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41/01 Sicherheitsrecht;Norm
SPG 1991 §67 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerde des P in K, vertreten durch Dr. Thomas Strizik, Rechtsanwalt in 3500 Krems/Donau, Ringstraße 19, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Krems an der Donau vom 2. Jänner 2002, Zl. I/2-2243/2002/16, betreffend Verpflichtung zur erkennungsdienstlichen Behandlung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde wie folgt ab:
"Da Sie der Aufforderung, sich der erkennungsdienstlichen Behandlung zu unterziehen, nicht nachgekommen sind, wird Ihnen die hiezu § 65 Absatz 1 und Absatz 4 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) in Verbindung mit § 96 Absatz 3 SPG bestehende Verpflichtung gemäß § 77 Absatz 2 SPG auferlegt. Die Zulässigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung ergibt sich aus ihrer Verurteilung gem. §§ 142/1, 143, 127 StGB durch das LG Feldkirch vom 29.6.1995 mit der GZ: 15 Vr 648/94.
Es war daher gem. § 77 Abs. 3 SPG i.V. § 39 und § 56 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) kein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen.
Die erkennungsdienstliche Behandlung, der Sie sich zu unterziehen haben, umfasst gem. § 67 Abs. 1 SPG in Verbindung § 96 Abs. 3 SPG auch die Abnahme eines Mundhöhlenabstriches oder die Durchführung anderer geeigneter Maßnahmen zum Zwecke der Ermittlung von genetischer Information.
Zur Durchsetzung ihrer festgestellten Mitwirkungsverpflichtung kann gem. § 77 Abs. 4 SPG Ihre Vorführung erfolgen und gemäß § 78 SPG unmittelbare Zwangsgewalt angewandt werden."
Nach der Begründung sei der Beschwerdeführer am 8. Jänner 2002 unter Hinweis auf die maßgeblichen Gründe formlos aufgefordert worden, sich einer erkennungsdienstlichen Behandlung mit Mundhöhlenabstrich zum Zwecke der Ermittlung seiner genetischen Information zu unterziehen. Die erkennungsdienstliche Behandlung habe der Beschwerdeführer verweigert. Er sei am 29. Juni 1995 vom Landesgericht Feldkirch wegen des Verbrechens nach §§ 142/1, 143, 127 StGB rechtskräftig verurteilt worden, wobei die Verurteilung noch nicht getilgt sei. Im Hinblick auf die der Verurteilung zu Grunde liegenden Straftaten sei zu erwarten, dass der Beschwerdeführer im Falle der Begehung weiterer gefährlicher Angriffe Spuren hinterlassen würde, die seine Wiedererkennung auf Grund der ermittelten genetischen Information ermöglichten. Aus diesem Grund komme ein Absehen von der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht in Betracht. Nach Wiedergabe einschlägiger Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes führte die belangte Behörde abschließend aus:
"Da Ihre Mitwirkungsverpflichtung somit feststand, war spruchgemäß zu entscheiden."
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Spruch und die Begründung des angefochtenen Bescheides unterscheiden sich vom Inhalt des dem Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2002/01/0389, zu Grunde liegenden Bescheides auf Grund sachverhaltsbedingter Besonderheiten in der rechtlichen Beurteilung der Behörden dahin, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall ihre Prognose nach § 67 Abs. 1 SPG "im Hinblick auf die der Verurteilung zugrundeliegenden Straftat(en) (§§ 142 Abs. 1, 143, 127 StGB)", die belangte Behörde im zitierten Erkenntnis vom heutigen Tag "im Hinblick auf Ihre Persönlichkeit als verurteilter Rückfallstäter (im Anlassfall nach §§ 75, 127 Abs. 1, 128 Abs. 4 und 129 Abs. 1 und 2 StGB)" getroffen hat. Beide Tatbestandselemente sind rechtlich gleichwertig (vgl. § 67 Abs. 1 SPG "...wenn im Hinblick auf diese Tat oder die Persönlichkeit des Betroffenen erwartet werden kann ..."). Im Übrigen liegt den nahezu wortgleichen Bescheiden die selbe Rechtsfrage zu Grunde, weshalb gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das genannte Erkenntnis vom heutigen Tag verwiesen wird. Aus den dort genannten Gründen war auch der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Das die Umsatzsteuer betreffende Kostenbegehren war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand ein Kostenersatz nicht zusteht.
Wien, am 9. September 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002010272.X00Im RIS seit
20.11.2003