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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §24;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der K KEG in K, vertreten durch Dr. Martina Withoff, Rechtsanwältin in 3910 Zwettl, Hauptplatz 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 29. September 2000, GZ. RV-097.95/1-7/1995, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO sowie Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages für das Jahr 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende KEG, deren Unternehmensgegenstand der Warenhandel und der Betrieb einer Tankstelle ist, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 20. April 1993 - abgeschlossen zwischen Walter H. als Komplementär und Maria H. als Kommanditistin - gegründet. Walter H. betrieb bis dahin eine Gemischtwarenhandlung in Form eines Einzelunternehmens am Standort K. 53. Maria H. betrieb am Standort K. 14/15 ein Kaufhaus mitsamt Tankstelle. Im Gesellschaftsvertrag wurde vereinbart, dass die jeweiligen Gewerbebetriebe der Gesellschaft zur Verfügung gestellt werden und im Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter verbleiben. Betriebsstandort der Gesellschaft ist der frühere Standort der Kommanditistin Maria H.
In der für den Komplementär Walter H. erstellten Ergänzungsbilanz zum 31. Dezember 1993 wurde das Anlagevermögen mit 0 S bewertet und dazu erläutert, dass der eingebrachte Betrieb großteils veräußert und die verbliebenen Wirtschaftsgüter über das Verrechnungskonto aus dem Sonderbetriebsvermögen in die Kommanditerwerbsgesellschaft eingebracht worden seien. Walter H. habe aus einem Schuldnachlass der R-Bank im Jahr 1993 einen Sanierungsgewinn in Höhe von 798.073 S erzielt.
Das Finanzamt sah den aus dem Schuldnachlass resultierenden Ertrag mit der Begründung nicht als Sanierungsgewinn an, dass nur die Bank als Hauptgläubiger, nicht aber die sonstigen Privatgläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichtet hätten und somit kein allgemeiner Schuldnachlass zum Zwecke der Sanierung vorliege.
In der gegen den Feststellungs- und den Gewerbesteuerbescheid 1993 erhobenen Berufung wurde vorgebracht, dass die R-Bank den Schuldnachlass sehr wohl zu Zwecken der Sanierung gewährt habe und dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein begünstigungsfähiger Sanierungsgewinn auch dann angenommen werden könne, wenn nur ein einziger Gläubiger einen Schuldnachlass gewähre.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Berufungswerberin sei eine im Jahr 1993 neu geschaffene KEG, der streitgegenständliche Sanierungsgewinn beträfe jedoch das vom Komplementär Walter H. ehemals geführte Einzelunternehmen. Unabhängig von der Frage, ob im gegenständlichen Fall eine allgemeine Sanierungsmaßnahme vorliege, könne auf der Ebene der neugeschaffenen KEG ein Sanierungsgewinn nicht entstehen. Umsatzsteuerlich ende die Unternehmereigenschaft mit dem Tag der Anmeldung der Einbringung in das Firmenbuch. Nach der Aktenlage sei dies der 21. April 1993 gewesen. Das Einzelunternehmen sei daher zu diesem Zeitpunkt bereits untergegangen. Im konkreten Fall sei davon auszugehen, dass nicht auf der Ebene der Gesellschaft ein Sanierungsgewinn zu beurteilen, sondern ein Gesellschafter sanierungsbedürftig gewesen sei. Auch wenn im Gesellschaftsvertrag festgehalten sei, dass der Gewebebetrieb Sonderbetriebsvermögen des Walter H. bleibe, müsse davon ausgegangen werden, dass dieser Gewerbebetrieb de facto nicht mehr existiert habe. Dies werde durch die Angaben in der Ergänzungsbilanz zum 31. Dezember 1993, wonach der eingebrachte Betrieb großteils veräußert worden und die verbliebenen Wirtschaftsgüter über das Verrechnungskonto aus dem Sonderbetriebsvermögen in die KEG eingebracht worden seien, bestätigt. Von einem bestehenden Betrieb im Sinne des Gewerbesteuergesetzes könne nicht mehr gesprochen werden.
Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Nachlass betrieblicher Schulden führt, sofern dieser nicht auf einem außerbetrieblichen Vorgang beruht, zu einer gewinnerhöhenden Vermehrung des Betriebsvermögens.
