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22/01 Jurisdiktionsnorm;Norm
GGG 1984 §18 Abs2 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der W Privatstiftung in Salzburg, vertreten durch Dr. Christoph Brandweiner, Rechtsanwalt in Salzburg, Reichenhallerstraße 9, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 26. März 2003, Jv 221-33/2003-5, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die beschwerdeführende Privatstiftung erhob mit Schriftsatz vom 8. August 1997 beim Bezirksgericht Salzburg gegen die C. GmbH Klage wegen Zahlung und Räumung eines näher bezeichneten Bestandobjektes in Salzburg. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 11. Dezember 1997 schlossen die Streitparteien eine gerichtlichen Vergleich, in dessen Punkt 1.) die beklagte Partei sich verpflichtete, das Bestandobjekt bis längstens 31. Dezember 1997 zu räumen. Punkt 2. des Vergleichs lautet:
Die klagende Partei verpflichtet sich, vom Räumungstitel nicht Gebrauch zu machen, wenn die beklagte Partei den Mietzins für Dezember 1997 in Höhe von S 53.220,-- (einschließlich monatlicher Betriebskosten laut Mietvertrag (netto S 44.450,-- und Mehrwertsteuer von S 8.850,--)) bis längstens 20.12.1997 an die klagende Partei bezahlt und des weiteren die ab Jänner 1998 fälligen monatlichen Mietzinse (samt Betriebskosten wie in Punkt 1) jeweils am Monatsersten bei 5-tägigem Respiro an die klagende Partei entrichtet, und zwar bis einschließlich Juni 1998. Dieser Verzicht gilt nicht mehr, wenn auch nur eine der angeführten Zahlungen nicht pünktlich geleistet wird.
Mit Zahlungsauftrag vom 12. Dezember 2002 wurde der Beschwerdeführerin eine restliche Pauschalgebühr von S 90.833,-- und Einhebungsgebühr vorgeschrieben.
Gegen diesen Zahlungsauftrag wurde ein Berichtigungsantrag erhoben. In einer ergänzenden Eingabe vom 11. März 2003 wurde von der Beschwerdeführerin insbesondere ausgeführt, der gegenständliche Vergleich enthalte eine klare zeitliche Begrenzung bis Juni 1998. Maßgeblich sei nur das auf den Zeitraum zwischen Dezember 1997 und Juni 1998 entfallende Entgelt. Demgemäß erhöhe sich die Bemessungsgrundlage von S 486.930,-- um S 372.540,-- auf S 859.470,--. Im Übrigen werde bestritten, dass im Vergleich eine Vereinbarung zur Zahlung des Mietzinses über den Räumungstermin hinaus geschlossen worden sei. Die Beschwerdeführerin habe lediglich erklärt, unter bestimmten Voraussetzungen auf die Räumung zu verzichten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berichtigungsantrag abgewiesen. In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, im Vergleich sei in Form einer Abänderung eine Mietzinsvereinbarung getroffen worden. Nach der Klagsschrift sei eine monatliche Miete samt Mehrwertsteuer und Betriebskosten von S 58.200,-- vereinbart gewesen. In Punkt 2. des Vergleichs werde indirekt die Zahlung eines Mietzinses von S 53.220,-- vereinbart. Damit sei eine über den Räumungszeitpunkt hinausgehende Vereinbarung eines Mietzinses abgeschlossen worden. Für den Fall der Bezahlung des Mietzinses für Juni 1998 könne vom Räumungstitel kein Gebrauch mehr gemacht werden, weil dieser nicht mehr in Vollzug gesetzt werden könne. Da der Klage ein unbefristetes Mietverhältnis zu Grunde liege, bestehe für den Fall der Bezahlung des Mietzinses für Juni 1998 jedenfalls die Verpflichtung für die beklagte Partei, den abgeänderten Mietzins von S 53.220,-- weiterhin zu bezahlen.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin durch die Vorschreibung einer Gerichtsgebühr unter Zugrundelegung einer zehnfachen Jahresmietzinses, ausgehend vom monatlichen Mietzins von S 53.220,--, in ihren Rechten verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Wird der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr nach § 18 Abs 2 Z 2 GGG unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen.
Nach ständiger hg Rechtsprechung kommt es auf die im Vergleich übernommenen Verpflichtungen an (vgl Tschugguel/Pötscher, Die Gerichtsgebühren7, § 18 GGG, E 11 und die dort wiedergegebene hg Rechtsprechung). Die Verwendung des Wortes "verpflichtet" ist dabei zur Auslösung der Gebührenpflicht nicht erforderlich. Die Verpflichtung kann auch durch eine andere Formulierung ausgedrückt werden (vgl Tschugguel/Pötscher, aaO, E 16). Ungeachtet der Formulierung des Punktes 2. des vorliegenden Vergleichs, wonach sich die klagende Partei verpflichtete, vom Räumungstitel keinen Gebrauch zu machen, wenn die beklagte Partei den Mietzins für die dort näher bestimmten Zeiträume entrichtet, stellen diese Mietzinszahlungen der beklagten Partei nach dem Gesamtzusammenhang der Vereinbarung - nach deren zweiten Satz der Verzicht der klagenden Partei nicht mehr gilt, wenn auch nur eine der angeführten Zahlungen nicht pünktlich geleistet wird - ohne Zweifel im Sinne des § 18 Abs 2 Z 2 GGG eine Leistung (der beklagten Partei) dar, deren Wert das Klagebegehren übersteigt.
Wird in einem Vergleich, in dem sich der Beklagte zur Räumung des Bestandobjektes bis zu einem bestimmten Zeitpunkt verpflichtet hat, die Zahlung des Benützungsentgelts ohne datumsmäßige Fixierung eines Endtermins vereinbart, so ist als Bemessungsgrundlage für die Verpflichtung zur Leistung des Benützungsentgelts nach ständiger hg Rechtsprechung der zehnfache Wert der Jahresleistung heranzuziehen (vgl zB das hg Erkenntnis vom 23. Oktober 2002, Zl 2002/16/0226 mwH). Eine derartige Vereinbarung wurde aber in dem dem Beschwerdefall zu Grunde liegenden gerichtlichen Vergleich gerade nicht getroffen:
Gegenstand des Punktes 2. des Vergleichs sind Mietzinszahlungen bestimmter Höhe für Dezember 1997 und über den Räumungstermin 31. Dezember 1997 hinaus; es wurde jedoch ein Endtermin (Juni 1998) für diese Zahlungen fixiert. Die von der belangten Behörde vorgenommene Heranziehung des zehnfachen Jahresbetrages entspricht somit nicht dem Gesetz. Daran ändern auch nichts die von der belangten Behörde angestellten Überlegungen darüber, dass vom Räumungstitel für den Fall, dass die Mietzinszahlung für Juni 1998 geleistet werde, kein Gebrauch gemacht werden könne. Vielmehr kommt es allein auf den Umfang der zum Gegenstand des Vergleichs gemachten Leistungen an.
Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr. 333/2003. Da im pauschalierten Schriftsatzaufwand bereits Umsatzsteuer enthalten ist, ist das Begehren um Zuspruch eines weiteren Betrages für "20 % USt" nicht begründet.
Wien, am 7. August 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003160083.X00Im RIS seit
09.09.2003