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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Kündigung von Einzelverträgen der beschwerdeführenden Fachärztin mit verschiedenen Sozialversicherungsträgern wegen Verrechnung ärztlicher Honorare für von der Ordinationshilfe vertretungsweise durchgeführte Behandlungen; Vertragskündigung aufgrund dieses gravierenden Fehlverhaltens jedenfalls gerechtfertigt trotz möglicherweise mangelnden Verschuldens der geistig erkrankten BeschwerdeführerinSpruch
Die Beschwerdeführerin ist durch die angefochtenen Bescheide weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch durch Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerden werden abgewiesen.
Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Beschwerdeführerin zu den zu B270/00, B271/00, B272/00 und B273/00 protokollierten Beschwerden ist Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie im Burgenland.
2. Die zwischen ihr und der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen, der Burgenländischen Gebietskrankenkasse und der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter abgeschlossenen Einzelverträge sind mit Schreiben dieser Sozialversicherungsanstalten zum 30.9.1998 bzw. von der Burgenländischen Gebietskrankenkasse zum 30.6.1998 mit der Begründung aufgekündigt worden, daß die Ärztin in einem bestimmten Zeitraum, in dem sie selbst auf Urlaub gewesen sei, Behandlungen durch ihre Ordinationsgehilfin durchführen lassen und der jeweiligen Sozialversicherungsanstalt dafür ärztliches Honorar verrechnet habe.
2.1. Die Beschwerdeführerin hat gegen alle Kündigungen mit der Begründung Einspruch erhoben, daß sie Anfang 1998 infolge einer psychischen Erkrankung in ihrer Urteilsfähigkeit eingeschränkt gewesen sei (in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten findet sich in jenen der Landesschiedskommission für das Burgenland eine "nervenfachärztliche Bestätigung" eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie über den Verlauf der psychischen Erkrankung der Beschwerdeführerin); die Landesschiedskommission für das Burgenland hat im zu B271/00 protokollierten Verfahren dem Einspruch der Beschwerdeführerin stattgegeben und die Kündigung aufgehoben, da im fraglichen Zeitraum der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen keine Leistungen verrechnet worden seien; dagegen hat die Versicherungsanstalt der Österreichischen Eisenbahnen fristgerecht Berufung an die Bundesschiedskommission erhoben. In den anderen drei Fällen hielt die Landesschiedskommission für das Burgenland die Kündigungen aufrecht. Die Bundesschiedskommission erließ im Instanzenzug die nunmehr von der Beschwerdeführerin angefochtenen Bescheide, mit denen die belangte Behörde den Berufungen der Beschwerdeführerin keine Folge bzw. der Berufung der Versicherungsanstalt der Österreichischen Eisenbahnen Folge gab und die Kündigungen bestätigte. Die belangte Behörde legte folgenden Sachverhalt ihrer Entscheidung zugrunde:
2.2. Der Beschwerdeführerin seien die Einzelverträge mit der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen, der Burgenländischen Gebietskrankenkasse und der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter gekündigt worden, da während eines Auslandsaufenthaltes der Beschwerdeführerin vom 9.2. bis 28.2.1998 in ihrer Praxis ärztliche Leistungen ohne Anwesenheit eines Arztes durchgeführt und der jeweiligen Sozialversicherungsanstalt verrechnet worden seien. Darüber hinaus habe die Beschwerdeführerin während eines Urlaubes vom 18.8.bis 11.9.1997 der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter und der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft ebenfalls für von der Ordinationshilfe erbrachte Behandlungsleistungen Honorare verrechnet. Es liege daher eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung vor, durch die das beiderseitige Vertrauensverhältnis "nachhaltig zerstört" wurde, weshalb eine Kündigung des Einzelvertrages ohne Mahnung und ohne Bedachtnahme auf eine soziale Härte zulässig sei.
2.3. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde zur "bisher in einem derartigen Vertragskündigungsverfahren noch nicht behandelte(n) Frage, ob eine Kündigung des Einzelvertrages auch dann zulässig ist, wenn den Vertragsarzt zwar kein Verschulden an seinen Verfehlungen trifft, er aber so schwerwiegend gegen den Vertrag und die ärztlichen Berufspflichten verstoßen hat, dass aus der Sicht eines vernünftigen Vertragspartners die objektiv gerechtfertigte Befürchtung besteht, dass bei Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses die Interessen und Belange der Versicherten und damit auch die eigenen Interessen gefährdet sind", in allen Bescheiden folgendes aus:
"Da §343 Abs4 ASVG vor allem darauf abstellt, ob die Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses wegen der Schwere des Verstoßes des Vertragsarztes gegen seine Pflichten gegenüber dem Krankenversicherungsträger, der durch die Verträge mit den Ärzten gemäß §338 Abs2 ASVG eine ausreichende medizinische Versorgung der Versicherten und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen sicherzustellen hat, nicht mehr zumutbar ist, ist diese Bestimmung dahin auszulegen, dass ebenso wie bei allen anderen Dauerschuldverhältnissen in der Sphäre des Vertragspartners gelegene Umstände, die die Aufrechterhaltung des Vertrages für den anderen Teil unzumutbar machen, diesen auch dann zur Auflösung aus wichtigem Grund berechtigen, wenn dem Vertragspartner kein Verschulden an dem vertragswidrigen Verhalten anzulasten ist."
