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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ASGG §77 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2003/17/0238 E 24. September 2003 2003/17/0215 E 17. Oktober 2003Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der IAF-Service GmbH, Geschäftsstelle Wien in Wien, vertreten durch Dr. Georg Grießer, Dr. Roland Gerlach und Dr. Sieglinde Gahleitner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Köllnerhofgasse 6/2, gegen den Bescheid des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 8. Mai 2003, Zl. Jv 394- 33/02, betreffend Berichtigung eines Zahlungsauftrages nach dem GEG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Justiz) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach einer in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 16. August 1999 vorgenommenen Klagseinschränkung begehrte KM als klagende Partei vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Bundessozialamt) Wien, Niederösterreich und Burgenland als beklagter Partei zur Zl. 19 Cgs 69/99 des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien die Bezahlung von S 352.816,60. Nachdem dieses Klagebegehren mit Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 18. Februar 2000 abgewiesen worden und eine Berufung des Klägers vor dem Oberlandesgericht Wien erfolglos geblieben war, gab der Oberste Gerichtshof über Revision des Klägers am 11. Jänner 2001 dem (eingeschränkten) Klagebegehren statt und verurteilte die beklagte Partei zum Ersatz der mit S 42.835,20 bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens sowie der mit S 38.265,-- bestimmten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens. Der Kostenzuspruch betraf ausschließlich den Ersatz von Anwaltskosten.
Mit Zahlungsauftrag des Kostenbeamten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 7. Jänner 2003 wurde der Beschwerdeführerin der Ersatz der in diesem Zusammenhang entstandenen Versichertengebühr des Klägers in Höhe von (umgerechnet) EUR 164,74 zuzüglich einer Einhebungsgebühr in der Höhe von EUR 7,-- binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution vorgeschrieben.
Gegen diese Vorschreibung richtete sich ein Berichtigungsantrag der Beschwerdeführerin, in welchem sie zunächst einwandte, dem Kläger seien zu Unrecht Fahrtkosten für die Tagsatzung vom 16. August 1999 zugesprochen worden, obwohl er an dieser gar nicht teilgenommen hatte. Im Übrigen vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, sie sei dem Grunde nach zum Gebührenersatz nicht verpflichtet. Zwar sehe § 93 Abs. 1 des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes, BGBl. Nr. 104/1985 (im Folgenden: ASGG), vor, dass die bei den ordentlichen Gerichten im Rahmen ihrer Tätigkeit in Verfahren in Sozialrechtssachen erwachsenden Kosten, in denen ein Träger der Sozialversicherung Partei sei, von den Trägern der Sozialversicherung zu tragen seien. Die Beschwerdeführerin falle jedoch nicht unter den Begriff des "Trägers der Sozialversicherung" im Verständnis dieser Gesetzesbestimmung. Auch aus § 77 Abs. 1 ASGG könne eine Kostenersatzpflicht der Beschwerdeführerin nicht abgeleitet werden, verstehe sich diese Bestimmung doch vorbehaltlich des § 79 ASGG, welcher die hier gegenständliche Versichertengebühr regle.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. Mai 2003 wurde der Berichtigungsantrag der Beschwerdeführerin abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges sowie des § 65 Abs. 1 Z 7 und des § 77 Abs. 1 Z 1 ASGG aus, die in der letztgenannten Bestimmung vorgesehene Kostentragungspflicht des Versicherungsträgers beruhe auf dem Gedanken, dass der meist mittellose Kläger nicht durch Kosten belastet werden dürfe, die ihm die Verfolgung seiner Ansprüche vor Gericht unter Umständen sogar unmöglich machten. Der Versicherungsträger habe daher grundsätzlich alle ihm durch das Verfahren vor