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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AsylG 1997 §1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Grünstäudl und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 24. Juni 2002, Zl. 227.659/3-I/02/02, betreffend § 15 AsylG (mitbeteiligte Partei: M in S, geboren 1973, vertreten durch Mag. Peterpaul Suntinger, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Pfarrplatz 17), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Mitbeteiligte, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, reiste am 10. Mai 2001 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 14. Mai 2001 Asyl. Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 28. März 2002 gemäß § 7 AsylG ab und stellte im zweiten Spruchpunkt dieses Bescheides gemäß § 8 AsylG fest, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Mitbeteiligten nach Afghanistan sei nicht zulässig.
Der Mitbeteiligte bekämpfte die Abweisung des Asylantrages mit Berufung an die belangte Behörde und beantragte unter Bezugnahme auf den zweiten Spruchpunkt des erstinstanzlichen Bescheides in einem an das Bundesasylamt gerichteten Schriftsatz vom 19. April 2002 die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 AsylG. Er vertrat dazu den Standpunkt, dass ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung "bereits zugleich mit der positiven § 8 Entscheidung" zu erteilen gewesen wäre.
Mit Bescheid vom 25. April 2002 wies das Bundesasylamt den Antrag auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung als unzulässig zurück. Zur Begründung dafür, dass der Antrag unzulässig sei, führte das Bundesasylamt im Anschluss an eine Darstellung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung im Wesentlichen aus, es sei "weder das Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen" worden "noch der Asylwerber ohne rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet aufhältig".
Diesen vom Mitbeteiligten mit Berufung bekämpften Zurückweisungsbescheid behob die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 24. Juni 2002 gemäß § 66 Abs. 4 AVG i. V.m. § 38 Abs. 1 AsylG. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, zwischen dem Bundesasylamt und dem Mitbeteiligten bestünden "im vorliegenden Fall unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf die funktionelle Zuständigkeit hinsichtlich der erstmaligen Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung, zumal die Bestimmungen des § 15 AsylG prima facie nicht eindeutig für eine bestimmte Auslegung sprechen". Die Gesetzesmaterialien seien "unergiebig, da mehrdeutig", in der Literatur würden unterschiedliche Auffassungen vertreten und auch die belangte Behörde habe die zu beurteilende Rechtsfrage bisher nicht einheitlich beantwortet, weshalb über die Angelegenheit nicht durch ein Einzelmitglied der belangten Behörde, sondern gemäß § 7 "Abs. 1" UBASG im Senat entschieden werde. Mit der Aufhebung des erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheides folge die belangte Behörde dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 2001, G 138/00 u.a. Nach diesem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes sei die belangte Behörde im vorliegenden Fall nicht zuständig, die befristete Aufenthaltsberechtigung (zu ergänzen: im Zusammenhang mit der Erledigung der gegen die Abweisung des Asylantrages erhobenen Berufung) zu erteilen. Vielmehr wäre das Bundesasylamt verpflichtet gewesen, die Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung mit dem Bescheid vom 28. März 2002 zu verbinden, wenngleich die Wirkung dieser vom Bundesasylamt zu erteilenden befristeten Aufenthaltsberechtigung erst mit der Rechtskraft der zur Beendigung des Aufenthaltsrechtes (gemeint: nach § 19 AsylG) führenden Entscheidung - hier durch die Entscheidung der belangten Behörde (zu ergänzen: über die Berufung gegen die Abweisung des Asylantrages, im Falle der Abweisung dieser Berufung) - eintreten würde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres. Die belangte Behörde und der Mitbeteiligte haben Gegenschriften erstattet, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1.1. § 8 AsylG lautet:
"Non refoulement-Prüfung
§ 8. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 FrG); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden."
§ 15 Abs. 1 und 2 AsylG lauteten in der - hinsichtlich des Abs. 1 durch die Novelle BGBl. I Nr. 4/1999 unberührt gebliebenen und somit weiterhin anzuwendenden - Stammfassung wie folgt:
"Befristete Aufenthaltsberechtigung
§ 15. (1) Fremden, deren Asylantrag aus anderen Gründen als den Asylausschlussgründen (§ 13) rechtskräftig abgewiesen wurde und die sich ohne rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet befinden, ist mit Bescheid eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, wenn gemäß § 8 festgestellt wurde, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung unzulässig ist.
