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19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerde des G, zuletzt in H, geboren 1983, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Plainstraße 23, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 31. Jänner 2003, Zl. 233.110/0-III/12/02, betreffend §§ 7 und 8 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der (ehemaligen) Bundesrepublik Jugoslawien, stammt aus dem Kosovo und gehört der albanischen Volksgruppe an. Er reiste am 26. August 2002 in das Bundesgebiet ein und stellte in der Folge einen Asylantrag. Dieser wurde vom Bundesasylamt, welches unter einem aussprach, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers "nach der Bundesrepublik Jugoslawien, Provinz Kosovo" gemäß § 8 AsylG zulässig sei, gemäß § 7 AsylG abgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung gab der unabhängige Bundesasylsenat mit dem angefochtenen Bescheid "gemäß §§ 7, 8 AsylG" keine Folge.
In der Begründung ihrer Entscheidung traf die belangte Behörde Feststellungen zur allgemeinen Lage im Kosovo. Dabei hielt sie zu den Punkten "Unterkünfte", "Versorgungslage" und "Gesundheitsversorgung/Fürsorgewesen" Folgendes fest:
"Unterkünfte:
Im Kosovo-Konflikt wurden gegen 100.000 Häuser beschädigt oder zerstört. Die Verwaltung der Kollektivzentren wurde mit Stichtag 1. Mai 2001 an die Gemeinden übertragen. Ziel ist es, diese Kollektivzentren zu schließen und die Betroffenen anderweitig (z.B. in wieder aufgebauten Häusern oder Sozialwohnungen) unterzubringen ... . Bis Februar 2001 wurden ca. 50 % der beschädigten oder zerstörten Häuser wieder aufgebaut ... .
Versorgungslage:
Die Strom- und Wasserversorgung im Kosovo schwankt zwischen Phasen relativer Stabilität und immer wieder auftretenden Zusammenbrüchen, respektive lediglich stundenweisem Funktionieren.
...
Lebensmittel für Bedürftige, die die Kriterien für die Aufnahme in das Sozialhilfesystem nicht erfüllen, wurden hauptsächlich vom World Food Programme (WFP) im Rahmen des 'safety net'-Programmes geliefert. Im Jänner 2002 betrug die Anzahl der unterstützten Personen 53.500 ... .
Größere Versorgungsengpässe oder Versorgungsschwierigkeiten sind momentan nicht bekannt. So hat auch das Internationale Rote Kreuz mit Anfang Mai 2001 seine 'Suppenküchen' geschlossen ... .
Per 31. März 2002 stellt das WFP seine Arbeit im Kosovo ein. Die letzte Lebensmittelausgabe erfolgt am 18. März, wobei Pakete für drei Monate ausgegeben werden, um die Zeit zu überbrücken, bis das neu gegründete Consortium for Interethnic Development (CID) voll einsatzfähig ist. Dieses Konsortium besteht aus sechs NGOs, die bereits als Partner des WFP fungiert haben, ... .
...
Gesundheitsversorgung/Fürsorgewesen:
Die Gesundheitsversorgung ist im Laufe der vergangenen
eineinhalb Jahren soweit wiederhergestellt worden, dass die
medizinische Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, doch
sind kompliziertere Behandlungen nicht möglich und bestimmte
kostspielige Medikamente nicht erhältlich ... . Zwar liegt die
Arbeitslosenquote bei geschätzten 65 Prozent (Schweizerische
Flüchtlingshilfe, Kosova - Situation der Minderheiten,
16. April 2002), es hat aber die Gesundheits- und Sozialbehörde
der UN-Verwaltung für das Kosovo ... die Verantwortung für den
Aufbau eines Sozialhilfesystems übernommen, deren ausführende Organe die Zentren für Sozialarbeit (...) sind. Das Sozialhilfesystem steht allen Bewohnern Kosovos offen, vorausgesetzt sie erfüllen die Aufnahmebedingungen. Durch das Sozialhilfesystem sollen langfristig zwei Personengruppen unterstützt werden. Zunächst konnten nur Personengruppen der Kategorie 1 Unterstützung erhalten. Seit 1. Dezember 2000 werden Leistungen an einen weiteren Personenkreis (Kategorie 2) ausgezahlt (UNHCR Berlin, Überblick über den Aufbau eines Sozial(hilfe)systems im Kosovo, Dezember 2000).
