Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AWG 1990 §7 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der S GmbH in W, vertreten durch DDr. Manfred Nordmeyer und Dr. Widukind W. Nordmeyer, Rechtsanwälte in Wels, Pollheimerstraße 12, gegen den Bescheid des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie (nunmehr: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) vom 14. Oktober 1999, Zl. 31 3510/203-III/1/99-Ga, betreffend eine Feststellung nach § 7 Abs. 2a des Abfallwirtschaftsgesetzes 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 14. Oktober 1999 stellte die belangte Behörde gemäß § 7 Abs. 2a des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990 idF BGBl. I Nr. 151/1998 (AWG) fest, dass die 2.711,15 kg von der beschwerdeführenden Partei im Jahr 1996 und die 2.490,80 kg im Jahr 1997 versendeten Katalog-Kunststoffummantelungen der Verpackungsverordnung 1996 unterliegen.
In der Begründung heißt es, mit Schreiben vom 11. Mai 1999 habe die beschwerdeführende Partei den Antrag auf Feststellung, dass es sich bei den von ihr versendeten kunststoffummantelten Katalogen nicht um Verpackungen im Sinne der Verpackungsverordnung 1996 handle, gestellt. Auf Grund eines Verbesserungsauftrages nach § 13 Abs. 3 AVG habe die beschwerdeführende Partei mit Schreiben vom 25. August 1999 bekannt gegeben, dass es sich konkret um 2.711,15 kg Kunststoffummantelungen aus dem Jahr 1996 und 2.490,80 kg aus dem Jahr 1997 handle, die in diesem Zeitraum von ihr versendet worden seien.
Zur Begründung habe die beschwerdeführende Partei ausgeführt, dass sie ein im Wesentlichen auf den Vertrieb von Büro-, Werkstätten- und Lagereinrichtungen sowie von Gegenständen des Büro- und Telekommunikationsbedarfes spezialisiertes Unternehmen sei. Pro Jahr würden von ihr ausschließlich an ihre Kunden (namentlich adressiert) mehrmals Kataloge über die von ihr aktuell vertriebenen Waren und deren Preise, die auch Bestellformulare samt Geschäftsbedingungen enthielten, unentgeltlich und unaufgefordert übersendet. Diese Kataloge würden vor dem Versand mit Kunststofffolien ummantelt, die je nach Umfang bzw. Dicke des Kataloges zwischen 4 und 7 Gramm pro Katalog wiegen. Diese Kataloge hätten keinen Verkehrswert, seien nirgends käuflich erhältlich und demnach kein Gegenstand des Handelsverkehrs. Es handle sich nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei bei diesen Katalogen daher nicht um Waren im Sinne der §§ 6 und 7 AWG, sodass daher auch die Bestimmungen der Verpackungsverordnung als Durchführungsverordnung auf sie nicht anzuwenden seien. Bei den Katalogen handle es sich vielmehr um informative und zum Kaufabschluss einladende Geschäftsunterlagen, die vielfach erst bewirkten, dass es zu einem der Verpackungsverordnung unterliegenden Warenverkauf komme. Im Zuge einer Lizenzpartnerprüfung durch die ARA AG seien Auffassungsunterschiede betreffend die Subsumierbarkeit der Kunststoffummantelungen unter die Verpackungsverordnung zu Tage getreten.
Im Erwägungsteil führt die belangte Behörde aus, Beurteilungsgegenstand im Feststellungsverfahren nach § 7 Abs. 2a AWG sei stets ein bestimmtes Material in einer konkreten Situation; ob die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Antragstellung auch noch die Verfügungsgewalt über dieses Material innehabe, sei dabei nicht von Relevanz.
Zum Feststellungsantrag der beschwerdeführenden Partei sei grundsätzlich anzumerken, dass (kunststofffolienummantelte) Kataloge keinesfalls als Verpackungen im Sinne der Verpackungsverordnung 1996 einzustufen seien. Zur Frage, ob es sich bei den "Kunststoffummantelungen" um Verpackungen im Sinne dieser Verordnung handle, sei Folgendes festzuhalten:
Gemäß § 2 Abs. 1 der Verpackungsverordnung 1996 gelten als Verpackungen im Sinne dieser Verordnung Packmittel, Packhilfsmittel, Paletten und Erzeugnisse, auf denen unmittelbar Packmittel oder Packhilfsmittel hergestellt werden.
Packmittel seien gemäß dieser Bestimmung Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind, Waren oder Güter für Verkehrs- Lager-, Transport-, Versand- oder Verkaufszwecke zu umschließen oder zusammenzuhalten.
