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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AsylG 1997 §16 Abs3;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2001/01/0390 E 7. Oktober 2003Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 23. Juli 2001, Zl. 223.200/0-V/14/01, betreffend § 17 Abs. 4 Asylgesetz 1997 (mitbeteiligte Parteien:
1. MS, geboren 1969, 2. BS, geboren 1994, und 3. BS, geboren 1998, alle in S, alle vertreten durch Dr. Benno Wageneder, Rechtsanwalt in 4910 Ried/Innkreis, Adalbert-Stifter-Straße 16), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat den Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Mitbeteiligten (Mutter mit ihren zwei minderjährigen Kindern), Staatsangehörige von Mazedonien, stellten am 16. Juli 2001 bei der Grenzkontrollstelle Nickelsdorf Asylanträge. Am 17. Juli 2001 wurde ihnen von Beamten dieser Grenzkontrollstelle mitgeteilt, dass das Bundesasylamt eine Asylgewährung für unwahrscheinlich halte. Daraufhin richteten die Mitbeteiligten ein "Überprüfungsverlangen" an die belangte Behörde, in dem sie im Wesentlichen vorbrachten, dass ihr Heimatort (Otla) im Zuge der Kampfhandlungen zwischen UCK einerseits und Polizei sowie Militär andererseits von Artillerie und von Kampfhubschraubern bombardiert worden sei; auf die Zivilbevölkerung sei wenig Rücksicht genommen worden, das Haus der Mitbeteiligten sei bis auf den Keller in Schutt und Asche geschossen worden; sie hätten sich daraufhin nach Kumanova begeben und bei einem Kollegen ihres Ehemannes/Vaters Zuflucht gefunden; dieser habe in der Folge jedoch eine andere Familie aufgenommen, weshalb die Flucht nach Österreich ergriffen worden sei; in Mazedonien seien Albaner - die Mitbeteiligten gehören der albanischen Bevölkerungsgruppe an - von Polizei und Militär bereits misshandelt, eingeschüchtert und bedroht worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über das erwähnte "Überprüfungsverlangen", gestützt auf § 17 Abs. 4 AsylG, wie folgt:
"Die Voraussetzung für die Einreise der (Mitbeteiligten) in das Bundesgebiet i.S.d. § 17 Abs. 4 AsylG liegen vor."
Begründend stellte die belangte Behörde zur Lage in Mazedonien unter Berufung auf näher genanntes Berichtsmaterial ua. fest, dass nach wochenlangen Scharmützeln und Kämpfen mit zunehmender Intensität Tausende von ZivilistInnen in Dörfern unter Kontrolle der UCK ohne ausreichende humanitäre Hilfe und unter teilweise ständigem Beschuss ausharrten. Nach wechselnden Waffenstillständen, gescheiterten Verhandlungen und vergeblichen Ultimaten hätten sich Anfang Juni die Meldungen über schwerwiegende Übergriffe der mazedonischen Militärkräfte und Polizei sowohl in Dörfern, wo sie wieder die Kontrolle übernommen hätten, als auch gegenüber der Zivilbevölkerung, welche die Dörfer unter der Kontrolle der Rebellen nach wiederholter Aufforderung der Regierung zur Evakuierung hätte verlassen können, gehäuft. Bei der Rückeroberung von mehreren Dörfern sei es nach Zeugenaussagen zu schweren Übergriffen durch Polizei- und Armeekräfte, uzw. zu schweren Misshandlungen von ethnischen AlbanerInnen und Plünderung von Häusern unter dem Vorwand, die Dörfer von den "Terroristen" säubern zu müssen, gekommen. Regierungstruppen hätten die Zivilbevölkerung aus den Dörfern getrieben und mutwillig und gezielt Wohnungen und Möbel von albanischen Familien zerstört. Übergriffe auf ethnische Albaner seien teilweise spontan, teilweise systematisch erfolgt.
