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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §14 Abs1 idF 2000/I/142;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der C in F, vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 9/II, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol vom 23. November 2001, Zl. LGSTi/V/1212/1322 01 06 79-702/2001, betreffend Zuerkennung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin stellte am 4. Oktober 2001 einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld.
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 6. November 2001 wurde diesem Antrag gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 iVm § 14 Abs. 1 zweiter Satz AlVG mangels Erfüllung der Anwartschaft keine Folge gegeben. Begründend wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe bereits mit 23. Oktober 2001 wieder ein Dienstverhältnis aufgenommen.
In ihrer Berufung gegen diesen Bescheid führte die Beschwerdeführerin aus, dem Arbeitsmarktservice sei von Anfang an bekannt gewesen, dass sie am 23. Oktober 2001 wieder ihre Tätigkeit aufnehmen werde. Die Beschwerdeführerin habe eine schriftliche Wiedereinstellungszusage vorgelegt. Der Beschwerdeführerin hätte das Arbeitslosengeld zuerkannt werden müssen, da die Wiedereinstellung auf ihre eigenen Bemühungen und ohne Hilfe seitens des Arbeitsmarktservice erfolgt sei.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe die Voraussetzung des § 14 Abs. 1 zweiter Satz Z 1 AlVG, innerhalb der letzten 12 Monate vor Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld zumindest 26 Wochen (182 Tage) arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigungszeiten im Inland nachzuweisen, erfüllt. Zum Zeitpunkt der Beantragung des Arbeitslosengeldes habe sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt. Gemäß § 14 Abs. 1 zweiter Satz Z 2 AlVG sei es jedoch zudem erforderlich, dass das Arbeitsmarktservice auch unter weitestmöglichem Einsatz von Förderungsmitteln binnen vier Wochen weder eine Arbeitsaufnahme noch den Eintritt in eine geeignete arbeitsmarktpolitische Maßnahme vermitteln könne. Dies bedeute, dass dann, wenn es dem Arbeitsmarktservice gelinge, innerhalb von vier Wochen den Arbeitslosen zu vermitteln oder ihn in eine geeignete Maßnahme einzubeziehen, der Antrag mangels Erfüllung der Anwartschaft gemäß § 14 Abs. 1 AlVG abzuweisen sei. Analog sei in jenen Fällen vorzugehen, in denen der Antragsteller innerhalb von vier Wochen eine selbstgefundene Beschäftigung beginne (wie im vorliegenden Fall). Das Kriterium (Arbeitsaufnahme oder Maßnahme) entfalle nur dann, wenn der Arbeitslose innerhalb der Vier-Wochen-Frist die Aktivitäten des Arbeitsmarktservice nicht nützen könne, weil die Frist z.B. durch Krankheit überschritten werde. Der Umstand, dass die Wiedereinstellung der Beschwerdeführerin auf ihre eigenen Bemühungen zurückgehe und ohne Hilfe des Arbeitsmarktservice erfolgt sei, könne daher nicht zum Ziel führen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 14 Abs. 1 AlVG in der hier zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 142/2000 hat folgenden Wortlaut:
"Anwartschaft
§ 14. (1) Bei der erstmaligen Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes ist die Anwartschaft erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten 24 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 52 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Handelt es sich jedoch um einen Arbeitslosen, der das Arbeitslosengeld vor Vollendung des 25. Lebensjahres beantragt, ist die Anwartschaft erfüllt, wenn
1. der Arbeitslose in den letzten zwölf Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 26 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war, wobei höchstens 16 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtige Zeiten nach § 35 Abs. 2 des Arbeitsmarktservicegesetzes, BGBl. Nr. 313/1994, herangezogen werden dürfen, und
2. ihm das Arbeitsmarktservice auch unter weitestmöglichem Einsatz von Förderungsmitteln binnen vier Wochen weder eine Arbeitsaufnahme noch den Eintritt in eine geeignete arbeitsmarktpolitische Maßnahme ermöglicht."