Gericht erwachsenen Kosten ohne Rücksicht auf den Prozessausgang selbst zu tragen, wie auch Kuderna im Kommentar zum Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz2, Anm. 3 zu § 77 ASGG, darlege. Wie ebendort, Anm. 4, ausgeführt werde, erstrecke sich die Verpflichtung des Versicherungsträgers, alle Prozesskosten ohne Rücksicht auf den Ausgang des Verfahrens selbst zu tragen, auch auf den Ersatz der Zeugen- und Sachverständigengebühren sowie auf den mit Augenscheinen verbundenen Aufwand. Der Versicherungsträger habe daher - vorbehaltlich des Abs. 3 - auch diese Kosten selbst zu tragen. Sodann gab die belangte Behörde den Wortlaut des § 79 Abs. 1 und des § 93 Abs. 1 ASGG wieder. Sie vertrat sodann die Auffassung, die letztgenannte Bestimmung sei auf die Beschwerdeführerin, welche nicht als "Trägerin der Sozialversicherung" aufgefasst werden könne, nicht anzuwenden. Es kämen daher die allgemeinen Regelungen über die Kostentragung und damit auch das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, BGBl. Nr. 288 (im Folgenden: GEG), zur Anwendung. Das bedeute, dass die Parteien die im Gerichtsverfahren angefallenen Kosten, soweit sie nicht unter die Gebührenbefreiung nach § 80 ASGG fielen, zu ersetzen hätten; dies gelte im Besonderen für die Gebühren der Zeugen und der Sachverständigen, aber auch etwa für die Ansprüche des Versicherten nach § 79 ASGG, wie sich aus dem Einführungserlass zur Euro Gerichtsgebühren-Novelle vom 22. November 2001 ergebe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, nicht zum Ersatz von Gerichtskosten herangezogen zu werden, in Ansehung derer ihr das Gesetz eine Kostenersatzpflicht nicht auferlege. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides mit dem Antrag geltend, ihn aus diesem Grunde aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 1 Z 5 und § 2 Abs. 1 GEG lauten:
"§ 1. Das Gericht hat nachstehende Beträge von Amts wegen einzubringen:
...
5. in bürgerlichen Rechtssachen alle Kosten, die aus
Amtsgeldern berichtigt wurden, sofern sie von einer Partei zu
ersetzen sind. Solche Kosten sind insbesondere:
a) die Kosten von Amtshandlungen außerhalb des Gerichtes,
b) die Vollzugs- und Wegegebühren der
Gerichtsvollzieher und der gerichtlichen Zusteller,
c) die Gebühren der Zeugen, Sachverständigen,
Dolmetsche und Beisitzer,
d) die Einschaltungskosten,
e) die anlässlich einer Beförderung oder Verwahrung
von Personen oder Sachen entstandenen Kosten, mit Ausnahme der Belohnung des Verwahrers;
...
§ 2. (1) Die im § 1 Z 5 genannten Kosten sind, sofern hiefür kein Kostenvorschuss (§ 3) erlegt wurde oder keine andere Regelung getroffen ist, aus Amtsgeldern zu berichtigen; diese und die im § 1 Z 7 genannten Kosten sind dem Bund von der Partei zu ersetzen, die nach den bestehenden Vorschriften hiezu verpflichtet ist. Hiebei ist, wenn über die Kostenersatzpflicht der Parteien schon rechtskräftig entschieden worden ist, von dieser Entscheidung auszugehen. Mangels einer Vorschrift oder Entscheidung sind diese Beträge von denjenigen Beteiligten zu ersetzen, die sie veranlasst haben oder in deren Interesse die Amtshandlung vorgenommen wurde. Mehrere Personen, die zum Ersatz desselben Betrages verpflichtet sind, haften zur ungeteilten Hand."
Gemäß § 65 Abs. 1 Z 7 ASGG sind Sozialrechtssachen Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche auf Insolvenz-Ausfallgeld oder einen Vorschuss auf dieses nach dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, BGBl. Nr. 324/1977 (im Folgenden: IESG).
§ 66 Abs. 1 ASGG in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 88/2001 lautete:
"§ 66. (1) Diejenigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, die sich auf Versicherungsträger beziehen, sind auch auf Träger der Sozialhilfe, Bundesämter für Soziales und Behindertenwesen (§ 10 IESG) ... anzuwenden, diejenigen Bestimmungen, die sich auf Versicherte beziehen, auf alle anderen Parteien."