Rechtlich führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass nicht ersichtlich sei, dass die Asylanträge der aus Ungarn kommenden Mitbeteiligten wegen Drittstaatsicherheit oder wegen vertraglicher Unzuständigkeit nach §§ 4 oder 5 AsylG als unzulässig zurückzuweisen wären. Mangels entsprechender Anhaltspunkte könne auch nicht erkannt werden, dass ein Endigungs- oder Ausschlussgrund nach Art. 1 Abschnitt C oder F FlKonv bzw. nach § 13 Abs. 2 AsylG vorläge. Schließlich erschienen die Asylanträge jedenfalls nicht im Sinne des § 6 AsylG als offensichtlich unbegründet und könne ohne eingehende Prüfung nicht von vornherein gesagt werden, dass die Mitbeteiligten keine asylrechtlich relevante Gefährdung zu gewärtigen hätten. Im Hinblick auf die vorzunehmende "Grobprüfung" der Asylanträge ergebe sich insgesamt, dass die Asylgewährung nicht unwahrscheinlich sei.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Bundesministers für Inneres hat der Verwaltungsgerichtshof - nach Erstattung einer Gegenschrift seitens der Mitbeteiligten - erwogen:
Der im vorliegenden Fall maßgebliche § 17 AsylG lautet wie folgt:
"Einreise
§ 17. (1) Fremden, die - nach Anreise über einen Flugplatz oder nach direkter Anreise (Art. 31 der Genfer Flüchtlingskonvention) aus dem Herkunftsstaat - anlässlich der an einer Grenzübergangsstelle erfolgenden Grenzkontrolle einen Asyl- oder Asylerstreckungsantrag stellen, sind dem Bundesasylamt vorzuführen, es sei denn, sie verfügten über einen Aufenthaltstitel oder ihr Antrag wäre wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
(2) Fremde, die sonst anlässlich einer an einer Grenzübergangsstelle erfolgenden Grenzkontrolle einen Asyl- oder Asylerstreckungsantrag stellen, sind - sofern die Einreise nicht nach dem 2. Hauptstück des Fremdengesetzes gestattet werden kann - zurückzuweisen und darauf hinzuweisen, dass sie die Möglichkeit haben, entweder im Staat ihres derzeitigen Aufenthaltes Schutz vor Verfolgung zu suchen oder den Asylantrag bei der zuständigen österreichischen Berufsvertretungsbehörde zu stellen. Verlangen diese Fremden jedoch den Asylantrag an der Grenze zu stellen, so sind sie darüber in Kenntnis zu setzen, dass in diesem Falle in die Entscheidung über ihre Einreise die Asylbehörden eingebunden werden und dass sie die Entscheidung im Ausland abzuwarten hätten. Für den Asylantrag ist ihnen in diesen Fällen von der Grenzkontrollbehörde ein in einer ihnen verständlichen Sprache gehaltenes Antrags- und Befragungsformular (§ 16 Abs. 2) auszuhändigen.
(3) Fremden, die in der Folge einen Asylantrag mittels Antrags- und Befragungsformulars bei der Grenzkontrollbehörde stellen, ist hierüber eine Bestätigung auszufolgen, die so abzufassen ist, dass sie im Staat des gegenwärtigen Aufenthalts als Nachweis der noch ausständigen Einreiseentscheidung verwendet werden kann. Außerdem hat sie den Inhalt der ihr vorgelegten Urkunden aktenkundig zu machen und dem Fremden den Termin für die abschließende Grenzkontrolle bekannt zu geben. Der Asylantrag ist unverzüglich dem Bundesasylamt zuzuleiten.
