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L72004 Beschaffung Vergabe Oberösterreich;Norm
LVergG OÖ 1994 §31 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der I Unternehmensberatung GmbH in W, vertreten durch Dr. Stephan Heid, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 88/7, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 28. Juni 2001, Zl. VwSen-550044/3/Gf/Km, betreffend Nachprüfungsverfahren nach dem OÖ Vergabegesetz 1994 (mitbeteiligte Partei: Land Oberösterreich, vertreten durch Saxinger Chalupsky Weber & Partner, Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Europaplatz 7), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 5. Juni 2001 wurde gegenüber der beschwerdeführenden Partei wie folgt abgesprochen:
"1. Der Antrag vom 28.8.2000 auf Nichtigerklärung der Zuschlagserteilung des Landes Oberösterreich im Zusammenhang mit der Ausschreibung 'Beschaffung einer Firmenlizenz für Computer Based Training in den Bereichen Win 95 / 98 / NT - Bedienung der Oberfläche und MS Office 97 Professional' wird gemäß § 61 Abs. 4 Oö. Vergabegesetz als unzulässig zurückgewiesen.
2. Der Antrag vom 28.8.2000 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wird gemäß §§ 58, 59 und 60 Oö. Vergabegesetz als unzulässig zurückgewiesen.
3. Der Antrag vom 6.12.2000 auf Feststellung gemäß § 61 Abs. 4 Oö. Vergabegesetz wird gemäß § 59 Abs. 2 Oö. Vergabegesetz als unzulässig zurückgewiesen."
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren am 13. September 2000 erteilt worden sei und eine Nichtigerklärung nach Zuschlagserteilung nicht mehr in Betracht komme. Nach Abschluss des Vergabeverfahrens durch die Zuschlagserteilung könne eine einstweilige Verfügung nicht mehr erlassen werden. Der Feststellungsantrag sei erst nach Ablauf der im § 61 Abs. 4 OÖ Vergabegesetz, LGBl. Nr. 59/1994, i.d.F. LGBl. Nr. 45/2000, (im Folgenden: OÖ VergG 1994) gestellt worden, weil die beschwerdeführende Partei am 15. September 2000 von der Zuschlagserteilung Kenntnis erlangt habe und der Feststellungsantrag daher spätestens bis 27. Oktober 2000 hätte gestellt werden müssen.
Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid
wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides vertritt die belangte Behörde die Auffassung, dass der Antrag auf Nichtigerklärung unzulässig sei, weil die beschwerdeführende Partei entgegen § 31 Abs. 3 OÖ VergG 1994 keine Mitteilung über die Gründe der Nichtberücksichtigung ihres Angebotes verlangt habe. Da eine einstweilige Verfügung nur bis zur Zuschlagserteilung erlassen werden könne, habe danach keine einstweilige Verfügung mehr erlassen werden können. Der Feststellungsantrag sei offenkundig verspätet, weil die diesbezüglich im § 59 Abs. 2 OÖ VergG 1994 normierte Sechswochenfrist bereits mit Ablauf des 27. Oktober 2000 geendet habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird als "Beschwerdepunkt" geltend gemacht:
"Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes in ihren gesetzlich gewährleisteten subjektiven Rechten verletzt. Der Bescheid leidet insbesondere an der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften."
Dazu ist auszuführen, dass von der bestimmten Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkt; § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG), die Beschwerdegründe (§ 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG) und die Aufhebungstatbestände des § 42 Abs. 2 VwGG zu unterscheiden und mit ihm nicht zu verwechseln sind. Dem Erfordernis des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG der bestimmten Bezeichnung des verletzten Rechtes (Beschwerdepunkt) ist aber auch dann entsprochen, wenn der Inhalt der Beschwerde insgesamt (einschließlich der Sachverhaltsdarstellung) klar erkennen lässt, in welchem Recht sich der Beschwerdeführer verletzt erachtet (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, Slg. Nr. 11.525/A, u.a.). Im Sinne des zuletzt Gesagten ist aber klar zu erkennen, dass sich die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht auf Nichtzurückweisung ihres Antrages auf Nichtigerklärung der Zuschlagserteilung durch die mitbeteiligte Partei verletzt erachtet. Als Beschwerdegründe wird nämlich geltend gemacht:
"Das angefochtene Erkenntnis ist gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit a und c VwGG wegen Aktenwidrigkeit aufzuheben, da die in den gegenständlichen Verwaltungsakten aufliegenden Unterlagen eindeutig und offenkundig den Feststellungen im Erkenntnis widersprechen.
Der UVS begründet seine Rechtsansicht damit, dass die Beschwerdeführerin durch das Unterlassen einer schriftlichen Aufforderung zur Mitteilung über die Gründe der Nichtberücksichtigung ihres Angebotes gemäß § 31 Abs 4 OÖ VergG eine unabdingbare Prozessvoraussetzung nicht erfüllt habe. Aus diesem Grund müsse über die Frage der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags vom 28.8.2000 nicht entschieden werden. Als Entscheidungsgrundlage zieht der UVS in Punkt 3.2.2.1. und 3.2.2.2. des angefochtenen Erkenntnisses die Schreiben des Amtes des oberösterreichischen Landesregierung vom 10. August 2000 sowie den durch den Rechtsanwalt der Beschwerdeführerin am 28.10.2000 eingebrachten Nachprüfungsantrag heran.
Die Rechtsansicht des UVS, der Nachprüfungsantrag sei unmittelbar eingebracht worden, widerspricht aber eindeutig den in den Verwaltungsakten aufliegenden Unterlagen. Der UVS hat offensichtlich das Schreiben des Rechtsanwalts der Beschwerdeführerin vom 18.8.2000 übersehen. Dieses Schreiben war dem Nachprüfungsantrag vom 28.8.2000 als Beilage./4 beigelegt.