(2) Würden die Fremden die Berechtigung zum Aufenthalt mit der Abweisung des Antrages verlieren, ist die befristete Aufenthaltsberechtigung mit dieser Abweisung zu verbinden; fällt die Berechtigung zum Aufenthalt später weg, so kann sie dann erteilt werden."
In der Regierungsvorlage (686 BlgNR XX. GP 22 f) wurden diese Absätze wie folgt erläutert:
"Der Entwurf schlägt vor, dass eine befristete Aufenthaltsberechtigung nicht nur - wie bisher - aus Anlass der Erlassung eines Bescheides, mit dem ein Asylantrag abgewiesen wird, gewährt werden kann. Die befristete Aufenthaltsberechtigung ist allerdings mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden, wenn der Fremde unter näheren Voraussetzungen die Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet mit der Abweisung des Asylantrages verlieren würde. Fällt die Berechtigung zum Aufenthalt später weg, ist die befristete Aufenthaltsberechtigung auch losgelöst von einer zeitlichen Verknüpfung mit der Abweisung des Asylantrags zu erteilen.
Die befristete Aufenthaltsberechtigung kann nur erteilt werden, wenn der Asylantrag des betroffenen Fremden aus anderen Gründen als nach den Asylausschlussgründen (Art. 1 Abschnitt F und Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) rechtskräftig abgewiesen wurde, und wenn die Asylbehörde gemäß § 8 festgestellt hat, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung unzulässig ist. In diesen Fällen ist das Verfahren relativ unkompliziert, weil ausnahmslos über die wesentliche Rechtsbedingung, nämlich die Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung, ein bescheidmäßig bindender Abspruch vorliegt und andererseits die rechtskräftige Abweisung des Asylantrags keiner besonderen Ermittlungen bedarf."
§ 15 Abs. 2 AsylG erhielt durch die Novelle BGBl. I Nr. 4/1999 folgende - im vorliegenden Fall anzuwendende - Fassung:
"(2) Würden die Fremden die Berechtigung zum Aufenthalt mit der Abweisung des Antrages verlieren, so hat das Bundesasylamt die befristete Aufenthaltsberechtigung mit dieser Abweisung zu verbinden; fällt die Berechtigung zum Aufenthalt später weg, so kann sie dann erteilt werden. Verlieren die Fremden die Berechtigung zum Aufenthalt erst mit der Bestätigung der Abweisung, so hat der unabhängige Bundesasylsenat die befristete Aufenthaltsberechtigung mit dem Berufungsbescheid zu verbinden. Die Verlängerung solcher befristeter Aufenthaltsberechtigungen sowie deren Widerruf obliegt jedoch dem Bundesasylamt."
Die Änderung wurde im Ausschussbericht (1494 BlgNR XX. GP 3) wie folgt erläutert:
"Durch die Änderung des § 15 Abs. 2 wird nunmehr festgelegt, dass jene Asylbehörde (Bundesasylamt oder unabhängiger Bundesasylsenat) die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß Abs. 1 erteilt, die als erste die positive Refoulement-Entscheidung trifft. Die Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung hat uno actu mit dem abweisenden Asylbescheid zu erfolgen. Diese Regelung erfolgt im Interesse der Verfahrenskonzentration und normiert, dass jene Behörde, die den letzten asylrechtlich relevanten Verfahrensschritt setzt, auch die befristete Aufenthaltsberechtigung zuerkennt. Die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung (auf Antrag) und deren Widerruf erfolgt - entsprechend dem Grundsatz der Zuständigkeit der Behörde I. Instanz - durch das Bundesasylamt."
1.2. Mit dem im angefochtenen Bescheid zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 2001, G 138/00 u.a., VfSlg 16.192, entschied der Verfassungsgerichtshof über Anträge der belangten Behörde, (jedenfalls) den zweiten Satz des § 15 Abs. 2 AsylG in der novellierten Fassung als verfassungswidrig aufzuheben. Die belangte Behörde erachtete es als mit ihrer Stellung als Berufungsbehörde unvereinbar, dass es unter bestimmten Voraussetzungen ihre Aufgabe (und nicht die des Bundesasylamtes) sei, erstmals die befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen. Dabei ging es um Fälle, in denen das Bundesasylamt nicht nur den Asylantrag abgewiesen, sondern auch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat für zulässig erklärt hatte und die Berufung des Asylwerbers - lediglich - in dem zuletzt genannten Punkt erfolgreich war.