Kuverts und Versandtaschen seien unabhängig vom Material daher dann als Verpackung im Sinne der Verpackungsverordnung 1996 einzustufen, wenn sie zum Versand von Waren oder Gütern eingesetzt würden. Dies betreffe insbesondere Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Journale, Kataloge und Prospekte, die zu gewerblichen Zwecken an Kunden versandt würden und zwar unabhängig davon, ob den Sendungen auch Rechnungen, Bestellscheine, Antwortkarten, Gewinnspiele etc. beigefügt seien.
Erfolge der Einsatz hingegen lediglich zum Versand von einzelnen Schriftstücken (Briefe, Rechnungen, Bestellscheine, Antwortkarten, Gewinnspiele etc.), so seien die Kuverts und Versandtaschen in diesem Fall nicht als Verpackungen im Sinne der Verpackungsverordnung 1996 einzustufen.
Die gegenständlichen Kunststoffummantelungen fungierten jedoch im Sinne der obigen Ausführungen nicht als Versandsäckchen bzw. Versandtaschen für Schriftstücke, sondern eben für Kataloge und seien daher Verpackungen im Sinne der Verpackungsverordnung 1996.
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.
Dieser lehnte mit Beschluss vom 24. Februar 2003, B 1942/99- 6, ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bringt die beschwerdeführende Partei vor, die Verpackungsverordnung 1996 sei mit 1. Dezember 1996 in Kraft getreten, zugleich sei die Verpackungsverordnung 1992 außer Kraft getreten. Auf Grund dieses normierten Inkrafttretens und dem Ausschluss seiner Rückwirkung könne daher die Verpackungsverordnung 1996 nicht auf die gesamte Menge der von der beschwerdeführenden Partei im Jahr 1996 versandten Kataloge angewendet werden, sondern nur auf jene, die ab 1. Dezember 1996 abgegeben worden seien. Die angefochtene Entscheidung dehne daher rechtswidrigerweise den zeitlichen Geltungsbereich der Verpackungsverordnung 1996 aus. Dies würde selbst dann zutreffen, wenn zwischen der Verpackungsverordnung 1992 und der Verpackungsverordnung 1996 inhaltlich keine Unterschiede bestünden. Dies sei jedoch nicht der Fall. Insbesondere sei der Geltungsbereich unterschiedlich umschrieben. In der Verpackungsverordnung 1996 sei bei der Definition des Importeurs, Abpackers, Vertreibers und Letztverbrauchers auf "Waren oder Güter" Bezug genommen, während bei der Verpackungsverordnung 1992 nur auf "Waren" abgestellt werde. Die Kataloge der beschwerdeführenden Partei könnten zwar als "Güter", nicht jedoch als "Ware" betrachtet werden. Dass der Begriff "Waren" eine spezielle Bedeutung habe und nicht generell alle möglichen Güter jeglicher Art umfasse, ergebe sich auch aus der inhaltlichen Ergänzung der Definitionen in der Verpackungsverordnung 1996. Wären mit dem Begriff "Waren" ohnedies bereits alle möglichen Güter in der Verpackungsverordnung 1992 normativ erfasst gewesen, wäre die Definitionserweiterung um "Güter" nicht notwendig gewesen.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der im Beschwerdefall noch anzuwendende § 7 Abs. 2a AWG 1990 lautete:
"(2a) Bestehen Zweifel, ob eine bestimmte Sache (Ware, Warenrest, Gebinde, Verpackungsmaterial udgl.) einer Verordnung gemäß Abs. 2 unterliegt, hat der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie darüber auf Antrag eines Verpflichteten oder von Amts wegen einen Feststellungsbescheid zu erlassen."
Zu den im § 7 Abs. 2a AWG 1990 angesprochenen Verordnungen gemäß § 7 Abs. 2 leg. cit. zählen sowohl die Verpackungsverordnung 1992, BGBl. Nr. 645/1992 idF BGBl. Nr. 334/1995 (VerpackVO 1992) als auch die Verpackungsverordnung 1996, BGBl. Nr. 648/1996 (VerpackVO 1996).
Die VerpackVO 1996 ist gemäß ihrem § 19 mit 1. Dezember 1996 in Kraft getreten. Mit diesem Zeitpunkt ist die VerpackVO 1992 außer Kraft getreten.
Die beschwerdeführende Partei meint, die belangte Behörde habe eine unzulässige rückwirkende Ausdehnung des zeitlichen Geltungsbereiches der VerpackVO 1996 vorgenommen.
Diese Auffassung ist unzutreffend.