3. Gegen die genannten Bescheide erhebt die Beschwerdeführerin mit folgender, gleichlautender Begründung Beschwerde:
"II. Zur Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Erwerbsfreiheit bzw. Gleichheit:
1. Die belangte Behörde geht in ihrer Entscheidung zunächst davon aus, dass die der Beschwerdeführerin angelasteten Verstöße eine besonders schwerwiegende und beharrliche Pflichtverletzung darstellen würden, durch die das beiderseitige Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört worden wäre, sodass die Fortsetzung des Vertrages für die Sozialversicherungsanstalt nicht weiter zumutbar wäre. Die Kündigung sei daher ohne Bedachtnahme auf eine darin für die Beschwerdeführerin liegende soziale Härte zulässig. Im weiteren bejaht die belangte Behörde die Frage, ob die Kündigung auch zulässig ist, wenn die Beschwerdeführerin an ihren Verfehlungen kein Verschulden trifft. Begründet wird dies mit der bei Aufrechterhaltung des Vertrages zu befürchtenden Beeinträchtigung der Interessen und Belange der Versicherten und damit jener der Sozialversicherungsanstalt selbst. Danach sei die entscheidende Bestimmung des §343 Abs4 ASVG so auszulegen, dass ebenso wie bei 'allen anderen Dauerschuldverhältnissen' in der Sphäre des Vertragspartners gelegene Umstände, die die Aufrechterhaltung des Vertrages für den anderen Teil unzumutbar machen, diesen auch dann zur Auflösung aus wichtigen Grund berechtigen, wenn dem Vertragspartner kein Verschulden trifft.
2. Durch diese Entscheidung wurde die Beschwerdeführerin in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleistetem Recht auf Freiheit der Erwerbstätigkeit gemäß Art6 Abs1 StGG vom 21.12.1867 über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger verletzt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wird die Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführerin unmittelbar getroffen, da aufgrund der Lage ihrer Ordination in Oberwart, sohin einer ländlichen Kleinstadt, ohne Kassenvertrag die erwerbsmäßige Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Aufgrund der im räumlichen Umfeld der Ordination der Beschwerdeführerin gegebenen Bevölkerungsgröße und -struktur ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin praktisch keine Privatpatienten haben kann.
Die belangte Behörde hat die Bestimmung des §343 Abs4 ASVG jedoch denkunmöglich angewandt.
Es ist der belangten Behörde insoweit zuzustimmen, dass die Frage nach der Berücksichtigung des Verschuldens der Beschwerdeführerin durch Auslegung der erwähnten Gesetzesstelle zu klären ist, was der belangten Behörde als erkennendem Organ obliegt.
Dabei ist jedoch auf folgende Grundsätze bedacht zu nehmen.
3. Zunächst wird der gegenständliche Einzelvertrag in der Lehre überwiegend als freier Dienstvertrag (vgl. Krejci im ZAS, 1989, 121; Mosler in Strasser, Arzt und gesetzliche Krankenversicherung, 166 ff) qualifiziert.
Der freie Dienstvertrag ist jedoch gesetzlich nicht geregelt. Durch als zweiseitige, einseitig korporative Normenverträge zu qualifizierende Gesamtverträge ist der Inhalt des jeweiligen Einzelvertrages bereits detailliert gestaltet. Ausgehend vom regelmäßigen Inhalt der Gesamtverträge und de(n) darauf gründenden Einzelverträgen ergibt sich jedoch, dass dem Vertragsarzt arbeitnehmerähnliche Stellung zu zu billigen ist.
So sind die Vertragsärzte zur persönlichen Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit verpflichtet. Die vertragsärztliche Tätigkeit ist in der einzelvertraglich vereinbarten Ordinationsstätte und zu den ebenfalls einzelvertraglich vereinbarten Ordinationszeiten zu erbringen. Für Vertragsärzte besteht eine ihrem Inhalt und Umfang nach dem gesetzlichen Anspruch der Versicherten auf Krankenbehandlung entsprechende Behandlungspflicht. Die Abrechnung erfolgt durch vorgegebene Honorarordnungen, wobei durch Gesamtvertrag und Honorarordnung für eine wirtschaftliche Behandlungsweise zu sorgen ist. Entsprechend dessen kann eine nachträgliche Kontrolle der wirtschaftlichen Behandlungsweise durch den Vertragsarzt erfolgen. Jedenfalls treffen den Vertragsarzt nicht nur umfangreiche Auskunfts- und Mitwirkungspflichten bei derartigen Überprüfungen, sondern hat der Krankenversicherungsträger auch ein Einsichtsrecht.
