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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §28 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über den Antrag des Bürgermeisters der Marktgemeinde Schruns, vertreten durch Dr. Günter Flatz, Rechtsanwalt in 6870 Schruns, Batloggstraße 18, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Mängelbehebung im hg. Beschwerdeverfahren Zl. 2002/05/0568, den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Der Antragsteller hat anlässlich der Erhebung der zur eingangs genannten Zahl protokollierten Beschwerde den angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres ohne Beilagen vorgelegt. Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. August 2002 wurde ihm aufgetragen, sämtliche, dem angefochtenen Bescheid angeschlossen gewesenen Beilagen, die einen integrierenden Bescheidbestandteil bildeten (wörtlich: "siehe Seite 2 des Bescheides") vorzulegen.
Diese Seite 2 des Bescheides enthält folgende hier relevante Aufzählung:
"Sie (= der Wiener Bürgermeister als antragstellende Partei) führte hiezu wie in Beilage ./A, die einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides ist, aus.
Weiters wurde eine ausgefüllte Wohnsitzerklärung im Sinne des § 15a MeldeG beigebracht, deren Inhalt sich in der Beilage ./D, die integrierender Bestandteil dieses Bescheides ist, findet.
Im Ermittlungsverfahren gemäß § 17 Abs. 3 leg. cit bestätigte die zweitbeteiligte Partei in ihrer Stellungnahme im Wesentlichen die Angaben in der Wohnsitzerklärung. Sie führte hiezu wie in Beilage ./B, die integrierender Bestandteil dieses Bescheides ist, aus.
Im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 37 AVG übermittelte die betroffene Partei eine Stellungnahme, deren Inhalt sich in der Beilage ./C, die integrierender Bestandteil dieses Bescheides ist, findet."
Zur Erfüllung dieses Verbesserungsauftrages übermittelte der Vertreter des Antragstellers folgende Beilagen, die er in einem damit verbundenen Kurzbrief aufzählte:
"In der Anlage überlasse ich Ihnen nachstehende Unterlagen:
Zurückgestellte Beschwerde samt angeschlossener Beilagen retour Wohnsitzerklärung vom 27. Mai 2001 Meldebestätigungen vom 5. November 2001 (zwei Stück) Meldezettel
Schreiben Magistrat der Stadt Wien vom 14. Juli 2001 Auszug Personendatenbank vom 13. Juli 2001."
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 2002, Zl. 2002/05/0568-5, wurde daraufhin das Beschwerdeverfahren eingestellt. Dem Mängelbehebungsauftrag sei nicht vollständig nachgekommen worden, es fehle eine einen integrierenden Bescheidbestandteil bildende Beilage, nämlich die Stellungnahme Beilage ./C. Der Einstellungsbeschluss wurde dem Vertreter des Antragstellers am 15. Oktober 2002 zugestellt.
In dem nunmehr erhobenen, am 23. Oktober 2002 zur Post gegebenen Wiedereinsetzungsantrag wird behauptet, der Vertreter des Antragstellers habe seine Kanzleileiterin angewiesen, die auf Seite 2 des bekämpften Bescheides angeführten Beilagen ./A bis ./D zu kopieren und per Einschreiben an den Verwaltungsgerichtshof zu schicken. Im Begleitschreiben vom 9. August 2002 sei die zurückgestellte Beschwerde samt angeschlossenen Beilagen erwähnt. Anlässlich der Unterfertigung dieses Schriftstückes habe der Vertreter des Antragstellers die Beilagen kontrolliert; er kontrolliere immer bei Unterfertigung eines Schriftstückes auch die Beilagen. "Angeblich" sei dennoch die Stellungnahme Beilage ./C nicht weggeschickt worden, vermutlich seien auch die Beilagen ./A und ./B nicht versendet worden. Offensichtlich sei dem Vertreter des Antragstellers ein Fehler bei der Kontrolle der Beilagen unterlaufen. Da die Meldebestätigungen (zwei Stück) und der Meldezettel in der rechten oberen Ecke ebenfalls als Beilagen ./A bis ./C und die Wohnsitzerklärung als Beilage ./D bezeichnet gewesen seien, seien versehentlich diese Beweismittel als Beilagen mit Schreiben des Vertreters des Antragstellers vom 9. August 2002 verschickt worden. Dem Vertreter des Antragstellers sei ein derartiger Fehler bisher noch nie unterlaufen. Da sich im gegenständlichen Verwaltungsakt die Beilagenbezeichnung ./A bis ./D auf jeweils zwei Schriftstücken befinde, handle es sich beim Fehler des Vertreters des Antragstellers anlässlich der Kontrolle der Beilagen anhand der Beilagenbezeichnungen um einen minderen Grad des Versehens.
