TE Vwgh Erkenntnis 2003/7/16 2002/01/0181

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Veröffentlicht am 16.07.2003
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

StbG 1985 §10 Abs4 Z1;
StbG 1985 §10 Abs5 Z3;
StbG 1985 §16;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerde des M in D, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 25. März 2002, Zl. 2-11.M/805-01/12, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft und Erstreckung derselben, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der (ehemaligen) Bundesrepublik Jugoslawien, auf Verleihung der Staatsbürgerschaft und auf Erstreckung der Verleihung auf seine Ehefrau sowie auf die zwei gemeinsamen Kinder gemäß "§§ 10 Abs. 4 Z 1, 16, 17 Abs. 1 Z 1 und 18 in Verbindung mit § 39 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) i.d.g.F.," ab.

Begründend führte sie aus, der Beschwerdeführer sei erstmals im Jahre 1992 im Bundesgebiet zur Anmeldung gelangt, könne jedoch erst ab 2. April 1993 einen ununterbrochenen Hauptwohnsitz in Österreich nachweisen. Mangels eines 10-jährigen ununterbrochenen Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet müsse für die Verleihung der Staatsbürgerschaft ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund vorliegen, der jedoch nicht habe festgestellt werden können. Zwar erhebe die Stadtgemeinde D. keine Bedenken gegen eine Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Beschwerdeführer, jedoch sei auch kein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für eine "vorzeitige" Verleihung angeführt worden. Die Bezirkshauptmannschaft D. sowie der Gendarmerieposten D. hätten auf ein Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer hingewiesen, das jedoch "aus Mangel an Beweisen gemäß § 109 Abs. 1 StPO eingestellt wurde". Zur Überprüfung des Vorliegens der Verleihungsvoraussetzung nach § 10a StbG seien die Deutschkenntnisse der Ehefrau des Beschwerdeführers (Erstreckungswerberin) überprüft worden; diese hätten sich als "unzureichend" erwiesen.

Dem Beschwerdeführer seien einige Integrationsmomente zugute zu halten; sie würden ihn jedoch insgesamt nicht über das von einem Fremden bei einem gleich langen inländischen Aufenthalt regelmäßig zu erwartende Integrationsmaß hinausheben, weshalb nicht vom Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes im Sinne des § 10 Abs. 4 Z 1 iVm § 10 Abs. 5 Z 3 StbG auszugehen sei. Auf Grund der unzureichenden Deutschkenntnisse der Ehefrau des Beschwerdeführers ergebe sich, dass dieser nicht dafür Sorge getragen habe, im Familienverband eine erfolgreiche Integration anzustreben.

Zusammenfassend wies die belangte Behörde darauf hin, dass ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund weder habe festgestellt werden können noch dass ein solcher geltend gemacht worden sei. Auch sei der Beschwerdeführer "wegen Verdachtes nach den §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. Z 1, 146, 147 Abs. 2 und 229 Abs. 1 StGB zur Anzeige gebracht" worden und verfüge seine Ehefrau nur über äußerst mangelhafte Deutschkenntnisse; der Antrag des Beschwerdeführers sei demnach abzuweisen gewesen. Die Erstreckungsanträge seien gemäß § 18 StbG ebenfalls abzuweisen gewesen, da die Erstreckung der Verleihung nur gleichzeitig mit der Verleihung der Staatsbürgerschaft und nur mit demselben Erwerbszeitpunkt verfügt werden dürfe.

Über die gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die belangte Behörde stützte ihre abweisende Entscheidung - offenbar vom Vorliegen aller übrigen sachverhaltsbezogen in Frage kommenden Verleihungsvoraussetzungen ausgehend - in erster Linie auf das Fehlen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes für die Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Beschwerdeführer, zumal - wie auch in der Beschwerde nicht bestritten wird - der Beschwerdeführer einen 10-jährigen ununterbrochenen Hauptwohnsitz in Österreich nicht nachweisen konnte.

Als besonders berücksichtigungswürdigen Grund hatte die belangte Behörde - worauf sie auch durch das Zitat des § 10 Abs. 5 Z 3 StbG in der Begründung hingewiesen hat - den Nachweis einer nachhaltigen persönlichen und beruflichen Integration im Auge.

Die belangte Behörde hat jedoch keinerlei Feststellungen über die berufliche Situation des Beschwerdeführers und sein persönliches Umfeld getroffen, obwohl der Beschwerdeführer schon in seinem Antrag das Vorliegen eines solchen - wenn dort auch nicht näher umschriebenen - Grundes behauptet hat. Auch die Ermittlungen der belangten Behörde hätten Feststellungen in diese Richtung, etwa über die Beschäftigungssituation oder die Sprachkenntnisse des Beschwerdeführers, zugelassen. Ohne ein solches Tatsachensubstrat, allenfalls als Ergebnis ergänzender Ermittlungen, ist jedoch der von der belangten Behörde gezogene Schluss, "vom Vorliegen eines besonders berücksichtungswürdigen Grundes im Sinne des § 10 Abs. 4 Z 1 i.V.m. § 10 Abs. 5 Z 3 StbG" wäre nicht auszugehen, unzulässig. Schon aus diesem Grunde erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.

Soweit die belangte Behörde auch die mangelhaften Deutschkenntnisse der Ehefrau des Beschwerdeführers zur Begründung ihrer Entscheidung heranzog, ist auf das Erkenntnis vom 24. Juni 2003, Zl. 2001/01/0502, zu verweisen, nach dem allein aus dem Umstand, dass es einem Familienmitglied des Beschwerdeführers an entsprechenden Kenntnissen der deutschen Sprache fehlt, ohne Berücksichtigung der sonstigen Umstände des Falles nicht darauf geschlossen werden kann, dass beim Beschwerdeführer persönlich keine ausreichende Integration gegeben sei.

Eine Erklärung, inwieweit die belangte Behörde das eingestellte Strafverfahren in ihre Überlegungen einbezogen hat, bleibt sie überhaupt schuldig.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung einer Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abzusehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 16. Juli 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002010181.X00

Im RIS seit

18.08.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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