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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §46;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2003/02/0130Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, 1.) über den Antrag der HW in T, vertreten durch Dr. Andreas Brandtner und Mag. Michaela Reiner, Rechtsanwälte in 6800 Feldkirch, Drevesstraße 6, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 25. April 2002, Zl. 3-1-09/02/K4, betreffend Versagung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, und 2.) in dieser Beschwerdesache, den Beschluss gefasst:
Spruch
1.) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
2.) Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der angefochtene Bescheid, gegen den sich die am 15. Juli 2002 zur Post gegebene Beschwerde richtet, wurde der Antragstellerin am 13. Mai 2002 zugestellt. Dies ist auf Grund folgender Beweisergebnisse erwiesen:
Anlässlich der Aktenvorlage der Verwaltungsakten hat die belangte Behörde in der Gegenschrift darauf hingewiesen, dass der angefochtene Bescheid entgegen dem Beschwerdevorbringen bereits am 13. Mai 2002 beim Postamt Thüringen hinterlegt und am 14. Mai 2002 behoben worden sei, was sich durch den Rückschein und die Empfangsbestätigung ergebe.
In ihrer Replik vom 2. Oktober 2002 bezweifelte die Beschwerdeführerin die Rechtmäßigkeit des genannten Zustellvorganges ua. mit der Vorlage eines "RSb-Kuverts" (Anmerkung: Briefumschlag der RSb-Sendung ohne Rückschein), auf dem sich sowohl die erstbehördliche Aktenzahl als auch die der belangten Behörde, der Stempelaufdruck "Bregenz" (ohne Postleitzahl) vom "30.05.02" sowie auf dessen Rückseite der Vermerk "Hint. a 13.5.02" samt Paraphe befinden. Weiters findet sich auf der Vorderseite das nicht näher erklärte (handschriftliche) Datum "3/6/02".
Die Grundverkehrs-Landeskommission gab mit Schreiben vom 13. Februar 2002 bekannt, dass der Beschwerdeführerin mit Begleitschreiben vom 8. Mai 2002 der Bescheid der belangten Behörde vom 25. April 2002 übermittelt worden sei. In diesem Begleitschreiben sei die Beschwerdeführerin auch gebeten worden, die noch offenen Gebühren mittels des beiliegenden Erlagscheines zu entrichten. Das Schreiben samt Bescheid der belangten Behörde sei vom Sekretariat noch am 8. Mai 2002 abgefertigt worden, habe das Amt der Vorarlberger Landesregierung am selben Tage aber nicht mehr verlassen. Es sei am 10. Mai 2002 mittels RSb-Schriftstück am Postamt Bregenz abgestempelt und verschickt, am 13. Mai 2002 hinterlegt und am 14. Mai 2002 vom Ehegatten der Beschwerdeführerin beim Postamt Thüringen nachweislich behoben worden. Es werde auf die diesbezügliche Übernahmsbestätigung verwiesen. Weiteres Indiz sei die Tatsache, dass die offenen Gebühren bereits am 28. Mai 2002 dem Abgabenkonto gutgeschrieben worden seien; Auftraggeber sei der Ehegatte der Beschwerdeführerin gewesen. Seit dem 8. Mai 2002 seien keine weiteren Zustellungen an die Beschwerdeführerin vorgenommen worden. Der Stempel "30.05.02" (bei diesem Tag habe es sich um den Feiertag Fronleichnam gehandelt) sei unerklärlich.
Die österreichische Post AG, Zustellbase Bregenz, klärte mit Schreiben vom 3. April 2003 auf, dass es sich beim Stempel "30.05.02" um einen Stempel des Absenders (Vorarlberger Landesregierung/ mit Gebührenvermerk) handle, vermutlich sei das Datum der Absenderfreistempelmaschine falsch eingestellt gewesen. Der 10. Mai 2002 sei das tatsächliche Aufgabedatum (Ankunftsstempel der Österr. Post AG), der 13. Mai 2002 das Datum der Hinterlegung beim Zustellpostamt Thüringen sowie der 14. Mai 2002 das Datum der Behebung durch einen Ersatzempfänger (lt. Kopie der Empfangsbestätigung sei es der Ehemann der Beschwerdeführerin gewesen).