Der Ansicht der belangten Behörde, sie dürfe in einem solchen Fall nicht dafür zuständig sein, zusammen mit dem Ausspruch über die Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat auch die befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, hielt die Bundesregierung u. a. entgegen, es würde zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung von Fremden führen, wenn die befristete Aufenthaltsberechtigung zwar in erster Instanz "uno actu" mit dem positiven Ausspruch gemäß § 8 AsylG erteilt, der Betroffene bei einem gleichartigen Ausspruch der belangten Behörde aber auf eine spätere Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung durch das Bundesasylamt verwiesen würde.
Hierauf replizierte die belangte Behörde, die befristete Aufenthaltsberechtigung sei ohnehin auch in erster Instanz nicht "uno actu" mit dem Ausspruch gemäß § 8 AsylG, sondern wegen der in § 15 Abs. 1 AsylG verankerten Voraussetzung der Rechtskraft des Ausspruches gemäß § 8 AsylG erst nach deren Eintritt mit gesondertem Bescheid zu erteilen. In gleicher Weise würde es in der von den Aufhebungsanträgen erfassten Fallgruppe bei Erfolg dieser Anträge jeweils die Aufgabe des Bundesasylamtes sein, nach Zustellung des Berufungsbescheides die befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen.
Der Verfassungsgerichtshof sah sich durch diese Replik veranlasst, seiner Entscheidung der von ihm in der Folge verneinten Frage, ob die belangte Behörde durch die von ihr angefochtene Bestimmung mit einer "erstinstanzlichen" Entscheidung betraut werde, allgemeine Ausführungen über das Verständnis des § 15 Abs. 2 AsylG voranzustellen:
"Die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung setzt nach Abs. 1 des § 15 AsylG insbesondere voraus, dass der Asylantrag 'rechtskräftig' abgewiesen und dem Asylwerber Refoulement-Schutz gewährt wurde. Wenn Abs 2 dieses Paragraphen die Asylbehörden verpflichtet, die Aufenthaltsberechtigung mit der Antragsabweisung bzw. mit dem Berufungsbescheid 'zu verbinden', also unter einem zu verfügen, so liegt im Hinblick auf die Voraussetzung der Rechtskraft der Abweisung (welche an sich eine vorhergehende Entscheidung erforderte) bloß ein scheinbarer Widerspruch im Gesetz vor. Dieser Widerspruch löst sich nämlich unschwer bei Bedachtnahme auf die Zielsetzung der Regelung, den plötzlichen Verlust der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung des Fremden als Folge der Antragsabweisung abzuwenden, auf, und zwar dahin, dass die befristete Aufenthaltsberechtigung mit dem zu erlassenden Bescheid zu verbinden, also gleichzeitig zu erteilen ist, ihre Wirkung aber von Gesetzes wegen erst mit der Rechtskraft der zur Beendigung des Aufenthaltsrechtes führenden Entscheidung eintritt. Aus diesen Überlegungen folgt weiters, dass ein Anwendungsfall des zweiten Satzes im § 15 Abs. 2 AsylG nur dann vorliegt, wenn der Bundesasylsenat hinsichtlich der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden eine von der Vorinstanz inhaltlich abweichende Entscheidung zugunsten des Rechtsmittelwerbers trifft; eine solche verpflichtet den Bundesasylsenat sodann - zusammen mit der Bestätigung der Abweisung des Asylantrages - (bei Vorliegen auch der übrigen Voraussetzungen) unter einem, das heißt mit dem selben Berufungsbescheid - und nicht etwa erst nachfolgend - eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen."