(4) Fremden, die einen Asylantrag nach Abs. 3 gestellt haben, ist die Einreise zu gestatten, wenn das Bundesasylamt den Grenzkontrollbehörden mitgeteilt hat, dass die Asylgewährung nicht unwahrscheinlich ist, insbesondere weil der Antrag nicht als unzulässig zurückzuweisen oder als offensichtlich unbegründet abzuweisen wäre. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, hat die Grenzkontrollbehörde den Asylwerber hierüber in Kenntnis zu setzen und zu informieren, dass er die Überprüfung der Sache durch den unabhängigen Bundesasylsenat verlangen kann; in einem solchen Fall entscheidet dieser endgültig über die Einreise des Asylwerbers. Wird dem Asylwerber die Einreise nicht gestattet, ist er zurückzuweisen.
(5) Die Entscheidungen gemäß Abs. 4 sollen binnen fünf Arbeitstagen ab Einbringung des Asylantrages getroffen werden. Fremde, die einen Asylantrag stellen, dürfen nur nach Befassung des Bundesasylamtes zurückgewiesen werden, es sei denn, es wäre offensichtlich, dass der Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist."
Die ErläutRV (686 BlgNR 20. GP 23 f) führen zu dieser Bestimmung aus:
"Völlig neu gestaltet wurde die Einreise Asylsuchender und damit verbunden das Verfahren an der Grenze. Grundsätzlich wird zwischen Fremden, die im Sinne des Art. 31 der Genfer Flüchtlingskonvention 'direkt' anreisen, und sonstigen Fremden unterschieden. Das Zitat des Art. 31 der Genfer Flüchtlingskonvention soll klarstellen, dass der Ausdruck 'direkt' streng nach völkerrechtlichen Ansätzen zu interpretieren ist. Der Ausdruck 'direkt' ist dahingehend zu verstehen, dass der Betroffene noch nicht verfolgungs- und refoulementsicher gewesen sein darf.
Fremde, die nach 'direkter' Anreise oder Anreise über einen Flugplatz anlässlich einer Grenzkontrolle, die an einer Grenzübergangsstelle erfolgt, die Absicht erkennen lassen, einen Asylantrag zu stellen, sind grundsätzlich nach § 18 dem Bundesasylamt vorzuführen, um in möglichst effektiver Weise eine potentielle Ausweisung zu sichern. Davon kann abgesehen werden, wenn dem betreffenden Fremden entweder ein Aufenthaltstitel gewährt wurde, oder dem Asylantrag res iudicata entgegensteht und somit ein Asylverfahren nicht (mehr) durchzuführen ist.
Fremde, die nicht 'direkt' oder zu Lande und zu Wasser anreisen, sind für den Fall, dass ihnen die Einreise nicht nach dem 2. Hauptstück des Fremdengesetzes zu gestatten ist, vorläufig zurückzuweisen und damit vorbeugend die Einreise zu verweigern. Gleichzeitig sind sie darauf hinzuweisen, dass sie die Möglichkeit haben, entweder im Staat ihres derzeitigen Aufenthaltes Schutz vor Verfolgung zu suchen oder den Asylantrag bei der zuständigen österreichischen Berufsvertretungsbehörde zu stellen (§ 16). Verlangen jedoch diese Asylwerber, den Asylantrag an der Grenze zu stellen, so sind sie darüber in Kenntnis zu setzen, dass ihnen - nach Befassung des Bundesasylamts - die Einreise nach Möglichkeit innerhalb von fünf Arbeitstagen gestattet werden wird, wenn das Bundesasylamt die Asylgewährung für nicht unwahrscheinlich erachtet. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar nicht Drittlandsicherheit oder kein offensichtlich unbegründeter Asylantrag vorliegt. Um das Bundesasylamt in die Lage zu versetzen, die Wahrscheinlichkeit der Asylgewährung beurteilen zu können, soll ein formularisiertes Verfahren stattfinden: Das Grenzkontrollorgan hat dem Fremden ein Befragungsformular in einer ihm verständlichen Sprache, das vom Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten und nach Anhörung des UNHCR per Verordnung zu gestalten ist (§ 16 Abs. 2), zu geben. Jenen Fremden, die dem Grenzkontrollorgan dieses Formular ausgefüllt übergeben, ist hierüber eine Bestätigung auszufolgen, der zu entnehmen sein muss, dass über die Einreise des Fremden noch nicht abschließend entschieden wurde. Die Grenzkontrollorgane haben den Inhalt der vorgelegten Urkunden (etwa durch Fotokopie) aktenkundig zu machen und das Formular und sonstige Aktenteile dem Bundesasylamt auf geeignetem Wege (Telefax) zu übermitteln. Dem Fremden ist zugleich ein Termin bekannt zu geben, zu dem es zu einer endgültigen Entscheidung über die Einreise kommt.
