TE Vwgh Erkenntnis 2003/9/17 2001/20/0020

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Veröffentlicht am 17.09.2003
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Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §8 Abs1;
WaffG 1996 §8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Grünstäudl und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des H in K, vertreten durch Dr. Michael Ploderer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Marokkanergasse 21/11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 26. Juli 2000, Zl. Wa-139/00, betreffend Entziehung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer der ihm am 6. Dezember 1999 ausgestellte Waffenpass gemäß § 25 Abs. 3 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Z 1 und 2 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12/1997 (WaffG), entzogen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei von Beruf Taxifahrer und habe nach einem Nachtdienst am 23. Jänner 2000 in einer Imbissstube in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand eine tätliche Auseinandersetzung mit der 61-jährigen F gehabt. Dabei habe er seine Waffe herausgenommen und hergezeigt. Dies habe er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 24. Jänner 2000 vor dem Gendarmerieposten Klosterneuburg unter anderem mit den Sätzen "Nachdem sie aber noch immer nicht aufhörte und mich immer und immer wieder tätlich angriff, habe ich meine Faustfeuerwaffe Marke Glock herausgenommen und ihr diese Waffe gezeigt und gesagt, sie solle sich doch endlich schleichen und aufhören mich tätlich anzugreifen." und "Ich habe die Waffe nicht gegen sie oder jemand anderen gerichtet, sondern die Waffe nur aus dem Halfter ein Stück herausgezogen, damit sie die Waffe sieht und endlich aufhört mich zu beschimpfen und anzugreifen." beschrieben. Nach der tätlichen Auseinandersetzung mit F habe der Beschwerdeführer die Waffe im geladenen Zustand neben den Kaffeeautomaten in der Imbissstube abgelegt. Dieser Sachverhalt stütze sich unter anderem auf folgende maßgebliche Zeugenaussagen:

Revierinspektor D habe am 22. Februar 2000 ausgesagt, am 23. Jänner 2000 um 17 Uhr 30 sei F am Gendarmerieposten Klosterneuburg erschienen und habe angegeben, vom Beschwerdeführer im Zuge einer Auseinandersetzung verletzt worden zu sein. Sie habe sichtbar leichte Rötungen im Halsbereich gehabt. Weiters habe sie angegeben, der Beschwerdeführer habe eine Waffe bei sich gehabt und damit "herumgefuchtelt". F sei zur Behandlung wegen Erstattung einer Verletzungsanzeige an das Krankenhaus Klosterneuburg verwiesen worden. Sodann sei D mit seinem Kollegen Revierinspektor K auf den Niedermarkt in Klosterneuburg zur Imbisshütte gefahren. Dort hätten sie zwei Gäste vor der Theke stehend getroffen, während sich der Beschwerdeführer zusammen mit N (Bedienung der Imbisshütte) hinter der Theke befunden habe. Der Beschwerdeführer sei offensichtlich stark alkoholisiert gewesen. Dies sei daran zu erkennen gewesen, dass er deutlich gerötete Bindehäute gehabt und aus dem Mund intensiv nach Alkohol gerochen habe. Die Beamten hätten ihn aufgefordert, vor die Theke zu kommen. Er sei dieser Aufforderung nachgekommen, sei jedoch wegen seiner Alkoholisierung zu Boden gefallen. Die Inspektoren hätten ihn weiters aufgefordert, seine Waffe herzuzeigen, worauf er angegeben habe, keine Waffe mitzuhaben. Revierinspektor K habe die Waffe jedoch im Schrankbereich der Theke liegend gefunden. Die Waffe sei von der Theke nicht erkennbar gewesen. In weiterer Folge habe der Beschwerdeführer zugegeben, dass es sich um seine Waffe handle und er diese erst hinter die Theke gelegt habe, als er das Gendarmerieauto vorfahren gesehen habe. Die Waffe sei geladen gewesen.