Die Beschwerdeführerin war in den letzten 24 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches nicht 52 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt. Sie macht aber geltend, die begünstigte Anwartschaft für Jugendliche gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 und 2 AlVG erworben zu haben, wobei nicht strittig ist, dass die Beschwerdeführerin innerhalb von vier Wochen ab Beginn der Arbeitslosigkeit wieder eine Beschäftigung angetreten hat.
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist aber strittig, ob auch die Aufnahme einer Beschäftigung, die nicht auf Aktivitäten des Arbeitsmarktservice zurückging, die Erfüllung der Anwartschaft verhindert.
Die gegenständliche Begünstigung für jugendliche Arbeitslose geht auf die Novelle zum AlVG BGBl. Nr. 364/1989 zurück. In dieser Fassung lautete die Bestimmung wie folgt:
"§ 14. (1) ... Handelt es sich jedoch um einen Arbeitslosen, der das Arbeitslosengeld vor Vollendung des 25. Lebensjahres beantragt, ist die Anwartschaft erfüllt wenn
1. der Arbeitslose in den letzten zwölf Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 20 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war, wobei höchstens zehn Wochen arbeitslosenversicherungspflichtige Zeiten nach § 25 Abs. 1 und 3 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, herangezogen werden dürfen, und
2. ihm die Arbeitsmarktverwaltung (§ 40 Abs. 1 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes) auch unter weitestmöglichem Einsatz von Förderungsmaßnahmen im Sinne des § 19 Abs. 1 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes keine zumutbare Beschäftigung vermitteln kann, wobei diesbezüglich der Vermittlungsausschuss des Arbeitsamtes anzuhören ist."
Die Materialien zu dieser Bestimmung (RV 986 BlgNR, 17. GP) lauten:
"Die Ergänzung im § 14 Abs. 1 soll eine Verbesserung der Anwartschaftsbestimmungen für Jugendliche bringen, die infolge ihrer kurzen Erwerbstätigkeit nach Ende ihrer Schulausbildung oder des Studiums die normale Anwartschaft von 52 Wochen nicht erfüllen können. In diesen Fällen sollen daher 20 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung genügen, sofern dem Jugendlichen von der Arbeitsmarktverwaltung keine arbeitsmarktpolitisch sinnvolle Maßnahme zur Aus- oder Weiterbildung angeboten werden kann."
In den Materialien zur nunmehrigen Fassung (RV 311 BlgNR 21. GP, 211) ist Folgendes festgehalten:
"Bei der Jugendanwartschaft sollen eine Verwaltungsvereinfachung durch das Nichteinschalten des Regionalbeirates sowie eine Aktivierung der Integration Jugendlicher durch den Auftrag an das AMS, Maßnahmen zu setzen, herbeigeführt werden."
Die belangte Behörde geht davon aus, dass die Anwartschaft in analoger Heranziehung des § 14 Abs. 1 zweiter Satz Z 2 AlVG auch dann nicht erfüllt ist, wenn der Arbeitslose innerhalb von vier Wochen eine selbstgefundene Beschäftigung begonnen hat. Diese Auffassung findet sich auch in der Literatur (Dirschmied, AlVG,
3. Auflage, Seite 149; Weikinger (Hrsg), AlVG, Loseblattausgabe, Stand 1. Jänner 2002, Kap 2-77 f).
Der Verwaltungsgerichtshof hält diese Auffassung im Ergebnis für zutreffend: Das Arbeitsmarktservice hat den gesetzlichen Auftrag (vgl. die oben wiedergegebenen Materialien), dem Arbeitslosen eine Arbeitsaufnahme oder den Eintritt in eine geeignete arbeitspolitische Maßnahme zu ermöglichen. Dafür hat es kraft Gesetzes vier Wochen Zeit. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld auf Grund der begünstigten Anwartschaft setzt jedenfalls voraus, dass die jugendliche Person nach Ablauf dieser vier Wochen noch immer arbeitslos ist, d.h. nicht in einer die Arbeitslosigkeit ausschließenden Beschäftigung steht. Da diese Voraussetzung hier nicht vorliegt, war die Beschwerde schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 13. August 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002080058.X00Im RIS seit
19.09.2003Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008