TE Vwgh Erkenntnis 2003/7/16 2001/01/0081

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Veröffentlicht am 16.07.2003
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §58 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerde des Z in Wien, geboren 1968, vertreten durch Dr. Achim Maurer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Graben 27-28, Stiege 2/19, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. November 2000, Zl. 219.377/0-V/13/00, betreffend §§ 7 und 8 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein aus dem Kosovo stammender, der serbischen Volksgruppe zugehöriger Staatsangehöriger der (ehemaligen) Bundesrepublik Jugoslawien, reiste am 7. April 1999 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 2. August 2000 Asyl. Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 29. September 2000 gemäß § 7 AsylG ab und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers "in die BR Jugoslawien" gemäß § 8 AsylG für zulässig.

Die belangte Behörde wies die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 7 AsylG ab und stellte in Spruchpunkt II. gemäß § 8 AsylG fest, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers "nach der BR Jugoslawien" sei zulässig.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer stützte seien Asylantrag vor dem Bundesasylamt im Wesentlichen darauf, dass er im Kosovo als Polizist berufstätig gewesen, im November 1998 von der UCK entführt und nach einer Woche Gefangenschaft unter Mitwirkung internationaler Vermittler wieder freigelassen worden sei. Danach sei er zweimal polizeilich einvernommen und dabei korrekt behandelt worden. Er habe nach seiner Befreiung noch einen Monat lang im Kosovo gelebt, den Polizeidienst quittiert und sich in der Folge bei verschiedenen Freunden und Verwandten in Serbien aufgehalten. Aus Jugoslawien habe er nur auf Grund von "Beziehungen" ausreisen können, weil er von den jugoslawischen Behörden gesucht werde. Dass ihm nicht nur seitens der albanischen Bevölkerung im Kosovo, sondern u.a. wegen des Verdachtes, der UCK Informationen gegeben zu haben und ein Verräter und Spion zu sein, auch seitens des serbischen Regimes Verfolgung drohe, brachte der Beschwerdeführer außer bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt auch in schriftlichen Sachverhaltsdarstellungen zum Ausdruck (vgl. Seite 63 ff, Seite 146 ff und Seite 162 der erstinstanzlichen Akten).

Das Bundesasylamt ging auf diese Teile des Vorbringens nur kursorisch ein, erachtete die Angaben des Beschwerdeführers "für wahr" und nahm dessen ungeachtet nicht an, dass ihm außerhalb des Kosovo Verfolgung drohe. In seiner Berufung gegen diese Entscheidung wandte sich der Beschwerdeführer ausführlich und unter Vorlage einer Reihe - teils schon im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegter, aber ungewürdigt gebliebener - Beweismittel gegen diese Entscheidung.

Bei dieser Sachlage kann der angefochtene Bescheid schon mit Rücksicht auf den in der Beschwerde gerügten Umstand, dass die belangte Behörde von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung Abstand genommen hat, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht Bestand haben. Hinzu kommt, dass auch die belangte Behörde sich mit den Behauptungen des Beschwerdeführers über dessen Gefährdung außerhalb des Kosovo nicht näher befasst hat. Schließlich heißt es im erstinstanzlichen Bescheid an einer Stelle (Seite 6 des Bescheides), ein vom Beschwerdeführer vorgelegter Videofilm sei "in Ermangelung eines Videorecorders" keiner Feststellung unterzogen worden. Die Übernahme dieses Begründungselementes durch den Verweis auf Seite 3 des angefochtenen Bescheides bedeutet - unabhängig davon, ob es zutrifft, dass auch der belangten Behörde kein eigener Videorecorder zur Verfügung steht - eine Verletzung von Ermittlungs- oder Begründungspflichten.

Der angefochtene Bescheid war aber schon im Hinblick auf die Verletzung der Verhandlungspflicht gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Vollständigkeit halber ist hinzuzufügen, dass es in Bezug auf einen den Kosovo nicht ausklammernden Ausspruch gemäß § 8 AsylG im Fall eines aus dem Kosovo stammenden Asylwerbers einer Begründung dafür bedürfte, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Kosovo zulässig sei (vgl. insoweit das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2003, Zl. 2001/01/0325, und daran anschließend etwa die Erkenntnisse vom 25. März 2003, Zl. 2001/01/0470, und vom 15. Mai 2003, Zl. 2002/01/0322). Ob der Spruch des hier angefochtenen Bescheides im Zusammenhang mit dessen Begründung so ausgelegt werden kann, dass nur die "BR Jugoslawien" ohne Kosovo gemeint sei, kann im Hinblick auf die Aufhebung der gemäß § 7 AsylG getroffenen Entscheidung aber offen bleiben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 16. Juli 2003

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001010081.X00

Im RIS seit

11.08.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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