Revierinspektor K habe am 23. Februar 2000 ausgesagt, am 23. Jänner 2000 sei er gemeinsam mit Revierinspektor D auf Grund einer Anzeige der F, die persönlich am Posten erschienen sei, zum Imbissstand in Klosterneuburg am Niedermarkt gefahren. Im Lokal hätten sich mehrere Personen befunden. Der Beschwerdeführer sei bei ihrem Eintreffen hinter der Theke hinter der Kaffeemaschine gestanden und habe mit seinen Händen im Hüftbereich herumhantiert. Revierinspektor D habe den Beschwerdeführer aufgefordert, hinter der Theke hervorzukommen, was der Beschwerdeführer auch getan habe. Es sei deutlich erkennbar gewesen, dass der Beschwerdeführer stark betrunken gewesen sei. Das sei an der lallenden Aussprache, am schwankenden Gang und an den geröteten Bindehäuten erkennbar gewesen. Der Beschwerdeführer habe stark nach Alkohol gerochen. K sei hinter die Theke gegangen, wo die Pistole Glock des Beschwerdeführers beim Kaffeeautomaten abgelegt gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei ihm nachgegangen und auf Grund seiner Alkoholisierung zu Boden gefallen. In weiterer Folge sei die Waffe beschlagnahmt worden. Auf die Bedrohung mit der Waffe angesprochen, habe der Beschwerdeführer zunächst angegeben, dass er gar keine Waffe habe. Erst nachdem K die Waffe gefunden habe, habe der Beschwerdeführer angegeben, dass die Waffe ihm gehöre.

Nach ihrer niederschriftlichen Aussage vom 5. März 2000 habe die Serviererin N am Sonntag, dem 23. Jänner 2000, um 12 Uhr Mittag ihren Dienst angetreten. Zu diesem Zeitpunkt habe sich der Beschwerdeführer bereits im Lokal befunden. Seit ihrem Dienstantritt bis zum Zwischenfall mit F habe der Beschwerdeführer einige Gläser Bier, einige Stamperl Pfirsichlikör und zum Schluss Rumbaucherl (Gemisch aus 2 cl Rum und 2 cl Cola) getrunken. Zur Zeit des Zwischenfalls mit F und des Einschreitens der Gendarmeriebeamten sei der Beschwerdeführer offensichtlich stark alkoholisiert gewesen. Warum es zu dieser Auseinandersetzung mit F gekommen sei, wisse sie nicht. Der Beschwerdeführer habe nur gerufen, dass sein Goldketterl abgerissen sei und ihm der darauf befindliche Anhänger fehle. Er sei zu N hinter die Theke gekommen, habe seinen Pullover ausgezogen und seine Waffe neben die Kaffeemaschine gelegt. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich noch zwei weitere Gäste im Lokal befunden. Gleich darauf sei die Gendarmerie gekommen. Von einem der zwei Beamten sei die Waffe neben der Kaffeemaschine bemerkt worden. Nachdem sie dem Beamten erklärt habe, dass es sich hiebei um die Waffe des Beschwerdeführers handle, habe der Beamte die Waffe mitgenommen. Daran, dass der Beschwerdeführer niedergefallen sei, könne sich N nicht erinnern, sie könne das aber auch nicht ausschließen.

Der Beschwerdeführer sei zur Beibringung eines Gutachtens gemäß § 8 Abs. 7 WaffG aufgefordert worden. Nach diesem Gutachten seien zwar auf Basis der Untersuchung keine Anzeichen dafür zu erkennen, dass der Beschwerdeführer dazu neige, insbesondere unter psychischer Belastung, mit Waffen unvorsichtig umzugehen oder sie leichtfertig zu verwenden. Bei einer Person, die im betrunkenen Zustand eine Faustfeuerwaffe führe und sich zusätzlich in diesem Zustand zu einer tätlichen Auseinandersetzung mit einer 61- jährigen Frau hinreißen lasse und im Rahmen dieser Auseinandersetzung die Waffe nach seinen eigenen Aussagen sogar kurz aus dem Halfter nehme und mehr oder weniger drohend herzeige sowie die Waffe im Thekenbereich der Imbissstube ablege (auch wenn die Waffe "von vor der Theke nicht sichtbar" gewesen sei), sei aber die Annahme berechtigt, dass sie Waffen in Hinkunft missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder mit diesen unvorsichtig umgehen bzw. diese nicht sorgfältig verwahren werde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 28. November 2000, B 1537/00-3, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die (ergänzte) Beschwerde erwogen:

Gemäß § 25 Abs. 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Verlässlich ist ein Mensch gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 und 2 WaffG nur dann, wenn keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren werde. Gemäß § 3 Abs. 1 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 313/1998 (2. WaffV), ist eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn ihr Besitzer sie in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt. Zu den maßgebenden Umständen für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung gehört unter anderem gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 bis 4 der 2. WaffV der Schutz vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen, insbesondere eine der Anzahl und der Gefährlichkeit von Waffen und Munition entsprechende Ein- oder Aufbruchsicherheit des Behältnisses oder der Räumlichkeit (Z 2), der Schutz von Waffen und Munition vor dem Zugriff von Mitbewohnern, die zu deren Verwendung nicht befugt sind (Z 3), und der Schutz vor Zufallszugriffen rechtmäßig Anwesender (Z 4). Bei erstmaliger Prüfung der Verlässlichkeit hat sich die Behörde gemäß § 8 Abs. 7 WaffG davon zu überzeugen, ob Tatsachen die Annahme mangelnder waffenrechtlicher Verlässlichkeit des Betroffenen aus einem der in § 8 Abs. 2 WaffG genannten Gründe rechtfertigen. Antragsteller, die nicht Inhaber einer Jagdkarte sind, haben ein Gutachten darüber beizubringen, ob sie dazu neigen, insbesondere unter psychischer Belastung mit Waffen unvorsichtig umzugehen oder sie leichtfertig zu verwenden.

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen - ohne Auseinandersetzung mit Einzelheiten - nur vor, die Behörde gehe rechtsirrig davon aus, er sei nicht mehr verlässlich, obwohl ein gegenteiliges Gutachten "vorgebracht", die Waffe "widmungsgemäß" abschreckend und in "verhältnisgemäßer" Weise verwendet und die "Sicherung und Verwahrung" der Waffe "korrekt" vorgenommen worden sei. Auch seien außerhalb des gegenständlichen Anlassfalles keine Gründe aufgekommen, an der Verlässlichkeit des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Diese Ausführungen führen die Beschwerde nicht zum Erfolg.

Bei der Auslegung des Kriteriums der waffenrechtlichen Verlässlichkeit ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes ein strenger Maßstab anzulegen. Mit der Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde ist auch dann vorzugehen, wenn im Einzelfall ein auch nur einmal gesetztes Verhalten den Umständen nach eine Annahme im Sinne des § 8 Abs. 1 WaffG rechtfertigt. Ist ein solcher Schluss zu ziehen, so hat die Behörde die ausgestellte Urkunde zu entziehen. Eine bisherige Unbescholtenheit tritt bei dieser Beurteilung demnach in den Hintergrund (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2001, Zl. 99/20/0476). Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. März 2003, Zl. 2000/20/0375).

Das Ablegen einer geladenen Waffe im Thekenbereich einer Imbissstube, in der sich mehrere Personen aufhalten, wird einer sorgfältigen Verwahrung im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 2 WaffG nicht gerecht. Ein Zugriff durch Unbefugte auf die Waffe wäre unter diesen Umständen nämlich auch dann, wenn die Waffe "von vor der Theke nicht sichtbar" war, ohne die Notwendigkeit der Überwindung eines Hindernisses möglich gewesen (vgl. dazu, dass es gilt, gerade das zu verhindern, die hg. Erkenntnisse vom 21. Oktober 1999, Zl. 99/20/0321, und vom 12. Juni 2003, Zl. 2001/20/0097).

Darüber hinaus war der Beschwerdeführer beim gegenständlichen Vorfall am 23. Jänner 2000 erheblich alkoholisiert. Nach der hg. Rechtsprechung ist auch dieser Umstand grundsätzlich ausreichend, dem Beschwerdeführer die waffenrechtliche Verlässlichkeit gemäß § 8 WaffG abzusprechen, weil das Mitführen von Schusswaffen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in der Regel ausreicht, die waffenrechtliche Verlässlichkeit einer Person zu verneinen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. September 2001, Zl. 99/20/0559, mwN).

Die belangte Behörde konnte daher insgesamt zutreffend zu dem Schluss gelangen, dass die waffenrechtliche Verlässlichkeit des Beschwerdeführers nicht mehr gegeben ist. Daran vermag es auch nichts zu ändern, wenn die Behörde zunächst die Beibringung eines Gutachtens gemäß § 8 Abs. 7 WaffG verlangt hat, der Beschwerdeführer dieser Aufforderung nachgekommen ist und er nach diesem Gutachten nicht dazu neigt, mit Waffen unvorsichtig umzugehen oder sie leichtfertig zu verwenden. Bereits die Alkoholisierung des Beschwerdeführers bei den waffenrechtlich relevanten Vorkommnissen vom 23. Jänner 2000 und die im Rahmen derselben erfolgte mangelhafte Verwahrung der Waffe genügen nämlich jedenfalls, die im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gekommene Auffassung der belangten Behörde ausreichend zu begründen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 17. September 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001200020.X00

Im RIS seit

19.11.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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