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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §696;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2000/16/0324 2000/16/0323Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der B AG & Co in Wien, vertreten durch Dr. Ernst Schmerschneider und Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rosenbursenstraße 8, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 18. Februar 2000, Zlen. RV/738-09/99, RV/739-09/99 und RV/740-09/99, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, ein Mineralölunternehmen, hat im Jahr 1998 mit D. (hg. Zl. 2000/16/0322), Sch. (hg. Zl. 2000/16/0323) und A. (hg. Zl. 2000/16/0324) jeweils einen Tankstellenagenturvertrag abgeschlossen. Darin räumte die Beschwerdeführerin diesen Personen das Recht ein, bestimmte Tankstellen samt Nebenanlagen zum Zweck des Verkaufes von Kfz-Treibstoffen sowie zur Erbringung von Serviceleistungen zu führen; korrespondierend wurde eine Betriebspflicht vereinbart. Unter dem Punkt "Vertragsdauer" wurde ein bestimmter Tag genannt, an dem der Vertrag in Kraft trat und ausgeführt, dass der Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werde. Vorgesehen war, dass der Vertrag von beiden Vertragsteilen mit dreimonatiger Frist zum Ende eines jeden Kalendermonats aufgekündigt werden könne.
Als "Benützungsentgelt" wurde ein bestimmter monatlich zu zahlender Betrag vereinbart. Dort (Punkt 5.) findet sich folgende Vereinbarung:
"Das vorgenannte Benützungsentgelt gilt bis zum (datumsmäßig bestimmter Tag). Danach erfolgt eine Neufestsetzung für jeweils weitere 12 Monate bzw. ein Kalenderjahr.
Sollte von den Vertragsteilen bis zum (Tag, Monat) des Jahres (in einem Fall: des Folgejahres) keine Einigung über die Neufestsetzung des Benützungsentgeltes erzielt werden können, so endet der Tankstellenvertrag samt allen Nachträgen und Ergänzungen automatisch am folgenden (Tag, Monat) und zwar unabhängig der sonst gemäß Punkt 'Vertragsdauer' vereinbarten Kündigungsfrist und -form bzw. Vertragsdauer. Bis zu diesem Zeitpunkt der Vertragsbeendigung gilt das bisher festgelegte Benützungsentgelt unverändert weiter."
Mit drei Bescheiden vom 31. Mai 1999 setzte das Finanzamt für dieses Rechtsgeschäft, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 36 monatlichen Benützungsentgelten inklusive Umsatzsteuer, die Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG fest.
In ihren dagegen erhobenen Berufungen bestritt die Beschwerdeführerin die Annahme einer unbestimmten Vertragsdauer, die zu einer Bemessungsgrundlage von 36 Monaten führte. Das vereinbarte Benützungsentgelt gelte aber nur für 12 Monate (D.), drei Monate (Sch.) bzw. 12 Monate (A.). Nach den genannten Zeitpunkten sollte eine Neufestsetzung des Benützungsentgeltes für jeweils weitere 12 Monate auf der Grundlage der in Aussicht genommenen wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeit der Tankstelle in Form einer Ergänzung zum Tankstellenvertrag, die dem Finanzamt jeweils zur Anzeige gebracht werde, erfolgen. Es hätte daher nur auf der Basis von 12 bzw. drei Monaten die Rechtsgebühr vorgeschrieben werden dürfen.
Nach abweisender Berufungsvorentscheidung führte die Beschwerdeführerin in ihren Vorlegeanträgen noch aus, die Aussage im Tankstellenagenturvertrag, er sei auf "unbestimmte Zeit" abgeschlossen worden, sei im Lichte der Regelung über das Benützungsentgelt nur als Absichtserklärung zu verstehen gewesen. Bei Nichteinigung der Vertragspartner nach Ablauf des ersten Vertragsjahres sollte der Vertrag ja automatisch enden. Dies dürfe nicht mit einer Option auf Vertragsverlängerung, die einem der Vertragspartner eingeräumt werde, verwechselt werden, weil es hier einer noch zu erzielenden Willensübereinkunft der beiden Vertragspartner bedurfte. In Wahrheit werde dann jeweils ein neuer Vertrag geschlossen. Die Praxis habe auch gezeigt, dass eine derartige Willensübereinkunft immer wieder nicht erzielt worden sei und der Vertrag dann zum ursprünglichen Zeitpunkt endete. Sei es zu Folgevereinbarungen gekommen, dann seien diese stets angezeigt und vergebührt worden.
Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. Die Vertragspartner hätten ausdrücklich unter Punkt 7 einen Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Es sei der Abschluss eines neuerlichen Vertrages zur Fortführung des Vertragsverhältnisses nicht erforderlich gewesen. Unklar sei bloß das Benützungsentgelt nach Ablauf des ersten Jahres gewesen, was aber auf Grund des § 22 GebG keinerlei Auswirkung auf die Festsetzung der Gebühr hatte. Auf Grund des § 26 GebG hätte der Vertragspunkt keine Relevanz gehabt, wonach der Vertrag automatisch endete, wenn bis zu einem bestimmten Tag keine Einigung über die Neufestsetzung des Benützungsentgeltes erfolgte.
Dagegen richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht darauf verletzt erachtet, dass als Bemessungsgrundlage jeweils nur die von ihr behauptete maximale Vertragsdauer (bis zum letzten der im Punkt 5. genannten Zeitpunkte) herangezogen wird. Die Beschwerdeführerin beantragt, die Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben. In zwei Beschwerdefällen wurden Ergänzungen zum Tankstellenvertrag, beinhaltend eine Neufestsetzung des Benützungsentgeltes, samt Nachweis über die Vergebührung, vorgelegt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete zu allen drei Beschwerden eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 33 TP 5 Abs 3 GebG in der auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung BGBl I Nr 106/1999, sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht.
