TE Vwgh Erkenntnis 2003/8/8 2002/04/0100

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Veröffentlicht am 08.08.2003
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Index

50/01 Gewerbeordnung;
95/08 Sonstige Angelegenheiten der Technik;

Norm

GewO 1994 §94 Z6;
IngG 1990 §4 Abs1 Z1 litb;
IngGDV 1991/244 §2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des M in R, vertreten durch Mag. Walter Brunner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 23. Mai 2002, Zl. 91.508/31089-I/3/02, betreffend Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur", zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführer auf Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Z. 1 des Ingenieurgesetzes 1990, BGBl. Nr. 461, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 136/2001, abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es auszugsweise:

"...

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30. September 1997, Zahl 97/04/0118, feststellte, muss die erforderliche Berufspraxis überwiegend Tätigkeiten zum Gegenstand haben, die jenen Lehrinhalten entsprechen, die das Spezifikum (Fachrichtung) jener höheren technischen Lehranstalt darstellen, die vom Antragsteller mit Ablegung der Reifeprüfung absolviert wurde.

Eine Praxis im Sinne des Ingenieurgesetzes kann demnach nur eine solche berufliche Betätigung sein, die auf die durch die Absolvierung der jeweiligen Fachrichtung erworbenen Kenntnisse abstellt.

Aus der Stundentafel Ihres Reifeprüfungszeugnisses ist erkennbar, dass neben den allgemein-bildenden Fächern der Schwerpunkt der Ausbildung in den Gegenständen Baukonstruktion, Gebäudelehre, Statik, Stahlbetonbau, Stahl- und Holzbau, Tiefbau, Vermessungswesen, Baubetrieb, Baustile, Bauzeichnen und Konstruktionsübungen, Entwurfszeichnen, Freihandzeichnen und Modellbau gelegen war.

Die geltend gemachte Berufspraxis bei der T Brandschutz & Sicherheitstechnik GmbH hat nicht überwiegend Tätigkeiten zum Gegenstand, die das Spezifikum des Fachgebietes 'Bautechnik - Hochbau' darstellen, sondern überwiegend gewerbliche Tätigkeiten die im Bereich der Gewerbeberechtigung der Gewerbe für 'Anbieten persönliche Dienste, des Handelsgewerbes sowie Wärme-, Kälte-, Schall- und Branddämmer gemäß § 94 Z. 6 GewO 1994 i.d.g.F., eingeschränkt auf den Branddämmer als eigentümlich zu bezeichnen sind.

Ein Anhaltspunkt dafür, dass ein Fachspezifikum Ihrer Ausbildung auch in diesen Bereichen gewesen wäre, ist aus der Stundentafel nicht erkennbar.

Die geltend gemachte Berufspraxis bei der T Brandschutz & Sicherheitstechnik GmbH kann daher den Erfordernissen des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. b Ingenieurgesetz 1990 als nicht entsprechend angesehen werden, da sie nur einen kleinen Bereich jener Tätigkeiten abdeckt, welche höhere ingenieurmäßige Fachkenntnisse auf dem Fachgebiet 'Bautechnik - Hochbau' voraussetzen.

Der Aufgabenbereich der Hochbautechniker umfasst die Konstruktion von Bauwerken des Hochbaues. Im Hochbau planen und konstruieren Bautechniker Bauwerke, die über Niveau liegen, z. B. Wohn-, Verwaltungs-, Büro-, Krankenhaus- und Industriebauten. Dabei werden technische Berechnungen (z.B. Tragfähigkeit der Bauwerke, Materialbedarfsermittlung) durchgeführt. Die Darstellung der Projektes erfolgt in Form von Plänen, die anschließend bei der Baubehörde zur Genehmigung eingereicht werden. Zur Bauausführung werden Polierpläne sowie Biegepläne für Bewehrungen (Stahleinlagen im Beton) erstellt. Dise Zeichentätigkeit erfolgt am Computer (CAD).

Darüber hinaus werden die Bautechniker bei der Bauausführung (Bauleitung, Baumanagement, Baukalkulation, Bauabrechnung) sowie bei der Bauüberwachung (Kontrolle der Bauausführung durch den Bauherrn) eingesetzt.

Demzufolge obliegt Ihnen die Ausarbeitung der Entwürfe von Gebäuden und baulichen Anlagen, deren baubehördliche Genehmigung vorzubereiten, die erforderlichen bautechnischen Details zu planen, die Angaben der Baunebengewerbe zu integrieren, für die Bauherrschaft treuhändisch durch Ausschreibung, Anbotseinholung und Vergabe tätig zu werden, Baustellen zu leiten und die Kollaudierung zu erwirken.