Durch Art. 4 Z 2 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 88/2001 wurde in dieser Bestimmung die Wortfolge "Bundesämter für Soziales und Behindertenwesen" durch die Wortfolge "Geschäftsstellen der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds-Service GmbH" ersetzt. Gemäß § 98 Abs. 9 ASGG trat diese Novellierung mit 1. August 2001 in Kraft.
§ 77 Abs. 1 ASGG in der Stammfassung BGBl. Nr. 104/1985 und § 79 Abs. 1 ASGG in der Fassung dieser Bestimmung nach dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 624/1994 lauten:
"§ 77. (1) Vorbehaltlich des Abs. 3 und des § 79 hat in einer Rechtsstreitigkeit zwischen einem Versicherungsträger und einem Versicherten
1. der Versicherungsträger die Kosten, die ihm durch das Verfahren erwachsen sind, ohne Rücksicht auf dessen Ausgang selbst zu tragen; das gilt auch für den Ersatz der Gebühren der Zeugen und Sachverständigen sowie den mit Augenscheinen verbundenen Aufwand;
2. der Versicherte gegenüber dem Versicherungsträger Anspruch auf Ersatz aller seiner sonstigen durch die Prozessführung verursachten, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Verfahrenskosten
a) - vorbehaltlich des Abs. 2 - nach dem Wert des Ersiegten;
b) dem Grunde und der Höhe nach nur nach Billigkeit, wenn er zur Gänze unterliegt; dabei ist besonders auf die tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten des Verfahrens sowie auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Versicherten Bedacht zu nehmen.
...
(3) Hat der Versicherte dem Versicherungsträger durch Mutwillen, Verschleppung oder Irreführung Verfahrenskosten verursacht, so hat er diese Kosten dem Versicherungsträger nach Billigkeit zu ersetzen.
...
§ 79. (1) Ein Versicherter hat in sinngemäßer Anwendung der für Zeugen geltenden Bestimmungen des GebAG 1975 Anspruch auf Ersatz seiner notwendigen Kosten und Entschädigung für Zeitversäumnis sowie auf den Entgang an Krankengeld und an Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, wenn er
1. zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, ohne vorher vom Gericht ausdrücklich die Mitteilung erhalten zu haben, dass sein Erscheinen nach dem Verfahrensstand nicht erforderlich ist,
2. trotz der Mitteilung nach der Z 1 zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, aber sein Erscheinen doch erforderlich war oder
3. auf Anordnung des Gerichts anderenorts erschienen ist."
§ 93 Abs. 1 ASGG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 343/1989 lautet:
"§ 93. (1) Die bei den ordentlichen Gerichten im Rahmen ihrer Tätigkeit in Verfahren in Sozialrechtssachen erwachsenden Kosten, in denen ein Träger der Sozialversicherung Partei ist, sind von den Trägern der Sozialversicherung zu tragen; diese Kosten umfassen die den Zeugen, Sachverständigen und Parteien sowie den fachkundigen Laienrichtern zu leistenden Gebühren beziehungsweise Entschädigungen (§ 32)."
Eine dem § 93 Abs. 1 erster Halbsatz ähnliche Bestimmung betreffend die Kostenersatzpflicht der Träger der Sozialversicherung enthielt auch bereits § 93 erster Halbsatz ASGG in der Stammfassung dieser Bestimmung.
Die Erläuterungen zu dieser - in der Regierungsvorlage noch als § 87 vorgesehenen - Bestimmung (7 BlgNR 16. GP, 64 f) lauten:
"Die Regelung hat ihr Vorbild in § 399 Abs. 1 ASVG und nimmt auf den Einbau der Sozialleistungsstreitsachen in die ordentliche Gerichtsbarkeit Bedacht. Die Wendung 'Alle ... Verfahren in Sozialleistungsstreitsachen ..., in denen ein Träger der Sozialversicherung Partei ist ...' besagt, dass die in Rechtsstreitigkeiten nach § 57 Abs. 1 Z 6 und 7 entstehenden Kosten nicht von den Trägern der Sozialversicherung zu tragen sind; dies folgt aus § 58 und der Nichtverwendung des weiteren Begriffs 'Versicherungsträger', der auch die Arbeitsämter umfasst."