Dazu kommt, dass dann, wenn der Vertragsarzt seine Einnahmen, wie im vorliegenden Fall, praktisch ausschließlich durch Kassenpatienten deckt, er in einer wirtschaftlichen Abhängigkeit vom Krankenversicherungsträger steht.
Wenn gleich nicht übersehen wird, daß der Vertragsarzt dennoch unternehmerisch tätig ist, so ergibt sich doch aufgrund der voranstehenden Ausführungen, dass er zumindest als arbeitnehmerähnlich zu betrachten ist. Gerade die regelmäßig in Gesamtverträgen anzutreffende Bestimmung, wonach durch den Einzelvertrag kein Anstellungsverhältnis entsteht, spricht dafür, dass auch den Verfassern der Gesamtverträge die arbeitsnehmerähnliche Stellung der Kassenärzte bewußt ist. Dieser Bestimmungen kommt daher lediglich klärende Funktion zu.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ergibt sich jedoch, dass der Einzelvertrag auch unter dem Gesichtspunkt der Arbeitnehmerähnlichkeit des Vertragsarztes Zu sehen ist.
Bei echten Arbeitsverhältnissen aufgrund eines Arbeits- bzw. Dienstvertrages besteht nun die in Gesetzen vielfältigerweise geregelte Möglichkeit der vorzeitigen Auflösung des Vertragsverhältnisses aus wichtigem Grund. Teils hat der Gesetzgeber diese sehr allgemein ausgesprochen (vgl. §162 ABGB), teils hat er die Gründe taxaktiv aufgezählt (vgl. §§82 f GewO 1859, §15 Abs2-4 BerAusbG) und in Jüngeren Sondergesetzen folgt der Generalklausel 'wichtiger Grund' meist eine Präzisierung durch eine demonstrative Aufzählung einzelner mehr oder minder konkreter Tatbestände (vgl. §25 ff. A(n)gG, §24 ff GutsangG, §37 ff SchauspG, §34 VertrBG, §33 f LandarbG, §19 ff HausbesG).
So gibt es etwa den Entlassungsgrund der Unfähigkeit zur vereinbarten Arbeit. Gemeint ist eine dauernde, auf nicht absehbare Zeit bestehende Unfähigkeit.
Dabei kommt es auf die Ursache grundsätzlich nicht an. Eine durch Krankheit oder Unglücksfall bedingte Unfähigkeit berechtigt jedoch nicht zur Entlassung. Dies läßt sich nicht nur aus der durch das Entgeltfortzahlungsgesetz vorgenommenen Aufhebung des Entlassungsgrundes der unverschuldeten Arbeitsunfähigkeit von länger als 4 Wochen Dauer, sondern auch aus der dem Arbeitsverhältnis entspringenden Treue- und Fürsorgepflicht des Arbeitgebers erklären.
Genauso findet sich als Entlassungsgrund das unerlaubte Unterlassen der Arbeitsleistung und die beharrliche Verweigerung der Pflichterfüllung. Die Unterlassung muß schuldhaft erfolgen, setzt also ein Verschulden seitens des Arbeitnehmers voraus.
Die von der belangten Behörde zitierten Kündigungsgründe gem. §12 Abs2 VBG erweisen sich bei näherer Betrachtung auf das gegenständliche Problem nicht anwendbar.
Unbestritten wird man dem Dienstgeber ein Kündigungsrecht einräumen, wenn sich ein Vertragsbediensteter für eine vorgesehene Verwendung als geistig oder körperlich ungeeignet erweist. Hier ist auf das vorhin Gesagte zu verweisen.
Gemeint ist nämlich eine dauernde, dass heißt auf nicht absehbare Zeit bestehende Unfähigkeit. Dem ist allenfalls noch eine Dienstunfähigkeit von zwar absehbarer, aber doch unzumutbar langer Zeit gleichzusetzen, Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht und unter Beweis gestellt, dass ihre Berufsfähigkeit wieder voll gegeben ist. Die Intention des vorgenannten Kündigungsgrundes geht einfach in die Richtung, dass dann, wenn in einem Vertragsverhältnis seitens eines Vertragspartners die Leistung auf Dauer unmöglich geworden ist, dem anderen Teil dessen Gegenleistungspflicht nicht mehr zugemutet werden kann.