Teilt das Bundesasylamt mit, dass Asylgewährung unwahrscheinlich ist, und wird deshalb die Einreise des Fremden nicht gestattet, hat ihm die Grenzkontrollbehörde mitzuteilen, dass er die Überprüfung durch den unabhängigen Bundesasylsenat verlangen kann. Wird die Asylgewährung vom Bundesasylsenat für unwahrscheinlich erachtet, hat das Grenzkontrollorgan mit endgültiger Zurückweisung des Fremden vorzugehen. Die Entscheidungen der Asylbehörden in diesen Angelegenheiten sind formlose Bestimmungselemente für die Einreiseentscheidung der Grenzkontrollbehörde, die nicht gesondert angefochten werden können. Die Zurückweisungsentscheidung kann als Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt beim UVS in Beschwerde gezogen werden.
Durch das Verfahren an der Grenze, dies ist besonders hervorzuheben, wird keine res iudicata in der Sache selbst produziert, das heißt, dass einer allfälligen späteren Asylgewährung nicht entschiedene Sache entgegensteht. Asylanträge und Asylerstreckungsanträge Fremder, denen nach Befassung des Bundesasylamts die Einreise nicht gewährt worden ist, sind nach § 31 als gegenstandslos abzulegen. "
1. Der gegenständliche Bescheid ist über ein "Überprüfungsverlangen" der Mitbeteiligten nach § 17 Abs. 4 zweiter Satz AsylG ergangen. Ein derartiges Begehren, das nach dem Gesetzeswortlaut weder form- noch fristgebunden ist, stellt jene Möglichkeit dar, mit der ein Asylwerber auf die Bekanntgabe der Grenzkontrollbehörde, eine Asylgewährung sei gemäß Mitteilung des Bundesasylamtes "unwahrscheinlich" (und zu ergänzen: weshalb die Einreise nicht gestattet werden könne), reagieren kann; er kann "die Überprüfung der Sache" durch den unabhängigen Bundesasylsenat verlangen, der dann "endgültig über die Einreise des Asylwerbers" "entscheidet". Folgt man den zitierten Erläuterungen - demnach sind "die Entscheidungen der Asylbehörden in diesen Angelegenheiten ... formlose Bestimmungselemente für die Einreiseentscheidung der Grenzkontrollbehörde, die nicht gesondert angefochten werden können" -, so hätte der unabhängige Bundesasylsenat im gegebenen Zusammenhang keinen Bescheid zu erlassen. Gegebenenfalls wäre der vorliegend bekämpfte Bescheid daher schon mangels Bescheidkompetenz der belangten Behörde mit Rechtswidrigkeit belastet. In seiner Amtsbeschwerde greift der Bundesminister für Inneres diesen Gesichtspunkt indes nicht auf; er lässt mit keinem Wort erkennen, dass er den Standpunkt vertrete, die belangte Behörde hätte über das "Überprüfungsverlangen" der Mitbeteiligten nicht mit Bescheid erkennen dürfen.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Ansicht der belangten Behörde, dass über ein "Überprüfungsverlangen" nach § 17 Abs. 4 zweiter Satz AsylG ein Bescheid zu ergehen hat. Wie dargestellt "entscheidet" der unabhängige Bundesasylsenat in "Überprüfung der Sache" auf Grund des Verlangens "endgültig über die Einreise des Asylwerbers". Abgesehen davon, dass schon der Gebrauch des Verbums "entscheidet" für eine bescheidförmige Erledigung spricht, erweist sich demnach als Thema im Verfahren vor dem unabhängigen Bundesasylsenat die endgültige Beurteilung der Frage der Zulässigkeit der "Einreise des Asylwerbers"; nach dem Gesetz hat es einerseits zur "Überprüfung der Sache" - und nicht bloß zu einer Überprüfung der Mitteilung