Dabei entsprach § 57 Abs. 1 Z 7 ASGG dieser Regierungsvorlage dem nunmehrigen § 65 Abs. 1 Z 7 leg. cit. § 10 IESG in der während der Anhängigkeit des arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahrens in Kraft gestandenen Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 88/2001 lautete:
"§ 10. Bei Streit über den Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld oder einen Vorschuss auf dieses sind die Bestimmungen des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes sinngemäß anzuwenden. Dabei tritt an die Stelle des Versicherungsträgers das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, das den Bescheid erlassen hat oder zu erlassen hätte. Die Gerichte erster Instanz haben den § 7 Abs. 4 sinngemäß anzuwenden."
Durch Art. 3 Z 8 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 88/2001 erhielt der zweite Satz des § 10 IESG folgende Fassung:
"Dabei tritt an die Stelle des Versicherungsträgers die Geschäftsstelle der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds Service GmbH, die den Bescheid erlassen hat oder zu erlassen gehabt hätte."
Die Übergangsbestimmung des § 17a Abs. 29 IESG lautet:
"(29) § 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 88/2001 tritt mit 1. August 2001 mit der Maßgabe in Kraft, dass Klagen im Sinne des § 67 des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes, die vor dem 1. August 2001 gegen ein Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erhoben wurden, ab dem 1. August 2001 als gegen jene Geschäftsstelle der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds GmbH gerichtet gelten, in deren Sprengel das bisher zuständige Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen seinen Sitz hat. Die örtliche Zuständigkeit der Landesgerichte, des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien und der Oberlandesgerichte richtet sich in solchen Fällen nach der des ursprünglich beklagten Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen. Klagen gegen Bescheide, die vor dem 1. August 2001 erlassen werden oder zu erlassen gewesen wären, sind gegen jene Geschäftsstelle zu richten, in deren Sprengel das bisher zuständige Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen seinen Sitz hat."
Der angefochtene Bescheid geht - von der Beschwerdeführerin unbestritten - implizit davon aus, dass letztere als kostenersatzpflichtige Partei im Verständnis des § 1 Z 5 und § 2 GEG in Betracht komme, obwohl nicht sie, sondern das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen Wien, Niederösterreich und Burgenland bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss Partei des arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahrens gewesen ist.
Das Zutreffen dieser implizit vertretenen Rechtsauffassung erscheint zweifelhaft, sieht doch § 17a Abs. 29 IESG eine Übergangsregel bloß in Ansehung von Klagen bzw. anhängig zu machender Klagen, nicht jedoch in Ansehung rechtskräftig abgeschlossener arbeits- und sozialgerichtlicher Verfahren vor.
Die Frage, ob eine Kostenersatzvorschreibung an die Beschwerdeführerin zu richten war, obwohl sie nicht Partei des zu Grunde liegenden arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahrens war, kann jedoch hier auf sich beruhen, weil der angefochtene Bescheid jedenfalls aus folgenden Erwägungen an inhaltlicher Rechtswidrigkeit leidet:
Die Zulässigkeit der amtswegigen Einbringung der hier in Rede stehenden Versichertengebühr setzte voraus, dass diese unter einen der Fälle des § 1 Z 1 bis 7 GEG zu subsumieren wäre. Dabei kommt - wie die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zutreffend erkennen - lediglich § 1 Z 5 GEG in Betracht. Diese Bestimmung sieht vor, dass das Gericht in bürgerlichen Rechtssachen all jene Kosten von Amts wegen einzubringen hat, die aus Amtsgeldern berichtigt wurden, sofern sie von einer Partei zu ersetzen sind. Sodann enthält § 1 Z 5 GEG eine beispielshafte Auflistung derartiger Kosten, in welcher jedoch die Versichertengebühr nach § 79 ASGG nicht ausdrücklich genannt ist. Diese fällt auch insbesondere nicht unter § 1 Z 5 lit. c GEG. Zwar ordnet § 79 Abs. 1 ASGG an, dass der Versicherte in sinngemäßer Anwendung der für Zeugen geltenden Bestimmungen des GebAG 1975 Anspruch auf die in Rede stehende Gebühr hat. Damit ist aber lediglich die sinngemäße Anwendung des GebAG 1975 zur Bemessung der Gebühr der Höhe nach, nicht aber eine sinngemäße Anwendung der für Zeugengebühren geltenden Bestimmungen des GEG angeordnet. Die Aufzählung des § 1 Z 5 GEG ist nicht abschließend. Allein der Umstand, dass die Versichertengebühr dort nicht genannt ist, schlösse daher nicht aus, dass diese im Verständnis der in Rede stehenden Bestimmung von einer Partei zu ersetzen wäre. Freilich müsste sich eine solche Kostenersatzpflicht einer Partei gegenüber dem Bund dann aus einer anderen Gesetzesbestimmung ergeben. Eine solche ist jedoch nicht erkennbar.