Zu denken ist hier etwa auch an die hinsichtlich zweiseitiger, entgeltlicher Zielschuldverträge geltenden Regeln über die Unmöglichkeit. In dieselbe Richtung weist wohl der Kündigungsgrund des Nichterzielens eines angemessenen Arbeitserfolges. Differenziert zu betrachten ist hingegen der von der belangten Behörde angesprochene Kündigungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit (§32 Abs2 litf VBG). Ein Vergleich mit den diesbezüglichen Bestimmungen über Sonderfälle der Vertrauensunwürdigkeit gemäß §27 Z1 AngG zeigt, dass hier sehr wohl auch solche Umstände heranzuziehen sind, die nur dann zu einer vorzeitigen Auflösung berechtigen, wenn dem Dienstnehmer ein Verschulden trifft. Dazu gehört etwa die Untreue im Dienst, unter der vorsätzliche Verletzungen der Treuepflicht zu verstehen sind.
Alleine schon das Abstellen auf den Vorsatz führt zur Notwendigkeit der Berücksichtigung der inneren Tatseite.
Den Ausführungen der belangten Behörde zur Bestimmung des §105 Abs3 Z2 ArbVG ist entgegen zu halten, dass zu den Gründen in der Person des Arbeitsnehmers entweder dessen mangelnde Eignung oder in seinem Verhalten gelegene Pflichtverletzungen zählen. Zur Gewichtung der mangelnden körperlichen oder geistigen Eignung ist auf das oben Ausgeführte zu verweisen. Es muß sich um eine dauernde, nicht zu beseitigende mangelnde Eignung handeln. Gründe im Verhalten des Arbeitsnehmers sind dagagen Pflichtverletzungen, wie zum Beispiel Arbeitsversäumnis, Arbeitsverweigerung, erhebliche Minderleistung, fehlerhafte Arbeitsleistung, oftmalige Unpünktlichkeit, ungenügender Fleiß oder etwa Verstöße gegen die vorerwähnte Treuepflicht.
Da auch in diesem Bereich letztlich eine Abwägung der Interessen der Beteiligten vorzunehmen ist, ist natürlich auch zu prüfen, worin die Schwere etwa eines Pflichtverstoßes liegt. Hiebei kann jedoch die innere Seite in der Person des Betroffenen niemals unberücksichtigt bleiben.
Diese subjektive Tatseite und damit das Verschulden des gekündigten Arztes ist daher sehr wohl stets zu prüfen. Nur durch Prüfung der inneren Tatseite ergibt sich, ob eine bestimmte Pflichtverletzung überhaupt als schwerwiegend betrachte(t) werden kann.
Unabhängig vom Verschulden wäre etwa die mangelnde Eignung oder Unfähigkeit zur Pflichterfüllung zu prüfen. Aufgrund der wieder hergestellten Gesundheit der Beschwerdeführerin hat dies vorliegendenfalls aber außer Bedacht zu bleiben.
4. Die I. Instanz hat nun die Tatsachenfeststellung getroffen, dass die Antragstellerin in den entscheidungswesentlichen Zeiträumen in der Menopause Involutionspsychosen mit depressiven und manischen Episoden zu verzeichnen hatte.
Dabei handelt es sich jedoch unzweifelhaft um eine psychische Erkrankung in einer Ausprägung, die geeignet ist, die Urteilsfähigkeit des Erkrankten herabzusetzen bzw. zu beeinträchtigen.
Aus diesem Grunde können die der Beschwerdeführerin vorgeworfenen Pflichtverletzungen in diesen Zeiträumen der Beschwerdeführerin nicht angelastet werden. Ohne Zweifel fehlte es der Antragstellerin nämlich an der erforderlichen Einsicht- und Gestaltungsfähigkeit.
Gerade aufgrund der nicht zu verleugnenden Nahebeziehung der Stellung des Vertragsarztes zu einem Arbeitnehmer ist jedoch auch eine gewisse Fürsorgepflicht des Krankenversicherungsträgers zu bejahen.
Entscheidend ist aber, dass vorliegendenfalls der Beschwerdeführerin niemals unterstellt wurde, zur Ausübung ihres Berufes und ihrer sich aus dem jeweiligen Einzelvertrag ergebenen Pflichten nachhaltig nicht mehr in der Lage zu sein.
Im Gegenteil wurden der Beschwerdeführerin Pflichtverletzungen vorgeworfen, für welche sie jedoch aufgrund ihrer vorübergehenden Erkrankung nicht einzustehen hat.
Die belangte Behörde hätte daher die Bestimmung des §343 Abs4 ASVG dahingehend auszulegen gehabt, dass das Verschulden der Beschwerdeführerin sehr wohl zu prüfen ist. Aufgrund der bereits von der I. Instanz festgestellten Tatsachen hätte sich in diesem Fall jedoch ergeben, dass der Beschwerdeführerin kein Verschulden angelastet werden kann, sodass die Kündigung des Einzelvertrages nicht gerechtfertigt ist.