Unter die Kategorie 1 fallen Familien, die kein arbeitsfähiges Familienmitglied und keine anderen Einkommensquellen haben, z.B. Behinderte, Personen über 65 Jahre und ohne Beschäftigung, Alleinerziehende mit mindestens einem Kind unter 10 Jahren und keinem anderen im Haus lebenden Erwachsenen. Ausgeschlossen sind Familien, die einen halben Hektar Land oder mehr besitzen. Bewerber, deren Antrag bewilligt wurde, erhalten pro Familie eine Barauszahlung zwischen DM 65,-- und maximal DM 120,-- für Familien mit wenigstens 5 Personen.
Unter die Kategorie 2 fallen auch Familien mit arbeitsfähigen Familienmitgliedern, die jedoch keine Arbeit haben und denen keine anderen Einkommensquellen zur Verfügung stehen (z.B. Einkommen oder Überweisungen aus dem Ausland). Sofern ein Familienmitglied durch selbständige Arbeit oder Aushilfstätigkeiten Einkünfte erzielt, ist die Familie ausgeschlossen. Auf Grund der beschränkten finanziellen Kapazitäten des Sozialhilfesystems können im Übrigen nur Familien mit mindestens einem Kind unter 5 Jahren bzw. Angehörigen über 65 Jahren ohne Beschäftigung berücksichtigt werden. ...
Familien, die keine Sozialhilfe beziehen können, werden von der 'Mutter Theresa' - Gesellschaft mit Nahrungsmitteln unterstützt (KIP ... 06.08.2002)."
Zusammenfassend führte die belangte Behörde - ua. unter Berufung auf die "UNHCR-Position zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo, April 2002" - aus, dass Kosovo-Albaner aus Orten im Kosovo, in denen die Angehörigen ihrer Volksgruppe die Mehrheit bildeten, ohne individuelle Schutzprobleme zurückkehren könnten; für sie sei die frühere Situation der systematischen Diskriminierung, Schikanierung und Verfolgung nicht mehr gegeben. Insgesamt ergebe sich, dass die aktuelle wirtschaftliche Situation angesichts hoher Arbeitslosigkeit sehr schlecht sei. Angesichts der Hilfe der internationalen Organisationen sei jedoch nicht zweifelhaft, dass zumindest die lebensnotwendigste Grundversorgung, Unterkunft, Verpflegung und medizinische Mindestversorgung gewährleistet seien.
Der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde weiter - gehöre der albanischen Volksgruppe an, sei Moslem und habe Familienangehörige im Kosovo, nämlich seine Mutter, seinen Großvater, zwei Onkeln und zwei Tanten sowie drei Brüder im Alter von 10, 15 und 18 Jahren. Sein Vater sei im Krieg ums Leben gekommen. Das Elternhaus sei größtenteils zerstört, weswegen der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise mit seiner Mutter und den drei Brüdern, fallweise auch mit seinem Großvater, in einem notdürftig errichteten Zelt neben dem zerstörten Haus gelebt habe. Nahrungsmittel in gerade noch ausreichendem Maß sowie Holz zum Kochen und für die Heizung seien der Familie von Freunden und Verwandten zur Verfügung gestellt bzw. sei Holz zusätzlich durch eigenes Sammeln zusammengetragen worden. Obzwar die Lebensverhältnisse des Beschwerdeführers im Kosovo kriegsbedingt äußerst schwierig und bescheiden seien, sei davon auszugehen, dass im Falle einer Rückkehr zumindest eine bescheidenste Existenzgrundlage gesichert wäre. Er gehöre keiner von UNHCR angeführten besonders schutzbedürftigen Personengruppe an und habe keine persönliche Bedrohung vorgebracht.
