TE Vwgh Erkenntnis 2003/9/4 2000/09/0046

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Veröffentlicht am 04.09.2003
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Index

L24009 Gemeindebedienstete Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §33;
DO Wr 1994 §90 Z1;
DO Wr 1994 §99 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des S in T, vertreten durch Mag. Dieter Ebner, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission für Beamte der Bundeshauptstadt Wien vom 1. Dezember 1999, Zl. MA 2/228/99, betreffend Zurückweisung des Einspruches gegen die Disziplinarverfügung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 1. Dezember 1999 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Disziplinarkommission vom 18. März 1999 - mit dem der Einspruch des Beschwerdeführers gegen die Disziplinarverfügung des Magistrats der Stadt Wien vom 3. Dezember 1998 gemäß § 99 Abs. 2 Dienstordnung 1994 zurückgewiesen worden war - abgewiesen und damit der erstinstanzliche Zurückweisungsbescheid bestätigt.

Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges und der maßgebenden Rechtslage Folgendes aus:

"Die Disziplinarverfügung des Magistrates der Stadt Wien - Magistratsabteilung 2 vom 3. Dezember 1998, Zl. MA 2 - 630418B wurde Herrn S im Wege seines ausgewiesenen Vertreters am 10. Dezember 1998 zugestellt. Wie bereits die erstinstanzliche Behörde zutreffend ausführt endet die zweiwöchige Frist zur Einbringung des Einspruchs gegen die Disziplinarverfügung mit Ablauf des 24. Dezember 1998. Der Poststempel auf dem Kuvert des Einspruches weist den 30. Dezember 1998 aus.

Das Vorbringen des Berufungswerbers, der Einspruch sei rechtzeitig, weshalb die erstinstanzliche Entscheidung als rechtswidrig zu erkennen wäre, beruht auf der Tatsache, dass auf dem im Besitz des Berufungswerbers befindlichen Aufgabeschein das Datum 23.12.1998 zu sehen ist.

Im Zuge des von der erkennenden Behörde in der mündlichen Verhandlung ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens konnte durch Einsicht in das Postbuch des zuständigen Postamtes 1222 sowie durch zeugenschaftliche Einvernahme des Leiters dieses Postamtes geklärt werden, dass einlangende Reko-Briefsendungen mit einer chronologisch fortlaufenden Nummer im Postbuch eingetragen werden, wobei der Nummernverbrauch täglich erfasst wird. Die Briefsendung, mit welcher der in Rede stehende Einspruch zur Post gegeben wurde, wurde hierin mit der Nummer 145640 erfasst, wobei die am 30. Dezember 1998 zur Post gegebenen Briefsendungen die Nummer 145621 bis 145701 trugen, wohingegen die am 23. Dezember 1998 aufgegebenen Briefsendungen mit den Nummern 145394 bis 145276 erfasst sind. Aus diesen Aufzeichnungen ergab sich für erkennende Behörde unzweifelhaft, dass der Einspruch gegen die Disziplinarverfügung am 30. Dezember 1998 zur Post gegeben wurde.

Da die Einspruchsfrist jedoch am 24. Dezember 1998 abgelaufen ist, war der gegenständliche Einspruch daher verspätet. Da die Frage der Rechtzeitigkeit des Einspruches durch die getätigten Ermittlungen hinreichend geklärt werden konnte, hatte sich die erkennende Behörde mit der Frage, weshalb auf dem Stempel des vom Vertreter des Berufungswerbers vorgelegten Aufgabescheines der 23.12.1998 aufscheint, nicht mehr auseinander zu setzen. Den in der mündlichen Verhandlung vom Vertreter des Berufungswerbers gestellten Anträgen auf Vernehmung weiterer Zeugen war daher keine Folge zu geben. Da Sache des gegenständlichen Berufungsverfahrens alleine die Frage der Rechtzeitigkeit des Einspruches des Berufungswerbers gegen die Strafverfügung darstellte, war auch auf die darüber hinaus gehenden Anträge von Herrn S in der Berufung nicht einzugehen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid nach seinem gesamten Beschwerdevorbringen in dem Recht auf Nichtzurückweisung seines Einspruches verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 99 Abs. 2 Dienstordnung 1994 (DO 1994), LGBl. Nr. 56, kann der Beschuldigte gegen die Disziplinarverfügung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung schriftlich, telegraphisch, fernschriftlich oder mündlich ohne Angabe von Gründen Einspruch erheben. Der Einspruch ist beim Magistrat einzubringen.