Aufgrund der denkunmöglichen Anwendung der Bestimmung des §343 Abs4 ASVG wurde die Beschwerdeführerin jedoch in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleistetem Recht auf Erwerbsfreiheit verletzt.
5. Schließlich ist unter Verweis auf das oben unter 2. Gesagte auszuführen, daß die belangte Behörde selbst wiederholt ausgesprochen hat, es sei in jedem der Fälle die subjektive Tatseite zu klären und das Vorliegen eines groben, zur Kündigung berechtigenden Verschuldens zu prüfen (BSK 1968, R 6/68, 1993, SSV-NF 7/A6, 1993, SSV-NF 7/A1).
So ging die belangte Behörde in einem Fall etwa davon aus, dass ein in einer Schlamperei gelegenes Verhalten anders zu beurteilen ist, als vorsätzliche, mit Bereicherungsabsicht gesetzte Handlungen. Die nunmehr im angefochtenen Bescheid vertretene Rechtsansicht der belangten Behörde ist daher nicht nachvollziehbar. Neben der Gesetzgebung ist aber auch die Vollziehung durch den Gleichheitsgrundsatz gebunden. Das bedeutet, dass alle geltenden Rechtsvorschriften gegenüber allen Staatsbürgern in gleicher Weiser angewendet werden müssen.
Wie oben gezeigt, wurde die entscheidende Gesetzesstelle denkunmöglich angewandt.
Eine denkunmögliche Gesetzesanwendung kann jedoch Willkür indizieren (VfSlg 9191, 9238, 9534, 9561). Der Gleichheitsgrundsatz verbietet der Vollziehung jedoch, Willkür zu üben. Eine solche liegt auch schon dann vor, wenn eine Behörde leichtfertigt entscheidet, etwa sich dem Gesetz gegenüber gleichgültig verhält.
Durch den angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin daher auch in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit verletzt.
III. Zur Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes:
Nur für den Fall, daß der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, dass seitens der belangten Behörde die Bestimmung des §343 Abs3 ASVG gesetzeskonform ausgelegt wurde, wird vorgebracht, dass es sich dabei um eine verfassungswidrige Gesetzesstelle handelt.
Soferne der Gesetzgeber nämlich bei der Fassung der im §343 Abs4 6. Satz, 3. Halbsatz gelegenen Wendung 'und nicht eine so beharrliche oder eine so schwerwiegende Verletzung des Vertrages oder der ärztlichen Berufspflichten im Zusammenhang mit dem Vertrag vorliegt' auf verschuldenunabhängige Gründe abstellt, widerspricht dies dem verfassungsgesetzlich gewährleistetem Recht auf Erwerbsfreiheit und Gleichheit vor dem Gesetz. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen oben unter II. verwiesen.
Hervorzuheben ist, dass sich gerade im Recht der Dauerschuldverhältnisse hinsichtlich der Regelungen über die Gründe, welche die Vertragspartner zur Auflösung aus wichtigem Grund berechtigen, ableiten läßt, daß bei Pflichtverletzungen stets auch immer das Verschulden des Vertragspartners zu prüfen ist.
Davon zu unterscheiden sind Gründe betreffend die Unfähigkeit oder mangelnde Eignung eines Vertragspartners, seine Leistung zu erbringen. Der Gesetzgeber spricht aber eindeutig von Verletzung des Vertrages bzw. Verletzung der ärztlichen Berufspflichten im Zusammenhang mit dem Vertrag. Er zielt also auf die Wertung einer Pflichtverletzung ab.
Insoweit dies nun, wie im vorliegenden Fall, zu dem Ergebnis führen müßte, dass ein Vertragsarzt, der vorübergehend aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht in der Lage ist, seine Pflichten zu erfüllen und dem es dadurch unterläuft, diese Pflichten sogar zu verletzen, durch diese Gesetzesstelle in die Lage gebracht wird, gerade bei wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber dem Krankenversicherungsträger mangels anderer Einnahmequellen in seinem Beruf, seine berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben zu können, ist diese Regelung jedenfalls sachlich überzogen und nicht gerechtfertigt.
Diesbezüglich ist etwa auf die Regelung betreffend Arbeitnehmer zu verweisen, wo ganz generell der Grundsatz gilt, dass das Nichterscheinen zur Arbeit zwar einen Entlassungsgrund darstellt, aber nur dann, wenn das Nichterscheinen dem Arbeitsnehmer auch vorgeworfen werden kann. War der Arbeitnehmer jedoch durch Krankheit verhindert, zur Arbeit zu erscheinen, so hat er diesbezüglich keine Pflicht verletzt. Er könnte allenfalls eine ihn treffende Meldepflicht hinsichtlich des Vorliegens seiner Krankheit verletzt haben.
