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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der K GesmbH & Co KG in E, vertreten durch DDr. Hans Esterbauer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Ignaz-Harrer-Straße 17, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 10. März 1999, Zl. RV133/1- 9/97, betreffend Strassenverkehrsbeitrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Grund einer Betriebsprüfung schrieb das Finanzamt Salzburg-Land mit vier Bescheiden vom 14. Dezember 1995 der Beschwerdeführerin den Straßenverkehrsbeitrag für die Jahre 1991 bis 1994 vor, wobei gegenüber den erklärten und entrichteten Beträgen für diese Jahre insgesamt eine Differenz von S 1,081.770,-
bestand. In ihrer gegen diese vier Bescheide erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die nach ihrem Kennzeichen individualisierten 5 Zugmaschinen seien ausschließlich zur Beförderung von Spezialcontainern von und zur Bahn verwendet worden. Die Beförderung sei auf speziell angefertigten niederflurigen Anhängern erfolgt, die nur dafür verwendet würden. Die Niederflurigkeit sei deshalb erforderlich, weil die verwendeten Spezialcontainer durch ihren Rahmenaufbau ansonsten eine zu große Höhe erreichten. Dieser Rahmenaufbau, welcher auf die Beförderung von Schienenfahrzeugen abgestellt sei, bewirke andererseits auch ein solches zusätzliches Gewicht, dass das höchstzulässige Gesamtgewicht von 38 t überschritten werde und daher ein Gesamtgewicht von ausnahmsweise bis 42 t zulässig sei, jedoch nur für den Transport auf der kürzesten zumutbaren Route zwischen dem Bahnhof und dem Knotenpunkt.
Die Beförderung von Anhängern, die für die Beförderung von Schienenfahrzeugen auf der Straße bestimmt seien, sei gemäß § 2 Z. 5 StraßenverkehrsbeitragsG (in der Fassung BGBl. Nr. 409/1988, StVBG) beitragsfrei. Der Gesetzgeber habe durch diese Bestimmung bezweckt, die Beförderung von Ladegut durch die Bahn zu fördern. Daher sei die kombinierte Beförderung von Spezialcontainern auf den verwendeten Tiefladern, die wegen der geringen Höhe auch nur zum Transport dieser Spezialcontainer verwendet werden können, der Beförderung durch Schienenfahrzeuge gleichzuhalten.
Nach abweisender Berufungsvorentscheidung durch das Finanzamt wurde auch im Vorlageantrag damit argumentiert, dass diese Spezialcontainer Schienenfahrzeugen gleichzuhalten seien, da sie den Ausmaßen nach mit Spezialgenehmigung nur durch die Bahn befördert werden könnten und die in der Berufungsvorentscheidung angeführten Schienenfahrzeuge ersetzten, welche samt Rädern auf der Straße infolge des Ausmaßes nicht befördert werden könnten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach der zitierten Befreiungsbestimmung sei nur die Beförderung von Schienenfahrzeugen auf der Straße befreit; diese Befreiung beziehe sich daher nicht auf Container. Die selbe Befreiung gebe es im Kraftfahrzeugsteuergesetz; (nur) dort bestehe aber eine weitere Befreiung für die hier gegenständlichen Container, die überflüssig wäre, wenn man solche Container als Schienenfahrzeuge ansehen würde.
Die Behandlung der dagegen an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wurde mit Beschluss vom 26. Juni 2000, Zl. B 764/99, abgelehnt; der Verfassungsgerichtshof führte zu den Normbedenken aus, es liege im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die - selten vorkommende - Beförderung von Schienenfahrzeugen auf der Straße im hier gegebenen Zusammenhang anders zu behandeln, als die von der Beschwerdeführerin angewendete Transportart.
Nach Abtretung der Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof im Recht auf Anwendung der Befreiungsbestimmung des § 2 Z. 5 StVBG verletzt. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Beitragsfrei sind nach § 2 Z. 5 StVBG Beförderungen mit Anhängern, die für die Beförderung von Schienenfahrzeugen auf der Straße eingerichtet sind und ausschließlich dafür verwendet werden.
Die Beschwerdeführerin wünscht unter Bedachtnahme auf den Zweck dieser Befreiungsbestimmung, nämlich der Förderung des kombinierten Verkehrs, dass diese Befreiungsbestimmung auf die Beförderung von Spezialcontainern ("Bahncontainern") angewendet wird, wobei die Beförderung auf Anhängern erfolgt, die ausschließlich dafür eingerichtet sind und ausschließlich dafür verwendet werden. Regelungszweck sei, wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergebe, die Zurückdrängung des Straßenverkehrs auf die Schiene. Es liegt nach Auffassung der Beschwerdeführerin auf der Hand, dass im Hinblick auf das verfolgte Ziel nicht zulässigerweise danach differenziert werden könne, ob dieses auf die Schiene verlagerte Verkehrsmittel in der Lage sei, sich auf der Schiene selbständig fortzubewegen oder nicht. Auch die Abholung und Zustellung von Spezialcontainern, die ausschließlich für Transporte von und zur Bahn verwendet würden, stelle eine Verkehrstechnik dar, bei der der größte Teil der Beförderungsstrecke auf der Schiene abgewickelt werde. Beide Verkehrstechniken dienten in gleicher Weise dem angestrebten Zweck der Entlastung der Straße. Gerade weil der Gesetzgeber des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1992 neben der gleich lautenden Befreiung wie nach dem StVbG eine eigene Befreiung für den kombinierten Verkehr mit Containern geschaffen habe, ergebe sich, dass ein derartiger Befreiungstatbestand im StVbG schlichtweg vergessen wurde. Diese planwidrige Unvollständigkeit müsse im Wege der Analogie geschlossen werden.