2.1. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die in diesen Ausführungen (entgegen Schmid/Frank, Asylgesetz 1997 (2001)
234) deutlich zum Ausdruck kommende Ansicht des Verfassungsgerichtshofes, dass nicht nur die belangte Behörde, sondern auch das Bundesasylamt, wenn es einen Asylantrag abweist, aber gemäß § 8 AsylG die Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat feststellt, zugleich - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - auch die befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen hat, ohne zuvor die Rechtskraft der Abweisung des Asylantrages abzuwarten. Auch der Schlussfolgerung des Verfassungsgerichtshofes, dass daher die Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nur der belangten Behörde obliegt, wenn erst diese die Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat feststellt, lässt sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nichts entgegen setzen. Dieses Ergebnis folgt unmittelbar aus § 15 Abs. 2 erster Satz AsylG und widerspricht der dem ersten Eindruck nach bloß auf den Zeitpunkt des Verlustes der (gemeint hier: auf § 19 AsylG gegründeten) Berechtigung zum Aufenthalt abstellenden Anknüpfung im zweiten Satz der Bestimmung nicht, wenn man Letzteren nur auf Fälle bezieht, in denen nicht schon - nach dem ersten Satz der Bestimmung - das Bundesasylamt die befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen hat.
Die erwähnte Ansicht des Verfassungsgerichtshofes steht auch im Einklang mit dem zuvor zitierten Ausschussbericht zur Novelle BGBl. I Nr. 4/1999, wonach die befristete Aufenthaltsberechtigung von derjenigen Behörde, die "als erste die positive Refoulement-Entscheidung trifft", erteilt werden solle. Der weitere Satz im Ausschussbericht, die Erteilung solle "uno actu mit dem abweisenden Asylbescheid" und "im Interesse der Verfahrenskonzentration" durch die Behörde erfolgen, "die den letzten asylrechtlich relevanten Verfahrensschritt setzt", ist bei verständiger Würdigung kein Ausdruck von "Mehrdeutigkeit" und "Unergiebigkeit" der Gesetzesmaterialien. Er bezieht sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes - vor dem Hintergrund von Fällen wie den im verfassungsgerichtlichen Verfahren behandelten - darauf, dass die Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nicht erst später, nämlich gesondert in einem nach Abschluss des Asylverfahrens wieder in erster Instanz beginnenden Verfahren erfolgen soll.
2.2. Der Verwaltungsgerichtshof sieht aber keinen - auch nur scheinbaren - Widerspruch zwischen diesem Auslegungsergebnis, soweit es sich auf das Bundesasylamt bezieht, einerseits und der Erwähnung einer "rechtskräftigen" Abweisung (sowie des - nicht etwa erst zu erwartenden - Fehlens eines rechtmäßigen Aufenthaltes) in § 15 Abs. 1 AsylG andererseits. § 15 Abs. 1 AsylG ermöglicht - in beabsichtigtem Gegensatz zur früheren Rechtslage - die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung auch "losgelöst von einer zeitlichen Verknüpfung mit der Abweisung des Asylantrages", was in den zuvor wiedergegebenen Erläuterungen als Besonderheit der neuen Regelung hervorgehoben und noch dahin gehend verdeutlicht wurde, dass "das Verfahren relativ unkompliziert" sein werde, weil "über die wesentliche Rechtsbedingung, nämlich die Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung, ein bescheidmäßig bindender Abspruch vorliegt" und andererseits "die rechtskräftige Abweisung des Asylantrages keiner besonderen Ermittlungen bedarf". Auch die zuletzt wiedergegebenen Ausführungen zielen erkennbar auf den Fall der Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung in einem selbständigen Verfahren ab.
Wenn dem gegenüber in § 15 Abs. 2 AsylG - sowohl in der ursprünglichen als auch in der novellierten Fassung - vorgesehen wurde, dass die Entscheidung über die Abweisung des Asylantrages (die ihrerseits Voraussetzung des gemäß § 8 AsylG damit zu verbindenden Ausspruches ist) und die Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung im anhängigen Asylverfahren "zu verbinden" sind, sofern die Fremden die (gemeint hier: auf § 19 AsylG gegründete) Berechtigung zum Aufenthalt mit der Abweisung des Asylantrages verlieren "würden", so bedeutet dies in materieller Hinsicht eine Erweiterung des Anwendungsbereiches der Regelung auf Fälle, in denen erstens die Rechtskraft der Abweisung des Asylantrages noch nicht eingetreten und zweitens noch eine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet gegeben ist. Dies entspricht freilich nach der Darstellung in den Materialien der Rechtslage nach dem Asylgesetz 1991, sodass entstehungsgeschichtlich die durch den ersten Absatz geschaffene Möglichkeit der späteren Erteilung als "Erweiterung" zu verstehen ist.
