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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
FSG 1997 §26 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des H in U, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 11. Dezember 2001, Zl. VerkR-394.410/1-2001-Kof/He, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Anordnung begleitender Maßnahmen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In Erledigung der Vorstellung gegen ihren Mandatsbescheid vom 10. Oktober 2001 entzog die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 30. Oktober 2001 die Lenkberechtigung für die Klasse B auf die Dauer von vier Monaten, gerechnet ab 6. Oktober 2001 (Spruchpunkt I und II), verbot ihm für den gleichen Zeitraum das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen (Spruchpunkt III), ordnete an, dass sich der Beschwerdeführer innerhalb offener Entziehungsdauer bei einer vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle einem Einstellungs- und Verhaltenstraining für alkoholauffällige Lenker zu unterziehen habe (Spruchpunkt IV), und forderte ihn auf, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen innerhalb offener Entziehungsdauer beizubringen (Spruchpunkt V). Einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI).
Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 11. Dezember 2001 als unbegründet abgewiesen und der erstbehördliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass Endzeitpunkt der Entziehung der Lenkberechtigung bzw. der Zeit, für welche keine neue Lenkberechtigung erteilt werden dürfe, sowie des Verbots des Lenkens von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen der 6. Februar 2002 sei, das Einstellungs- und Verhaltenstraining für alkoholauffällige Lenker und die verkehrspsychologische Untersuchung bei einer vom Bundesminister für Verkehr oder vom Landeshauptmann ermächtigten Stelle zu absolvieren seien. Als Rechtsgrundlagen waren § 26 Abs. 2, § 32 Abs. 1 Z. 1, § 26 Abs. 8 iVm. § 26 Abs. 2 sowie § 17 Abs. 1 FSG-GV angegeben. In der Begründung führte der Landeshauptmann von Oberösterreich aus, der Beschwerdeführer habe am 6. Oktober 2001 um 22.00 Uhr einen nach dem Kennzeichen näher bestimmten Pkw im Gemeindegebiet von H. auf der L. Straße gelenkt und anlässlich einer Verkehrskontrolle die Vornahme des Alkotests verweigert. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn habe über ihn mit Straferkenntnis vom 30. Oktober 2001 wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 eine Geldstrafe verhängt. Dieses Straferkenntnis sei mangels "Anfechtung" in Rechtskraft erwachsen. Der gegenständliche Sachverhalt sei vom Beschwerdeführer in keinem Stadium des Verfahrens bestritten worden. Der Landeshauptmann als Behörde zweiter Instanz sei an rechtskräftige Entscheidungen anderer Behörden gebunden. Gemäß § 26 Abs. 2, § 26 Abs. 8 und § 32 Abs. 1 Z. 1 FSG seien in einem derartigen Fall rechtlich zwingend die Lenkberechtigung zu entziehen und begleitende Maßnahmen anzuordnen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Mit Erkenntnis vom 14. März 2003, G 203/02-8 ua, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. September 2002, Zl. A 2002/0041-1,
§ 26 Abs. 2 sowie die Wortfolgen "oder Abs. 2" und ", bei einer Entziehung gemäß Abs. 2 zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8" in § 26 Abs. 8 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997 (sowohl § 26 Abs. 2 als auch die in § 26 Abs. 8 enthaltenen Wortfolgen in der Fassung (zuletzt) der 2. Führerscheingesetznovelle BGBl. I Nr. 94/1998),
in eventu
§ 26 Abs. 2 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I
Nr. 120/1997 (§ 26 Abs. 2 in der Fassung (zuletzt) der 2. Führerscheingesetznovelle BGBl. I Nr. 94/1998),
als verfassungswidrig aufzuheben, abgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1.1. Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (seine Zustellung erfolgte nach der Aktenlage am 14. Dezember 2001) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof das FSG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 25/2001 sowie der Kundmachung BGBl. I Nr. 112/2001 maßgeblich.
Die im Beschwerdefall einschlägigen Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise):
"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung
§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:
...
2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),
...
Verkehrszuverlässigkeit
§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.
...
(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:
1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;
...
(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
...
5. Abschnitt
Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung
Allgemeines
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
...
Dauer der Entziehung
§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.
...
(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.
Sonderfälle der Entziehung
§ 26.
...
(2) Wird beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen.
...
(8) Bei einer Entziehung nach Abs. 1 Z 3 oder Abs. 2 hat die Behörde begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 anzuordnen, bei einer Entziehung gemäß Abs. 2 zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8."
1.2. § 5 und § 99 StVO 1960 lauten in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 134/1999 (auszugsweise):
"Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol
§ 5.
...
(2) Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand
1.
ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder
2.
als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben,
auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.
...
Strafbestimmungen
§ 99. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 16 000 S bis 80 000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,
a) wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt,
b) wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht,
c) (Verfassungsbestimmung) wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen.
(1a) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 12 000 S bis 60 000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.
(1b) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 8 000 S bis 50 000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.
..."
2.1. In der Beschwerde bleibt der Umstand der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 ebenso unbestritten wie die rechtskräftige Bestrafung des Beschwerdeführers wegen der genannten Verwaltungsübertretung.
Vor diesem Hintergrund kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde das Vorliegen der im § 26 Abs. 2 FSG umschriebenen Voraussetzungen angenommen und dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Zeit von vier Monaten entzogen hat.
Soweit der Beschwerdeführer verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf einen behaupteten Strafcharakter der Entziehungsmaßnahme vorbringt, ist auf das bereits erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 2003 zu verweisen. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch anders als der Beschwerdeführer keine Bedenken dahin, dass die Entscheidung über die Entziehung der Lenkberechtigung eine solche über civil rights darstellte. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich im Beschwerdefall demnach nicht veranlasst, neuerlich einen Antrag nach Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu richten.
2.2. Im Hinblick auf die Unbedenklichkeit der Entziehung der Lenkberechtigung des Beschwerdeführers kann auch das durch den angefochtenen Bescheid bestätigte Lenkverbot für vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge für den Entziehungszeitraum gemäß § 32 Abs. 1 Z. 1 FSG nicht als rechtswidrig erkannt werden. Gleiches gilt für die nach § 26 Abs. 8 FSG angeordneten begleitenden Maßnahmen.
2.3. Die Beschwerde war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 13. August 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003110145.X00Im RIS seit
11.09.2003