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72/13 Studienförderung;Norm
StudFG 1992 §11 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde des Mag. Gernot S in Wien, vertreten durch Dr. Werner Weidinger, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Garnisongasse 1/23, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 30. Jänner 2003, Zl. 54.019/5-VII/13a/2003, betreffend Studienbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 30. Jänner 2003 der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung einer Studienbeihilfe im Studienjahr 2001/02 abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe zuletzt am 14. Mai 2002 die Gewährung einer Studienbeihilfe beantragt. Für die Berechnung sei der letztergangene Einkommensteuerbescheid des Vaters des Beschwerdeführers über das Jahr 1999 herangezogen worden, der am 4. Oktober 2001 ergangen sei. Dabei habe sich ergeben, dass dem Beschwerdeführer mangels sozialer Bedürftigkeit weder eine Studienbeihilfe noch ein Studienzuschuss zustehe. In der gegen den abweisenden Bescheid der Behörde erster Instanz erhobenen Vorstellung habe der Beschwerdeführer die Einkommensteuerbescheide seines Vaters über das Jahr 2000, ergangen am 6. September 2002 und über das Jahr 2001, ergangen am 9. September 2002 vorgelegt. Nun sei, wie sich aus § 7 Abs. 1 und 2 Studienförderungsgesetz ergebe, für die Beurteilung des Einkommens der Zeitpunkt der Antragstellung wesentlich. Als Nachweise für die Einkommenssituation seien gemäß § 11 Abs. 1 Z. 1 Studienförderungsgesetz in erster Linie Einkommensteuerbescheide heranzuziehen und zwar jene über das zuletzt veranlagte Kalenderjahr. Das zum Zeitpunkt der Antragstellung letztveranlagte Kalenderjahr hinsichtlich des Einkommens des Vaters des Beschwerdeführers sei das Kalenderjahr 1999 gewesen. Grundsätzlich sei jener Einkommensteuerbescheid heranzuziehen, der zum Antragszeitpunkt erlassen, also dem Einkommensteuerpflichtigen zugestellt worden sei. In erster Linie sei der jüngste zum Zeitpunkt der Antragstellung ergangene Einkommensteuerbescheid zu berücksichtigen, jedenfalls aber kein späterer als jener über das Kalenderjahr vor Beginn des laufenden Studienjahres. Im Wesentlichen werde darauf abgestellt, dass ein Einkommensteuerbescheid bereits vorliege. Der Einkommensteuerbescheid des Vaters des Beschwerdeführers über das (zufolge der Antragstellung auf Studienbeihilfe im Studienjahr 2001/02 spätestmögliche) Kalenderjahr 2000 sei allerdings erst rund vier Monate nach der Antragstellung ergangen. Dieser habe daher dem Studienbeihilfenverfahren nicht zugrunde gelegt werden können. Dem Hinweis des Beschwerdeführers auf die Möglichkeit einer Schätzung des Einkommens sei zu entgegnen, dass eine Schätzung im Sinn des § 12 Abs. 1 StudFG nur dann möglich sei, wenn die Voraussichtlichkeit der Entwicklung des Einkommens des Steuerpflichtigen gegeben sei. Dies sei aber bei Vorliegen eines Einkommensteuerbescheides vor Erlassung des Bescheides grundsätzlich nicht möglich, zumal die Veranlagung durch das Finanzamt nicht vorweg genommen werden dürfe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Gewährung von Studienbeihilfe nach dem Studienförderungsgesetz verletzt. Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, es sei zwar für die Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit das Einkommen im Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend. Das bedeute aber nicht, dass nur im Zeitpunkt der Antragstellung vorhandene Nachweise beachtlich seien; ein Neuerungsverbot sei nicht normiert. Vielmehr stelle das Gesetz auf das Einkommen und nicht auf den Einkommensteuerbescheid ab. Es treffe daher die Auffassung der belangten Behörde, dass nach dem Zeitpunkt der Antragstellung ergangene Einkommensteuerbescheide unbeachtlich seien, nicht zu. Die Auslegung der belangten Behörde sei auch unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten bedenklich. Lohnsteuerpflichtige hätten gegenüber Einkommensteuerpflichtigen den Vorteil, Einkommensschwankungen jeweils aktuell über Lohnzettel belegen zu können, während Einkommensteuerpflichtige Einkommensänderungen erst nachweisen könnten, wenn ihnen ein Einkommensteuerbescheid zugestellt worden sei. Wären die Einkommensteuerbescheide, die im September 2002 ergangen seien, bereits im Zeitpunkt der Antragstellung vorgelegen, wäre dem Beschwerdeführer die beantragte Studienbeihilfe gewährt worden. Schließlich hätte die belangte Behörde auf der Grundlage der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2000 und 2001 § 12 Abs. 1 StudFG anwenden und eine Schätzung vornehmen müssen; gegenüber dem Jahre 1999 sei eine Minderung von deutlich mehr als 10 % eingetreten. Die Auslegung des § 12 Abs. 1 StudFG durch die belangte Behörde nehme dieser Bestimmung jeden Anwendungsbereich. Der Gesetzgeber habe demgegenüber den Fall im Auge gehabt, dass eine Einkommensminderung deutlich erkennbar sei, ihr genaues Ausmaß aber noch nicht ermittelt werden könne.