In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Ansicht, dass alleine in allgemeinen schlechten wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen keine staatliche Verfolgung gesehen werden könne, weshalb die Gewährung von Asyl nicht in Betracht komme. Auch eine Gefährdung im Sinne des § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG liege nicht vor. Soweit sich der Beschwerdeführer der Sache nach auf die schlechte wirtschaftliche Situation im Kosovo berufe, sei auszuführen, dass derart exzeptionelle Umstände, die eine Rückführung im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen lassen könnten, im Fall des Beschwerdeführers "nicht anzuerkennen" seien. Vor dem Hintergrund der Feststellungen sei nämlich trotz der ärmlichen kriegs- und nachkriegsbedingten Lebensumstände des Beschwerdeführers nicht davon auszugehen, dass ihm bei einer Rückführung in den Kosovo jegliche Lebensgrundlage fehlen würde und er in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (wie etwa Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die Beschwerde beschreibt zunächst die individuelle Situation des Beschwerdeführers im Kosovo. Dabei bestätigt sie die dazu getroffenen behördlichen Feststellungen, denen sie ergänzend anfügt, dass das dem Beschwerdeführer gemeinsam mit der Mutter und den drei Brüdern im Kosovo als "Wohnmöglichkeit" zur Verfügung stehende Zelt etwa 9 m2 groß und mit Stroh ausgelegt sei; ein alter Ofen diene als Heizung und als Herd. Zum täglichen Überleben seien der Beschwerdeführer und seine Familie gezwungen gewesen, sich bei Bekannten Geld auszuleihen. Die Suche nach einer Beschäftigung sei ergebnislos verlaufen, vom Roten Kreuz habe der Beschwerdeführer keine finanzielle Unterstützung erhalten. Weil von vornherein klar gewesen sei, dass er keine finanzielle Unterstützung bekommen würde, habe er beim "Zentrum für Sozialarbeit" keinen Antrag gestellt. Die Familie des Beschwerdeführers leide derzeit keinen Hunger, sie habe jedoch auch nicht "genügend" zum Essen.
Auf diese Beschreibung der individuellen Situation folgt eine umfangreiche, auf Berichte der Informationsstelle der Deutschen Caritas und Diakonie in Pristina zurückgreifende Darstellung der "allgemeinen, humanitären und wirtschaftlichen Lage im Kosovo", in der vor allem darauf hingewiesen wird,
-
dass - anders als unmittelbar nach dem Abzug der Serben und der Installierung der UNMIK-Verwaltung Mitte 1999 - die Grundversorgung der Bevölkerung, insbesondere der "Rückkehrer", "mit den allerelementarsten Lebensgütern und die Befriedigung der allerelementarsten Bedürfnisse der Bevölkerung in weiten Teilen nicht mehr sichergestellt" werden könne, weil Ersparnisse aufgebraucht, Spendengelder sowie Finanzhilfe für den Kosovo zurückgegangen seien und die Nahrungsmittelhilfe einen drastischen Rückgang erfahren habe;
-
dass die katastrophale wirtschaftliche Lage des Kosovo von näher genannten politischen Problemen begleitet werde;
-
dass ca. 12 % der Kosovaren als "extrem arm" (das bedeute insbesondere kein Einkommen, keine Ersparnisse, nur qualitativ minderwertige Ernährung, Abhängigkeit von Almosen der Nachbarn oder humanitärer Hilfe, keine Medikamente im Krankheitsfall) einzustufen seien.
Die der Beschwerde beigelegten Monatsberichte der Informationsstelle der Deutschen Caritas und Diakonie in Pristina für das Jahr 2002 haben, soweit die wirtschaftliche und die humanitäre/soziale Situation im Kosovo beschrieben wird, auszugsweise folgenden Inhalt:
"Monatsbericht Januar 2002
... So hart der Winter im Kosovo im Dezember 2001 begann; bis minus 20 Grad, ein Meter hoher Schnee, Strom in Intervallen drei Stunden an, drei Stunden aus und zugefrorene Wasserleitungen ..., so milderte er sich erstaunlicher- und glücklicherweise Mitte Januar. Eine Sorge war, dass die Roma im Norden der Provinz in ihren völlig unzulänglichen Holzbaracken erfrieren würden. Ihr Überlebensinstinkt jedoch ließ sie so eng zusammenrücken, dass sie alle zusammen in ein paar Baracken schliefen, um die Körperwärme auszunützen, während andere Baracken nur zum Kochen für die ganze Gemeinschaft dienten. Auf diese Weise gab es keine Toten.