Die befristete Aufenthaltsberechtigung ist bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen somit einerseits - was im früheren Gesetz nicht vorgesehen war - auch noch nachträglich zu erteilen, wenn der Asylantrag rechtskräftig abgewiesen wurde und sich die Fremden (nach dem Verlust einer nicht an das Asylverfahren gebundenen Aufenthaltsberechtigung) ohne rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet befinden, und andererseits - wie schon bisher - in Verbindung mit der Abweisung des Asylantrages, wenn diese (bei Fehlen einer sonstigen Berechtigung zum Aufenthalt) zur Folge hätte, dass die Fremden die Berechtigung zum Aufenthalt verlieren "würden". Dass dieser hypothetische Verlust der Aufenthaltsberechtigung für den Fall zu prüfen ist, dass es bei der Abweisung des Asylantrages bleibt, weil diese entweder nicht angefochten oder in der Folge bestätigt wird, versteht sich von selbst (vgl. in diesem Sinn schon Muzak, ZUV 4/2001, 11 f).
2.3. Bei dieser Sachlage ist das auf die Erwähnung einer rechtskräftigen Abweisung in § 15 Abs. 1 AsylG gestützte Argument der belangten Behörde in deren Replik im verfassungsgerichtlichen Verfahren schon vom Ansatz her verfehlt, sodass sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes kein Anlass zur Auflösung eines scheinbaren Widerspruches im Gesetz durch die Annahme einer bloß aufschiebend bedingten Wirksamkeit der Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ergibt. Die gegenteilige, dem Argument der belangten Behörde ein Stück entgegen kommende Bemerkung des Verfassungsgerichtshofes ist für dessen vom Verwaltungsgerichtshof geteilte Beurteilung der Zuständigkeitsfrage und der Pflicht zur sofortigen Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ohne eigenständige Bedeutung. Sie betrifft nur die Frage, auf welche Weise das Gegenargument der belangten Behörde auszuscheiden ist. Dass - von diesem abgesehen - die befristete Aufenthaltsberechtigung bei Erfolg der Berufung gegen die Abweisung des Asylantrages durch das mit einer Asylgewährung verbundene dauernde Einreise- und Aufenthaltsrecht (§ 1 Z 2 AsylG) überlagert würde, spricht ebenso wenig für ihre Vorenthaltung trotz der bereits erfolgten Gewährung von Abschiebungsschutz wie die zeitweilige Überschneidung mit der rechtlich nicht gleichbedeutenden vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 AsylG. Gegenteiliges ist insbesondere den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes nicht zu entnehmen.
2.4. In den praktischen Auswirkungen - abseits der für das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof maßgeblichen Gesichtspunkte - ergibt sich aus der hier vertretenen Betrachtungsweise aber der Wegfall der beträchtlichen Nachteile, die mit der Annahme aufschiebend bedingter befristeter Aufenthaltsberechtigungen - insbesondere in Bezug auf die angemessene Bestimmung der Frist - verbunden wären (vgl. insoweit kritisch Feßl, ZUV 1/2002, 12 f; von "aus der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes resultierenden Schwierigkeiten insbesondere für die Rechtsanwendung" spricht auch die belangte Behörde - die dieser Judikatur folgt - in ihrer Gegenschrift zur vorliegenden Amtsbeschwerde).
