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E000 EU- Recht allgemein;Norm
21964A1229(01) AssAbk Türkei ;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des N, geboren 1974, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. März 2003, Zl. 137.643/2-III/4/03, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 28. März 2003 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 27. November 2002 auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 und § 14 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.
Der Beschwerdeführer habe am 27. November 2002 durch seinen Rechtsvertreter per Telefax an den Landeshauptmann von Wien (die Erstbehörde) einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck Familiengemeinschaft mit seiner in Österreich lebenden Gattin gestellt. Dieser Antrag sei von der Erstbehörde mit Bescheid vom 7. Jänner 2003 gemäß § 14 Abs. 2 FrG abgewiesen worden. In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass der geltend gemachte Abweisungsgrund nicht gegeben wäre, weil seiner Ehefrau eine unbefristete Niederlassungsbewilligung (für jeglichen Aufenthaltszweck) erteilt worden wäre. Sie besäße einen Befreiungsschein, wäre berufstätig und könnte ihm eine gesicherte Unterkunft bieten. Außerdem wäre er über sie mitversichert.
Ein Aufenthaltstitel für das österreichische Bundesgebiet sei dem Beschwerdeführer bisher noch nicht erteilt worden. Nach Wiedergabe des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG und des § 14 Abs. 2 leg. cit. führte die belangte Behörde weiter begründend aus, dass der Beschwerdeführer mit einem von der österreichischen Botschaft in Ankara ausgestellten, vom 16. Jänner 2001 bis 27. Jänner 2002 gültigen Visum C in das Bundesgebiet eingereist sei und seit 17. Jänner 2002 in Wien wohnhaft sei. Auf Grund der Meldedaten stehe eindeutig fest, dass er sich seit 17. Jänner 2001 (offensichtlich gemeint: 2002) im Bundesgebiet aufhalte und die Entscheidung über seinen Antrag nicht vom Ausland aus abgewartet habe. Gemäß § 14 Abs. 2 FrG hätte er seinen Antrag vor der Einreise vom Ausland aus stellen müssen, weil er keine der für die Inlandantragstellung genannten Voraussetzungen erfülle, und die Entscheidung über seinen Antrag vom Ausland aus abwarten müssen. Ferner solle der angestrebte Aufenthaltstitel zeitlich an ein Visum anschließen, sodass auch deshalb die Erteilung des Aufenthaltstitels zu versagen sei. Weiters habe auch eine Antragstellung gemäß § 20 Abs. 1 FrG (diese Bestimmung regelt den Familiennachzug für auf Dauer niedergelassene Fremde) den Erfordernissen des § 14 Abs. 2 leg. cit. zu entsprechen. Der Antrag des Beschwerdeführers sei daher gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 und § 14 Abs. 2 leg. cit. abzuweisen gewesen. Ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK, sei entbehrlich gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 10. Juni 2003, B 653/03). Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels zu versagen, wenn dieser zeitlich an den durch ein Reise- oder Durchreisevisum ermöglichten Aufenthalt anschließen und nach der Einreise erteilt werden soll.
Nach der hg. Rechtsprechung ist für die Beurteilung der Frage, ob der Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. vorliegt, ausschließlich maßgeblich, dass sich der Fremde im Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Anschluss an eine mit einem Reisevisum (bzw. einem diesem Visum gleichzuhaltenden Touristensichtvermerk oder einem Durchreisevisum) erfolgte Einreise im Bundesgebiet aufhält, wobei es bedeutungslos ist, ob die zu erteilende Bewilligung an die Geltungsdauer des Visums nahtlos anschließen soll (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. September 1999, Zlen. 99/19/0034 u.a., mwN).
2. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid festgestellt, dass der Beschwerdeführer seit 17. Jänner 2001 (offensichtlich gemeint: 2002) im Bundesgebiet wohnhaft ist, und sich bei dieser Feststellung auf die polizeiliche Meldung des Beschwerdeführers (nach dem Meldegesetz 1991) gestützt. Die Beschwerde wendet sich gegen diese Sachverhaltsannahme lediglich mit dem Vorbringen, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Beschwerdeführer trotz aufrechter Meldung nicht im Bundesgebiet aufgehalten habe, sie behauptet jedoch nicht, dass er im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides tatsächlich nicht (seit 17. Jänner 2002) im Bundesgebiet wohnhaft gewesen ist. Das genannte Beschwerdevorbringen ist daher nicht geeignet, die besagte Feststellung der belangten Behörde zu erschüttern.
