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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AlVG 1977 §25 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der E in G, vertreten durch Dr. Christian Purkarthofer, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 6, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 22. Jänner 2003, Zl. LGS600/ALV/1218/2003- Dr. Si/Kö, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin stellte am 28. September 2001 einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld. Die Frage, ob sie sich "in Ausbildung (Schule, Hochschule, Fachschule, Kurs, Lehrgang, Praktikum, usw.)" befinde, wurde im Antragsformular verneint.
Laut Arbeitsbescheinigung der O. GesmbH vom 4. Oktober 2001 war die Beschwerdeführerin vom 2. April 2001 bis 30. September 2001 (mit einem Ende des Entgeltanspruches am 12. Oktober 2001) als Angestellte beschäftigt.
Niederschriftlich erklärte die Beschwerdeführerin vor der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice am 9. November 2001, als Organisatorin nach Bedarf auf Werksvertragsbasis tätig zu sein. Sie sei bereit, jederzeit diese Tätigkeit aufzugeben, um eine vom Arbeitsmarktservice vermittelte Stelle anzunehmen.
Am 10. Mai 2002 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Zuerkennung von Notstandshilfe. Im Antragsformular gab sie an, sich an der Pädagogischen Akademie in Ausbildung zu befinden, und zwar berufsbegleitend.
Mit Schreiben vom 22. Oktober 2002 teilte die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark der regionalen Geschäftsstelle mit, wie aus den "PST-Eintragungen" ersichtlich sei, schreibe die Beschwerdeführerin derzeit gerade an ihrer Diplomarbeit für Kunstgeschichte. Dem Schreiben beigefügt waren zwei Computerausdrucke. Der eine enthält den Vermerk: "Nur noch die Diplomarbeit offen!", der zweite den Vermerk "5 Semester Med. derzeit Diplomarbeit in Kunstgesch."
Am 31. Oktober 2002 erklärte die Beschwerdeführerin vor der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice niederschriftlich, dass sie seit dem Wintersemester 1981 inskribiert sei. Sie habe lediglich 1989 für ein Jahr ihr Studium unterbrochen. Weiters mache sie an der Pädagogischen Akademie eine Ausbildung zur Beratungslehrerin.
Mit (insgesamt drei) Bescheiden der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 27. November 2002 wurde 1. gemäß § 24 Abs. 1 iVm den §§ 7 und 12 AlVG das Arbeitslosengeld mangels Arbeitslosigkeit ab dem 13. Oktober 2001 eingestellt, 2. gemäß § 24 Abs. 2 AlVG der Bezug des Arbeitslosengeldes durch die Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom 13. Oktober 2001 bis zum 10. Mai 2002 widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt und die Beschwerdeführerin gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes in der Höhe des Gesamtbetrages von EUR 4.718,74 verpflichtet, sowie 3. gemäß § 38 iVm § 24 Abs. 2 AlVG der Bezug der Notstandshilfe für den Zeitraum vom 11. Mai 2002 bis 30. September 2002 widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt und die Beschwerdeführerin gemäß § 38 iVm § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe des Gesamtbetrages von EUR 2.955,81 verpflichtet. Begründend wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zu Unrecht bezogen, da sie laufend inskribiert gewesen sei und die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nicht erfülle.
In ihren Berufungen gegen diese Bescheide führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, es sei richtig, dass sie das Studium der Kunstgeschichte inskribiert habe. Sie werde jedoch nicht im Sinne des AlVG an der Universität "ausgebildet". Ausschließlich in der Zeit von 1985 bis 1991 habe sie Prüfungen abgelegt. Seit 1991 habe sie weder eine Prüfung abgelegt noch eine Lehrveranstaltung besucht, sodass lediglich von einer "gleichsam passiven Inskription" gesprochen werden könne. Neben dem aktiven Studium sei die Beschwerdeführerin in der Zeit von 1981 bis zum heutigen Tag - mit Unterbrechungen - berufstätig gewesen. Sie sei daher auch am Arbeitsmarkt verfügbar. Ferner habe die Beschwerdeführerin ihren Betreuern bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, Herrn S. und Frau J., vor dem erstmaligen Bezug des Arbeitslosengeldes mitgeteilt, dass sie nach wie vor an der Universität inskribiert sei. Man habe es unterlassen, der Beschwerdeführerin mitzuteilen, dass die Inskription allenfalls ein Hindernis für den Bezug des Arbeitslosengeldes darstellen könnte. Hätte man der Beschwerdeführerin dies