Gemäß § 6 ABGB darf einem Gesetz in der Anwendung kein anderer Verstand beigelegt werden, als welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet. Es kann nun nach dem allgemeinen Sprachgebrauch kein Zweifel daran bestehen, dass ein "Container" kein "Schienenfahrzeug" ist. Die Beschwerdeführerin verweist deshalb auf § 7 ABGB und vermeint eine Gesetzeslücke als Voraussetzung der ergänzenden Rechtsfindung vorzufinden.
Bei der "teleologischen" ("unechten") Lücke fordert die - mit Hilfe der Interpretationsregeln ermittelte - ratio legis in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz die Erstreckung der Rechtsfolgeanordnung einer gesetzlichen Norm auf den gesetzlich nicht unmittelbar geregelten Fall (Bydlinski in Rummel I3, § 7, Rz. 2). Bei der Lücke handelt es sich um eine planwidrige Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts, gemessen am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung (Koziol/Welser, Bürgerliches Recht12 I, 26). Die Lückenfüllung erfolgt mit Hilfe der Gesetzesanalogie, der Rechtsanalogie oder durch die Heranziehung der natürlichen Rechtsgrundsätze.
Werndl (Zur Analogie im Steuerrecht, ÖJZ 1997, 298) zeigt richtig die Schwierigkeiten des Lückenfüllungsvorganges bei der teleologischen Lücke auf, wenn es um die konkrete Umsetzung geht: "Dies vor allem dann, wenn eine einheitliche und damit analogiefähige Wertentscheidung vielfach nicht auszumachen ist."
In Fortsetzung dieses Gedankens ist also hier zu prüfen, ob im vorliegenden Fall der Gesetzgeber eine einheitliche und damit analogiefähige Wertentscheidung getroffen hat. Die Beschwerdeführerin verweist dazu auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Straßenverkehrsbeitragsgesetzes 1978, die sie wie folgt wiedergibt:
"Die Abholung und Zustellung von Eisenbahnwagen mit Straßenrollern an Firmen ohne Bahnanschluss ist eine Verkehrstechnik, bei der der größte Teil der Beförderungsstrecke auf der Schiene abgewickelt wird. Sie dient der Entlastung der Straßen und soll daher von der Abgabenpflicht freigestellt werden."
Diesen Erläuternden Bemerkungen ist nur zu entnehmen, dass diese Verkehrstechnik der Entlastung der Straßen dient und von der Abgabenpflicht freigestellt wird.
Ginge man von einer analogiefähigen Wertung des Gesetzgebers aus, den kombinierten Verkehr zu begünstigen, müssten wohl auch alle anderen "Verkehrstechniken" bezüglich des Transportes vom Absender zum Bahnhof bzw. vom Bahnhof zum Empfänger genauso begünstigt werden. Aus gleichheitsrechtlichen Erwägungen wäre es dann nicht verständlich, wenn der Transport mittels Container gegenüber einer gewöhnlichen Umladung auf den LKW bevorzugt werden soll.
Es muss davon ausgegangen werden (siehe den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes!), dass die in der Befreiungsbestimmung ausdrücklich genannten Transporte nur in einem verschwindend geringen Umfang stattfinden. Eine Ausweitung auf Grund der genannten Wertung des Gesetzgebers auf den gesamten Anschlussverkehr würde die Befreiungsfälle aber um ein Vielfaches erhöhen. Wenn der Gesetzgeber die Befreiung einer ganz bestimmten Verkehrstechnik mit der Entlastung der Straße begründet hat, erscheint es logisch nicht nachvollziehbar, dass sämtliche anderen Verkehrstechniken, die der Entlastung der Straße dienen, genauso befreit wären und deren Nichtaufzählung planwidrig wäre. Die Begünstigung des gesamten Anschlussverkehres wäre allein Sache des Gesetzgebers gewesen; eine Wertentscheidung anhand einer bestimmten, nur äußerst selten zum Tragen kommenden Begünstigung erscheint hingegen nicht analogiefähig.
Damit erübrigt sich auch eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob auf Grund der Befreiungsbestimmungen im Kraftfahrzeugsteuergesetz Analogie oder ein Umkehrschluss geboten ist. Nicht gefolgt werden kann der Beschwerdeführerin auch, wenn sie meint, dass deswegen, weil der Gesetzgeber der 12. KFG-Novelle derartige Containertransporte erst ermöglicht hat, die von ihr behauptete Lücke planwidrig sein müsse. Keineswegs ist alles, was im KFG erlaubt ist, vom Straßenverkehrsbeitrag befreit.
Da somit die von der Beschwerdeführerin herangezogene Befreiungsbestimmung auf ihre Transportart nicht Anwendung findet, erwies sich die Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 18. September 2003
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000160599.X00Im RIS seit
14.10.2003