Gemäß § 36 EStG 1988 in der Fassung vor BGBl. Nr. 201/1996 waren bis zum Jahr 1997 bei der Ermittlung des Einkommens nach Abzug der Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen jene Einkommensteile auszuscheiden, die durch Vermehrungen des Betriebsvermögens infolge eines gänzlichen oder teilweisen Erlasses von Schulden zum Zweck der Sanierung entstanden sind. Gleiches galt nach § 11 Abs. 3 GewStG hinsichtlich der Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrages.
Die Anwendung der steuerlichen Begünstigung setzt voraus, dass es sich um den in Sanierungsabsicht vorgenommenen Nachlass betrieblicher Schulden im Rahmen allgemeiner Sanierungsmaßnahmen der Gläubiger eines sanierungsbedürftigen Betriebes handelt, wobei die Maßnahmen geeignet sein müssen, den Betrieb vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen. Wird ein Betrieb nach erfolgtem Schuldnachlass wegen seiner offenkundigen wirtschaftlichen Zerrüttung eingestellt, liegt keine Sanierung vor. Ob hiebei seitens der Gläubiger Sanierungsabsicht bestanden hat, ist irrelevant. Die Bestimmungen des § 36 EStG 1988 dienen nur der Sanierung eines Betriebes, nicht hingegen der Sanierung der privaten Vermögenssphäre des Unternehmers. Die Fortführung eines Unternehmens in einer Auffanggesellschaft kann ein Indiz für eine geeignete Sanierungsmaßnahme sein. Es müssen dabei jedoch die wesentlichen Grundlagen des zu sanierenden Unternehmens auf die Auffanggesellschaft übertragen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2003, 98/14/0151).
Die Beschwerdeführerin bringt vor, Walter H. habe seinerzeit nach "Lösungsmöglichkeiten" für sein infolge unzureichender Umsätze auf Grund der "etwas abseitigen Lage" insolvenzgefährdetes Einzelunternehmen gesucht. Dabei sei ihm der Umstand zu Gute gekommen, dass seine Tante Maria H. im selben Ort aber an einem wesentlich günstigeren Standort am Hauptplatz gleichfalls eine Gemischtwarenhandlung (mit zusätzlicher Tankstelle) betrieben und beabsichtigt habe, in den Ruhestand zu treten. In Verhandlungen mit der R-Bank habe Walter H. einen "Sanierungsnachlass" erreicht, welcher allerdings nur unter der Bedingung gewährt worden sei, dass er auch selbst einen Beitrag zum "Sanierungswerk" erbringen würde. Walter H. habe sich daher bereit erklärt, die Liegenschaft, von der aus das zu sanierende Unternehmen bis Ende 1992 betrieben worden sei, zu verkaufen und die dadurch frei werdenden stillen Reserven dem "Sanierungsunterfangen" zuzuführen. Dies sei in der Folge auch geschehen.
Bei dieser Sachlage kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Ergebnis davon ausgegangen ist, dass der zu sanierende Betrieb nach erfolgtem Schuldnachlass nicht - auch nicht in geänderter Rechtsform - fortgeführt wurde. Denn bei ortsgebundenen Tätigkeiten und dazu gehören Betriebe, die Güter und Leistungen des täglichen Bedarfs umsetzen, zählt der Standort jedenfalls zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 1996, 94/15/0025, Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch Tz 22.4 zu § 24, sowie Doralt, EStG4, Tz 34 zu § 24 und die dort angeführte Judikatur).
Dass das Warenlager des Walter H. auf die Beschwerdeführerin übergegangen ist und im Rahmen der KEG verkauft wurde, ändert ebenso wie die in der Beschwerde behauptete Kundentreue nichts daran, dass der Schuldnachlass nicht dazu geführt hat, den Betrieb des Walter H. als wirtschaftliche Einheit zu erhalten, wie es Zweck der und Voraussetzung für die Anwendbarkeit der gegenständlichen Steuerbegünstigung ist.
Da durch die Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen auf verschiedene Personen der zu sanierende Betrieb des Walter H. zerschlagen wurde, muss auch der Hinweis auf § 25 Abs. 1 UmgrStG - die Fiktion einer steuerlichen Gesamtrechtsnachfolge - von vornherein ins Leere gehen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 16. September 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000140193.X00Im RIS seit
16.10.2003