Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §19 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des E H in G, vertreten durch Mag. Dr. Rainer Beck, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Keesgasse 5/1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 2. April 2001, Zl. UVS 303.6-12/2000-9, betreffend Übertretung des Führerscheingesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe am 15. November 1999 um 07.18 Uhr in Graz, Annenstraße, gegenüber Haus Nr. 67 in westlicher Richtung als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Personenkraftwagens das Kraftzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt, ohne im Besitze einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkerberechtigung für die Klasse gewesen zu sein, in die das Kraftfahrzeug falle. Dadurch habe er eine Übertretung nach § 1 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (BGBl. I Nr. 120/1997 idF BGBl. I Nr. 94/1998) begangen. Über ihn wurde deshalb eine Geldstrafe in der Höhe von S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Höhe von 42 Tagen) verhängt.
Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die belangte Behörde habe am 2. April 2000 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beiziehung des Meldungslegers durchgeführt, der Beschwerdeführer habe trotz der ihm persönlich am 5. März 2001 zugestellten Ladung an dieser Verhandlung nicht teilgenommen. Auf Grund der glaubwürdigen und schlüssigen Ausführungen des Meldungslegers stehe fest, dass der Beschwerdeführer die Tat begangen habe. Der als Zeuge vernommene Meldungsleger habe (u.a.) ausgeführt, dass er beobachtet habe, wie der Beschwerdeführer das genannte Kraftfahrzeug in der Annenstraße in westlicher Richtung befahren habe, der Beschwerdeführer sei ihm persönlich bekannt gewesen, er habe auch das genannte Fahrzeug bzw. dessen Kennzeichen gekannt. Bezüglich der Strafbemessung hielt die belangte Behörde unter anderem fest, dass als mildernd nichts, als erschwerend aber das Vorliegen zweier einschlägiger Verwaltungsübertretungen "(Bescheid: 26.11.1997, Strafhöhe:
S 22.000,--; Bescheid: 18.10.1999, Strafhöhe: S 20.000,--)" zu werten gewesen sei.
1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
1.3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Der Beschwerdeführer räumt ein, dass er zu der am 2. April 2000 von der belangten Behörde durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung geladen worden sei. Er sei allerdings "in dieser Zeit" gesundheitlich stark beeinträchtigt gewesen, insbesondere im Zeitraum Jänner bis April 2000 sei er in ständiger ärztlicher Behandlung auf Grund akuter gesundheitlicher Probleme mit der Wirbelsäule gewesen. Er sei dabei regelmäßig mit Spritzen behandelt worden, und habe einen Großteil der Zeit das Bett nicht verlassen können. "In einem solchen schlechten Gesundheitszustand" habe sich der Beschwerdeführer vor allem im Zeitraum "Ende März/Anfang April 2000" befunden. Aus diesem Grund habe er sich vor der Verhandlung telefonisch beim Verhandlungsleiter "zu entschuldigen versucht", was ihm zunächst nicht gelungen sei, da er den Verhandlungsleiter nicht erreicht habe. Schließlich sei es dem Beschwerdeführer am Morgen des 2. April 2000 gelungen, den Verhandlungsleiter telefonisch zu erreichen, bei dem er sich auf Grund der geschilderten gesundheitlichen Probleme entschuldigt habe, nicht persönlich zur Verhandlung erscheinen zu können. Gleichzeitig habe er den Verhandlungsleiter ersucht, den Termin der mündlichen Verhandlung zu verschieben und einen neuen Termin anzuberaumen, zu dem der Beschwerdeführer nach seiner Genesung habe erscheinen wollen. Die belangte Behörde habe aber die Verhandlung in seiner Abwesenheit durchgeführt, ohne ihm Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben. Nach den einschlägigen Bestimmungen des VStG hätten aber dem Beschwerdeführer als Beschuldigten sämtliche Beweismittel vorgehalten werden müssen, und es wäre ihm Gelegenheit zu geben gewesen, sich dazu zu äußern (§ 51g Abs. 4 VStG), zumal der Beschwerdeführer auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch nicht ausdrücklich verzichtet habe (§ 51e Abs. 5 VStG). Auch wenn das Verfahren möglichst in einer Verhandlung abzuschließen sei, sei die Verhandlung zu vertagen, wenn sich die Einvernahme des Beschuldigten als notwendig erweise (§ 51h VStG).