Sowohl die VerpackVO 1992 als auch die VerpackVO 1996 erfassen Verpackungen nicht nur im Zeitpunkt des Inverkehrbringens, sondern über einen Zeitraum. So sehen insbesondere die §§ 3 und 4 VerpackVO 1996 eine Verpflichtung dessen, der Verpackungen in Verkehr bringt, zur Rücknahme von Verpackungen, zur Wiederverwendung oder Verwertung, zur Meldung der für die Erfüllung dieser Verpflichtung maßgeblichen Daten an die Behörde und, soweit diese Verpflichtungen nicht erfüllt werden, zur Teilnahme an einem für die jeweiligen Verpackungen eingerichteten Sammel- und Verwertungssystem vor. Verpackungen, die noch im zeitlichen Geltungsbereich der VerpackVO 1992 in Verkehr gebracht wurden, könnten daher grundsätzlich im zeitlichen Geltungsbereich der VerpackVO 1996 Tatbestände erfüllen, die nach der VerpackVO 1996 Rechtsfolgen auslösen.
Dass die VerpackVO 1996 auch Verpackungen erfasst, die im zeitlichen Geltungsbereich der VerpackVO 1992 in Verkehr gebracht wurden, zeigt deutlich § 18 der erstgenannten Verordnung. Dieser lautet:
"Übergangsbestimmungen
§ 18. (1) Die gemäß der VerpackVO, BGBl. Nr. 645/1992, idF BGBl. Nr. 457/1995 in den Kalenderjahren 1993 und 1994 erfassten Verkaufsverpackungsmengen aus Kunststoffen und Materialverbunden sind bis zum 31. Dezember 1996 zu verwerten. Die im Kalenderjahr 1995 erfassten Verkaufsverpackungsmengen aus Kunststoffen und Materialverbunden sind bis zum 30. Juni 1997 zu verwerten.
(2) Die Nachweise gemäß § 3 Abs. 6, § 5 Abs. 7 und § 7 Abs 3 der VerpackVO, BGBl. Nr. 645/1992, idF BGBl. Nr. 457/1995 für den Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis 30. November 1996 sind entsprechend der VerpackVO, BGBl. Nr. 645/1992, idF BGBl. Nr. 457/1995 zu führen.
(3) Die Verwertung der in den Jahren 1995 und 1996 gemäß der VerpackVO, BGBl. Nr. 645/1992, idF BGBl. Nr. 457/1995 zurückgenommenen Verpackungen hat gemäß den Bestimmungen und festgelegten Zeiträumen der VerpackVO, BGBl. Nr. 645/1992, idF BGBl. Nr. 457/1995 zu erfolgen.
(4) Abweichend von den Anforderungen gemäß § 1 Abs. 3 und 4 ist das Inverkehrsetzen von Verpackungen, die vor dem 1. Jänner 1995 hergestellt wurden, bis zum 1. Jänner 2000 zulässig."
§ 18 VerpackVO 1996 enthält Regelungen für Verpackungen, die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung in Verkehr gesetzt wurden. Somit unterliegen auch solche Verpackungen jedenfalls in dem im § 18 VerpackVO 1996 angeordneten Umfang dieser Verordnung. Dass für solche Verpackungen teilweise die VerpackVO 1992 für anwendbar erklärt wird, ändert nichts daran, dass sie Regelungsgegenstand der VerpackVO 1996 sind und daher (auch) dieser unterliegen, ergibt sich doch die Anwendbarkeit der VerpackVO 1992 für diese Verpackungen aus § 18 VerpackVO 1996.
Ob und welche Tatbestände der VerpackVO 1996 die vor dem 1. Dezember 1996 die von der beschwerdeführenden Partei in Verkehr gebrachten Verpackungen erfüllen, ist im Einzelfall zu prüfen und wird durch den angefochtenen Bescheid nicht beantwortet.
Der angefochtene Bescheid enthält zwar die Feststellung, dass die von der belangten Behörde in den Jahren 1996 und 1997 in Verkehr gebrachten Sachen der VerpackVO 1996 unterliegen. Wie sich aber aus der Begründung dieses Bescheides ergibt, bezieht sich diese Feststellung nur darauf, dass diese Sachen dem Verpackungsbegriff der VerpackVO 1996 zu unterstellen sind. Hingegen wird durch den angefochtenen Bescheid keine Aussage darüber getroffen, ob und welche Rechtsfolgen mit dieser Feststellung verbunden sind. Dies wäre im Einzelfall zu prüfen. Aus diesem Grund geht auch der Hinweis der beschwerdeführenden Partei ins Leere, dass der Geltungsbereich der VerpackVO 1992 anders umschrieben sei als jener der VerpackVO 1996. Würde dies zutreffen, so wäre im Streitfall zu prüfen, ob und welche Bestimmungen der VerpackVO 1996 auf Verpackungen, die im zeitlichen Geltungsbereich der VerpackVO 1992 in Verkehr gesetzt wurden, Anwendung zu finden haben.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 11. September 2003
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003070047.X00Im RIS seit
07.10.2003Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008