des Bundesasylamtes - zu kommen, andererseits ist "endgültig über die Einreise" zu entscheiden. Insgesamt bleibt vor diesem Hintergrund für die in den zitierten Erläuterungen vertretene Auffassung, die Entscheidungen der Asylbehörden seien formlose Bestimmungselemente für die Einreiseentscheidung der Grenzkontrollbehörde, jedenfalls bezogen auf die Funktion des unabhängigen Bundesasylsenates, kein Raum. Die bei einem für den Asylwerber negativen Ausgang an die Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates anschließende Zurückweisung seitens der Grenzkontrollbehörden lässt sich bei dieser Sicht ausnahmsweise als Vollstreckung des Titelbescheides des unabhängigen Bundesasylsenates verstehen (zu dieser Deutungsmöglichkeit siehe Schmid/Frank, Asylgesetzes 1997 (2001), K 13. zu § 17; für Bescheidcharakter unter Berufung auf den Wortlaut wohl auch Rosenmayr, Asylrecht, in:
Machacek/Pahr/Stadler, Grund- und Menschenrechte in Österreich III (1997), FN 202).
Dass Rechtsschutzüberlegungen dafür sprechen, dass der unabhängige Bundesasylsenat über ein "Überprüfungsverlangen" bescheidmäßig zu erkennen habe, wird im Schrifttum zutreffend betont (Schmid/Frank aaO., K 12. zu § 17; Rohrböck, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (1999), Rz 529). Dem Argument, es könne die abschließende Zurückweisung (einschließlich der in den zugrundeliegenden "Mitteilungen" vertretenen Rechtsauffassung) ohnehin gemäß Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG beim zuständigen unabhängigen Verwaltungssenat mit Maßnahmenbeschwerde angefochten werden, wogegen Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zulässig sei, weshalb der Rechtsschutz auch ohne Bescheiderlassung seitens des unabhängigen Bundesasylsenates gewährleistet erscheine (so Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 1997 (2001), 279), ist entgegenzuhalten, dass das im Ergebnis zur Überprüfung der "Einreiseentscheidung" des unabhängigen Bundesasylsenates durch einen unabhängigen Verwaltungssenat führen würde (dies betonend Wessely, Besonderheiten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat, ZfV 1999, 539) und dass bei Abstandnahme von der Stellung eines "Überprüfungsverlangens" seitens des Asylwerbers umgekehrt eine Kontrollfunktion des unabhängigen Verwaltungssenates angenommen werden würde, obwohl der im Gesetz vorgesehene Kontrollmechanismus (nämlich das besagte "Überprüfungsverlangen") nicht in Anspruch genommen worden wäre.
2. Wie schon erwähnt, zieht der beschwerdeführende Bundesminister - nach dem Gesagten zu Recht - nicht in Zweifel, dass die belangte Behörde mit Bescheid zu erkennen hatte. Er hält dem bekämpften Bescheid jedoch entgegen, dass die belangte Behörde lediglich auf die §§ 4 bis 6 AsylG Bezug genommen habe, während das nach dem Gesetz vorzunehmende Wahrscheinlichkeitskalkül ausdrücklich auf die Asylgewährung als solche abstelle und die Fälle der §§ 4 bis 6 AsylG lediglich "insbesondere" nenne. Die Wahrscheinlichkeitsprüfung im Rahmen des § 17 Abs. 4 AsylG habe daher alle asylrechtlich relevanten Umstände zu erfassen, was die belangte Behörde nicht beachtet habe. Insbesondere habe sie nicht auf das Vorliegen einer allfälligen innerstaatlichen Fluchtalternative oder auf die Qualität des Verfolgersubjekts Bedacht genommen.
