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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerde des M in S, geboren 1968, vertreten durch Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory & Schellhorn OEG in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 14. Februar 2000, Zl. 211.590/2-V/13/99, betreffend §§ 7 und 8 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein 1968 im Kosovo geborener, der albanischen Volksgruppe zugehöriger Staatsangehöriger der (ehemaligen) Bundesrepublik Jugoslawien, reiste am 7. Juni 1999 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 8. Juni 1999 Asyl. Bei der Einvernahme zu seinen Fluchtgründen am 1. Oktober 1999 gab er an, seit 30 Jahren in Belgrad gelebt zu haben und zum Kosovo keinerlei Verbindung mehr zu haben. In Belgrad sei er wegen seiner Herkunft als Kosovo-Albaner bedroht worden und befürchte er nun im Falle einer Rückkehr verdächtigt zu werden, während seiner Abwesenheit bei der UCK gewesen zu sein. In den Kosovo könne er nicht gehen, denn dort müsste er erst "einen Serben töten, um sein Haus zu bekommen. Es ist dort nach wie vor das Gleiche".
In der Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 8. Oktober 1999, mit dem sein Asylantrag gemäß § 7 AsylG abgewiesen und gemäß § 8 AsylG die Zulässigkeit seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung "nach Jugoslawien" für zulässig erklärt wurde, brachte der Beschwerdeführer u.a. vor, im Kosovo komme es zu gewalttätigen Racheakten und Verfolgungshandlungen gegen Kosovo-Albaner, die von der UCK als Deserteure betrachtet würden, weil sie das Land verlassen hätten anstatt zu kämpfen.
In der Berufungsverhandlung führte der Beschwerdeführer u. a. aus:
"Ich habe keine Verbindung mehr zum Kosovo, mein Vater hat
dort alles verkauft ... Ich habe 30 Jahre in Belgrad gelebt, als
Albaner habe ich dort sehr gelitten. Ich habe den Kosovo im Alter
von zwei Monaten mit meinen Eltern verlassen ... Hätten wir eine
Basis im Kosovo, würden wir zurückkehren. Für uns ist es dort wie
im Ausland ... außerdem würden uns die Kosovoalbaner sagen du hast
in Serbien gelebt und hast gemeinsame Sache mit den Serben gemacht. Auch vor dem Krieg bin ich im Kosovo gewesen, und die Kosovoalbaner sagten mir, dass ich ein Spion der Serben wäre nur weil ich in Belgrad lebte."
Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab und stellte gemäß § 8 AsylG fest, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Kosovo sei zulässig. Sie traf Feststellungen zur Lage im Kosovo sowie darüber, dass der Beschwerdeführer in seiner "Heimatstadt Belgrad" von serbischen Nachbarn bedroht worden sei, und führte zur Beweiswürdigung aus, der festgestellte Sachverhalt ergebe sich "aus den glaubwürdigen Angaben des Asylwerbers, korrespondierend mit den allgemeinen Verhältnissen in der BR Jugoslawien bzw. insbesondere im Kosovo in dem betreffenden Zeitraum". In der rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes führte die belangte Behörde aus, dem Beschwerdeführer sei es zumutbar, im Kosovo Aufenthalt zu nehmen. Es sei ihm "im Rahmen der abgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung ... nicht gelungen ..., glaubhaft ins Treffen zu führen, dass gerade er auf Grund einer besonderen Exponiertheit seiner Person besonders gefährdet wäre, bzw. dass gerade er - und dies als ethnischer Albaner - auf Grund seines vormaligen Wohnsitzes im Kerngebiet Serbiens tatsächlich einer massiven planmäßigen Verfolgung von erheblicher Eingriffsintensität seitens der albanischen Volksgruppe ausgesetzt wäre bzw. überdies konnte der Antragsteller nicht nachvollziehbar ins Treffen führen, dass ihm gegebenenfalls jegliche Schutzgewährung seitens der nunmehrigen Sicherheitsbehörden etwa verweigert werden würde."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der vorliegende Beschwerdefall gleicht insofern, als die belangte Behörde, ausgehend von der Lebensgeschichte des Beschwerdeführers wohl zu Recht, von Belgrad als seiner "Heimatstadt" ausgegangen ist, den Beschwerdeführer aber auf Grund seiner Abstammung auf die Möglichkeit einer Aufenthaltnahme im Kosovo verwiesen hat, dem mit dem hg. Erkenntnis vom 9. Juli 2002, Zl. 2001/01/0550, entschiedenen Fall eines Beschwerdeführers aus einer an den Kosovo angrenzenden Region Serbiens. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird daher auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen. Darüber hinaus ist hinsichtlich der Begründungserfordernisse in Fällen, in denen zuletzt in Serbien wohnhafte Angehörige der albanischen Volksgruppe für den Fall einer Wohnsitznahme im Kosovo Anfeindungen wegen ihres längeren Aufenthaltes in Serbien befürchten, auf die hg. Erkenntnisse vom 17. September 2002, Zl. 2001/01/0003 und Zl. 2001/01/0262, zu verweisen.
Aus den im Erkenntnis vom 9. Juli 2002 genannten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 16. Juli 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000010082.X00Im RIS seit
11.08.2003