Nach den weiteren, insoweit unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde ist der Beschwerdeführer mit einem Visum C (Reisevisum, vgl. § 6 Abs. 1 Z. 3 FrG) in Österreich eingereist und hat er bisher über keinen Aufenthaltstitel verfügt. Auf dem Boden dieser Feststellungen hat die belangte Behörde zutreffend den vom Beschwerdeführer am 27. November 2002 gestellten Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als solchen auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gewertet und diesen, weil sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Anschluss an die mit einem Reisevisum erfolgte Einreise im Bundesgebiet aufgehalten hat, zu Recht gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG abgewiesen.
3. Ferner ist das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte die Bestimmung des § 10 Abs. 4 FrG, wonach in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden könne, anwenden und dem Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der fremdenrechtlichen Bewilligung stattgeben müssen, nicht zielführend. Die Beschwerde verkennt, dass die der Fremdenpolizeibehörde eingeräumte Möglichkeit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis einer Versagung der Niederlassungsbewilligung aus dem Grund des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG nicht entgegensteht (vgl. dazu nochmals das vorzitierte Erkenntnis, Zlen. 99/19/0034 u.a., und das hg. Erkenntnis vom 24. April 2002, Zl. 2002/18/0038, mwN).
4. Dem weiteren Beschwerdehinweis auf das Familienleben des Beschwerdeführers und Art. 8 EMRK ist zu erwidern, dass es sich bei der Regelung des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG um einen absoluten Versagungsgrund handelt, bei dessen Vorliegen die Erteilung einer Bewilligung nach § 8 Abs. 1 FrG ausgeschlossen ist, wobei eine Bedachtnahme auf die privaten und familiären Verhältnisse des Fremden im Sinn des Art. 8 EMRK nicht geboten ist (vgl. dazu etwa das vorzitierte Erkenntnis, Zl. 2002/18/0038, mwN).
Entgegen der Beschwerdeansicht kann es auch nicht als unsachlich angesehen werden, wenn der Gesetzgeber die in § 47 Abs. 2 zweiter Satz FrG geschaffene Möglichkeit für begünstigte Drittstaatsangehörige im Sinn dieser Gesetzesbestimmung, unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen Anträge auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland zu stellen (und die Entscheidung darüber im Inland abzuwarten), nicht auf türkische Staatsangehörige ausgedehnt hat. Diesbezüglich wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das (zwar zum FrG idF vor der FrG-Novelle 2002 ergangene, im vorliegenden Zusammenhang jedoch auch hier maßgebliche) hg. Erkenntnis vom 16. Februar 2001, Zlen. 2000/19/0029, 0078, verwiesen (vgl. auch dazu das vorzitierte Erkenntnis Zl. 2002/18/0038).
5. Soweit die Beschwerde meint, die belangte Behörde habe die Abweisung des vom Beschwerdeführer gestellten Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung lediglich damit begründet, dass er diesen Antrag im Bundesgebiet eingebracht habe, verkennt sie, dass die belangte Behörde ihre Entscheidung nicht nur auf diesen Grund (§ 14 Abs. 2 FrG), sondern auch auf den Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. gestützt hat. Da sich die Heranziehung dieses Versagungsgrundes frei von Rechtsirrtum erweist, braucht nicht darauf eingegangen zu werden, ob die belangte Behörde auch § 14 Abs. 2 leg. cit. für die Abweisung des Antrages heranziehen durfte.
6. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
7. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 10. September 2003
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Auslegung des Mitgliedstaatenrechtes EURallg2Gemeinschaftsrecht Auslegung Allgemein EURallg3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003180174.X00Im RIS seit
03.10.2003Zuletzt aktualisiert am
08.09.2015