Solche anrechenbare Tätigkeiten, die höhere Fachkenntnisse des Fachgebietes Hochbau voraussetzen, gehen aus der von Ihnen vorgelegten Unterlage nicht hervor und wurden von Ihnen auch nicht gemacht.

Da somit die Voraussetzungen für die Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung 'Ingenieur' hinsichtlich der Berufspraxis bei der T Brandschutz & Sicherheitstechnik GmbH nicht gegeben ist, war Ihr Antrag abzuweisen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Auf die Erstattung einer Gegenschrift wurde verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, im Reifeprüfungszeugnis des Beschwerdeführers sei neben allgemeinbildenden Fächern der Schwerpunkt u.a. in den Gegenständen Baukonstruktion, Gebäudelehre, Baubetrieb und Bauzeichnung gelegen gewesen, und ein wesentlicher Bestandteil der Baukonstruktion und Gebäudelehre sei der Brandschutz. Es könne auf jedem Fall davon gesprochen werden, dass sich der vermittelte Lehrinhalt der höheren technischen Lehranstalt, mit Fachgebiet Bautechnik - Hochbau, mit dem Gebiet der Berufspraxis des Beschwerdeführers in ausreichendem Maße decke. Der Beschwerdeführer sei als Bautechniker bei der Firma T Brandschutz & Sicherheitstechnik GmbH in nicht unbeträchtlichem Maße für die Bauausführung (Bauleitung) und hauptsächlich als Bindeglied zwischen Architekten und "Ausführenden" bzw. für die Koordination der Ausführungen zuständig gewesen. Er habe die technischen Berechnungen durchgeführt und sei insbesondere auch für die Überprüfung der Tragfähigkeitsnachweise, die Materialbedarfsermittlung sowie für die Bauleitung, das Baumanagement, die Baukalkulation, die Bauabrechnung und für die Bauüberwachung zuständig gewesen. Er habe auch die Aufgabe gehabt, die Polierpläne zu Brandschutzplänen zu überarbeiten, die dann in weiterer Folge der Behörde vorgelegt worden seien. Auf Grund der tatsächlich durchgeführten Arbeiten ergebe sich, dass der Beschwerdeführer ausschließlich Tätigkeiten durchgeführt habe, die das Spezifikum des Fachgebietes Bautechnik - Hochbau darstellten. Wenn die belangte Behörde darauf abstelle, dass er überwiegend Tätigkeiten im Bereich der Brandschutzdämmung gesetzt habe, so irre die Behörde in doppelter Hinsicht. Einerseits gebe es kein eigenes spezifisches Fachgebiet Branddämmung, sondern stelle dieser Begriff einen spezifischen Überbegriff für sämtliche Teilgebiete des Fachgebietes Bautechnik - Hochbau, gesehen aus dem Blickwinkel des Brandschutzes, dar. Obwohl sein Zielerfolg und Auftrag die Branddämmung gewesen sei, habe er Materialbedarfsermittlung, Tragfähigkeitsnachweisberechnung, Bauüberwachung etc. durchzuführen gehabt, um eben seinen Auftrag im spezifischen Tätigkeitsbereich zu erfüllen. Die belangte Behörde irre weiters, wenn die von ihr angeführte Tätigkeit "nur hinsichtlich des grundsätzlichen Erbauens eines Bauobjektes als vorliegend gediegen ansieht". Selbst wenn der Beschwerdeführer z.B. nur mit der Verschönerung eines Bauobjektes beauftragt wäre und er hiefür, nämlich für die visuelle Gestaltung der Außenfassade Materialbedarfsermittlungen, Tragfähigkeitsberechnungen etc., durchführen würde, hätte er im Sinne des vorliegenden Gesetzes überwiegend Tätigkeiten des Fachgebietes Bautechnik - Hochbau erfüllt. Im gegenständlichen Fall habe der Beschwerdeführer in noch wesentlich subtileren und qualitativ hochwertigeren Bereichen der Bautechnik - Hochbau gearbeitet, nämlich durch die Ausführung der grundsätzlichen Spezifika dieses Fachgebietes, aufgewertet durch die zusätzliche Anwendung von Brandschutzbestimmungen und Brandschutzerfordernissen, sodass gerade dem Beschwerdeführer mehr als jedem anderen Hochbautechniker der Titel Ingenieur zu verleihen sei.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990 ist die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" Personen zu verleihen, die

a) die Reifeprüfung nach dem Lehrplan inländischer höherer technischer oder höherer land- und forstwirtschaftlicher Lehranstalten erfolgreich abgelegt und

b) eine mindestens dreijährige Berufspraxis absolviert haben, die höhere Fachkenntnisse auf dem Fachgebiet voraussetzt, auf dem die Reifeprüfung abgelegt wurde.