Was die Kälte jedoch bewirkte, war eine Zunahme an Frühgeburten. Viele Wohnungen, vor allen in den Städten, haben keinerlei Heizmöglichkeit, außer Nachtspeicheröfen, die mit Strom betrieben werden. Während individuelle Häuser oftmals zumindest in einem Raum einen Holzofen haben, sind diese in den Apartmentblöcken oft verboten. Es kam mehrmals vor, dass wir bei eisiger Kälte 48 Stunden durchgehend Stromausfall hatten. Hinzu kommt, dass die meisten Wohnblöcke und Häuser nicht isoliert sind und die Fenster nicht richtig schließen. Diese schlechten Bedingungen ... führten in einem Zeitraum von zwei Wochen zu 38 Frühgeburten nur in der Uniklinik Pristina. Dies wäre im Westen nicht weiter tragisch, aber im Kosovo fehlt die spezielle Nahrung, die diese Kinder zum Überleben brauchen. Zwei sind letzte Woche gestorben. ...
Es wurde von UNMIK versprochen, dass sich die Preise im Kosovo durch den Euro nicht erhöhen würden. Dieses Versprechen konnte natürlich nicht eingehalten werden. Die Preise für Grundnahrungsmittel sind bis zu 12% gestiegen, wobei Löhne und Sozialhilfe auf dem selben Niveau geblieben sind. ...
Eine Studie ergab, dass die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln für eine 4-köpfige Familie in Pristina vor der Teuerung durch den Euro 369 DM kostete. Rechnet man, dass der maximale Sozialhilfebetrag für eine 5-köpfige Familie 120 DM monatlich und das durchschnittliche Einkommen eines Beamten im öffentlichen Dienst 276 DM pro Monat beträgt, so wird deutlich, warum so viele Menschen unter der Armutsgrenze leben. ...
Monatsbericht Februar/März 2002
... Es gibt endlich ein paar Unterkünfte für allein
erziehende Mütter, wenn auch nicht für lange Zeiträume ...
Monatsbericht April 2002
... Wirtschaftlich gesehen geht es den Minderheiten in dieser
Stadt (Orahovac) jedoch noch denkbar schlecht und die meisten sind weiterhin von Nahrungsmittellieferungen der Hilfsorganisationen abhängig. ...
Monatsbericht September 2002
... Obwohl sich sicherlich in den letzten drei Jahren vieles gebessert hat, so gibt es doch vor allem in der Politik immer wieder Rückschläge, die sich auf das Sozialwesen und damit auf die Rückkehr nicht nur von Minderheiten, sondern auch von Kosovoalbanern negativ auswirken. Unglücklicherweise weist der Trend im September 2002 eher auf eine Verschlechterung der Gesamtlage hin. ..."
Die Beschwerde führt schließlich aus, dass die dargestellte wirtschaftliche Notsituation eine zwangsläufige kausale Folge der völkerrechtswidrigen Repressions-, Vertreibungs- und Zerstörungspolitik des serbisch-nationalistischen jugoslawischen Staatsregimes im Kosovo unter dem damaligen Präsidenten Milosevic sei und von ihren Auswirkungen für "extrem arme" Kosovaren her als asylrelevante Verfolgung betrachtet werden müsse. Diese Menschen seien außerstande, in ihrer Heimat ein menschenwürdiges Leben zu führen. Im Folgenden die Beschwerde wörtlich: "Das Leben im Zustand völliger Mittellosigkeit bei nicht gesicherter Versorgung der menschlich-physisch-existentiellen Grundbedürfnisse bis hin zu Hunger und Mangelernährung, bitterer Kälte im Winter, extrem ungünstigen Wohngegebenheiten sowie völliger Unmöglichkeit, die eigene Lebenssituation in die Hand zu nehmen und in absehbarer Zeit einer Besserung zuzuführen - dies alles verletzt die Menschenwürde und das Recht auf ein Leben unter menschenwürdigen materiellen Bedingungen". Jedenfalls verstoße eine Abschiebung solcher Personen in den Kosovo gegen Art. 3 EMRK, weshalb die belangte Behörde hinsichtlich des Beschwerdeführers zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen müssen.
