgerichtshof klar gestellt, dass Aufträge gemäß § 17 Abs. 1 und Abs. 6 der Bauordnung für Wien 1930 (BO) nicht auf Grund "einer politischen Bewilligung", welche sich auf die Rechtslage vor Inkrafttreten dieser Bauordnung stützt, erlassen werden dürfen.
Mit dem nunmehr im Instanzenzug ergangenen Bescheid hat die belangte Behörde einen im Wesentlichen inhaltsgleichen Auftrag, wie er dem vorgenannten hg. Erkenntnis zugrunde lag, nunmehr gestützt auf Art. III Abs. 2 und 3 der am 3. Mai 1930 in Kraft getretenen Bauordnung für Wien erlassen.
Zutreffend führt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, dass die mit Dekret des Magistrates der k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien, Magistratsabteilung XIV, vom 4. Juni 1917 als "nachstehende Bedingungen" bezeichneten Bedingungen öffentlich-rechtliche Verpflichtungen darstellen, die von den jeweiligen Eigentümern der Grundstücke zu erfüllen sind, auf die sich die Grundabteilung bezieht. Die als Reallast im Grundbuch eingetragene öffentlich-rechtliche Verpflichtung haftet an der Liegenschaft, ohne dass es dazu erst einer Ersichtlichmachung im Grundbuch bedürfte (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 9. Juli 1952, Slg. N.F. Nr. 2.613/A, vom 20. Mai 1963, Slg. N.F. Nr. 6.032/A, vom 19. Dezember 2000, Zl. 98/05/0147, und vom 26. April 2000, Zl. 99/05/0268). Sie unterliegen auch keiner Verjährung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 4. Mai 1955, Slg. N.F. Nr. 3.729/A). Die Gemeinde ist vielmehr jederzeit berechtigt, die Abtretung der zur Straßenerweiterung bestimmten Grundflächen in der festgesetzten Höhenlage zu verlangen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 9. November 1964, Zl. 1653/63, und vom 14. Juni 1965, Zl. 660/64, mit weiteren Nachweisen).
Von der der Baubehörde eingeräumten Berechtigung, die auf Grund einer mit Hoheitsakt rechtskräftig festgelegten Verpflichtungen zur - lastenfreien - Straßengrundübergabe unter gleichzeitiger Herstellung der Höhenlage jederzeit einzufordern, ist jedoch zu unterscheiden, wie die Behörde vorzugehen hat, um diese Verpflichtungen durchzusetzen.
Die Regelungen der Bauordnung für Wien, auf welche die belangte Behörde den hier zu beurteilenden Auftrag stützt, haben folgenden Wortlaut:
"Art. III
(2) Grundstücke, die nach den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen durch eine rechtswirksam gewordene behördliche Abteilungsbewilligung ausdrücklich zum Zwecke der Bebauung geschaffen worden sind, gelten auch im Sinne dieses Gesetzes als Bauplätze.
(3) Die Bestimmungen des § 13 haben auf Abteilungen keine Anwendung zu finden, die vor Wirksamkeit dieses Gesetzes bereits von den Grundbuchsgerichten bewilligt worden sind."
Der Gesetzeswortlaut dieser Bestimmungen bietet keinen Anhaltspunkt für die Erlassung eines solchen Auftrages.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem oben erwähnten Erkenntnis vom 30. September 1997 ausgeführt hat, hatte (allenfalls) der bis zur Bauordnungsnovelle 1976 in Geltung gestandene Art. III Abs. 7 BO die Möglichkeit geboten, für die Durchsetzung anlässlich einer Grundabteilung auferlegter öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen weiter die Regelungen der Wiener Bauordnung aus 1883 heranzuziehen. Mit der ersatzlosen Aufhebung dieser Regelung können aber nunmehr diese öffentlichrechtlichen Verpflichtungen auch nicht auf Grund von Verfahrensanordnungen der Wiener Bauordnung aus 1883 durchgesetzt werden (vgl. zur damaligen Rechtslage das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Jänner 1927, A 409/26, Slg. Nr. 14.625/A). Hiefür fehlt es an einer Norm, die die Behörde ermächtigen würde, mit Auftrag die seinerzeit bescheidmäßig auferlegten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu konkretisieren, wie dies nunmehr § 17 Abs. 1 und 6 BO normiert. (Eine Vollstreckung der Pkt. 2 und 4 der "Bedingungen" im Beschluss des Wiener Stadtrates vom 16. Mai 1917 betreffend die hier maßgebliche Grundabteilung nach dem VVG kommt schon mangels Konkretisierung der herzustellenden Höhenlage und erforderlicher Fristsetzung für die Erfüllung der Verpflichtungen nicht in Betracht.)
Die Grundstücke, auf die sich die im vorgenannten Beschluss des Wiener Stadtrates auferlegten Verpflichtungen beziehen, stehen bereits (seit 1917) im Eigentum des Öffentlichen Gutes (der Gemeinde Wien). Der Grundeigentümer kann die ihm aus seiner Rechtsposition als Eigentümer erwachsenden Ansprüche gegenüber Dritten nach den Grundsätzen des Zivilrechtes durchsetzen. Kommt daher der zur Räumung und Herstellung eines bestimmten Zustandes eines Grundstückes Verpflichtete nach Fälligstellung dieser Verpflichtung nicht nach, steht dem Eigentümer der Grundstücke die Durchsetzung derselben mit den Mitteln des Zivilrechtes offen. Zu bedenken ist jedoch, dass eine Änderung des Bebauungsplanes von Einfluss auf den Rechtsbestand eines verpflichtenden Abteilungsbescheides sein kann, wenn die Änderung die Widmung jener Grundflächen betrifft, um deren Übergabe es sich handelte (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1966, Zl. 1523/65). Dies gilt auch für die Erfüllung der Verpflichtung zur Festsetzung der Höhenlage und zur Räumung sowie der damit verbundenen Kosten. (Bezüglich des Ersatzanspruches des Grundeigentümers in dem Falle, dass er selbst die anlässlich der Grundabteilung an den Abteilungswerber überbundenen Verpflichtungen selbst besorgt hat, siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. April 1910, Z. 3326, Slg. Nr. 7334/A).
Da die belangte Behörde insoweit die Rechtslage verkannte, belastete sie mit der Erteilung eines Auftrages an die Beschwerdeführerin mangels vorhandener Rechtsgrundlage den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Schon aus diesem Grunde war daher der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 15. Juli 2003
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001050336.X00Im RIS seit
13.08.2003