Nach § 2 der zum Ingenieurgesetz 1990 ergangenen Durchführungsverordnung BGBl. Nr. 244/1991 ist eine berufliche Tätigkeit anzurechnen, wenn sie erlaubt und selbständig oder in einem Dienstverhältnis ausgeübt wurde und in überwiegendem Maße höhere Fachkenntnisse des Fachgebietes voraussetzt.

Aus dieser Rechtslage ergibt sich zweifelsfrei, dass die für die Verleihung des Ingenieurtitels erforderliche Berufspraxis überwiegend Tätigkeiten zum Gegenstand haben muss, die jenen Lehrinhalten entsprechen, die das Spezifikum (Fachwissen) jener höheren technischen oder höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalt darstellen, die vom Antragsteller mit Ablegung der Reifeprüfung absolviert wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, Zl. 97/04/0118).

Dass ein Fachspezifikum der Ausbildung des Beschwerdeführers auch im Bereich der Tätigkeit eines "Branddämmers" gewesen wäre, hat die belangte Behörde verneint, was auf dem Boden des Beschwerdevorbringens nicht als rechtswidrig zu beanstanden ist, und zwar auch nicht, wenn die belangte Behörde (im Wesentlichen) davon ausgehend das Vorliegen der Voraussetzungen für die Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" als nicht gegeben erachtete.

Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen, mag es nun wohl zutreffen, dass die in der Ausbildung erworbenen Fähigkeiten eine Grundlage für die ordnungsgemäße und fachgerechte Ausführung der beruflichen Tätigkeiten des Beschwerdeführers bilden. Ungeachtet dessen ist aber an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu erinnern, dass Tätigkeiten, die typischerweise im Rahmen eines Gewerbes, für dessen Antritt nicht eine entsprechende höhere Ausbildung gefordert ist, ausgeübt werden, in der Regel nicht als höherwertige Tätigkeit im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. b Ingenieurgesetz 1990 angesehen werden können. Damit ist zwar nicht gesagt, es wäre ausgeschlossen, dass im Rahmen eines Gewerbebetriebes tatsächlich Tätigkeiten verrichtet werden, die höhere Fachkenntnisse erfordern. In einem solchen Fall ist es allerdings Sache des Antragstellers, konkret darzutun, dass und aus welchen Gründen dies zutrifft (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. April 2003, Zl. 2001/04/0172).

Davon ausgehend ist jedenfalls dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht konkret zu entnehmen, dass die von ihm im Rahmen des Gewerbebetriebes verrichteten Tätigkeiten, die abweichend vom Regelfall höhere Fachkenntnisse entsprechend der von ihm absolvierten Ausbildung erfordern, auch solche sind, die den überwiegenden Teil der vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeiten bildeten. Die Behauptung, der Begriff Branddämmung stelle einen spezifischen Überbegriff für sämtliche Teilgebiete des Fachgebietes Bautechnik - Hochbau dar, ist in diesem Zusammenhang nicht ausreichend. Vielmehr bedarf es konkreter Ausführungen betreffend die ausgeübten Tätigkeiten und jene Umstände, denen das Erfordernis höherer Fachkenntnisse zu ihrer Ausübung zu entnehmen ist, und zwar (auch) in Relation damit, dass solche Tätigkeiten den überwiegenden Teil der vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeiten zu bilden haben. Das Gleiche hat hinsichtlich der Behauptung zu gelten, im gegenständlichen Fall habe der Beschwerdeführer in noch wesentlich subtileren und qualitativ hochwertigeren Bereichen der Bautechnik - Hochbau (als ein mit der visuellen Gestaltung der Außenfassade Beauftragter) gearbeitet, nämlich durch die Ausführung der grundsätzlichen Spezifika dieses Fachgebietes, aufgewertet durch die zusätzliche Anwendung von Brandschutzbestimmungen und Brandschutzerfordernissen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 8. August 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002040100.X00

Im RIS seit

09.09.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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