Dem setzt die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 5. Juni 2003 eine im Wesentlichen auf den Datumsvermerk "3/6/02" aufgebaute Annahme entgegen, es könnte einen weiteren Zustellvorgang gegeben haben. Diese Annahme erscheint aber schon im Hinblick auf den - mit den unbedenklichen Beweisergebnissen im Einklang stehenden - Vermerk auf der Rückseite des von der Beschwerdeführerin vorgelegten Briefumschlages "Hint. a 13.5.02" samt Paraphe (die Paraphe stimmt offenkundig mit jener des Zustellers auf dem Rückschein überein) als geradezu mutwillig, weil kein vernünftiger Grund vorgebracht wird, wie dieser mit der tatsächlichen Hinterlegung übereinstimmende Vermerk schon vor dem spekulativen Zustelltag "3/6/02" angebracht hätte werden können. Der Vermerk kann deshalb nicht anders denn als der schriftliche Vermerk des tatsächlichen Hinterlegungsdatums (auch) auf dem Briefumschlag gedeutet werden.
Die Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof endete daher am 24. Juni 2002. Die Beschwerde wurde erst am 15. Juli 2002 zur Post gegeben.
ad 1.) Mit dem vorliegenden, am 6. Juni 2003 zur Post gegebenen Antrag begehrt die Antragstellerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der genannten Frist im Wesentlichen mit der Begründung, sie habe von einer Zustellung am 3. Juni 2002 ausgehen dürfen. Die in der Gegenschrift der belangten Behörde vorgebrachten Hinweise auf ein früheres Zustelldatum seien nicht geeignet gewesen, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich eine frühere Zustellung als von ihr angenommen hätte annehmen müssen. Damit verkennt sie die Rechtslage.
§ 46 VwGG lautet:
"(1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
...
(3) Der Antrag ist beim Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses ... zu stellen .... Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen."
Selbst wenn man die Wirkung der Behebung des angefochtenen Bescheides am 14. Mai 2002 auf die Kenntnis von der Zustellung außer Acht lässt, erweist sich der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als verspätet. Denn entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin war spätestens der Einwand der belangten Behörde in der der Beschwerdeführerin zugestellten und mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2002 beantworteten Gegenschrift vom 17. September 2002, die Zustellung sei vor dem von der Beschwerdeführerin angegebenen Datum erfolgt - wobei die belangte Behörde auch den Zustellvorgang dokumentierende Schriftstücke ansprach -, geeignet, die Beschwerdeführerin vom früheren Zustellvorgang in Kenntnis zu setzen. Dass sie diesen Einwand insofern unbeachtet ließ, als sie gar nicht in Betracht zog, der Einwand sei berechtigt, sondern lediglich unter Hinweis auf das - selbst für Laien in Zustellfragen wegen des dem Stempel "30.05.02" widersprechenden Vermerkes über die datumsmäßig frühere Hinterlegung 13. Mai 2002 als nicht unbedenklich anzusehende - "RSb-Kuvert" auf ihrer unbelegten Version der späteren Zustellung beharrte, kann nichts daran ändern, dass spätestens mit der Zustellung der Gegenschrift der belangten Behörde vom 17. September 2002 das in § 46 Abs. 1 VwGG genannte Hindernis der mangelnden Kenntnis von der (früheren) Zustellung aufgehört hat. Der erst einige Monate später gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erweist sich daher im Grunde des § 46 Abs. 3 VwGG als verspätet.
ad 2.) Bei diesem Ergebnis war die am 15. Juli 2002 zur Post gegebene Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG durch Beschluss in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 501/2001.
Wien, am 25. Juli 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002020166.X00Im RIS seit
15.10.2003