Soferne hier jedoch ein als arbeitnehmerähnlich zu qualifizierender Vertragsarzt anders behandelt werden würde als ein Arbeitnehmer, wäre dies eine nicht gerechtfertigte und unsachliche Differenzierung. Die Bestimmungen des §343 Abs4, 6. Satz, 3. Halbsatz ASVG, und zwar hinsichtlich der Wortfolge 'und nicht eine so beharrliche oder so schwerwiegende Verletzung des Vertrages oder der ärztlichen Berufspflichten im Zusammenhang mit dem Vertrag vorliegt' würde diesfalls einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Erwerbsfreiheit und auf Gleichheit vor dem Gesetz bedeuten."
4. Die belangte Behörde hat in allen Verfahren die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber jeweils abgesehen.
5. Es haben im zu B270/00 protokollierten Verfahren die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, im Verfahren zu B271/00 die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen, im Verfahren zu B272/00 die burgenländische Gebietskrankenkasse und im Verfahren zu B273/00 die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter als mitbeteiligte Parteien zT gleichlautende Äußerungen erstattet, in denen sie den Beschwerdeausführungen entgegentreten und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen.
6. §343 ASVG in der in den Beschwerdefällen anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 139/1997, lautet auszugsweise:
"Aufnahme der Ärzte in den Vertrag und Auflösung des
Vertragsverhältnisses
§343.(1) Die Auswahl der Vertragsärzte und der Abschluß der Einzelverträge zwischen dem zuständigen Träger der Krankenversicherung und dem Arzt erfolgt nach den Bestimmungen des Gesamtvertrages und im Einvernehmen mit der zuständigen Ärztekammer.
...
(2) Das Vertragsverhältnis zwischen dem Vertragsarzt und dem Träger der Krankenversicherung erlischt ohne Kündigung im Falle:
1. der Auflösung des Trägers der Krankenversicherung;
2. des Wirksamwerdens gesetzlicher Vorschriften, durch die die Tätigkeit des Trägers der Krankenversicherung entweder eine örtliche oder eine sachliche Einschränkung erfährt, in deren Folge die Tätigkeit als Vertragsarzt nicht mehr in Frage kommt;
3. des Todes des Vertragsarztes, wobei die bis zu diesem Zeitpunkt erworbenen Honoraransprüche des Arztes auf die Erben |bergehen;
4. der rechtskräftigen Verurteilung des Vertragsarztes
a) wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener gerichtlich strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe oder
b) wegen einer mit Bereicherungsvorsatz begangenen gerichtlich strafbaren Handlung;
5. einer im Zusammenhang mit der Ausübung des ärztlichen Berufes wegen groben Verschuldens strafgerichtlichen rechtskräftigen Verurteilung;
6. eines wiederholten rechtskräftigen zivilgerichtlichen Urteils, in welchem ein Verschulden des Vertragsarztes im Zusammenhang mit der Ausübung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit festgestellt wird.
(3) Der Träger der Krankenversicherung ist zur Auflösung des Vertragsverhältnisses mit einem Vertragsarzt verpflichtet, wenn der Arzt die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedsstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes verliert oder wenn einvernehmlich mit der zuständigen Ärztekammer festgestellt wird, daß die Voraussetzungen, die zur Bestellung des Vertragsarztes erforderlich sind, von Anfang an nicht gegeben waren.
(4) Das Vertragsverhältnis kann unbeschadet der Bestimmungen der Abs2 und 3 von beiden Teilen unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist zum Ende eines Kalendervierteljahres gekündigt werden. Kündigt der Träger der Krankenversicherung, so hat er dies schriftlich zu begründen. Der gekündigte Arzt kann innerhalb von zwei Wochen die Kündigung bei der Landesschiedskommission mit Einspruch anfechten. Die Landesschiedskommission hat innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen des Einspruches über diesen zu entscheiden. Der Einspruch hat bis zum Tag der Entscheidung der Landesschiedskommission aufschiebende Wirkung. Die Landesschiedskommission kann die Kündigung für unwirksam erklären, wenn sie für den Arzt eine soziale Härte bedeutet und nicht eine so beharrliche oder eine so schwerwiegende Verletzung des Vertrages oder der ärztlichen Berufspflichten im Zusammenhang mit dem Vertrag vorliegt, daß die Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses für den Träger der Krankenversicherung nicht zumutbar ist. Eine vom gekündigten Arzt eingebrachte Berufung an die Bundesschiedskommission hat ohne Zustimmung des Krankenversicherungsträgers keine aufschiebende Wirkung."