Es entschärfen sich darüber hinaus die Folgen des - im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht zur Sprache gekommenen - Umstandes, dass die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 AsylG dem Fremden etwa in Bezug auf die Ausnahmen von der Anwendbarkeit des Fremdengesetzes (§§ 20, 21 AsylG) eine schlechtere Rechtsposition einräumt als die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 AsylG (vgl. auch die hier nicht näher zu erörternden Behauptungen über weitere Unterschiede bei Muzak, a.a.O., Fußnote 13 und 14; zum Teil ähnlich Feßl, a.a.O.). Würde Letztere nur mit aufschiebend bedingter Wirksamkeit erteilt, so stünde die Erhebung eines Rechtsmittels gegen die Abweisung des Asylantrages - nicht anders als dann, wenn ein Ausspruch nach § 15 AsylG zunächst überhaupt zu unterbleiben hätte - dem Eintritt vom Gesetz an den Ausspruch gemäß § 8 AsylG geknüpfter Rechtsvorteile für die Dauer des gesamten Rechtsmittelverfahrens entgegen, woraus sich ein indirekter Druck zum Verzicht auf ein Rechtsmittel ergeben könnte. Dagegen sind verfassungsrechtliche Bedenken geäußert worden (Muzak, a.a.O.; das Problem wird auch in der Gegenschrift des Mitbeteiligten gegen die vorliegende Amtsbeschwerde aufgeworfen). Geht man davon aus, dass unterschiedliche Rechtsfolgen der Aufenthaltsberechtigungen gemäß den §§ 15 und 19 AsylG mit dem bloß provisorischen Status des in Wahrheit vielleicht nicht schutzbedürftigen Asylwerbers zu tun haben, so wäre ein Aufschub der Rechtsfolgen der einmal festgestellten Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat aber auch aus der Sicht des einfachen Gesetzgebers nicht naheliegend.
3.1. Die Rechtsmeinung der belangten Behörde, dass im vorliegenden Fall das Bundesasylamt auf Grund der Abweisung des Asylantrages und des Ausspruches gemäß § 8 AsylG in seinem Bescheid vom 28. März 2002 auch zur Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung zuständig sei, und die darauf gegründete Behebung des erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheides entsprechen nach dem zuvor Gesagten der Rechtslage. Dabei spielt es im Ergebnis keine Rolle, dass die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes und einen bereits daran anknüpfenden Bescheid der belangten Behörde vom 25. April 2002 (vgl. zu diesem das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2002/20/0333) die - in ihrer Gegenschrift noch mit näheren Ausführungen über aufschiebend bedingte Berechtigungen erläuterte - Ansicht vertrat, die Wirkung einer derartigen Entscheidung des Bundesasylamtes würde erst mit der Abweisung der Berufung gegen die Abweisung des Asylantrages eintreten. Zu der - im vorliegenden Verfahren nicht thematisierten - Frage der Zulässigkeit des Antrages ungeachtet des Umstandes, dass die befristete Aufenthaltsberechtigung gegebenenfalls von Amts wegen zu erteilen ist, kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2002/20/0427, verwiesen werden.
3.2. Die Begründung der vorliegenden Amtsbeschwerde weist dem gegenüber den - in der Gegenschrift des Mitbeteiligten aufgezeigten - Mangel auf, das im angefochtenen Bescheid dargestellte Berufungsvorbringen mit den Rechtsausführungen der belangten Behörde zu verwechseln, und besteht im Übrigen aus einer nahezu unveränderten Wiederholung der Begründung früherer Amtsbeschwerden gegen andere Bescheide der belangten Behörde (vgl. etwa die zur hg. Zl. 2002/01/0317 anhängige Amtsbeschwerde gegen einen Bescheid der belangten Behörde, mit dem in Erledigung eines Devolutionsantrages die befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt, also nicht nur über die Zulässigkeit eines Antrages entschieden wurde). Es wird - unter teilweiser Anlehnung an Ausführungen bei Schmid/Frank, a.a.O., 232 ff - die Auffassung vertreten, die von der belangten Behörde übernommene Ansicht des Verfassungsgerichtshofes widerspreche "allen Grundsätzen von Bestimmtheit von Bescheiden und Rechtssicherheit" und sei keine "mit rechtsstaatlichen Voraussetzungen vereinbare Auslegungsvariante", dem Bundesasylamt würden "wahrsagerische Fähigkeiten abverlangt" u.dgl.m. Auf diese Ausführungen, die sich zum Großteil gegen die Annahme aufschiebend bedingter befristeter Aufenthaltsberechtigungen richten, muss über das schon Gesagte hinaus nicht mehr näher eingegangen werden.
Die Amtsbeschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 17. September 2003
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002200399.X00Im RIS seit
10.10.2003Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008