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L67008 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Vorarlberg;Norm
GVG Vlbg 2000 §2 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des MW in D, vertreten durch Dr. Michael Konzett, Rechtsanwalt in Bludenz, Fohrenburgstraße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 23. Mai 2002, Zl. 3-1- 15/02/K4, betreffend grundverkehrsbehördliche Genehmigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 23. Mai 2002 wurde dem Beschwerdeführer die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zum Erwerb (Kauf) zweier näher genannter Grundstücke unter Berufung auf § 5 Abs. 1 lit. a des (Vorarlberger) Grundverkehrsgesetzes (LGBl. Nr. 29/2000 - Verordnung der Landesregierung über die Neukundmachung - im Folgenden kurz: GVG) versagt.
In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die in Rede stehenden Grundstücke seien im Flächenwidmungsplan als "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" ausgewiesen. Der Beschwerdeführer beabsichtige, dort Christbäume anzupflanzen. Zufolge § 5 Abs. 2 lit. a GVG seien die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 lit. a GVG zur Genehmigung des Rechtserwerbes insbesondere dann nicht erfüllt, wenn das Grundstück ohne wichtigen Grund der landwirtschaftlichen (oder forstwirtschaftlichen) Nutzung entzogen würde. Bei Christbaumzucht handle es sich jedoch allenfalls um einen forstwirtschaftlichen, nicht aber um einen landwirtschaftlichen Betrieb (wobei die belangte Behörde zur Auslegung der Begriffe "Landwirtschaft" und "Forstwirtschaft" die Bestimmungen des § 1 Abs. 3 und § 2 Abs. 3 lit. a des - Vorarlberger - Landwirtschaftsförderungsgesetzes, LGBl. Nr. 37/1974, im Folgenden kurz: LFG, heranzog). Es liege daher - so die belangte Behörde - der Versagungsgrund des § 5 Abs. 2 lit. a GVG vor, zumal kein wichtiger Grund vorgebracht worden sei, der für die Entziehung der Grundstücke aus der landwirtschaftlichen Nutzung sprechen würde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Unbestritten ist, dass es sich bei den gegenständlichen Grundstücken um "landwirtschaftliche" handelt (vgl. § 2 Abs. 1 zweiter Satz GVG).
Nach § 5 Abs. 2 lit. a GVG sind die Voraussetzungen des Abs. 1 (betreffend die Genehmigung des Rechtserwerbs) insbesondere dann nicht erfüllt, wenn das Grundstück ohne wichtigen Grund der landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen würde.
Eine Entziehung der gegenständlichen Gründstücke aus der landwirtschaftlichen Nutzung hat die belangte Behörde darin erblickt, dass "Christbaumzucht" keine "landwirtschaftliche" Nutzung darstelle. Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizupflichten:
Es ist zwar zulässig, zur Auslegung eines nicht näher definierten Begriffes in einem Landesgesetz (hier: der "landwirtschaftlichen Nutzung" im GVG) ein anderes Landesgesetz desselben Gesetzgebers heranzuziehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. November 1987, Zlen. 87/10/0161, 0162, 0163, betreffend die Auslegung des Begriffes "Gebäude" im O.ö. Polizeistrafgesetz durch Heranziehung der O.ö. Bauordnung), doch ist damit für die belangte Behörde nichts gewonnen:
Die für den vorliegenden Beschwerdefall von der belangten Behörde für die Auslegung des Begriffes "Landwirtschaft" herangezogenen Bestimmungen des LFG lauten:
"§ 1. ...
(3) Im Sinne dieses Gesetzes gelten als
a) Landwirtschaft jener Wirtschaftszweig, der sich mit der Bodenbewirtschaftung zur
1. Gewinnung von pflanzlichen Erzeugnissen, soweit sie nicht unter lit. b fällt,
2.
...
3.
...
befasst,
b) Forstwirtschaft jener Wirtschaftszweig, der sich mit der Bodenbewirtschaftung zur Gewinnung von Holz und sonstigen Erzeugnissen von Waldbäumen und Waldsträuchern oder mit der Erhaltung des Waldes befasst."
Die von der belangten Behörde vertretene Ansicht, eine "Christbaumzucht" stelle eine Form der Bodenbewirtschaftung zur Gewinnung von "Erzeugnissen von Waldbäumen" dar, verbietet sich schon nach dem Sprachgebrauch. Vielmehr liegt die Anschauung auf der Hand, dass es hiebei um eine "Gewinnung von pflanzlichen Erzeugnissen" (§ 1 Abs. 3 lit. a Z. 1. LFG) geht und die "Christbaumzucht" daher zur "Landwirtschaft" zu zählen ist. Diese Auslegung findet auch im hg. Erkenntnis vom 31. März 1993, Zl. 92/02/0326, eine Stütze, wonach die Frage, ob die Nutzung auf eine für einen Land- oder Forstwirt signifikante Weise erfolgt, vor allem danach zu beurteilen ist, was und auf welche Weise auf dem Grundstück produziert wird und welchen primären Verwendungszweck das Grundstück hat. Dem steht § 1 Abs. 3 lit. b FLG nicht entgegen, weil es - abgesehen davon, dass es nicht um die Gewinnung von Erzeugnissen von Waldbäumen ... - auch nicht um die "Gewinnung von Holz" geht. Auch die Bestimmung des § 2 Abs. 3 lit. a FLG (die im angefochtenen Bescheid durch Unterstreichung hervorgehoben wurde) - wonach zu den Aufgaben der "Forstwirtschaft" insbesondere die Gewinnung von "Forstprodukten" zählt - zwingt im Hinblick auf den wiedergegebenen Wortlaut des § 1 Abs. 3 lit. b LFG zu keiner anderen Anschauung. Im Übrigen hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. Februar 1992, Slg. Nr. 12.986, unter Hinweis auf seine Vorjudikatur ausgeführt, dass die forstwirtschaftliche Nutzung (Schlägerungen und Nutzungen anderer Art) per se nur in langfristigen Intervallen vorgenommen werden kann. Dies trifft bei einer Christbaumzucht nicht zu. Zur Klarstellung sei allerdings gesagt, dass es nicht ausgeschlossen erscheint, im Rahmen eines solchen Forstbetriebes - wenn auch untergeordnet - eine Christbaumzucht zu betreiben.
Schließlich geht auch der Hinweis der belangten Behörde auf das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1998, Zl. 95/07/0099, fehlt:
Wohl wurde in diesem Erkenntnis (unter Hinweis auf die Vorjudikatur) zum Ausdruck gebracht, dass die Anlegung einer Christbaumkultur als Umwandlung landwirtschaftlich genutzter Flächen in Wald im Sinne des § 1 Abs. 1 des O.ö. Kulturflächenschutzgesetzes (LGBl. Nr. 31/1958) anzusehen sei, doch darf dabei nicht außer Acht gelassen werden, dass der Zweck dieses Gesetzes (zum einen der Schutz der Bewirtschaftung angrenzender landwirtschaftlich genutzter Grundstücke insbesondere gegen drohende Beschattung oder Durchwurzelung und zum anderen das öffentliche Interesse der Landeskultur, worunter die Gesamtheit jener Maßnahmen verstanden werden kann, die zur Verbesserung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung des Bodens und zur Erhaltung der Kulturlandschaft dienen - vgl. hiezu das zitierte hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1998) mit jenem des GVG nicht vergleichbar ist.
Da die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 25. Juli 2003
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteAuslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002020159.X00Im RIS seit
05.09.2003Zuletzt aktualisiert am
11.12.2012