Index
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §167 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und den Senatspräsidenten Dr. Karger sowie die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der I P in L, vertreten durch Dr. Reinhard Schwarzkogler, Rechtanwalt in 4650 Lambach, Marktplatz 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom 8. November 1996, 14/138/2-BK/Re-1994, betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 1989 und 1990 sowie Umsatzsteuer für die Jahre 1989 bis 1993 und Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1990 bis 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin vertreibt auf Provisionsbasis insbesondere der Schönheits- und Körperpflege dienende Produkte eines Vereines. Auf Grund des von der Beschwerdeführerin erzielten hohen Umsatzes überließ ihr der Verein ab dem Jahr 1989 einen PKW zur Nutzung. Mit Ausnahme der Treibstoffkosten und der Stempelmarken trug der Verein alle mit dem PKW im Zusammenhang stehenden Aufwendungen. Nach Ausweis der Verwaltungsakten ging die Beschwerdeführerin im Jahr 1990 eine Lebensgemeinschaft ein. Ab diesem Jahr machte die Beschwerdeführerin in ihren Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen unter dem Titel Aushilfen bzw Fremdarbeit für vom Lebensgefährten erbrachte Leistungen Betriebsausgaben von 8.000 S, 120.000 S, 120.000 S und 30.000 S geltend und zog sich die vom Lebensgefährten in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer ab.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist neben der Frage der Zulässigkeit der Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 1989 und 1990 strittig, ob in der Überlassung des PKW zur Nutzung ein tauschähnlicher Umsatz im Sinn des § 3 Abs 14 UStG 1972 zu erblicken ist, ob die für Leistungen des Lebensgefährten geltend gemachten Betriebsausgaben steuerlich anzuerkennen sind und auch die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehbar ist.
Zur Wiederaufnahme der Verfahren vertritt die belangte Behörde die Ansicht, diese Maßnahme sei schon deswegen zulässig, weil die Beschwerdeführerin nie mitgeteilt habe, ihr sei vom Verein ein PKW zur Nutzung überlassen worden. Diese Tatsache sei der Abgabenbehörde erst auf Grund von Feststellungen anlässlich einer beim Verein durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung zur Kenntnis gelangt. Hingegen meint die Beschwerdeführerin, die Wiederaufnahme der Verfahren sei unzulässig.
Zum Vorliegen eines tauschähnlichen Umsatzes vertritt die belangte Behörde unter Hinweis auf Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, Tz 443 e zu § 3, die Ansicht, die Beschwerdeführerin habe vom Verein als Entgelt für ihre sonstige Leistung nicht nur in Geld bestehende Provisionen, sondern auch das Nutzungsrecht am PKW erhalten, wobei die von ihr hiefür erbrachte Gegenleistung in der Erzielung eines der Höhe nach bestimmten Umsatzes bestanden habe. In der Überlassung des PKW zur Nutzung sei somit ein tauschähnlicher Umsatz (sonstige Leistung des Handelns gegen sonstige Leistung des Duldens) verwirklicht worden. Hingegen meint die Beschwerdeführerin, von einem tauschähnlichen Umsatz könne schon deswegen keine Rede sein, weil sie kein Interesse an der Nutzung des PKW habe. Mit der Überlassung des PKW zur Nutzung sei auch kein Leistungsaustausch, somit auch kein Entgelt verbunden. Nach der legistischen Fiktion des § 12 Abs 2 Z 2 lit c UStG 1972 komme beim PKW überdies die Besteuerung eines Eigenverbrauches nicht in Frage.
Hinsichtlich der vom Lebensgefährten erbrachten Leistungen gelangte die belangte Behörde nach Hinweis auf die hg Rechtsprechung zur steuerlichen Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen (vgl die in Stoll, BAO-Kommentar, 321, wiedergegebene hg Rechtsprechung), zu denen auch Lebensgefährten zu zählen sind (vgl das hg Erkenntnis vom 19. Mai 1992, 92/14/0032), in freier Beweiswürdigung zur Ansicht, diese führten weder zu Betriebsausgaben, noch sei die vom Lebensgefährten in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehbar. Die von der Beschwerdeführerin behaupteten wirtschaftlichen Beziehungen zwischen ihr und dem Lebensgefährten seien nach außen nicht zum Ausdruck gekommen. Nicht einmal der steuerliche Vertreter habe vom Abschluss eines mündlichen Werkvertrages Kenntnis gehabt. Es gebe weder schriftliche Vereinbarungen oder Aufzeichnungen über die vom Lebensgefährten erbrachten Leistungen, noch sei erkennbar, wie die Höhe der geltend gemachten Beträge berechnet worden sei. Schon diese Umstände wiesen darauf hin, dass die Leistungen des Lebensgefährten eher der unter nahen Angehörigen üblichen gelegentlichen Mitarbeit im Erwerb eines nahen Angehörigen entsprochen hätten, die jedoch steuerlich unbeachtlich sei. Wesentlich sei jedoch, dass völlig unübliche wirtschaftliche Beziehungen behauptet worden sei. Denn unter Fremden sei es undenkbar, einen geschuldeten Werklohn nicht durch Zahlung, sondern durch Finanzierung der gesamten Lebenshaltungskosten (Verpflegung, Bekleidung, Freizeit, Wohnung) desjenigen, der Leistungen erbringe, zu begleichen. Die Lebenshaltungskosten naher Angehöriger könnten auch bei steuerlicher Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Da der Lebensgefährte nicht Unternehmer gewesen und auch kein Leistungsaustausch vorgelegen sei, sei die von ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehbar. Hingegen meint die Beschwerdeführerin, nur Ehegatten hätten im Erwerb des anderen Ehegattens mitzuwirken. Der Lebensgefährte sei somit keineswegs verpflichtet gewesen, sie bei ihrer Tätigkeit zu unterstützen. Da der Lebensgefährte umfangreiche Leistungen erbracht habe, sie als Gegenleistung seinen Lebensunterhalt finanziert habe, seien die steuerlichen Konsequenzen aus den vom Lebensgefährten erbrachten Leistungen zu ziehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Wiederaufnahme der Verfahren:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch die amtswegige Wiederaufnahme der Verfahren in ihren Rechten verletzt, führt hiezu jedoch nichts aus. Die Beschwerde war daher in diesem Umfang schon mangels erkennbarer Rechtsverletzung als unbegründet abzuweisen.