Die §§345a und 346 ASVG lauten auszugsweise:
"Landesschiedskommission
§345a. (1) Für jedes Land ist auf Dauer eine Landesschiedskommission zu errichten. ...
(2) Die Landesschiedskommission ist zuständig:
1. zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den Parteien eines Gesamtvertrages über die Auslegung oder die Anwendung eines bestehenden Gesamtvertrages und
2. zur Entscheidung über die Wirksamkeit einer Kündigung gemäß §343 Abs4.
(3) Gegen die Entscheidungen der Landesschiedskommission kann Berufung an die Bundesschiedskommission erhoben werden.
Bundesschiedskommission
§346. (1) Zur Entscheidung über Berufungen, die gemäß §345a Abs3 erhoben werden, ist eine Bundesschiedskommission zu errichten.
..."
II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Beschwerden (die vier Verfahren werden gemäß §187 ZPO iVm §35 VerfGG zu gemeinsamer Beratung und Entscheidung verbunden) erwogen:
2. Die Beschwerden sind zulässig, aber nicht begründet:
Die Beschwerdeführerin wendet sich der Sache nach gegen die Auffassung der belangten Behörde, im Anwendungsbereich des §343 Abs4 ASVG gelte wie auch sonst bei Dauerschuldverhältnissen der Grundsatz, daß ein vertragswidriges Verhalten eines Vertragspartners auch dann zur Auflösung des Vertragsverhältnisses aus wichtigem Grund berechtigen könne, wenn diesem Vertragspartner an seinem Verhalten kein Verschulden angelastet werden könne. Diese Auslegung des §343 Abs4 ASVG - sollte sie als zutreffend erachtet werden, dann die Norm selbst - verstoße (nach Auffassung der Beschwerdeführerin) gegen die Grundrechte auf Freiheit der Erwerbsbetätigung bzw. auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz.
Da die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides bei dem hier zu beurteilenden Sachverhalt jegliches Verschulden der Beschwerdeführerin als rechtlich irrelevant erachtet und demgemäß die subjektive "Tatseite" nicht näher geprüft hat, ist vom Verfassungsgerichtshof nur die Frage zu beantworten, ob die Auffassung der belangten Behörde unter der Annahme vollkommener Dispositionsunfähigkeit der Beschwerdeführerin denkmöglich und im Ergebnis nicht verfassungswidrig ist.
2.1. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung wird mit Rücksicht auf den in Art6 StGG enthaltenen Gesetzesvorbehalt nur verletzt, wenn einem Staatsbürger durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde der Antritt oder die Ausübung einer bestimmten Erwerbsbetätigung untersagt wird, ohne daß ein Gesetz die Behörde zu einem solchen die Erwerbstätigkeit einschränkenden Bescheid ermächtigt, oder wenn die Rechtsvorschrift, auf die sich der Bescheid stützt, verfassungswidrig oder gesetzwidrig ist, oder wenn die Behörde bei der Erlassung des Bescheides ein verfassungsmäßiges Gesetz oder eine gesetzmäßige Verordnung in denkunmöglicher Weise angewendet hat (zB VfSlg. 10.413/1985).
2.2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10.337/1985, 11.436/1987).
2.3. Es kann auf sich beruhen, ob die angefochtenen Bescheide in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung eingreifen, weil ein solcher Eingriff nicht an sich, sondern nur dann das Grundrecht verletzt, wenn die Bundesschiedskommission §343 Abs4 ASVG in denkunmöglicher Weise angewandt hätte oder wenn §343 Abs4 ASVG verfassungswidrig wäre.
2.3.1. Der Verfassungsgerichtshof vermag die Auffassung der Beschwerdeführerin, die Bundesschiedskommission habe §343 Abs4 ASVG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt bzw. ihn in denkunmöglicher Weise, d.h. gegen die Denkgesetze verstoßend (vgl. VfSlg. 10262/1984; 14470/1996) angewendet, nicht zu teilen:
Gemäß §343 Abs4 ASVG kann der zwischen dem zuständigen Träger der Krankenversicherung (§343 Abs1 ASVG) und dem Arzt abgeschlossene Einzelvertrag "unbeschadet der Abs2 und 3", die das Erlöschen des Einzelvertrages bzw. die Verpflichtung zur Lösung des Vertragsverhältnisses durch den Krankenversicherungsträger normieren, wie jedes Dauerschuldverhältnis von beiden Vertragsteilen unter Einhaltung einer Kündigungsfrist und eines Kündigungstermines gekündigt werden. Die Landesschiedskommission kann die Kündigung für unwirksam erklären, wenn sie für den Arzt eine soziale Härte bedeutet und "nicht eine so beharrliche oder eine so schwerwiegende Verletzung des Vertrages oder der ärztlichen Berufspflichten im Zusammenhang mit dem Vertrag vorliegt, daß die Aufrechterhaltung für den Träger der Krankenversicherung nicht zumutbar ist".