Dazu kommt, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Nachprüfungsantrag vom 28.8.2000 in Punkt 1.6 explizit darauf hingewiesen hat, dass das nach den Bestimmungen des OÖ VergG erforderliche Vorverfahren eingeleitet wurde. In Punkt 1.7 wird wörtlich darauf hingewiesen, dass 'im Ergebnis daher gemäß § 59 OÖVergG festzuhalten ist, dass das Amt der OÖ Landesregierung trotz der von der Antragstellerin gerügten Vergabeverstöße und der Benachrichtigung von der beabsichtigten Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens offensichtlich an seinem vergabewidrigen Verhalten weiter festhält'. Weiters wird in 1.7 festgehalten, dass die Beschwerdeführerin eine Mitteilung gemäß § 31 Abs 4 OÖ VergG begehrt hat und daher auch diesbezüglich die prozessualen Voraussetzungen in § 59 OÖ VergG erfüllt hat.
Der UVS hat sich somit bei der Sammlung bzw der Verwertung der für seine Entscheidung maßgeblichen Unterlagen mit dem Akteninhalt hinsichtlich der im Verwaltungsakt festgehaltenen Tatsachen in Widerspruch gesetzt. Der UVS hätte bei Vermeidung der ihm unterlaufenen Aktenwidrigkeit die Zulässigkeit des gegen die Zuschlagsentscheidung eingebrachten Nachprüfungsantrages vom 28.8.2000 zu prüfen, diese bejahen und damit zu einem anderen Erkenntnis gelangen müssen. Die Aktenwidrigkeit betrifft somit im konkreten Fall einen wesentlichen Punkt, da der UVS nach einer Sachverhaltsfeststellung, die von der Aktenlage gedeckt ist, der Berufung der Beschwerdeführerin stattzugeben gehabt hätte."
Die Beschwerde ist im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes nicht begründet:
Gemäß § 58 Abs. 1 des im Beschwerdefall noch anzuwendenden OÖ VergG 1994 kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines diesem Landesgesetz unterliegenden Vertrages mit einem Auftraggeber behauptet, die Nachprüfung einer Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, wenn ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
Nach § 59 Abs. 1 OÖ VergG 1994 ist, sofern nicht die Zuschlagsentscheidung bekämpft wird, ein Nachprüfungsantrag vor erfolgter Zuschlagserteilung nur zulässig, wenn der betreffende Unternehmer den Auftraggeber von der behaupteten Rechtswidrigkeit und der beabsichtigten Antragstellung nachweislich unterrichtet hat und der Auftraggeber nicht innerhalb von zwei Wochen die behauptete Rechtswidrigkeit beseitigt hat. Der Nachprüfungsantrag ist binnen weiterer zwei Wochen nach Ende dieser Frist einzubringen. Ein Nachprüfungsantrag, der sich gegen die Zuschlagsentscheidung richtet, ist nur zulässig, wenn der Antragsteller eine Mitteilung gemäß § 31 Abs. 4 beantragt hat und ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Mitteilung einzubringen.
Nach dem Abs. 1a dieser Gesetzesstelle ist die Zuschlagserteilung in der Zeit zwischen der Zuschlagsentscheidung und dem Ende der Frist für die Einbringung eines dagegen gerichteten Nachprüfungsantrages (Abs. 1 letzter Satz) unzulässig.
Gemäß § 59 Abs. 2 OÖ VergG 1994 ist der Antrag nach erfolgter Zuschlagserteilung spätestens sechs Wochen ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von der Zuschlagserteilung zu stellen.
Gemäß § 61 Abs. 1 OÖ VergG 1994 ist eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene Entscheidung eines Auftraggebers für nichtig zu erklären, wenn
1. diese im Widerspruch zu den Bestimmungen dieses Landesgesetzes oder einer auf Grundlage dieses Landesgesetzes ergangenen Verordnung steht und
2. für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.
Nach dem Abs. 4 dieser Gesetzesstelle kommt eine Nichtigerklärung nach erfolgter Zuschlagserteilung nicht mehr in Betracht. Es ist jedoch festzustellen, ob eine behauptete Rechtsverletzung gemäß Abs. 1 vorliegt und deswegen der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde. Auf Antrag des Auftraggebers ist dabei auch auszusprechen, ob der Antragsteller auch ohne die festgestellte Rechtsverletzung keine echte Chance auf die Zuschlagserteilung gehabt hätte.
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist nicht strittig, dass die Zuschlagserteilung bereits am 13. September 2000 erfolgt ist. War damit aber der Zuschlag erteilt, kam, wie sich aus § 61 Abs. 4 OÖ VergG 1994 zweifelsfrei ergibt, in den zeitlich danach liegenden Zeitpunkten eine Nichtigerklärung von im Zuge des Vergabeverfahrens ergangenen Entscheidungen des Auftraggebers nicht mehr in Betracht; zulässig war vielmehr lediglich die Feststellung, ob eine behauptete Rechtsverletzung vorlag und deswegen der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 2000, 2000/04/0033).
Selbst bei Zutreffen des von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachten Beschwerdegrundes, dass sie vor ihrem Nachprüfungsantrag eine Mitteilung gemäß § 31 Abs. 4 OÖ VergG 1994 verlangt habe, wurde sie durch die im Instanzenzug ergangene Zurückweisung ihres Antrages auf Nichtigerklärung in ihrem geltend gemachten Recht nicht verletzt. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 8. August 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001040130.X00Im RIS seit
09.09.2003