2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Gemäß § 51 Abs. 1 VStG hat der unabhängige Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 51f Abs. 2 VStG hindert dann, wenn eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist, dies weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses. Nach dem auch im Verwaltungsstrafverfahren (vgl. § 24 VStG) anzuwendenden § 19 Abs. 3 AVG hat, wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Das Vorliegen eines der im § 19 Abs. 3 AVG genannten Gründe rechtfertigt das Nichterscheinen des Geladenen. Liegt ein solcher Rechtfertigungsgrund vor, kann in Bezug auf die behördliche Ladung nicht von einer "ordnungsgemäßen Ladung", die gemäß § 51f Abs. 2 VStG zur Durchführung der Verhandlung auch in Abwesenheit der Partei berechtigt, gesprochen werden. Das Vorliegen des geltend gemachten Rechtfertigungsgrundes ist von der Behörde von Amts wegen zu erforschen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2003, Zl. 2001/03/0194). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes befreit der Verfahrensgrundsatz, dass die Verwaltungsbehörde von Amts wegen vorzugehen hat, die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen und Verzögerungen des Verfahrens hintanzuhalten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1993, Zl. 92/03/0264). Dieser Mitwirkungspflicht ist der Beschwerdeführer vorliegend jedoch nicht nachgekommen. Zwar ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsstrafakten (in weitgehender Übereinstimmung mit dem Beschwerdevorbringen), dass der belangten Behörde am 2. April 2001 um 07.45 Uhr telefonisch mitgeteilt wurde, dass der Beschwerdeführer zu der um 08.30 Uhr anberaumten Verhandlung nicht erscheinen könne, weil er sich "das Kreuz verrissen" habe. Nach dem diesbezüglich angelegten Aktenvermerk wurde der Anrufer darüber informiert, dass umgehend ein ärztliches Attest vorgelegt werden müsste, um klären zu können, ob die Beeinträchtigung tatsächlich so stark sei, dass eine Verhandlungsunfähigkeit vorliegen würde, und dass Kreuzschmerzen "nicht von Haus aus" eine Verhandlungsunfähigkeit nach sich ziehen würden; der Anrufer habe (im Übrigen) danach bekannt gegeben, dass umgehend eine diesbezügliche ärztliche Bestätigung vorgelegt würde. Eine solche Bestätigung wurde aber nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsstrafakten (worauf auch die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift hinweist) weder vor noch nach der Verhandlung vorgelegt. Auf dem Boden des von ihm geltend gemachten in seine persönliche Sphäre fallenden Verhinderungsgrundes wäre der Beschwerdeführer aber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2001, Zl. 2000/18/0001) gehalten gewesen, das Vorliegen dieses Verhinderungsgrundes gegenüber der Behörde zur Beurteilung im Rahmen des § 19 Abs. 3 AVG glaubhaft zu machen. Durch das Unterlassen der Vorlage der in Rede stehenden Bestätigung hat der Beschwerdeführer seine Mitwirkungspflicht verletzt. Dem Hinweis, der Beschwerdeführer habe schon vor dem 2. April 2001 vergeblich versucht, sich bei der belangten Behörde telefonisch zu entschuldigen, ist zu entgegnen, dass sich hiefür in den vorgelegten Verwaltungsstrafakten kein Hinweis findet, und es dem Beschwerdeführer angesichts seines nach der Beschwerde schon länger dauernden schlechten Gesundheitszustandes offen gestanden wäre, die belangte Behörde hievon auch auf einem anderen geeigneten Weg - etwa schriftlich - in Kenntnis zu setzen. Ist aber ein Beschuldigter (bzw. sein ausgewiesener Vertreter) ohne triftigen Grund und damit unentschuldigt im Sinn des § 19 Abs. 3 AVG zur Berufungsverhandlung nicht erschienen, erweist sich die Durchführung der Berufungsverhandlung in seiner Abwesenheit im Sinn des § 51f Abs. 2 VStG als zulässig (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. März 2002, Zl. 2000/09/0150). Der behauptete Verfahrensmangel liegt daher nicht vor. Ferner fällt es nicht der Behörde zur Last, wenn der Beschwerdeführer von der ihm durch die (nicht in Abrede gestellte) ordnungsgemäße Ladung zur Verhandlung gebotenen Gelegenheit zur Kenntnisnahme der Beweisergebnisse und Stellungnahme dazu durch sein Nichterscheinen keinen Gebrauch gemacht hat (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2001/03/0194), weshalb auch sein auf eine Verletzung des § 51g Abs. 4 VStG gerichtetes Vorbringen fehlgeht. Entgegen der Beschwerde bestand daher am Schluss der mündlichen Verhandlung auf dem Boden der Verfahrensergebnisse für die belangte Behörde auch kein Anlass, die Einvernahme des von der Verhandlung ausgebliebenen Beschwerdeführers als notwendig zu erachten, und deshalb die Verhandlung zu vertagen (vgl. § 51 Abs. 1 VStG).
2.3. Da die Beschwerde derart keinen Verfahrensmangel aufzuzeigen vermag, erweist sich das weitere erstmals in der Beschwerde erstattete Vorbringen, dass das in Rede stehende Fahrzeug am Tatort zur Tatzeit von einer anderen näher genannten Person gelenkt worden sei, was der Beschwerdeführer bei seiner Vernehmung in einer mündlichen Verhandlung hätte dartun können, als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (vlg. § 41 Abs. 1 VwGG).
2.4. Die sich nach dem Gesagten als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
2.5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 3. September 2003
Schlagworte
Ermittlungsverfahren AllgemeinSachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001030178.X00Im RIS seit
25.09.2003Zuletzt aktualisiert am
27.07.2011