2. Tauschähnlicher Umsatz
Gemäß § 3 Abs 14 UStG 1972 liegt ein tauschähnlicher Umsatz ua vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer sonstigen Leistung besteht. Zwischen der Beschwerdeführerin und dem Verein bestehen insofern Leistungsbeziehungen, als die Beschwerdeführerin die Produkte des Vereines vertreibt und hiefür Provisionen erhält. Diese, das Entgelt im Sinn des § 4 UStG 1972 darstellenden Provisionen werden in der Regel in Form von Geld von der Beschwerdeführerin lukriert. Mit der Überlassung des PKW ist der Beschwerdeführerin ein der Höhe nach unbestrittener vermögensrechtlicher Vorteil zugekommen. Unbestritten ist weiters, dass der Beschwerdeführerin der PKW als Gegenleistung für den von ihr erbrachten, der Höhe nach bestimmten Umsatz zur Nutzung überlassen worden ist. Der der Beschwerdeführerin so zugekommene Vorteil zählt daher ebenso zum Entgelt wie die von der Beschwerdeführerin bezogenen Provisionen. Denn zum Entgelt gehört alles, was der Empfänger einer sonstigen Leistung aufwendet, um diese zu erhalten. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie habe kein Interesse an der Nutzung des PKW gehabt, ist mit der sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergebenden, mit dem PKW teilweise privat zurückgelegten Fahrtstrecke von jährlich rund 25.000 km nicht in Einklang zu bringen. Da die belangte Behörde den PKW keiner Eigenverbrauchsbesteuerung unterzogen hat, erübrigt es sich, auf die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführerin einzugehen. Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die belangte Behörde keine ertragsteuerlichen Konsequenzen aus der Überlassung des PKW zur Nutzung gezogen hat.
3. Leistungen des Lebensgefährten
Wie die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat, sind Verträge zwischen nahen Angehörigen, zu denen auch Lebensgefährten zählen, nur dann steuerlich anzuerkennen, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 28. Mai 2002, 97/14/0053, mwA).
Die Beschwerdeführerin bekämpft die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Nach § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist. In den Fällen, in denen die belangte Behörde in Ausübung der freien Beweiswürdigung zu ihrer Erledigung gelangt, obliegt dem Verwaltungsgerichtshof die Prüfung, ob die Tatsachenfeststellungen auf aktenwidrigen Annahmen beruhen oder in einem mangelhaften Verfahren zu Stande gekommen sind oder gegen die Denkgesetze oder das allgemeine menschliche Erfahrungsgut verstoßen (vgl beispielsweise das eben zitierte hg Erkenntnis vom 28. Mai 2002).
Die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung hält der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof stand. Den Ausführungen der belangten Behörde, weder die von der Beschwerdeführerin behaupteten wirtschaftlichen Beziehungen zwischen ihr und dem Lebensgefährten seien nach außen zum Ausdruck gekommen, noch gebe es schriftliche Vereinbarungen oder Aufzeichnungen über die vom Lebensgefährten erbrachten Leistungen, noch sei erkennbar, wie die Höhe der geltend gemachten Beträge berechnet worden sei, tritt die Beschwerdeführerin nicht entgegen. Mit der bloßen Behauptung, der Lebensgefährte habe freiwillig umfangreiche Leistungen erbracht, zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf, die geltend gemachten Aufwendungen seien durch ihren Betrieb veranlasst worden. Wenn die belangte Behörde zu dem Schluss gelangt ist, es sei nicht fremdüblich, einen allenfalls geschuldeten Werklohn nicht durch Zahlung, sondern durch Finanzierung der gesamten Lebenshaltungskosten desjenigen, der Leistungen erbringe, zu begleichen, widerspricht dies weder den Denkgesetzen noch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut. Mit den Erfahrungen des täglichen Lebens in Widerspruch steht vielmehr die Behauptung der Beschwerdeführerin, der geschuldete Werklohn sei durch Finanzierung der gesamten Lebenshaltungskosten beglichen worden. Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, wenn sie zu dem Schluss gelangt ist, der Lebensgefährte habe die behaupteten Leistungen nicht erbracht, weswegen weder die geltend gemachten Aufwendungen als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind, noch die vom Lebensgefährten in Rechnung gestellte Umsatzsteuer mangels dessen Unternehmereigenschaft als Vorsteuer abziehbar ist.
Die Beschwerdeführerin beantragt zwar, den angefochtenen Bescheid auch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, zeigt aber nicht auf, inwiefern der Sachverhalt von der belangten Behörde in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen wurde oder in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf oder Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr 333/2003.
Wien, am 16. September 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:1997140054.X00Im RIS seit
09.10.2003Zuletzt aktualisiert am
16.05.2013