Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1997 §15 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Grünstäudl und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 25. April 2002, Zl. 227.635/3-II/04/02, betreffend § 15 AsylG (mitbeteiligte Partei: K in B, geboren 1968, vertreten durch Dr. Friedrich Fromherz u.a., Rechtsanwälte in 4010 Linz, Graben 9), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Mitbeteiligte, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, reiste am 23. Juni 2001 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 24. Juni 2001 Asyl. Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 18. März 2002 gemäß § 7 AsylG ab und stellte im zweiten Spruchpunkt dieses Bescheides gemäß § 8 AsylG fest, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Mitbeteiligten nach Afghanistan sei nicht zulässig.
Der Mitbeteiligte bekämpfte die Abweisung des Asylantrages mit Berufung an die belangte Behörde und beantragte unter Bezugnahme auf den zweiten Spruchpunkt des erstinstanzlichen Bescheides in einem an das Bundesasylamt gerichteten Schriftsatz vom 22. März 2002 die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 AsylG.
Mit Bescheid vom 28. März 2002 wies das Bundesasylamt den Antrag auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung als unzulässig zurück. Zur Begründung dafür, dass der Antrag unzulässig sei, führte das Bundesasylamt im Anschluss an eine Darstellung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung im Wesentlichen aus, es sei "weder das Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen" worden "noch der Asylwerber ohne rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet aufhältig".
Diesen vom Mitbeteiligten mit Berufung bekämpften Zurückweisungsbescheid behob die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 25. April 2002 gemäß § 66 Abs. 4 AVG i. V.m. § 38 Abs. 1 AsylG. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, das Bundesasylamt habe in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides zwar an einer Stelle auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 2001, G 138/00 u.a., Bezug genommen, dieses aber missverstanden. Nach dem genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes wäre das Bundesasylamt verpflichtet gewesen, die Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung mit dem Bescheid vom 18. März 2002 zu verbinden, wenngleich die Wirkung dieser vom Bundesasylamt zu erteilenden befristeten Aufenthaltsberechtigung erst mit der Rechtskraft der zur Beendigung des (gemeint: in § 19 AsylG normierten vorläufigen) Aufenthaltsrechtes führenden Entscheidung eintreten würde.
Dazu, dass das Bundesasylamt dies unterlassen habe, führte die belangte Behörde aus:
"Das Bundesasylamt ist dieser Verpflichtung nun auch nicht etwa dadurch ledig geworden, dass es diese verletzt hat; vielmehr dauert diese Verpflichtung, ungeachtet des - gleichwohl zulässigen (vgl. ROHRBÖCK, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl. Kommentar, Rz 493; vgl. auch UBAS vom 20.12.2001, Zl. 217.568/3- II/04/01) - Antrages des Berufungswerbers weiter an. Das Bundesasylamt wird sich daher unverzüglich damit auseinander zu setzen haben, ob für die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung an den Berufungswerber die 'übrigen Voraussetzungen' vorliegen ... Liegen die Voraussetzungen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Prüfung noch vor, dann hat das Bundesasylamt die befristeten (gemeint: befristete) Aufenthaltsberechtigung zu erteilen; andernfalls ist im gegenständlichen Fall, in dem ein förmlicher Antrag auf Erteilung gestellt wurde, dieser Antrag mit Bescheid abzuweisen (nicht aber etwa, wie im gegenständlichen Fall geschehen, als unzulässig zurückzuweisen)."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres. Die belangte Behörde und der Mitbeteiligte haben Gegenschriften erstattet, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Die belangte Behörde ist im vorliegenden Fall einer vom Bundesasylamt - bei gleichzeitiger Abweisung des Asylantrages - getroffenen Feststellung der Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat nicht mehr davon ausgegangen, dass die belangte Behörde selbst (und nicht das Bundesasylamt) über die Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 15 AsylG zu entscheiden habe (vgl. zu einem derartigen Bescheid der belangten Behörde das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/20/0209). Sie hat auch nicht gemeint, dass das Unterbleiben eines entsprechenden Ausspruches des Bundesasylamtes zwar rechtswidrig sei, aber nur mit Berufung bekämpft werden könne und ein selbständiger Antrag auf Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung unzulässig sei (vgl. dazu das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2002/20/0427). Stattdessen hat sie die Pflicht des Bundesasylamtes zur inhaltlichen Entscheidung über den Antrag des Mitbeteiligten bejaht und den erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheid aus diesem Grund aufgehoben.
Zur Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens ist gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2002/20/0399, mit dem eine Amtsbeschwerde gegen eine gleichartige, u.a. auf den vorliegenden Bescheid gestützte Senatsentscheidung der belangten Behörde vom 24. Juni 2002 erledigt wurde, zu verweisen. Auch im vorliegenden Fall spielt es im Ergebnis keine Rolle, dass die belangte Behörde in der Begründung ihrer Entscheidung der Ansicht des Verfassungsgerichtshofes in dessen Erkenntnis vom 15. Juni 2001, G 138/00 u.a., VfSlg 16.192 - anders als der Verwaltungsgerichtshof - auch in Bezug auf die Annahme einer nur aufschiebend bedingten Wirksamkeit der Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung (nämlich nur und erst für den Fall des Eintritts der Rechtskraft der Abweisung des Asylantrages) folgt.
Die sehr kurz gehaltene Begründung der vorliegenden Amtsbeschwerde enthält keine Ausführungen, auf die - über das im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2002/20/0399, Gesagte hinaus - näher eingegangen werden müsste. Es ist nur der Vollständigkeit halber anzumerken, dass die Ansicht des beschwerdeführenden Bundesministers, die in § 15 AsylG "auch" vorgesehene Möglichkeit, die befristete Aufenthaltsberechtigung nicht zugleich mit der Abweisung des Asylantrages und dem Ausspruch gemäß § 8 AsylG, sondern "zu einem späteren Zeitpunkt" (gemeint: erst nach Eintritt der Rechtskraft der Abweisung des Asylantrages) zu erteilen, komme "einzig" in der hier vorliegenden Fallkonstellation "in Betracht", nicht zutrifft. Als Anwendungsfall der späteren Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ist vielmehr der nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens eingetretene Verlust einer nicht an das Asylverfahren geknüpften Aufenthaltsberechtigung hervorzuheben. Hingegen wäre die Ansicht des beschwerdeführenden Bundesministers, eine Verbindung der erstinstanzlichen Entscheidungen in einem Fall wie dem vorliegenden sei mangels Rechtskraft der Abweisung des Asylantrages - die bei gleichzeitiger Entscheidung darüber nicht vorliegen kann - nicht statthaft, mit dem klaren Wortlaut des § 15 Abs. 2 erster Satz AsylG nicht vereinbar.
Die Amtsbeschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 17. September 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002200333.X00Im RIS seit
10.10.2003