Es kann nicht angenommen werden, dass sich der Gesetzgeber in § 17 Abs. 4 AsylG rein zufällig der doppelten Negation "nicht unwahrscheinlich" bedient hat. Das wird vor allem dann deutlich, wenn man der genannten Bestimmung § 16 Abs. 3 leg. cit. gegenüberstellt, wonach es im Fall der Stellung eines Asylantrages bei einer österreichischen Berufsvertretungsbehörde für das weitere Procedere darauf ankommt, ob das Bundesasylamt mitgeteilt hat, dass die Asylgewährung "wahrscheinlich" ist. Aus der differenzierenden Wortwahl des Gesetzgebers wird abzuleiten sein, dass damit unterschiedliche Prüfungsmaßstäbe zum Ausdruck gebracht werden sollen. Dabei wird man mit Schmid/Frank (aaO., K 6. zu § 16) und mit Rohrböck (aaO., Rz 524) davon auszugehen haben, dass mit der Formulierung "nicht unwahrscheinlich" der Grad der Sicherheit - gemessen am "Wahrscheinlichkeitskalkül" des § 16 Abs. 3 AsylG - herabgesetzt werden soll. Einerseits im Hinblick darauf und andererseits unter Bedachtnahme auf die in § 17 Abs. 4 leg. cit. erwähnten Beispielsfälle, die in erster Linie auf die §§ 4 bis 6 AsylG abzielen, wird klar, dass im Verfahren nach § 17 Abs. 4 AsylG der Maßstab niedrig anzusetzen ist.
Der Auffassung des beschwerdeführenden Bundesministers folgend kann nicht in Zweifel gezogen werden (arg: insbesondere), dass § 17 Abs. 4 erster Satz AsylG die Fälle der Zurückweisung eines Asylantrages als unzulässig und der Abweisung als offensichtlich unbegründet bloß beispielsweise vor Augen hat. Nach dem eben Gesagten ergibt sich aber umgekehrt mit gleicher Konsequenz, dass im Sinn des Standpunktes der belangten Behörde bloß eine "Grobprüfung" geboten ist und dass es keiner erschöpfenden Beurteilung aller für eine Asylgewährung maßgeblichen Umstände bedarf. Vor diesem Hintergrund ist zunächst einmal festzuhalten, dass sich die belangte Behörde keineswegs auf eine Beurteilung der §§ 4 bis 6 AsylG beschränkt hat. Sie hat nämlich ausdrücklich - und dies übersieht die Beschwerde offenkundig - festgehalten, dass kein Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Endigungs- oder Ausschlussgrundes im Sinn des Art. 1 Abschnitt C oder F FlKonv bzw. im Sinn des § 13 Abs. 2 AsylG, was mit den Tatbeständen der §§ 4 bis 6 AsylG nichts zu tun hat, gegeben sei. Des Weiteren aber ist nicht zu sehen, warum die belangte Behörde auf Grund des Vorbringens der Mitbeteiligten und der von ihr getroffenen Feststellungen zur Situation in Mazedonien - diese werden in der Beschwerde nicht bestritten - im Rahmen des dargestellten Kalküls das Vorliegen einer "innerstaatlichen Fluchtalternative" näher in Erwägung hätte ziehen sollen bzw. inwieweit eine nähere Prüfung der "Qualität des Verfolgersubjekts" (unter dem Aspekt "Unwahrscheinlichkeit" der Asylgewährung) geboten gewesen wäre. Auch die Beschwerde beschränkt sich darauf, abstrakt diese Punkte anzusprechen, ohne konkret auszuführen, welche Umstände unter diesen beiden Gesichtspunkten zu einem anderen Ergebnis hätten führen können. Da mithin eine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides nicht zu erkennen ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Wien, am 9. September 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001010396.X00Im RIS seit
10.10.2003Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008