Zu diesem Beschwerdevorbringen ist wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Die asylrechtlichen Überlegungen der Beschwerde fußen darauf, dass sich die aktuelle Situation im Kosovo gegenüber jener, die dem hg. Erkenntnis vom 3. Mai 2000, Zl. 99/01/0359, zu Grunde lag - in dem besagten Erkenntnis war davon ausgegangen worden, dass eine weitere asylrelevante Verfolgung von Angehörigen der albanischen Volksgruppe im Kosovo durch "Serbien" bzw. die Bundesrepublik Jugoslawien als nachhaltig unwahrscheinlich anzusehen sei -, geändert habe.
Es mag zutreffen, dass sich die in der Beschwerde in den Vordergrund gerückte Versorgungssituation seit Mitte 1999 verschlechtert hat. Was aber die Ursachen der dargestellten wirtschaftlichen Notlage anlangt, so kann der Verwaltungsgerichtshof nicht erkennen, dass sich - insoweit es die geltend gemachten "serbischen Zerstörungen" betrifft - eine Änderung zum Negativen ergeben hätte. Einerseits ist nicht zu sehen, dass weitere Zerstörungen oder Devastierungshandlungen durch "Serbien" bzw. die (ehemalige) Bundesrepublik Jugoslawien gesetzt worden seien, andererseits zeigen etwa die unbekämpft gebliebenen Feststellungen der belangten Behörde über die mit Ende 2001 abgeschlossene Minenräumung, dass es jedenfalls partiell zu einer Beseitigung der unmittelbaren Nachwirkungen der von der Beschwerde ins Treffen geführten "Zerstörungspolitik des serbischnationalistischen jugoslawischen Staatsregimes im Kosovo" gekommen ist. Die dem Erkenntnis vom 3. Mai 2000 zu Grunde liegenden Verhältnisse bestehen daher, auch unter Beachtung der angesprochenen "Zerstörungspolitik", weiterhin fort, weshalb nach wie vor an dieses Erkenntnis bzw. an die hiezu ergangenen Folgeerkenntnisse (vgl. etwa jenes vom 4. April 2001, Zl. 2000/01/0362, in dem bereits auf die widrigen Lebensumstände im Kosovo eingegangen worden ist) angeknüpft werden kann. Ergänzend sei hinzugefügt, dass die als Folge der "Zerstörungspolitik" eingetretene wirtschaftliche Notlage nunmehr insoweit auch von der eingerichteten UN-Verwaltung (UNMIK) zu verantworten wäre, als - bei Zutreffen der Beschwerdebehauptungen - davon ausgegangen werden müsste, dass geeignete Maßnahmen zur Beseitigung/Linderung dieser Notlage seit Einsetzung der UNMIK unterblieben sind. Dass dies auf asylrelevanten Gründen beruhte, kann nicht ernsthaft vertreten werden.
2. § 8 AsylG verweist auf § 57 FrG. Abs. 1 dieser Bestimmung wurde durch das insoweit am 1. Jänner 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz BGBl. I Nr. 126/2002 neu gefasst und lautet nun wie folgt:
"Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde."
Gemäß den ErläutRV (1172 BlgNR 21. GP 35) soll die Neuformulierung dem Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) in der Causa Ahmed versus Österreich Rechnung tragen und der Umsetzung dieses Erkenntnisses dienen; die Neufassung entspreche den Intentionen des Gerichtshofes. Es sei somit klargestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass die Betroffenen Gefahr laufen, dort unmenschlicher Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden oder dies sonst eine unmenschliche Behandlung sei.
Der neue Gesetzeswortlaut, in Übereinstimmung mit den eben wiedergegebenen Erläuterungen, schreibt jenes Verständnis, welches § 57 Abs. 1 FrG schon in seiner Stammfassung - bezogen auf Art. 3 EMRK - in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfahren hat, fest (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. August 2001, Zl. 2000/01/0443). Es kann daher kein Zweifel bestehen, dass insoweit die bisherige Judikatur - mit der nachfolgenden Einschränkung - fortzuführen und in deren Sinn im gegebenen Zusammenhang jeweils zu prüfen ist, ob Österreich im Fall der Außerlandesschaffung eines Fremden in einen bestimmten Staat gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde. Lediglich das aus dem Wortlaut des "alten" § 57 Abs. 1 FrG abgeleitete Erfordernis, es müssten "stichhaltige Gründe" für eine entsprechende Annahme bestehen (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2003, Zl. 2002/01/0556), ist nicht aufrechtzuerhalten, wobei allerdings klarzustellen ist, dass es sich dabei schon bislang nur um eine zwar am Gesetzeswortlaut orientierte, in Wahrheit jedoch entbehrliche Wiederholung bezüglich des am Boden der dazu ergangenen Rechtsprechung des EGMR (vgl. dazu zusammenfassend Mayer, B-VG3 (2002) Art. 3 MRK IV.) ohnehin unmittelbar im Rahmen des Art. 3 EMRK anzulegenden Prüfungsmaßstabes handelte.
