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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §73 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Achim Maurer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Graben 27-28, Stg. 2/19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. November 1999, Zl. 118.632/4-III/11/98, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages in Angelegenheit Fremdengesetz 1997, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 14. April 1997 stellte der Beschwerdeführer den Antrag "festzustellen, dass der Antragsteller als türkischer Staatsangehöriger i. S. d. Assoziationsabkommens der Türkei mit der Europ. Gemeinschaft in Österreich Aufenthaltsrecht genießt, und dies in seinem Reisepass ersichtlich zu machen".
Mit Schriftsatz vom 3. April 1998, eingelangt am 6. April 1998, stellte der Beschwerdeführer den Antrag, dass der Bundesminister für Inneres als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über den genannten Antrag entscheiden solle; dies mit der Begründung, dass sein (erstgenannter) Antrag von der Bundespolizeidirektion Wien an "die MA 62" (richtig: den Landeshauptmann von Wien) abgetreten worden sei und die zuständige Behörde bislang über den Antrag nicht entschieden habe.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht gemäß § 73 Abs. 1 und 2 AVG iVm § 15 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 zurück. Zur Begründung führte sie nach Zitierung der genannten Gesetzesstellen aus, dem Beschwerdeführer sei am 18. Dezember 1997 zur Kenntnis gebracht worden, dass ein Aufenthaltsbeendigungsverfahren gemäß § 15 Abs. 1 leg. cit. eingeleitet werde. Mit Übermittlung des Verwaltungsaktes an die Bundespolizeidirektion Wien sei von der erstinstanzlichen Behörde das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung veranlasst worden. Gemäß § 15 Abs. 2 Fremdengesetz 1997 werde durch diese Veranlassung der Ablauf der Frist des § 73 AVG bis zum Abschluss des Verfahrens gehemmt. Daher sei der Devolutionsantrag vom 6. April 1998 unzulässig.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
§ 15 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, lautet:
"(1) Werden in einem Verfahren zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels Versagungsgründe bekannt, so hat die Behörde - gegebenenfalls nach Einholung einer fremdenpolizeilichen Stellungnahme - den Antragsteller vom Versagungsgrund in Kenntnis zu setzen, ihm mitzuteilen, dass eine Aufenthaltsbeendigung (§§ 33 ff) beabsichtigt ist und ihm darzulegen, warum dies unter Bedachtnahme auf den Schutz seines Privat- oder Familienlebens (§ 37) zulässig scheint. Außerdem hat sie ihn zu informieren, dass er das Recht hat, sich hiezu binnen einer gleichzeitig festzusetzenden, 14 Tage nicht unterschreitenden Frist, zu äußern.
(2) Nach Ablauf dieser Frist ist bei unverändertem Sachverhalt das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung zu veranlassen; der Ablauf der Frist des § 73 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, wird dadurch bis zum Abschluss dieses Verfahrens gehemmt. Sobald sich ergibt, dass eine Aufenthaltsbeendigung unzulässig ist, hat die Behörde den weiteren Aufenthaltstitel zu erteilen.
(3) Erwächst jedoch eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, so ist das Verfahren über den Antrag auf Erteilung des weiteren Aufenthaltstitels formlos einzustellen. Dieses Verfahren ist fortzusetzen, sobald nach einer Aufhebung der Ausweisung oder des Aufenthaltsverbotes durch den Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof feststeht, dass deren Verhängung nunmehr unterbleibt."
Zutreffend zeigt die Beschwerde auf, dass nach dem klaren Wortlaut des § 15 FrG die darin vorgesehene Vorgangsweise dann einzuschlagen ist, wenn in einem Verfahren zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels Versagungsgründe bekannt werden. Der vorliegenden Devolution liegt jedoch nicht ein Verfahren zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels zu Grunde, sondern ein Verfahren über den auch noch im Devolutionsantrag aufrecht erhaltenen eingangs genannten Feststellungsantrag des Beschwerdeführers. Die belangte Behörde hat somit die Rechtslage verkannt, als sie eine Hemmung der Frist des § 73 AVG angenommen hat. Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Dabei kommt der Frage, ob die vorerst angerufene Bundespolizeidirektion Wien für die Erledigung des Antrags - wie von ihr angenommen - unzuständig war, keine Bedeutung zu. Mit dem Einlangen des weitergeleiteten Antrags geht nämlich die Entscheidungspflicht an die (vermeintlich zuständige) weitere Behörde unabhängig davon über, ob die Weiterleitung rechtens erfolgt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2003, Zl. 2000/18/0031).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 4. September 2003
Schlagworte
AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000210021.X00Im RIS seit
25.09.2003Zuletzt aktualisiert am
26.06.2017