In einer angeschlossenen eidesstättigen Erklärung bestätigt der Vertreter des Antragstellers, dass er in gegenständlicher Verwaltungsangelegenheit die Beilagen zu seinem Schreiben vom 9. August 2002 anhand der Beilagenbezeichnung kontrolliert habe.
Der Wiedereinsetzungsantrag ist, auch wenn man vom behaupteten Sachverhalt ausgeht, nicht berechtigt:
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, die durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten.
Die vorliegende Beschwerde hat den Anforderungen des § 28 Abs. 5 erster Satz VwGG nicht entsprochen, da der angefochtene Bescheid nicht vollständig vorgelegt worden war.
Dem Begleitschreiben des Vertreters des Antragstellers vom 9. August 2002 ist eindeutig zu entnehmen, dass er offenbar irgendwelche in seinem Handakt befindlichen Unterlagen übermittelt hat ("überlasse ich Ihnen nachstehende Unterlagen"), ohne jedoch die detaillierte Aufzählung auf Seite 2 des angefochtenen Bescheides, worauf sich der Verbesserungsauftrag bezogen hat, zu beachten. Vorgelegt wurden etwa zwei Meldebestätigungen und ein Meldezettel, die nicht integrierender Bescheidbestandteil und daher nicht Gegenstand des Verbesserungsauftrages waren. Dass diese Unterlagen - von wem immer stammende - Beilagenbezeichnungen aufgewiesen haben (./A, ./B und ./C), konnte bei einigermaßen sorgfältiger Vorgehensweise die Befolgung des Verbesserungsauftrages nicht hindern, weil auf Seite 2 des angefochtenen Bescheides die gegenständlichen Bescheidbeilagen detailliert beschrieben wurden; dort ist weder eine Meldebestätigung noch ein Meldezettel als integrierender Bescheidbestandteil aufgezählt. Hingegen wurden die im angefochtenen Bescheid als Beilage ./C bezeichnete Stellungnahme des Betroffenen (wie auch die im angefochtenen Bescheid als ./B bezeichnete Stellungnahme des Antragstellers) weder tatsächlich vorgelegt, noch im Begleitschreiben erwähnt.
Es ist dem Vertreter des Antragstellers also nicht ein Fehler bei der Kontrolle der Beilagen unterlaufen, sondern er hätte schon bei Unterfertigung des Begleitschreibens durch einen Vergleich mit Seite 2 des angefochtenen Bescheides ohne weiteres erkennen müssen, dass auf diese Weise dem Verbesserungsantrag nicht Folge geleistet wird. Unter diesen Umständen kann von einem minderen Grad des Versehens keine Rede sein, vielmehr ist das Verhalten in Anbetracht des präzisen Verbesserungsauftrages als auffallend sorglos zu qualifizieren, zumal bei Behandlung eines derartigen Verbesserungsauftrages besondere Sorgfalt geboten ist (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 28. Juni 2001, Zl. 2001/16/0093). Die begehrte Wiedereinsetzung konnte daher nicht gewährt werden.
Wien, am 15. Juli 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002051220.X00Im RIS seit
02.10.2003