Die gegenständlichen Bestandverträge sind dadurch gekennzeichnet, dass einerseits (Punkt 7) eine Vertragsdauer auf unbestimmte Zeit vereinbart war, andererseits aber ein Stichtag festgelegt wurde, bis zu dem eine neue Vereinbarung über das Benützungsentgelt zu treffen war, widrigenfalls der Vertrag unabhängig von der Regelung über die unbestimmte Vertragsdauer eine fix bestimmte Zeit nach dem Stichtag endete. Die Beschwerdeführerin deutet dies dahingehend, dass nach Ablauf der bestimmten Periode bloß die Möglichkeit eines neuen Vertragsabschlusses besteht, sodass sich die schon geschlossene Vereinbarung auf eine bestimmte Vertragsdauer bezieht. Die belangte Behörde nimmt hingegen an, dass der Pachtvertrag unter einer auflösenden Bedingung auf unbestimmte Dauer abgeschlossen wurde.
Gemäß § 17 Abs. 4 GebG ist es auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von einer Genehmigung eines der Beteiligten abhängt.
Eine Bedingung ist die einem Rechtsgeschäft von den Parteien hinzugefügte Beschränkung, durch die der Eintritt oder die Aufhebung einer Rechtswirkung von einem ungewissen Umstand abhängig gemacht wird; sollen die Rechtswirkungen eines Geschäftes sofort eintreten, aber wieder aufhören, wenn und sobald ein ungewisses Ereignis eintritt, so ist das Geschäft unter einer auflösenden Bedingung (Resolutivbedingung) geschlossen (Koziol/Welser, Bürgerliches Recht12 I, 175f.).
Wie sich aus dem Punkt 7 der vorliegenden Vertragstexte eindeutig ergibt, wurden die Pachtverträge auf unbestimmte Dauer abgeschlossen; beschränkend wurde in Punkt 5 vereinbart, dass nach Ablauf einer bestimmten Periode bei Nichteinigung über den Preis das Vertragsverhältnis unabhängig von der in Punkt 7 vereinbarten Vertragsdauer eine gewisse Zeit danach beendet werden soll. Damit ist aber diese Nichteinigung über den Preis jener ungewisse Umstand, der das schon wirksam abgeschlossene Geschäft zur Auflösung bringen kann.
Die Auffassung der Beschwerdeführerin, hier liege ein Vertragsverhältnis vor, das nicht länger als 18 (in zwei Fällen) bzw. 12 (in einem Fall) Monate dauern könne, sodass in der Folge stets neue Verträge abgeschlossen würden, lässt sich mit dem vorliegenden Vertragstext nicht in Einklang bringen. Abgesehen von der ausdrücklichen Regelung im Punkt 7 wird ja auch im Punkt 5 klar zum Ausdruck gebracht, dass eine längerfristige Bindung angestrebt ist, wobei nur der Preis nach den jeweiligen Erfahrungen einer Periode angepasst werden soll. Wohl ist der Preis ein wesentlicher Bestandteil; im 7 Seiten langen Vertragswerk werden aber auch - um nur die Überschriften zu zitierten - der Vertragsgegenstand, die Betriebszeiten, die Provisionen, die Besicherungen, die Gewerbeberechtigung und die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen, die Vertragsdauer, die Warenanforderung, die Warenübernahme und Reklamationen, die Betriebskosten, der Eigentumsvorbehalt, die Agenturabrechnung, der Eigenbedarf, Markenzeichen und Werbung, die Buchführungs- und Informationspflicht, die Instandhaltung, die Versicherung, die vorzeitige Vertragsauflösung, allgemeine Lieferbedingungen und schließlich die Schulung geregelt.
Von einem "neu begründeten Vertragsverhältnis" kann bei der bloßen Möglichkeit der Preisanpassung keine Rede sein; Derartiges hätte man ohne Weiteres dadurch erreichen können, dass man von vorherein eine bestimmte Dauer vereinbart, ohne auf zukünftige Entwicklungen abzustellen. Im Rahmen ihrer Dispositionsfreiheit wären in einem solchen Fall die Parteien ja nicht gehindert, daran anschließend eine neue Vereinbarung abzuschließen. Dieser Weg wurde aber nicht gewählt, weil eben von Anfang an eine längerfristige Bindung - wenn auch mit der im Punkt 7 vereinbarten Kündigungsmöglichkeit - von beiden Vertragsparteien gewollt war.
Vielmehr wurde hier durch die Preisklausel im Punkt 5 des Vertrages ein ungewisser Umstand geschaffen, der den auf unbestimmte Dauer abgeschlossenen Vertrag zur Auflösung bringt. Diese Bedingung hat aber in Anwendung des § 17 Abs. 4 GebG auf die Entstehung der Gebührenschuld keinen Einfluss. Die Bewertung mit dem Dreifachen des Jahreswertes erfolgte somit zu Recht.
Die Beschwerden erwiesen sich daher als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Da die Schriftsätze der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und es sich beim geltend gemachten subjektiven Recht nicht um "civil rights" im Sinne des Artikels 6 EMRK handelt (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1987, Zl. B267/86, VfSlg. 11500, sowie das Urteil des EGMR vom 12. Juli 2001, 44759/98,
Ferrazzini/Italien), konnte von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 7. August 2003
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000160322.X00Im RIS seit
08.09.2003Zuletzt aktualisiert am
16.05.2013