In dem schon erwähnten Erkenntnis vom 21. August 2001, auf das insoweit gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, wurde die hier maßgebliche Judikatur des EGMR dargestellt (siehe nunmehr auch die Entscheidung vom 19. März 2002, Beschwerde Nr. 65538/01, Javanmardi and Ahmadi against Sweden). Vor dem Hintergrund dieser Judikatur kommt es unter dem hier interessierenden Aspekt darauf an, ob die Abschiebung die betreffende Person in eine "unmenschliche Lage" versetzen würde. In Anbetracht der Indizwirkung, die Empfehlungen internationaler Organisationen, von der Abschiebung bestimmter Personengruppen in ein bestimmtes Gebiet Abstand zu nehmen, zukommt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2000/01/0453), liegt es nahe, in concreto die Situation jener Personen, die in dem von der belangten Behörde herangezogenen UNHCR-Papier (UNHCR-Position zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo - April 2002; das der Beschwerde beigelegte aktuellere UNHCR-Papier - Januar 2003 verweist insoweit ausdrücklich darauf) als "verwundbare Personen" definiert werden, einer besonders aufmerksamen Prüfung zu unterziehen. Wie schon im hg. Erkenntnis vom 9. Juli 2002, Zl. 2001/01/0164, ausgeführt, wird mangelnde Unterbringung und/oder Mangelernährung etwa auch einer Abschiebung von Müttern mit Kleinkindern im Wege stehen. Das lässt sich je nach Situation auf kranke oder alte Menschen übertragen, ohne dass damit freilich per Umkehrschluss die allgemein gültige Folgerung zu ziehen wäre, (gesunde) Erwachsene könnten jedenfalls - unter dem hier in Frage stehenden Aspekt der humanitären Verhältnisse im Zielstaat - in Übereinstimmung mit Art. 3 EMRK abgeschoben werden. Im vorliegenden Fall allerdings teilt der Verwaltungsgerichtshof die Einschätzung der belangten Behörde, dass der - offenkundig gesunde - 19-jährige Beschwerdeführer ohne Verstoß gegen Art. 3 EMRK in den Kosovo abgeschoben werden könnte. Die Beschwerde räumt ein, dass der Beschwerdeführer (seine Familie) - gemäß den Feststellungen des bekämpften Bescheides infolge Unterstützung durch Freunde und Verwandte - keinen Hunger leide. Auch die oben dargestellte Berichtslage lässt bezüglich der albanischen Mehrheitsbevölkerung im Kosovo, soweit kein Sonderbedarf besteht, in Bezug auf Versorgung mit Nahrung keine existentiellen Probleme erkennen. Was die Unterkunftssituation anlangt, so stellt sich diese bezüglich des Beschwerdeführers zweifelsohne als prekär dar. Im Hinblick auf die bestehende Heizmöglichkeit scheint allerdings im speziellen Fall die Schwelle des Art. 3 EMRK noch nicht erreicht. Gesamt betrachtet sind auch die bestehenden familiären Anknüpfungspunkte und die nur relativ kurze Aufenthaltsdauer in Österreich - weshalb sich bezüglich des Beschwerdeführers nicht das Problem einer "Entwurzelung" im Kosovo stellt - mit in Erwägung zu ziehen. Zur Abrundung ist schließlich darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer auch nicht einer Personengruppe angehört, die nach Ansicht des UNHCR (siehe dazu das oben erwähnte UNHCR-Papier) vor dem Hintergrund der Verhältnisse im Kosovo eines besonderen Schutzes bedürfte.
Zusammenfassend ergibt sich, dass gegenständlich auch die Entscheidung nach § 8 AsylG mit dem Gesetz in Einklang steht, weshalb die Beschwerde zur Gänze gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 16. Juli 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003010059.X00Im RIS seit
11.08.2003