Index
E000 EU- Recht allgemein;Norm
31979L0112 Etikettierungs-RL;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde des Dr. Manfred H in F, vertreten durch Schönherr OEG, Rechtsanwaltspartnerschaft in 1014 Wien, Tuchlauben 13, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 8. März 2000, Zl. UVS-18/10071/2-2000, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes (weitere Partei: Bundesministerin für Gesundheit und Frauen), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. März 2000 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als gemäß § 8 Abs. 2 VStG (richtig wohl: § 9 Abs. 2 VStG) verantwortlicher Beauftragter der Firma S in F, B 115, bestellt für die "Einführung und Vermarktung und dergleichen" des Lebensmittels K, zu verantworten, dass am 9. Oktober 1997 dieses Lebensmittel an die Firma W in F, P-Gasse 3, ausgeliefert und damit in Verkehr gebracht worden sei, sodass das gegenständliche Lebensmittel am 19. November 1997 bei der Firma S in P, N-Straße 74, zum Verkauf angeboten worden sei, obwohl dieses gesundheitsbezogene Angaben aufweise, wie z.B. "Reinigt ... deinen Körper", "Diesem jahrtausendalten Naturgetränk
werden wahre Wunderdinge nachgesagt", "Beitrag ... zum
Wohlbefinden leisten kann", "hilft bei der Aufspaltung von Nahrungsstoffen und kann so die Darmfunktion verbessern", "die Erhaltung der Darmflora fördern", "zu einer reinen Haut beitragen", "ganzheitliche Wirkung", "Entgiftung", "Erhaltung der Gesundheit". Derartige Angaben seien gemäß § 9 LMG 1975 ohne bescheidmäßige Zulassung verboten. Das gegenständliche Lebensmittel sei daher als falsch bezeichnet zu beurteilen.
Dem Beschwerdeführer wurde zur Last gelegt, er habe dadurch eine Übertretung nach § 74 Abs. 1 LMG 1975 in Verbindung mit §§ 9 Abs. 1 lit. a, 8 lit. f und § 7 Abs. 1 lit. c leg. cit. begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet habe, dass das gegenständliche Lebensmittel mit den gesundheitsbezogenen Angaben in einem anderen Mitgliedsstaat in Verkehr gebracht werde. Aus diesem Grunde könne nicht von einer "Inländerdiskriminierung" ausgegangen werden. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung sei als erwiesen anzunehmen gewesen, da keine Genehmigung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz gemäß § 9 Abs. 3 LMG 1975 vorgelegt worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Beschwerdeführer bringt gegen den angefochtenen Bescheid unter anderem gemeinschaftsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Vereinbarkeit der von der belangten Behörde angewandten Bestimmungen des LMG 1975 mit der Richtlinie 79/112/EWG vor.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdefall gleicht in rechtlicher Hinsicht dem Fall, welcher dem hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2003, Zl. 2003/10/0025, zu Grunde liegt, weshalb auf dieses Erkenntnis zur Vermeidung entbehrlicher Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden kann. Auch im vorliegenden Fall ist das Lebensmittelgesetz 1975 entsprechend dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 23. Jänner 2003, C-421/00, C- 426/00 und C-16/01, nur insoweit anzuwenden als dies mit dem Gemeinschaftsrecht nicht in Widerspruch steht.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem verwiesenen Erkenntnis ausgesprochen hat, sind gemäß § 44a VStG, um die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale zu ermöglichen, entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- und Verbotsnormen ersetzt werden können.
"In Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen" erfordern im Hinblick auf den durch die Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18. Dezember 1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von für den Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür, ABl. Nr. L 033 vom 8. Februar 1979, S. 1 - 14, in seinem Umfang nur reduziert anwendbaren Verwaltungsstraftatbestand des § 74 Abs. 1 LMG 1975 in Verbindung mit § 8 lit. f und § 9 Abs. 1 lit. a leg. cit. auch die Angabe im Spruch eines Straferkenntnisses, ob es sich bei den inkriminierten (verbotenen) gesundheitsbezogenen Angaben um solche handelt, die sich auf eine menschliche Krankheit beziehen oder um solche, die irreführend sind.
Der bloße Vorwurf der Anbringung "gesundheitsbezogener Angaben" allein genügt nicht dem § 44a Z 1 VStG, weil "gesundheitsbezogene Angaben" allein, ohne nähere Spezifizierung im oben dargestellten Sinn, nicht strafbar sind.
Dem Beschwerdeführer wurde im Spruch ausschließlich das Inverkehrbringen von Lebensmitteln mit "gesundheitsbezogenen" Angaben zur Last gelegt, nicht aber das Inverkehrbringen von Lebensmitteln mit gesundheitsbezogenen, irreführenden Angaben oder das Inverkehrbringen von Lebensmitteln mit krankheitsbezogenen Angaben.
Das Inverkehrbringen von Lebensmitteln mit gesundheitsbezogenen Angaben allein stellt aber keinen Verwaltungsstraftatbestand dar. Der angefochtene Bescheid ist daher inhaltlich rechtswidrig (vgl. zu diesen Ausführungen das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2003, Zl. 2003/10/0025).
Ob die im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Angaben (verbotene) krankheitsbezogene oder (verbotene) irreführende gesundheitsbezogene Angaben darstellen, war demnach nicht mehr zu prüfen. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, änderte sich an der im unrichtigen Tatvorwurf gelegenen inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nichts, da der Verwaltungsgerichtshof den Tatvorwurf nicht austauschen kann.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003. Die vom Beschwerdeführer entrichtete Pauschalgebühr in der Höhe von S 2.500,-- war dabei
gemäß § 3 Abs. 2 Z 3 Euro-Gesetz, BGBl. I Nr. 72/2000, mit EUR 181,68 in Ansatz zu bringen.
Wien, am 15. September 2003
Gerichtsentscheidung
EuGH 62000J0421 Sterbenz VORABSchlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4Mängel im Spruch Fehlen von wesentlichen TatbestandsmerkmalenGemeinschaftsrecht Anwendungsvorrang, partielle Nichtanwendung von innerstaatlichem Recht EURallg1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000100067.X00Im RIS seit
23.10.2003Zuletzt aktualisiert am
31.10.2011