Gemäß § 6 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) ist die Gewährung einer Studienbeihilfe unter anderem von der Voraussetzung abhängig, dass der Studierende sozial bedürftig ist (Z. 1).
Maßgebend für die soziale Bedürftigkeit im Sinne des StudFG ist gemäß dessen § 7 Abs. 1 das Einkommen, der Familienstand sowie die Familiengröße des Studierenden, seiner Eltern und seines Ehegatten.
Für die Beurteilung von Einkommen, Familienstand und Familiengröße ist gemäß § 7 Abs. 2 StudFG der Zeitpunkt der Antragstellung entscheidend.
Das Einkommen im Sinne des StudFG ist gemäß dessen § 11 Abs. 1 grundsätzlich durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides über das zuletzt veranlagte, spätestens jedoch über jenes Kalenderjahr, das dem Beginn des laufenden Studienjahres vorangegangen ist, nachzuweisen; der Einkommensteuerbescheid einer Arbeitnehmerveranlagung ist nicht heranzuziehen, wenn das zuletzt veranlagte Jahr mehr als drei Jahre zurückliegt und im gemäß Z. 2 maßgeblichen Kalenderjahr ausschließlich lohnsteuerpflichtige Einkommen bezogen wurden (Z. 1), bei lohnsteuerpflichtigen Einkünften außerdem durch die Vorlage sämtlicher Lohnzettel über jenes Kalenderjahr, das dem Beginn des laufenden Studienjahres vorangegangen ist (Z. 2).
Wenn das im Kalenderjahr der Antragstellung zu erwartende Jahreseinkommen voraussichtlich eine mindestens ein Jahr dauernde Verminderung um mindestens 10 % gegenüber dem gemäß § 11 zu berücksichtigenden Einkommen erfährt, ist dieses gemäß § 12 Abs. 1 StudFG für die Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit zu schätzen. Eine Schätzung ist nicht zulässig bei Einkommensschwankungen infolge von Zahlungen gemäß den §§ 67 und 68 EStG oder bei saisonal bedingten Einkommensschwankungen.
Studienbeihilfen werden gemäß § 39 Abs. 1 StudFG über Antrag zuerkannt. Für die Anträge sind gemäß § 39 Abs. 4 StudFG Formblätter zu verwenden; die für die Beurteilung des Anspruches erforderlichen Nachweise sind anzuschließen (§ 39 Abs. 6 StudFG).
Auf Grund des vorgelegten Formularantrages ist gemäß § 41 Abs. 3 StudFG ohne weiteres Ermittlungsverfahren - unter zweckmäßiger Verwendung moderner technischer Hilfsmittel, insbesondere der automationsunterstützten Datenverarbeitung - mit Bescheid zu entscheiden.
Aus diesen Bestimmungen folgt, dass die Beurteilung der Anspruchsvoraussetzung des Vorliegens sozialer Bedürftigkeit bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung und zwar nach Lage der mit dem Antrag erbrachten Nachweise zu erfolgen hat (vgl. auch die Gesetzesmaterialien, RV 473 BlgNR, 18. GP, 28). Auf Grund der mit dem Antrag erbrachten Nachweise ist ohne weiteres Ermittlungsverfahren zu entscheiden.
Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers waren daher jene Einkommensteuerbescheide seines Vaters, die erst nach Antragstellung erlassen wurden, nicht zu berücksichtigen.
Soweit das im Kalenderjahr der Antragstellung zu erwartende Einkommen voraussichtlich eine Minderung im Sinne des § 12 Abs. 1 StudFG erfährt, ist der Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit eine Schätzung dieses Einkommens zugrunde zu legen. Auch in diesem Falle sind allerdings sowohl das Vorliegen der die Anwendung des § 12 Abs. 1 StudFG rechtfertigenden Umstände, als auch die Grundlagen für die Vornahme einer Schätzung bereits mit dem Antrag vorzubringen bzw. vorzulegen.
Die erst nach Antragstellung ergangenen Einkommensteuerbescheide betreffend den Vater des Beschwerdeführers boten daher keine Grundlage für eine Anwendung des § 12 Abs. 1 StudFG.
Es bestehen, wie im hg. Erkenntnis vom 13. September 2001, Zl. 97/12/0344, eingehend dargelegt, auch keine Bedenken gegen die Sachlichkeit der Regelung des § 11 StudFG.
Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 15. September 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003100117.X00Im RIS seit
16.10.2003Zuletzt aktualisiert am
31.08.2018