Gemäß § 90 Z. 1 DO 1994 ist im Disziplinarverfahren u.a. die Bestimmung des § 33 AVG sinngemäß anzuwenden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Jänner 1995, Zl. 94/02/0400, und vom 27. November 2000, Zl. 2000/17/0165) dargetan hat ist für den Beginn des Postenlaufes maßgeblich, wann das Schriftstück von der Post in Behandlung genommen wird. Zur Feststellung dieses Zeitpunktes ist grundsätzlich der von der Post angebrachte Datumsstempel heranzuziehen. Der Beweis (Gegenbeweis), dass der Postenlauf nicht an dem im Poststempel bezeichneten Tag, sondern an einem anderen Tag begonnen hat, ist zulässig.

Davon ausgehend ist im Beschwerdefall durch den am Kuvert des Einspruches angebrachten Poststempel (zweifelsfrei) nachgewiesen, dass dieser Einspruch am 30. Dezember 1998 - und damit verspätet - zur Post gegeben wurde.

Der durch Vorlage eines Postaufgabescheines versuchte Gegenbeweis ist dem Beschwerdeführer misslungen, weil aufgrund der Aussage des Leiters des zuständigen Postamtes in Verbindung mit dem Postbuch feststeht, dass dieser vom Beschwerdeführer vorgelegte Postaufgabeschein mit der Nr. 145640 eine Reko-Sendung betrifft, die - nach dem täglich erfassten Verbrauch der chronologisch fortlaufenden Nummern im Postbuch - am 30. Dezember 1998 zur Post gegeben wurde. Wäre der Einspruch - wie der Beschwerdeführer behauptet bzw. nachzuweisen versuchte - am 23. Dezember 1998 zur Post gegeben worden, hätte der vorgelegte Postaufgabeschein nicht die Nr. 145640 sondern eine der Nummern von 145394 bis 145276 tragen müssen.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass ihm der Gegenbeweis im dargelegten Sinne misslungen ist. Er tritt den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen nicht entgegen. In der Beschwerde wird nicht dargetan, dass bzw. aus welchem Grund es unschlüssig sein sollte, wenn die belangte Behörde (aufgrund der genannten Aussage des Leiters des Postamtes in Verbindung mit dem Postbuch) davon ausging, die Postaufgabe des Einspruches sei erst am 30. Dezember 1998 erfolgt und der am vorgelegten Postaufgabeschein angebrachte Poststempel sei nicht der Tag, an dem der Postenlauf begonnen habe.

Der Beschwerdeführer rügt als Verfahrensfehler, dass die belangte Behörde es unterlassen habe, im Sinne seines Beweisantrages die Zeugin U und die "am 23. Dezember 1998 tätige Beamtin am Schalter für Briefsendungen" zu vernehmen. Er vermag allerdings nicht darzulegen, inwieweit die belangte Behörde durch die Einvernahme dieser Zeugen zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, wird in der Beschwerde doch nur behauptet, "dieser Sachverhalt muss noch aufgeklärt werden" bzw. "da es sich möglicherweise sogar um eine gerichtlich strafbare Handlung, nämlich Verfälschung eines Aufgabescheines bzw. eines Postbuches handeln könnte". Konkrete Behauptungen, die erkennen ließen, inwieweit angesichts der vorliegenden Ermittlungen der Einspruch am 23. Dezember 1998 (rechtzeitig) zur Post gegeben worden sei, bzw. warum allein der vom Beschwerdeführer nicht näher ausgeführte "Verdacht einer strafbaren Handlung" eine erfolgreiche Gegenbeweisführung bewirken könnte, werden in der Beschwerde nicht aufgestellt. Beim Beschwerdevorbringen handelt es sich durchwegs um bloße Vermutungen und der Beschwerdeführer rügt lediglich, dass die belangte Behörde seinen Beweisantrag auf Erhebung von unzulässigen Erkundungsbeweisen (so etwa die Möglichkeit einer "Befragung eines weiteren Zeugen zur Richtigkeit der Eintragung im Postbuch") nicht entsprochen hat. Die belangte Behörde war allerdings - da der Beschwerdeführer einen konkreten Sachverhalt bzw. ein erhebliches Beweisthema, welches einer Klärung bedurft hätte, nicht behauptete - nicht verpflichtet, diesbezüglich weitere Ermittlungen zu pflegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1995, Zl. 94/02/0400).

Die Zurückweisung des Einspruches des Beschwerdeführers gegen die Disziplinarverfügung als verspätet ist sohin nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den § 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 4. September 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000090046.X00

Im RIS seit

10.10.2003

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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