mitgeteilt, so wäre es für sie kein Problem gewesen, zu exskribieren, da sie ohnehin keine Prüfungen abgelegt bzw. Lehrveranstaltungen besucht habe. Die Beschwerdeführerin habe auch Herrn P., der den erstinstanzlichen Bescheid unterfertigt habe, mitgeteilt, dass sie an der Universität inskribiert sei. Beratungsfehler sowie Versäumnisse seitens des Arbeitsmarktservice hätten dazu geführt, dass das Arbeitslosengeld mit 13. Oktober 2001 eingestellt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe auf eine korrekte und richtige Beratung durch das Arbeitsmarktservice vertrauen dürfen. Als Zeugen mögen Herr S., Frau J. und Herr P. einvernommen werden. Die Beschwerdeführerin habe im Übrigen ausreichend Versicherungszeiten im Sinne des AlVG erworben, sodass ihr jedenfalls ab 13. Oktober 2001 Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe zugestanden sei.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid gab die belangte Behörde "der Berufung" (wie sich aus der Begründung des Bescheides ergibt, richtig: den Berufungen) der Beschwerdeführerin gegen "den Bescheid" der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 27. November 2002 (wie sich aus der Begründung ergibt: die Bescheide der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice von diesem Tag) nicht statt und bestätigte "den angefochtenen Bescheid" (wie sich aus der Begründung ergibt: die angefochtenen Bescheide). Begründend wurde nach der Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und gesetzlicher Bestimmungen im Wesentlichen ausgeführt, die Inanspruchnahme von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung setze Arbeitslosigkeit voraus. Die Meldung zu einem Studium schließe Arbeitslosigkeit trotz Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses aus. Lediglich wenn für eine bestimmte Zeit Parallelität zwischen Ausbildung und Beschäftigung gegeben sei, bestünde die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung. Da die Beschwerdeführerin nur vom 2. April 2001 bis 30. September 2001 in einem Dienstsverhältnis gestanden sei, habe sie aber nicht die erforderlichen 39 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung im letzten Jahr vor Geltendmachung des Anspruches nachweisen können. Daher seien die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nicht erfüllt. Dem Vorbringen, dass die Beschwerdeführerin die laufende Inskription gemeldet habe, müsse entgegengehalten werden, dass sie die einschlägige Frage im Antragsformular betreffend die Zuerkennung von Arbeitslosengeld "Ich befinde mich in Ausbildung" mit "nein" beantwortet habe, sodass eine entsprechende Beratung des Mitarbeiters nicht habe stattfinden können. Auch im Antragsformular vom 10. Mai 2002 habe die Beschwerdeführerin das Studium nicht angeführt, sondern nur die berufsbegleitende Ausbildung zum Beratungslehrer erwähnt. Erst am 30. Oktober 2002 habe die Beschwerdeführerin niederschriftlich angegeben, abgesehen von einer Unterbrechung im Jahr 1989 laufend an der Universität inskribiert zu sein.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 und 2 AlVG ist eine der Voraussetzungen für die Zuerkennung von Arbeitslosengeld, dass Arbeitslosigkeit vorliegt.
§ 12 AlVG in den hier zeitraumbezogen anzuwendenden Fassungen BGBl. I Nr. 142/2000 und Nr. 103/2001 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"Arbeitslosigkeit
§ 12. (1) Arbeitslos ist, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.
...
(3) Als arbeitslos im Sinne der Abs. 1 und 2 gilt insbesondere nicht:
...
f) wer in einer Schule oder einem geregelten Lehrgang - so als ordentlicher Hörer einer Hochschule, als Schüler einer Fachschule oder einer mittleren Lehranstalt - ausgebildet wird oder, ohne daß ein Dienstverhältnis vorliegt, sich einer praktischen Ausbildung unterzieht;
...
(4) Abweichend von Abs. 3 lit. f gilt als arbeitslos, wer
1. während eines Zeitraumes von zwölf Monaten vor der Geltendmachung mindestens 39 Wochen, davon 26 Wochen durchgehend, oder mindestens die Hälfte der Ausbildungszeit, wenn diese kürzer als zwölf Monate ist, arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war,
2. zugleich dem Studium oder der praktischen Ausbildung nachgegangen ist und
3. die letzte Beschäftigung vor Eintritt der Arbeitslosigkeit nicht selbst zwecks Fortsetzung des Studiums oder der praktischen Ausbildung freiwillig gelöst hat.
...".
Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG ist die Zuerkennung von Arbeitslosengeld zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt.
Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
Die genannten Bestimmungen sind gemäß § 38 AlVG auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht hat, gilt ein Studierender, der als ordentlicher Hörer (nunmehr ordentlicher Studierender, vgl. § 80 Abs. 1 Universitäts-Studiengesetz, BGBl. I Nr. 105/2001) an einer Universität gemeldet ist, so lange nicht als arbeitslos, als er nicht in der nach den studienrechtlichen Vorschriften vorgesehenen Form die Beendigung seines Studiums (vgl. dazu nunmehr § 39 Universitäts-Studiengesetz) wirksam dokumentiert (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. März 1997, Zl. 96/08/0145, vom 23. Juni 1998, Zl. 98/08/0042, und vom 17. Dezember 2002, Zl. 98/08/0019). Die Beschwerdeführerin hat nicht bestritten, im gegenständlichen Rückforderungszeitraum als ordentliche Hörerin an der Universität Graz aufrecht inskribiert gewesen zu sein. Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie den Tatbestand des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG als erfüllt angesehen hat.
Nur dann, wenn die Kriterien des § 12 Abs. 4 AlVG vorliegen, gilt die in § 12 Abs. 3 lit. f AlVG grundgelegte Vermutung, dass eine Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt wegen des Studiums nicht gegeben ist, nicht (vgl. das bereits genannte hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1998). Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass sie während der Inskription "fast stets" einer Beschäftigung nachgegangen sei, sodass ihre Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt zu vermuten sei. Sie habe während der Inskription "stets" gearbeitet. Die Beschwerdeführerin tritt jedoch den konkreten Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegen, wonach sie im letzten Jahr vor der Geltendmachung des Anspruches (am 13. Oktober 2001) nur in der Zeit vom 2. April 2001 bis 30. September 2001 arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist und somit die Voraussetzungen des § 12 Abs. 4 AlVG nicht erfüllt hat.
Die Beschwerdeführerin bestreitet des Weiteren nicht, dass sie es unterlassen hat, in ihren Antragsformularen betreffend die Zuerkennung von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe ihre Inskription an der Universität Graz anzugeben. Nach den Bestimmungen des AlVG ist jede Antragstellung unter Verwendung des bundeseinheitlich aufgelegten Antragsformulars vorzunehmen. Diese Art der Antragstellung soll sicherstellen, dass durch eine gezielte, schriftliche, mit Erläuterungen in Form von Beispielsfällen versehene Befragung der Antragsteller möglichst alle für Grund und Ausmaß des Anspruches auf Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung bedeutsamen Umstände erhoben werden. Die Angaben im Antragsformular sollen nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die zur Entscheidung über diesen Antrag auf eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung berufene Behörde in die Lage versetzen, ihrerseits auf Grund der im konkreten Antragsformular enthaltenen Angaben zu beurteilen, ob ein Anspruch besteht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2002, Zl. 99/03/0201, mwN).
Das Risiko eines Rechtsirrtums, aus dem ein Arbeitsloser meint, die darin gestellten Fragen nicht vollständig oder richtig beantworten zu müssen, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von ihm zu tragen. Wenn daher ein Umstand, der im Antragsformular verschwiegen wird, sich später als anspruchsschädlich herausstellt, dann ist dieses Verschweigen dem Antragsteller als verschuldet zuzurechnen. Daran ändert es auch nichts, wenn sich die Beschwerdeführerin darauf beruft, ihre Inskription an der Universität Graz auf Grund einer Auskunft von Bediensteten des Arbeitsmarktservice nicht in das Formular eingetragen zu haben. Bei dem zuvor erwähnten Rechtsirrtum kommt es nämlich nicht darauf an, worauf er zurückzuführen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 2001, Zl. 97/08/0415; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 30. September 1994, Zl. 93/08/0270).
Auch dann, wenn seitens des Arbeitsmarktservice auf die Fragen der Beschwerdeführerin nach der Relevanz ihres Studiums falsche Antworten erteilt worden wären, stellte dies weder einen zureichenden Grund noch eine Rechtfertigung für die unwahre Beantwortung der entsprechenden Frage im Formblatt dar. Durch die wahrheitswidrigen Angaben im Antragsformular hat die Beschwerdeführerin den Bezug der Leistungen auch "herbeigeführt" (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 96/08/0134).
Die Rückforderung der empfangenen Leistungen durch die belangte Behörde erfolgte daher ebenfalls zu Recht.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen hätten auf Grund der obigen Ausführungen auch weder die Einvernahme der von der Beschwerdeführerin namhaft gemachten Zeugen noch ihre eigene Einvernahme zu einem anderen Bescheid führen können.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Beschwerdeführerin hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Es kann dahingestellt bleiben, ob der im Beschwerdefall in Rede stehende Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe als "civil right" im Sinne der EMRK zu beurteilen ist, weil im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen jedenfalls nicht erforderlich ist:
Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn nicht Art. 6 Abs. 1 EMRK dem entgegensteht.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 10. August 2000, Zl. 2000/07/0083, und vom 14. Mai 2003, Zl. 2000/08/0072). Dieser Umstand liegt aber auch im gegenständlichen Fall vor, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt ist und die Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung beantwortet sind. In der Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 13. August 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003080049.X00Im RIS seit
19.09.2003