§ 2 Abs. 1 GEG setzt das Vorliegen von Kosten im Sinne des § 1 Z 5 GEG, also von solchen, die im Sinne der letztgenannten Bestimmung "von einer Partei zu ersetzen sind", voraus und regelt in der Folge lediglich die Frage, welche der Prozessparteien die dem Grunde nach dem Bund zu ersetzenden Kosten zu tragen hat. Aus dem zweiten Satz des § 2 Abs. 1 GEG ist daher für den vorliegenden Fall nicht abzuleiten, dass etwa infolge des Zuspruches von Kostenersatz (für Anwaltskosten) an den Kläger im Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 11. Jänner 2001 zu schließen wäre, dass die Versichertengebühr zu den von einer Partei zu ersetzenden Kosten im Verständnis des § 1 Z 5 GEG zu zählen wäre. Die Anordnung des zweiten Satzes des § 2 Abs. 1 GEG soll nämlich verhindern, dass die (kostenmäßig) dem Grunde nach obsiegende Partei in der Folge Ansprüche des Bundes auf Ersatz von Gerichtskosten zu erfüllen hätte, welche sie sodann im Wege eines nachträglichen Kostenbestimmungsantrages vom (kostenmäßig) unterlegenen Prozessgegner wieder zurückfordern könnte. Aus diesem Grunde sind in einer solchen Konstellation dem Bund zu ersetzende Gerichtskosten unmittelbar beim (kostenmäßig) Unterlegenen einzuheben. Eine Kostenersatzpflicht der in Ansehung der Versichertengebühr anspruchsberechtigten Partei gegenüber dem Bund kommt aber nicht in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1998, Zl. 97/17/0439), sodass sich auch die Frage eines allfälligen Kostenersatzanspruches einer solchen Partei gegen den Versicherungsträger von vornherein nicht stellen kann und ein Anwendungsfall des § 2 GEG nicht vorliegt.
Ebenso wenig lässt sich aber eine Kostenersatzpflicht einer Partei in Ansehung der Versichertengebühr nach § 79 ASGG aus § 77 Abs. 1 leg. cit. ableiten, zumal sich diese Bestimmung ausdrücklich "vorbehaltlich des § 79" versteht.
Wie die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zutreffend erkennen, ist auch § 93 Abs. 1 ASGG vorliegendenfalls nicht anzuwenden, zumal es sich bei der Beschwerdeführerin nicht um eine Trägerin der Sozialversicherung im Verständnis dieser Gesetzesbestimmung handelt (vgl. hiezu auch schon das bereits zitierte Erkenntnis vom 22. Juni 1998, sowie Kuderna, a. a.O., 558, und Feitzinger/Tades, ASGG2, Anm. 2 zu § 93).
Der belangten Behörde ist zwar zuzugestehen, dass in dem von ihr zitierten Erlass des Bundesministers für Justiz (veröffentlicht in JABl. Nr. 3/2002) die Kostentragungspflicht im Ergebnis wie im angefochtenen Bescheid beurteilt wird. Der in Rede stehende Erlass ist aber mangels seiner Kundmachung im Bundesgesetzblatt für den Verwaltungsgerichtshof keine verbindliche Verordnung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2002, Zl. 99/12/0208).
Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen. Wien, am 4. September 2003
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Erlass Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003170214.X00Im RIS seit
13.10.2003