2.3.2. Es bedarf keiner eingehenden Erörterung, daß der zwischen einem Arzt und einem Krankenversicherungsträger abgeschlossene Einzelvertrag nicht nur den wirtschaftlichen Interessen beider Vertragspartner dient, sondern als Vertrag zugunsten der Personen, die einen Anspruch aus der gesetzlichen Krankenversicherung haben, einen elementaren Teil des österreichischen Systems der Gesundheitvorsorge darstellt (vgl. das Erkenntnis vom 10. März 1999, G64/98, G65/98). Der Einzelvertrag ermöglicht es dem Krankenversicherungsträger nicht nur, den Krankenversicherten die erforderlichen Sachleistungen im Rahmen der Heilbehandlung in fachlich einwandfreier Weise im Wege des Vertragsarztes zu erbringen, der Krankenversicherungsträger ist auch gesetzlich im Wesentlichen auf die Leistungserbringung durch niedergelassene Ärzte im Wege des Einzelvertrages verwiesen. Darüber hinaus kann den Krankenversicherungsträger, dem Fehlleistungen des Arztes bekannt waren und der den Vertrag dennoch nicht gekündigt hat, bei Schädigung eines Versicherten durch diesen Arzt auch eine Haftung für den eingetretenen Schaden treffen (vgl. Mosler in Strasser: Arzt und gesetzliche Krankenversicherung, 271). Eine Auslegung, wonach, eine - wenn auch nicht schuldhafte - Vertragsverletzung vor allem dann als besonders schwerwiegend anzusehen sein ist, wenn dadurch die Interessen des Krankenversicherungsträgers an einer einwandfreien ärztlichen Versorgung bzw. das Vertrauen der hilfesuchenden Patienten in die Bereitstellung einer fachlich einwandfreien Behandlungsleistung in besonderer Weise beeinträchtigt werden, begegnet daher keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
2.3.3. Ein solcher Fall liegt hier vor: Die belangte Behörde hat einerseits festgestellt, daß die Ordination der Beschwerdeführerin (einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie) wiederholt während deren urlaubsbedingter Abwesenheiten von ihrer Ordinationshilfe weitergeführt wurde und die Beschwerdeführerin für diese Zeiträume gegenüber den mitbeteiligten Krankenversicherungsträgern ärztliche Leistungen, die sie nicht persönlich erbracht hat, verzeichnet, sowie in anderen Fällen nicht erbrachte Visiten und Sonderleistungen verrechnet habe.
Der Bundesschiedskommission ist daher im Ergebnis von verfassungswegen nicht entgegenzutreten, wenn sie in Abwägung der Interessen der Beschwerdeführerin an der Aufrechterhaltung des Einzelvertrages mit den anderen Rechtspositionen (des kündigenden Krankenversicherungsträgers; der bei diesem Versicherten und deren Angehörigen) bei diesem Sachverhalt zu dem Ergebnis gelangt ist, daß von einem derartig gravierenden Fehlverhalten der Ärztin auszugehen ist, welches das Vertrauensverhältnis des Krankenversicherungsträgers zur Beschwerdeführerin auch dann nachhaltig zerstört hat, wenn ihr das angelastete Verhalten aufgrund der behaupteten geistigen Erkrankung (Involutionspsychosen mit depressiven und manischen Episoden) nicht als verschuldet zugerechnet werden könnte.
Dieser Auffassung ist aus verfassungsrechtlicher Sicht auch dann nicht entgegenzutreten, wenn man - wie die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde meint - davon ausgeht, daß diese an sich zur Ausübung ihres Berufes weiterhin in der Lage wäre.
2.4. Da die belangte Behörde dem Gesetz auch keinen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat und auch sonst nicht willkürlich vorgegangen ist, könnte die Beschwerdeführerin in den von ihr in den Beschwerden angeführten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten nur verletzt worden sein, wenn die angefochtenen Bescheide auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhten. Dafür fehlt aber im Hinblick auf obige Ausführungen jeglicher Anhaltspunkt. Die Beschwerdeführerin ist daher auch nicht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
3. Die Beschwerden waren daher abzuweisen.
4. Den mitbeteiligten Parteien waren die Kosten für die von ihnen erstatteten, ihnen vom Verfassungsgerichtshof aber nicht abverlangten Schriftsätze nicht zuzusprechen (VfSlg. 13847/1994).
5. Dies konnte gem. §19 Abs4 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Erwerbsausübungsfreiheit, Sozialversicherung, Ärzte, VfGH / Beteiligter, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:B270.2000Dokumentnummer
JFT_09999383_00B00270_00